Der Sammelband, der die Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung zusammenfasst, stellt sich das Ziel, die Innovationen, Kontinuitäten und Zäsuren in der Herrschaftsrepräsentation der Kaiser Nero und Domitian zu vergleichen. Dabei sollen auch die Herrscherdiskurse der jeweiligen Zeit sowie Praktiken und Strategien der Darstellungen in sämtlichen Medien und die durch diese erzeugten Kommunikationsprozesse untersucht werden. Im Fokus stehen Fragen nach der Akzeptanz der Herrschaft eines Kaisers sowie der Akzeptanz des „Systems“ an sich, nach Kommunikationsprozessen durch mediale Repräsentation und nach einem möglichen Verlust der Legimitation im Zuge von Transgressionen und Konventionsbrüchen. In der Einleitung (S. 3–8) wird die Zielsetzung von den Herausgebern formuliert und der Mehrwert dieser Fragestellungen plausibel erläutert. Ob man den frühen Prinzipat als „rechtlich schwach fundiert“ (S. 3) bezeichnen kann, darf allerdings diskutiert werden, zumal offen bleibt, was genau diese rechtliche Schwäche ausgemacht haben soll. Gefahren für die Herrschaft Neros und Domitians entstanden nachweislich nicht aufgrund ihrer rechtlichen Stellung. Für die Flavier ist durch die lex de imperio Vespasiani die rechtlich-institutionelle Grundlage des Prinzipats ohnehin festgeschrieben. Für die in dem Band verfolgte Fragestellung ist der rechtliche Aspekt der Prinzipatsordnung allerdings unbedeutend und braucht deshalb hier nicht weiter behandelt zu werden.
Insgesamt erfüllen die zwölf Aufsätze die ausgegebene Zielsetzung. Die Beiträge sind in drei Bereiche gegliedert: „Methodisch-terminologische Perspektive“, „Archäologisch-historische Perspektive: Darstellung und Wirkung“ sowie „Literarische Perspektiven: Kaiser und Tyrann“. Durch eine lange den Band beschließende Schlussfolgerung aus der Feder von Sophia Bönisch-Meyer, Lisa Cordes, Verena Schulz und Anne Wolsfeld (S. 437–449) werden die Ergebnisse der zwölf Aufsätze sehr gut umrahmt. Die methodischen Grundlagen für die diskursanalytische Betrachtung der medialen Repräsentation sowie der Kommunikationsprozesse, die durch jede Form medialer Darstellung entstehen, werden im ersten Aufsatz von Therese Fuhrer und Martin Hose („Repräsentation und Diskurs: Methodische Vorüberlegungen“, S. 11–24) erläutert. Die Ausführungen zur Vielschichtigkeit des Begriffs der „Repräsentation“, die Beobachtung, dass Diskurse dann sichtbar werden, wenn sie gestört sind, sowie die Unterscheidung synchroner und diachroner Ebenen von „Verhandlungen“ zwischen Kaiser und Untertanen innerhalb der res publica sind aufschlussreich und sensibilisieren für einen differenzierten und multiperspektivischen Umgang mit medialen Darstellungen der Kaiser.
Die Unterscheidung in „gute“ und „schlechte“ Kaiser untersucht Ruurd R. Nauta („Mali principes. Domitian, Nero und die Geschichte eines Begriffes“, S. 25–40). Dabei kann sie durch eine umfassende Analyse des Quellenmaterials nachweisen, dass der Ursprung der Gegenüberstellung bzw. der Anfang der schematischen Gut-Schlecht-Kategorisierung in der Etablierung des Optimus-Titels in trajanischer Zeit zu erkennen ist. Die Reichsprägungen unter Nero und Domitian betrachten Reinhard Wolters und Martin Ziegert („Umbrüche – Die Reichsprägungen Neros und Domitians im Vergleich“, S. 43–80). Sie zeigen, dass in der neronischen Münzprägung bis 64 n.Chr. familiäre und senatsnahe Motive vorherrschen. Durch die Münzreform verändern sich dann nicht nur die Prägestandards und -organisation, sondern Nero wird nun auch erstmals mit göttlichen Attributen dargestellt. Eine Zäsur zur vormaligen Konvention der Münzprägung der julisch-claudischen Kaiser wird dabei ersichtlich. Aufschlussreich sind die Ausführungen zu den Bildelementen, die eine Assoziation zu Neros Künstlerschaft ermöglichen; insbesondere ist hier das bekannte Reversmotiv mit dem Apollon citharoedus, der vielleicht mit Nero gleichgesetzt werden könnte, zu nennen. Zusammen mit der Veränderung in der Porträtdarstellung, in welcher durch Leibesfülle und Künstlertum eine Abkehr von früheren Darstellungsidealen ins Bild gesetzt wird, stellt der Reverstyp mit Apollon citharoedus einen Bruch dar. Diese neue Form der Selbstdarstellung deuten Wolters und Ziegert umsichtig „nicht als Ausstieg aus der Herrscherrolle, sondern als Form eines anderen Leistungsnachweises, der ihn nach wie vor zum Prinzeps qualifizierte“ (S. 63). Für Domitian wird dargelegt, dass er zunächst die Motive seiner Vorgänger fortführt, dann jedoch die Typenvielfalt deutlich reduziert, um schließlich ein Bildprogramm zu etablieren, das besonders seine Sieghaftigkeit, seine Bautätigkeit sowie Darstellungen der Minerva präsentiert. Ikonographische Innovationen Neros und Domitians werden von späteren Kaisern fortgeführt, waren also keineswegs durchgehend als negative Konventionsbrüche gebrandmarkt. Domitians Aufhebung der neronischen Devaluation von 64 n.Chr. interpretieren die Autoren nicht als wirtschaftlich-geldpolitische Maßnahme, sondern als Form der Herrscherrepräsentation (S. 68f.).1
Sophia Bönisch-Meyer und Christian Witschel („Das epigraphische Image des Herrschers. Entwicklung, Ausgestaltung und Rezeption der Ansprache des Kaisers in Inschriften Neros und Domitians“, S. 81–179) untersuchen in ihrem umfangreichen Aufsatz zunächst die offizielle Kaisertitulatur und behandeln dann inoffizielle Epitheta, die Rückschlüsse auf regionale Aspekte der Herrscherrepräsentation bzw. -wahrnehmung bieten. In einem dritten Schritt werden die inschriftlichen Befunde für eine Umsetzung der damnatio memoriae betrachtet. Die Autoren bieten viele hilfreiche Detailbeobachtungen, so etwa zum Epitheton sacratissimus imperator für Domitian, das wohl ursprünglich in einem soldatischen Umfeld entstanden ist, oder zur Angleichung von Nero und Domitian als Zeus Eleutherios. Bei Erstgenanntem besteht ein Bezug zur Proklamation von Korinth, der Zweitgenannte übernahm als wahrscheinlich erster Kaiser das Archontenamt in Athen und förderte die Stadt, weshalb man ihn mit besagter Gottheit in Verbindung setzte; außerdem könnte Domitians Vorliebe für Iuppiter als Vorlage gedient haben. Ferner zeigt die Analyse, dass hinsichtlich der Kaisertitulatur ein Traditionsbezug ausgemacht werden kann: Nero greift als erster seit Augustus wieder auf das praenomen imperatoris zurück. Domitian knüpft mit der Angabe seiner zahlreichen imperatorischen Akklamationen an eine von seinem Vater begründete Praxis an. Außerdem wurde durch Domitian der Siegerbeiname Germanicus eingeführt, der fortan von den nachfolgenden Kaisern übernommen wurde. Bei den inoffiziellen Epitheta ist gerade für Domitian auffällig, dass keine Bezüge zu den militärischen Leistungen des Kaisers, der diese in seiner offiziellen Repräsentation besonders nachdrücklich betonte, belegt sind. Die Analyse der Epitheta zeigt allgemein, dass regionale Interessen und Vorlieben sowie lokalen Initiativen Einzelner für die Ausprägung der inoffiziellen Elemente der Titulatur große Bedeutung beigemessen werden muss.
Anne Wolsfeld („Der Kaiser im Panzer. Die bildliche Darstellung Neros und Domitians im Vergleich“, S. 181–216) untersucht die Darstellung der Kaiser im Panzer. Um quantitative und qualitative Unterschiede beobachten zu können, setzt ihre Untersuchung mit Augustus ein und behandelt die Panzerbildnisse bis zu Domitian. Ausführlich referiert sie die Befunde in sämtlichen Bildmedien sowie entsprechende Erwähnungen in den schriftlichen Quellen.2 Dabei kann sie nachweisen, dass unter Nero eine quantitative Zäsur zu beobachten ist: Die im Verhältnis zu anderen Mitgliedern des julisch-claudischen Hauses zahlreichen Bildnisse sollen wahrscheinlich mangelnde militärische Erfolge Neros überspielen (S. 198). Unter Domitian sind dann besonders viele Panzerbildnisse nachweisbar, es lässt sich somit im 1. Jahrhundert in der kaiserlichen Repräsentation ein Wandlungsprozess hin zum militärisch erfolgreichen Herrscher aufzeigen.
Egon Flaig („Die Imago des Kaisers und das Risiko für seine Akzeptanz. Überlegungen zum Nerobild beim Brand Roms“, S. 265–282) analysiert die Akzeptanzverluste, die zum Sturz Domitians und Neros führten. Für Domitians Ende sieht Flaig in der parteilichen Haltung für thrakische Gladiatoren, der mangelnden Milde für besiegte Arenakämpfer, der Nötigung der Bürgerschaft zum Ausharren im Amphitheater während schlechter Wetterlagen sowie besonders in dem berühmten „Schweigen“-Befehl während der kapitolinischen Spiele die wesentlichen Gründe. Ergänzen darf man, dass Domitian seine Machtposition auch gegenüber den Senatoren – mag man der literarischen Überlieferung in diesem Punkt vertrauen – deutlich zum Ausdruck brachte, was ebenfalls zu einem Verlust von Akzeptanz führte; an dieser Stelle ist neben der von Flaig erwähnten Usurpation des Saturninus auch auf die Verschwörung von 87 n.Chr., die Prozesse gegen Mettius Pompusianus, L. Salvius Otho Cocceianus und M. Acilius Glabrio sowie die philosophische Opposition gegen Domitian hinzuweisen.3 Den Beginn des Akzeptanzverlusts Neros erkennt Flaig in den Gerüchten, die nach dem Brand von Rom aufkamen: Nero sei nicht nur der Brandstifter, sondern habe auch während der Katastrophe das Ende Trojas besungen. Flaig erklärt umsichtig die Entstehung der Gerüchte, eruiert überzeugend eine Verbindung zu Neros erstem Auftritt als Künstler in Neapel, der kurze Zeit vor der Brandkatastrophe erfolgte, sowie zu der Propagierung des Auftritts mittels der bekannten Münze, die auf dem Revers einen Apollon mit Kithara zeigt. Der Akzeptanzverlust setzte nach dem Brand von Rom ein und wurde dadurch beschleunigt, dass der Kaiser, indem er auch in Rom nachfolgend als Künstler auftrat, Konventionen brach: die vorgegebene Imago seiner Stellung gegenüber Senatoren, plebs und Soldaten erfüllt er nun nicht mehr.
Sabine Müller („Nero und Domitian im Licht östlicher Monarchie“, S. 283–315) untersucht, inwieweit Nero und Domitian akzeptanzfähige Herrscher für die östlichen Reichsbewohner gewesen sind. Ausführlich und unter Berücksichtigung sämtlicher Quellengattungen vergleicht sie vermeintlich östliche Elemente in der Repräsentation und im politischen Handeln der beiden Kaiser mit hellenistischen und iranischen Vorbildern, um so die Frage nach der Akzeptanz im Osten beantworten zu können. Plausibel kann sie aufzeigen, dass Nero aufgrund seiner präsentierten Wertschätzung der griechischen Kultur sowie der Proklamation von Korinth in Griechenland weithin Akzeptanz fand. Neros Auftritte als Künstler waren allerdings ohne hellenische Vorbilder und auch aus dem Blickwinkel einer griechischen Sozialisation ein Tabubruch. Im Partherreich blieb Nero aufgrund der Einigung in Armenien in guter Erinnerung. Die positive Wahrnehmung Neros in Griechenland und Parthien beruht, wie Müller festhält, jeweils auf politischen Entscheidungen, die für Hellas bzw. den politische Nachbarn im Osten vorteilhaft waren. Auch für Domitian arbeitet Müller eindringlich die verschiedenen griechischen Elemente heraus, die – gleichwohl sie in Rom bekanntermaßen kritisiert wurden – für Bewohner der östlichen Reichshälfte nachvollziehbar gewesen sein müssen. Für die Vergöttlichung von Familienmitgliedern der Gens Flavia verweist Müller auf entsprechende hellenistische Vorbilder (S. 306f.).
Allerdings darf man hier einwenden, dass die Divinisierungen unter Domitian auch in Verbindung mit dem Legitimationsproblem der Flavier nach dem Bürgerkrieg zu sehen sind: Eine göttliche Legitimation, wie sie die julisch-claudischen Kaiser aufweisen konnten, fehlte Vespasian, dessen Familie aus dem Ritterstand über die Militärlaufbahn aufgestiegen war. Das Legitimationsproblem zeigt sich auch an den im Verhältnis zu früheren Kaisern zahlreichen Konsulaten der Flavier.4 Dass es auch entsprechende hellenische Vorbilder gab und die Vergöttlichung von Familienmitgliedern in der östlichen Reichshälfte deshalb wenig verwundert haben dürfte, war vermutlich eher zweitrangig. Der Fokus des Aufsatzes liegt auf griechischen und iranischen Elementen in der kaiserlichen Repräsentation. Für Domitian sind aber auch ägyptische Inhalte wichtig, die man ergänzen darf5: Neben der Wiedererrichtung des Isis-Tempels auf dem Marsfeld ist besonders der Obelisk bemerkenswert, der heute die Fontana dei Quattro Fiumi auf der Piazza Navona ziert.6 Seine hieroglyphische Inschrift feiert Domitian als Pharao, dessen Schutzfunktion nicht nur für Ägypten, sondern für die ganze Welt gelte. Diese Darstellung in Rom ist ebenfalls als Transgression und Konventionsbruch interpretierbar. Sie wurde auch von den Untertanen rezipiert: In Benevent hat ein Lucilius ein Iseum gestiftet, in dem Pharaoenstatuen Domitians standen. Vor dem Heiligtum befanden sich zudem zwei Obelisken mit hieroglyphischen Inschriften, die ebenfalls den letzten Flavier als Pharao priesen.
Die Mehrdeutigkeit des Herrscherlobes und die literarisch-rhetorischen Möglichkeiten, die Ambivalenz innerhalb der Panegyrik bewusst hin zu einer präferierten Lesung zu steuern, wird von Lisa Cordes („Preferred Reading: von Seneca zu Statius“, S. 341–378) untersucht. Sehr eindringlich kann sie zeigen, dass bei Statius den Leser steuernde Strategien vielfach, hingegen in der neronischen Panegyrik nur vereinzelt nachweisbar sind. Diesen Befund erklärt Cordes überzeugend damit, dass das negative Nerobild, welches retrospektiv durch die unter den Flaviern abwertend konnotierten panegyrischen Übertreibungen neronischer Zeit gespeist wurde, in der Zeit Domitians zu einer gewissen Vorsicht in der Formulierung von Herrscherlob geführt haben könnte. Die Erfahrung der Umkodierung des Lobes und der ursprünglich der Herrscherrepräsentation zweckdienlichen Panegyrik könnte bei Statius ein Bewusstsein für das Risiko einer möglichen ambivalenten Auslegung geschaffen haben.
Knut Backhaus („Der Tyrann als Topos. Nero/Domitian in der frühjüdisch-frühchristlichen Wahrnehmung“, S. 379–403) geht den Fragen nach, wie die mediale Inszenierung der besagten Kaiser von Juden und Christen aufgenommen wurde, wie eine topische Verschmelzung zwischen Nero und Domitian entstanden ist und in welchem Maße Rezeptionsprozesse das Geschichtsbild der Juden und Christen geprägt haben. Seine genaue Analyse der Quellen, so etwa der lukanischen Schriften und der Oracula Sibyllina, verdeutlicht, dass Nero – ähnlich wie Antiochos IV. oder Agrippa I. – konstant mit den traditionellen Motiven „grenzüberschreitende Selbstdarstellung“, „Theomachie und Verfolgung des jüdischen bzw. christlichen Volkes“ und „Strafe durch gewaltvollen Tod“ als ein „typischer Tyrann“ verewigt wurde. Domitian hingegen bleibt relativ konturlos, eher ein austauschbares Individuum ohne besondere topische Aufladung. Nur in der Johannes-Apokalypse wird Domitian „neronisiert“, die Verschmelzung der beiden „negativen“ Kaiser zu einer topischen Figur wird hier sehr deutlich erkennbar. In der christlichen Geschichtsschreibung, die Wertungsmuster der senatorischen Historiographie aufgreift, entwickelt sich dann ein anderes Domitian-Bild: Nach der damnatio memoriae sowie nach der – nun dokumentarisch gelesenen und entsprechend interpretierten – Johannes-Apokalypse war es durchaus plausibel und allgemein intentionell verständlich, dass auch Domitian als ein tyrannischer Verfolger gedeutet wurde. In einer Tradition mit Nero setzte der letzte Flavier dessen stadtrömische Verfolgung nun reichsweit um. Backhaus arbeitet die Unterschiede zwischen dem Nero- und dem Domitian-Bild in den verschiedenen frühjüdischen und frühchristlichen Überlieferungstraditionen sehr umsichtig heraus.7
Verena Schulz („Nero und Domitian bei Cassius Dio. Zwei Tyrannen aus der Sicht des 3. Jh. n. Chr.“, S. 405–434) zeigt in einer textnahen Untersuchung, dass Nero und Domitian von Cassius Dio nicht nur durch Tyrannen-Topoi dargestellt, sondern auch panegyrische Elemente bewusst umgewandelt werden; die literarische Darstellung der beiden Kaiser sei letztlich als Kritik an Caracalla und Elagabal zu lesen. Die Zeitbezüge zur Gegenwart des Cassius Dio sowie die literarische Technik der Dekomposition werden sehr gut aufgezeigt.
In ihrer „Schlussfolgerung: Herrscherrepräsentation in synchroner und diachroner Perspektive“ (S. 437–449) referieren Sophia Bönisch-Meyer, Lisa Cordes, Verena Schulz und Anne Wolsfeld nicht einfach nur die Ergebnisse des Bandes, sondern analysieren abschließend – methodisch ganz im Sinn der von Fuhrer und Hose vorgeführten Herangehensweise – einen durch die Repräsentation erzeugten Kommunikationsprozess zwischen Kaiser und Untertanen. Dabei stützen sie sich auf die Einzelergebnisse der in den Aufsätzen behandelten unterschiedlichen Medien. In synchroner Perspektive zeigen sie am Beispiel der militärischen Tapferkeit zunächst, wie unterschiedlich sich dieses Thema in der Repräsentation der beiden Kaiser ausgestalten konnte. In einer diachronen Perspektive verdeutlichen sie dann, wie und in welchen Bereichen sich Domitian von Nero distanzierte. Die Dynamik eines Diskurses über kaiserliche Repräsentation wird erkennbar, wenn man sich in flavischer Zeit mit bestimmten Elementen der neronischen Darstellung bewusst auseinandersetzte. Gleichfalls diachron ist schließlich auch die Analyse der Elemente neronischer und domitianischer Repräsentation, die trotz eines negativen Kaiserbildes nachfolgend übernommen und genutzt wurden; auch innovative, also durchaus Grenzen der Konvention überschreitende Elemente, blieben verwendbar.
Der Tagungsband besticht durch seine inhaltliche Homogenität, die nicht nur durch die sehr lesenswerten „Schlussbetrachtungen“, sondern auch durch die einzelnen Aufsätze erzeugt wird, die der Frage nach Kommunikationsprozessen in synchroner und diachroner Perspektive, Überschreitungen von Konventionen der medialen Darstellungen und den ersichtlichen Spielräumen der „Verhandlungen“ zwischen Kaiser und Untertanen nachgehen. Abhängig von dem Informationsgehalt der bearbeiteten Quellengattung können diese Fragen mal mehr, mal weniger intensiv ausgearbeitet werden, jedoch ist bei jedem Aufsatz ein entsprechendes Bestreben deutlich ersichtlich, wodurch der Band sehr kohärent wirkt und inhaltlich zu überzeugen vermag. Ein sehr nützliches Quellenregister sowie ein Sach- und Namenindex beschließen eine Publikation, von der die Erforschung der Prinzipatszeit inhaltlich sowie methodisch profitieren wird.
Anmerkungen:
1 Hinsichtlich des Adressatenkreises der vieldiskutieren FISCI IVDAICI CALVMNIA SVBLATA-Münzen Nervas, für die die Autoren von einer Adressierung an eine kleine Bevölkerungsgruppe ausgehen, darf man anmerken, dass jüngst mit guten Gründen auch Kreise der römischen Oberschicht als Zielgruppe diskutiert wurden: Sven Günther, Der fiscus Iudaicus als Forschungskonstrukt, in: Japan Studies in Classical Antiquity 2 (2014), S. 123–136.
2 Die Datierung des vielfach behandelten Germanicus-Dupondius in die Zeit des Tiberius (S. 187) ist zu korrigieren: Eine Entstehung in der Zeit des Caligula ist aus numismatischen sowie inhaltlichen Gründen wahrscheinlicher, vgl. Karl Christ, Antike Siegesprägungen, in: Gymnasium 64 (1957), S. 504–533, hier S. 516f.; die weitere Literatur sowie inhaltliche Gründe für eine spätere Datierung bietet Patrick Reinard, divisa namque et discors aula erat – Die Germanicus-Münzen des Tiberius, Caligula und Claudius. Beobachtungen zur Iulisch-Claudischen Dynastie in: Marburger Beiträge zu antiken Handels-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (im Druck).
3 Ulisse Morelli, Domiziano. Fine di una dinastia, Wiesbaden 2014, S. 68–72, 105–110 u. 120-–130; Jens Gering, Domitian, dominus et deus?, Rahden/Westf. 2012, S. 306–315 u. 332–344.
4 Gering, Domitian, S. 54f.
5 Stefan Pfeiffer, Die Zeit der Flavier. Vespasian – Titus – Domitian, Darmstadt 2009, S. 64f.; ders., Der römische Kaiser und das Land am Nil. Kaiserverehrung und Kaiserkult in Alexandria und Ägypten von Augustus bis Caracalla (30 v. Chr. – 217 n. Chr.), Stuttgart 2010, S. 126–131; Karl Strobel, Kaiser Traian, Regensburg 2010, S. 73; Ladislav Vidman, Isis und Sarapis bei den Griechen und Römern, Berlin 1970, S. 107.
6 Vgl. auch Labib Habachi, Die unsterblichen Obelisken Ägyptens, Mainz 2000, S. 83.
7 Zur Analyse der Offenbarung des Johannes darf man das einschlägige Buch von Ulrike Riemer, Das Tier auf dem Kaiserthron? Eine Untersuchung zur Offenbarung des Johannes als historischer Quelle, Leipzig 1998 ergänzen. Vgl. jetzt auch Robert Mucha, Der apokalyptische Kaiser. Die Wahrnehmung Domitians in der apokalyptischen Literatur des Frühjudentums und Urchristentums, Frankfurt 2015.