R. P. Salomons (Hrsg.): P.Cair.Preis. 2nd ed.

Cover
Titel
P.Cair.Preis.².


Herausgeber
Salomons, Robert P.
Reihe
Papyrologica Bruxellensia 35
Anzahl Seiten
X, 120 S.
Preis
€ 35,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Patrick Reinard, Seminar für Alte Geschichte, Philipps-Universität Marburg

Im Jahr 1911 legte Friedrich Preisigke 48 griechische Papyri aus der Sammlung des Ägyptischen Museums in Kairo in einer Ausgabe vor.1 Mehr als ein Jahrhundert später hat nun Salomons eine zweite Edition der Texte erarbeitet, die in vielerlei Hinsicht eine große Bereicherung darstellt. Preisigke hatte in seiner Edition – wie damals üblich – lediglich den griechischen Text in Transkription sowie eine kurze Einleitung mit knappen Bemerkungen zur Handschrift sowie zur physischen Beschaffenheit der jeweiligen Urkunde geboten. Auf Kommentierungen und Übersetzungen wurde damals verzichtet. Salomons hat in dieser Hinsicht Abhilfe geschaffen: Er bietet neben einer Übersetzung eine umfängliche Einleitung zu jedem Text, der Transkription nachgestellt, sowie eine ausführliche Kommentierung, die sowohl papyrologisch als auch althistorisch Forschenden einen hervorragenden Zugang zu den einzelnen Urkunden eröffnet und zudem weiterführende Literatur zusammenstellt. Besonders hilfreich sind drei Anhänge: Der Urkunde P.Cair.Preis. 3, einer Petition an riparii (ein Duplikat von P.Cair.Preis. 2), ist eine „Chronological list of Riparii“ nachgestellt, die sämtliche papyrologischen Belege beinhaltet und somit für die Beschäftigung mit P.Cair.Preis 2 und 3 bzw. allgemein mit den riparii ein sehr gutes Arbeitsinstrument darstellt. Gleiches gilt für die „Chronological List of Summonses“, die als Anhang dem Überstellungsbefehl P.Cair.Preis 5 nachgestellt ist, sowie die kurze „Chronological List of Revocations of Wills“, die auf die Edition von P.Cair.Preis. 32, einer offiziellen Bestätigung der Rückgabe eines Testaments, folgt. In seiner „introduction“ zu P.Cair.Preis. 32 schafft Salomons zudem Klarheit hinsichtlich des bisher nicht gänzlich eruierten Verfahrens der Rückgabe eines Testaments. Der Verfahrensweg zwischen Stratege, Hyperetes und Agoranomoi wird auf der Grundlage von P.Cair.Preis. 32 plausibel rekonstruiert.

Nicht alle Urkunden, die Preisigke 1911 edierte, werden von Salomons wieder aufgenommen. Einige Texte wurden in den letzten Jahren bereits neu bearbeitet und liegen in einer aktuellen Edition vor; es handelt sich um Nr. 4, 6–8, 13–14, 29–30, 39–40, 44 und 46. Unter Verweis auf die entsprechenden Publikationen sowie die Einträge in der „Berichtigungsliste“ spart Salomons diese Papyri aus. Für seine Neuausgabe hat Salomons keine Autopsie der Dokumente vorgenommen, sondern seine Arbeit anhand des hervorragenden „Photographic Archive of Papyri in the Cairo Museum“ durchgeführt, welches über die „Duke Databank of Documentary Papyri“ (DDbDP) oder das „Heidelberger Gesamtverzeichnis der griechischen Papyrusurkunden Ägyptens“ (HGV)2 zu erreichen ist. Zur Paläographie oder zur materiellen Beschaffenheit der Papyri äußert er sich deshalb kaum. Preisigkes Erstedition ist somit für diese beiden Aspekte weiterhin wertvoll. Der Band beinhaltet auch keine Abbildungen der Papyri, was allerdings unter Verweis auf die bereits genannte Datenbank sowie auf den 1987 von El Sawy und Bülow-Jacobsen publizierten Tafelband verständlich ist.3

Insgesamt sind die Einleitungen, die den interpretativen Zugang zu den Urkundeninhalten erleichtern, und die umfängliche Kommentierungen der Texte als mustergültig zu bezeichnen. Lediglich eine Ergänzung zu P.Cair.Preis. 41 (300–350 n.Chr.) und 43 (59 n.Chr.) sei erlaubt. In den Urkunden finden sich die Begriffe „kaiserliches Geld“ (P.Cair.Preis. 41, Z. 13) bzw. „kaiserliches und ptolemäisches Geld“ (P.Cair.Preis. 43, Z. 8). Beide Termini wurden in der Forschung vielfach diskutiert 4, im Zeilenkommentar werden sie jedoch nicht eigens behandelt. Christiansen konnte zeigen, dass der Terminus „ptolemäisches Geld“ bis in neronische Zeit „vorrömisch-ptolemäische“ Münzen meint.5 Kaiser Nero ließ in den 60er Jahren in hoher Anzahl Tetradrachmen in Alexandria prägen, die schließlich die vorrömisch-ptolemäischen Münzen ersetzten. Im Münzumlauf sind in den Folgejahren kaum noch ptolemäische Münzen greifbar, das Wort „ptolemäisch“ als spezifisches Attribut für Münzen bzw. Geld ist in den Papyri ab etwa 64 n.Chr. nicht mehr nachweisbar. Erst in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts kommt es in diesem Zusammenhang wieder in Gebrauch und steht dann gemeinsam mit palaiós, zu dem es synonym verwendet wird. Die in P.Cair.Preis. 41 verwendete Bezeichnung „kaiserliches Geld“ – bzw. nach der Übersetzung von Salomons „coinage of the Augusti“ – ist ebenfalls vielfach diskutiert worden. Das Attribut „kaiserlich“ zielt sicherlich auf die Güte der Münze, also auf das Vertrauen in das staatlich legitimierte Zahlungsmittel ab, muss aber nicht zwingend etwas mit dem materiellen Realwert der Münze zu tun haben. Insgesamt sind aus dem 4. Jahrhundert nur wenige Belege für den Terminus „kaiserliches Geld“ überliefert.6 Die Durchsicht dieser Belege erlaubt hinsichtlich der Datierung von P.Cair.Preis. 41 eine Vermutung zu äußern: Salomons führt die interessante Beobachtung aus, dass eine Verbindung zwischen diesem Text und dem Archiv der Aurelia Charite, konkret mit P.Charite 34, bestehen könnte, woraus sich für P.Cair.Preis. 41 der terminus ante quem 316 und der terminus post quem 348 n.Chr. ergeben würde. Ein Vergleich mit den anderen Belegen für „kaiserliches Geld“ macht eine Datierung in die Mitte 4. Jahrhundert aber unwahrscheinlich und lässt eher an das erste Drittel des 4. Jahrhunderts denken. Somit wäre ein engeres Zeitfenster von 316 bis etwa 335 denkbar.

Die hervorragende Re-Edition von Preisigkes „Griechischen Urkunden des Ägyptischen Museums zu Kairo“ wird durch eine Bibliographie und einen ausführlichen Index-Teil abgerundet. Zusammenfassend darf man wiederholen: Es handelt sich um eine mustergültige Edition!

Anmerkungen:
1 Friedrich Preisigke, Griechische Urkunden des Ägyptischen Museums zu Kairo, Straßburg 1911 (allgemein zitiert als P.Cair.Preis.).
2 Zu finden unter: <http://www.papyri.info>
3 Soheir El Sawy / Adam Bülow-Jacobsen, The Cairo-Preisigke Papyri. Plates, Kairo 1987.
4 Vgl. Dominic Rathbone, Monetisation, not price-inflation, in third-century A.D. Egypt?, in: Cathy E. King / David G. Wigg (Hrsg.), Coin finds and coin use in the Roman World, Berlin 1996, S. 321–339; Gunnar Mickwitz, Geld und Wirtschaft im Römischen Reich, Helsingfors 1932 (ND Amsterdam 1965), S. 53f. sowie für weitere Literatur und sämtliche Quellen: Patrick Reinard, „Altes ptolemäisches“ und „neues kaiserliches“ Geld in den Papyri des 3. Jh.n.Chr. Beobachtungen zum Verlust der Geldillusion, in: Katharina Martin / Benedikt Eckhardt (Hrsg.), „Neue Prägung“. Innovationspotential von Münzen in der griechisch-römischen Antike. Tagungsband Münster 2014 (im Druck).
5 Erik Christiansen, On Denarii and other Coin-Terms in the Papyri, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 54 (1984), S. 271–299. Diesen Aufsatz kann man auch in der Kommentierung zu P.Cair.Preis. 34 ergänzen. In 34B Zeile 10 wird ein Kostenpunkt mit einem (?) Denar für 100 Litra beziffert. Denare werden in den Papyri insgesamt eher selten erwähnt (vgl. Wörterbuch der griechischen Papyrusurkunden III 346), eine entsprechende Anmerkung im Zeilenkommentar fehlt.
6 Vgl. Wörterbuch der griechischen Papyrusurkunden III 353.

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