Christian v. Ditfurths Buch "Internet fuer Historiker" ist Teil einer vom Campus Verlag herausgegebenen Reihe "Internet fuer xy", in deren Rahmen bisher auch Baende fuer Architekten, Psychologen, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler von verschiedenen Autoren erschienen sind. Bis einschliesslich des achten Kapitels sind diese jeweils wortidentisch. Ditfurths Buch will dem Geschichtsinteressierten, vom historischen Laien bis zum professionellen Wissenschaftler, einen Einstieg in das neue Medium Internet bieten. Die Heterogenitaet dieser Zielgruppe wird noch verstaerkt dadurch, dass zugleich von extrem unterschiedlichen technischen Vorkenntnissen der Leserschaft ausgegangen werden muss. Allerdings weisen Kapitelueberschriften wie "Ahnen und Wappen" fuer den Bereich Historischen Hilfswissenschaften oder "Gib mir meine Legionen wieder" fuer das Altertum darauf hin, dass zumindest von Verlagsseite aus vor allem der interessierte Laie angesprochen werden soll.
Das Buch ist insgesamt in 14 Kapitel unterteilt. Die ersten acht Kapitel, somit mehr als die Haelfte des Buchs, widmen sich den technischen Anforderungen des Internetzugangs. Erfreulicherweise gelingt es dem Autor hier weitgehend auch wirklich, das selbst gesteckte Ziel, den "Fachjargon" zu vermeiden, einzuhalten, so dass hier von einer gelungenen Einfuehrung fuer den technischen Laien gesprochen werden kann. Hilfreich ist auch das Glossar im Anhang, in dem das uebliche 'Fachkauderwelsch' erklaert wird. Wer nach diesen Angaben vorgeht, sollte in der Regel auch wirklich an das Ziel 'Zugang zum Internet' gelangen.
Erst mit dem neunten Kapitel beginnt der spezifisch historische Teil des Bandes. Zunaechst werden einige Einstiegspunkte ("Startrampen") ins Internet aufgefuehrt, Internetseiten, die auf weitere Seiten mit historischem Bezug verweisen. Diese eignen sich allerdings zumeist eher zum 'Herumstoebern', denn zur systematischen Recherche nach relevantem Material.
Die sich anschliessenden Kapitel widmen sich einzelnen historischen Teildisziplinen wie den Historische Hilfswissenschaften, der Vor- und Fruehgeschichte/Archaeologie, dem Altertum, Mittelalter und der Neuzeit. Innerhalb der Kapitel greift sich Ditfurth zumeist exemplarisch einzelne historische Fragestellungen, zum Beispiel im Kapitel "Vor- und Fruehgeschichte/Archaeologie" die Hoehle von Lascaux. (S. 139ff.), anhand einiger interessanter Seitenverweise ('Links') heraus, deren Inhalt er dabei kurz kommentiert. Die aufgefuehrten Links koennen ob der Informationsfuelle und noch immer recht 'anarchen' Struktur des Internets natuerlich stets nur eine Auswahl bieten, was der Autor aber schon in der Einleitung bereitwillig zugibt. Ebenfalls laesst es sich nicht voellig vermeiden, dass einige der angegebenen Verweise mittlerweile ins Leere fuehren, da die Seiten an eine andere Adresse umgezogen sind, oder vielleicht auch ganz geloescht wurden. So ist die vom Autor als "rekordverdaechtig lang" klassifizierte Internetadresse des Archaeologischen Museums von Bologna (S.145) nicht mehr an ihrem Platz zu finden. Dort fand sich nur noch der Verweis auf die neue, leichter zu findende Adresse. Die virtuelle Fuehrung durch die Hoehle von Lascaux (S.140) befand sich auch nicht mehr an der angegebenen Stelle, hier leider ohne weiteren Verweis.
Das Kapitel zur Neuzeit ist sinnvollerweise in mehrere Unterkapitel gegliedert, wobei die Rubrik "Startrampen: Europa" fuer leichte Verwirrung sorgt: Fast alle dort aufgefuehrten Links befinden sich naemlich in den USA, beschaeftigen sich aber mehr oder minder stark mit europaeischer Geschichte.
Leider muss Ditfurth in seiner Kritik ueber das deutsche Internetangebot zur Neuzeit recht gegeben werden: "Um es deutlich zu sagen: Was deutsche Bildungseinrichtungen, vor allem Universitaeten, dem Internet-Nutzer im Hinblick auf die Neuzeit anbieten, ist erbaermlich. Wer sich ueber zentrale Fragen, etwa die Franzoesische Revolution, den Ersten und Zweiten Weltkrieg, den Nationalsozialismus und Auschwitz informieren will, kommt ohne US-amerikanische Internet-Quellen kaum einen Schritt weiter." (S. 175) Was allerdings auch den Sinn einer Einfuehrung in die wissenschaftliche Nutzung des Internets fuer Historiker in Frage stellt.
Summa summarum ist das Buch 'Internet fuer Historiker' eine gelungene Einfuehrung in das Internet. Dem technischen Laien kann so viel Frust erspart werden, da sich schon recht frueh erste Erfolgserlebnisse zeitigen, er nicht ohnmaechtig vor dem Datenoverkill kapitulieren muss. Nichtsdestotrotz bleibt es auch dem Leser dieser Einfuehrung nicht erspart, sich durch das Internet zu kaempfen, so er das Internet als Rechercheort nutzen will, wenn ihm auch durch die Lektuere der Einstieg deutlich erleichtert wird. Allerdings erscheint der Preis fuer den Paperbackband mit Blick auf die 'standardisierten' technischen Kapitel und den schmalen Geldbeutel der Studenten etwas ueberhoeht.