M. Montag-Erlwein: Heilsbronn von der Gründung 1132 bis 1321

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Titel
Heilsbronn von der Gründung 1132 bis 1321. Das Beziehungsgeflecht eines Zisterzienserklosters im Spiegel seiner Quellenüberlieferung


Autor(en)
Montag-Erlwein, Miriam
Reihe
Studien zur Germania Sacra. Neue Folge 1
Erschienen
Berlin 2011: de Gruyter
Anzahl Seiten
XIII, 666 S.
Preis
€ 129,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Julia Bruch, Historisches Institut, Universität zu Köln

Es ist ein mühsames und mit Problemen behaftetes Unterfangen, Beziehungen zwischen Kloster und Welt anhand der aus dem 12. bis 14. Jahrhundert überlieferten Quellen nachzuzeichnen. Um so mehr ist Miriam Montag-Erlwein zu danken, dass sie dieses Unternehmen in ihrer im Wintersemester 2007/08 an der Universität Erlangen-Nürnberg eingereichten Dissertation „Heilsbronn von der Gründung 1132 bis 1321“ auf sich genommen hat.

Montag-Erlwein versteht die fränkischen Klöster Elke Goez1 folgend als „lokale Integrations- und Identifikationszentren“ (S. 1) und setzt sich zur Aufgabe, diese These am Beispiel von Heilsbronn zu erörtern. Die Quellen sollen auf das soziale Beziehungsgeflecht der Zisterze Heilsbronn hin ausgewertet werden. Dabei nimmt sie eine „multiperspektive Betrachtungsweise“ (S. 2) ein: Sie untersucht die „Wandlung und Transformation“ des Klosters, beachtet allerdings zusätzlich den „Kontext und die Interessen der in Verbindung zur Zisterze stehenden Personen bzw. Institutionen“ (S. 2). Zudem will sie den Beitrag Heilsbronns zur „Ausbildung und Ausgestaltung Frankens als Herrschaftsraum sowie an dessen kultureller Entwicklung“ (S. 4) ausloten.

Ihr Untersuchungszeitraum erstreckt sich von der Gründung der Zisterze von 1132 bis 1321. Es ist schade, dass Montag-Erlwein die aus Heilsbronn erhaltenen Rechnungsbücher aus den Jahren 1338 bis 1374 nicht in die Überlegungen mit einbezieht. Rechnungsbücher sind eine oft unterschätzte und doch sehr reichhaltige Quellengattung, gerade was die lokale und regionale Verflechtung der Klöster betrifft. Die Verfasserin entschied sich bewusst gegen die Auswertung, boten doch die 384 erhaltenen Heilsbronner Urkunden aus den Jahren 1132 bis 1321 sowie die Annalen, die Nekrologien und die zum Teil rekonstruierbare Heilsbronner Klosterbibliothek bereits genügend Material für ihre Arbeit.

Montag-Erlwein analysiert in sechs unterschiedlich langen Kapiteln die Gesamtbeziehungen des Klosters: zum Papsttum (S. 13–62), zum Königtum (S. 63–113), zum Zisterzienserorden (S. 115–148), zu den Bistümern Bamberg, Eichstätt und Würzburg (S. 149–263), zum Adel (S. 265–475) sowie zu den umliegenden Reichsstädten Nürnberg, Windesheim und Nördlingen (S.477–532). In einem weiteren Kapitel untersucht sie die „Regionalisierung des Klosters“ anhand der Mönche und Konversen, der Beziehung zu Stiften und Klöstern sowie der Bibliothek (S. 533–579). Den Analysekapiteln vorgeschaltet ist eine kurze Einleitung (S. 1–12), nachgeordnet ein Fazit (S. 581–590). Ein Namens- und Ortsregister erleichtert den Zugang zur Arbeit.

Im ersten thematischen Kapitel wird das Verhältnis zum Papsttum untersucht. Diese Auswertung nimmt immer wieder Bezug auf die Beziehung des Papsttums zum Mutterkloster Ebrach sowie zu den Zisterzen Langheim und Bildhausen. Im Vergleich hatte Ebrach ein intensiveres Verhältnis zum Papsttum, davon konnte Heilsbronn als Tochterkloster profitieren. Die römisch-deutschen Könige beanspruchten die Schutzvogtei über Heilsbronn, so war das Kloster eng an das Königtum gebunden. Allerdings stellte sich die Zisterze nicht gegen das Papsttum, unter dessen Schutz Heilsbronn ebenfalls stand und das dem Kloster eine exemte Stellung garantierte. Trotz der rechtlichen Loslösung aus dem Eichstätter Diözesanverband blieb eine geistliche Verbindung – nachweisbar anhand von Gebetsverbrüderungen – bestehen.

Montag-Erlwein untersucht die Beziehungen zum Mutterkloster Ebrach und den Schwesterklöstern sowie die Verbindung zum affiliierten Zisterzienserinnenkonvent Seligenporten. Die Verbindung zum Orden zeichnet sie anhand der überlieferten Beschlüsse des Generalkapitels nach. Leider nutzt Montag-Erlwein für die Analyse der frühen Statuten die veraltete Edition von Josephus-Maria Canivez 2, obwohl seit 2002 eine fundierte Edition von Chrysogonus Waddell3 vorliegt. Der Abt von Heilsbronn agierte im Untersuchungszeitraum mehrmals in regionalen Fragen als Delegierter des Generalkapitels. Mit dem Zisterzienserinnenkloster Lilienthal (S. 147) ist wohl das Kloster Seligenthal bei Landshut gemeint,4 was Montag-Erlweins These zum regionalen Charakter der erfolgten Delegationen durch den Orden untermauert. Mit der Einschätzung bezüglich der Ordenszugehörigkeit des Frauenklosters Seligenporten liegt Montag-Erlwein ganz auf der Linie von Gerd Ahlers 5, dessen Forschungsergebnisse allerdings unter anderem durch Margit Mersch und Christine Kleinjung 6 in jüngster Zeit relativiert werden konnten. Die Einbindung der neusten Forschungsliteratur wäre an dieser Stelle sehr hilfreich gewesen.

Das Kapitel zur Verbindung Heilsbronns zum Adel ist nicht nur sehr umfangreich, sondern trotz Untergliederung in Hochadel und Niederadel sowie in die einzelnen Adelshäuser auch sehr unübersichtlich geraten. Es ist fraglich, ob für die Untersuchung der Beziehung der Zisterze zu den Adligen stets der gesamte Rechtsinhalt der Urkunden dargelegt werden muss oder ob eine pointierte Systematisierung einen besseren Überblick geschaffen hätte. Dankenswerterweise folgt am Ende eine Zusammenfassung. Heilsbronn war zuerst Hauskloster der Grafen von Abenberg und dann der Zollerschen Burggrafen zu Nürnberg. Es wurde nicht nur von diesen beiden Familien unterstützt, sondern ebenso von deren Verwandten und Dienstmannen. Heilsbronn kann somit als „Zentrum niederadliger Religiosität in Franken“ beschrieben werden (S. 468). In den Städten Würzburg, Bamberg, Eichstätt, Nürnberg, Windesheim und Nördlingen unterhielt Heilsbronn einen Pfleghof, wobei die Beziehungen zu Würzburg und Nürnberg am intensivsten waren.

Montag-Erlwein schafft es in ihrer sehr umfangreichen Arbeit, die Ausgangsthese zu belegen und kann Heilsbronn im Untersuchungszeitraum als „wichtige raumprägende, identitätsstiftende und integrierende Kraft“ in Franken darstellen (S. 583). Sehr gelungen ist die Einbindung von Quellen über das Korpus an Urkunden hinaus in Form von Annalen, Memorialquellen und Buchbeständen. Nur anhand von Urkunden Beziehungsgeflechte von Klöstern darstellen zu wollen, ist naturgemäß problematisch aufgrund der schwierigen Überlieferungssituation. Es muss immer bedacht werden, dass nicht alle Kontakte von Klöstern in Rechtsgeschäften Niederschlag fanden und dass bei weitem nicht alle Urkunden überliefert sind. Die Arbeit ist insgesamt sehr quellennah, wobei sich bei einzelnen Quellenangaben Fehler eingeschlichen haben: Beispielsweise liegen die Klosterurkunden aus Pielenhofen nicht mehr im Hauptstaatsarchiv in München (S. 592), sondern im Staatsarchiv Augsburg.

Die Konzeption der Arbeit mit der Unterteilung in verschiedene Beziehungsgruppen sowie die genaue Verankerung der Quellen in den Kontext führt zu einigen Wiederholungen. So werden beispielsweise in fast jedem Kapitel das Aussterben der Grafen von Abenberg um 1200 und die unsichere Lage für die Zisterze mit fast demselben Wortlaut beschrieben (S. 29f., 59, 63, 168f., 184), obgleich den Grafen selbst ein eigenes Teilkapitel gewidmet ist (S. 266–285).

Die Arbeit spiegelt die mühevolle Kleinarbeit, die Montag-Erlwein auf sich nahm, sehr deutlich wider. Die Analyse zeichnet sich durch die intensive und umfangreiche Quellenarbeit aus. Montag-Erlwein leistet mit dieser Arbeit einen wichtigen Beitrag zur fränkischen Landesgeschichte sowie zur Kloster- und Ordensgeschichte und schafft eine Grundlage für alle weitere Beschäftigung mit Heilsbronn, Franken und dem süddeutschen Zisterzienserorden.

Anmerkungen:
1 Elke Goez, Die fränkischen Klöster zwischen kulturellem Transfer und regionaler Sinnstiftung, in: Johannes Merz / Robert Schuh (Hrsg.), Franken im Mittelalter. Francia orientalis – Franconia – Land zu Franken, München 2004, S. 151-166.
2 Statuta capitulorum generalium ordinis Cisterciensis ab anno 1116 ad annum 1786, 1: ab a. 1116 ad a. 1220, hrsg. v. Josephus-Maria Canivez, Louvain 1933.
3 Twelfth-century statutes from the Cistercian general chapter. Latin text with English notes and commentary, hrsg. v. Chrysogonus Waddell, Cîteaux 2002.
4 Kolumban Spahr, Seligenthals erstes Vorkommen in den Statuten der Generalkapitel, in: Cistercienser-Chronik 76 (1969), S. 25f.
5 Gerd Ahlers, Weibliches Zisterziensertum im Mittelalter und seine Klöster in Niedersachsen, Berlin 2002.
6 Margit Mersch, Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Vallis Dei in Brenkenhausen im 13. und 14. Jahrhundert, Mainz 2007, vor allem S. 60–62; Christine Kleinjung, Frauenklöster als Kommunikationszentren und soziale Räume. Das Beispiel Worms vom 13. bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts, Horb am Neckar 2008, besonders S. 181.

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