Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte über die Ursachen des Zusammenbruchs des sowjetischen Imperiums geht Bernd Stöver der Frage nach, „was die Liberation Policy der USA eigentlich war und bewirkte“ (S. 10). Dazu wird in einem ersten Kapitel die Entstehung des Konzepts der „Befreiungspolitik“ in den Jahren 1947 bis 1952 beschrieben: Stöver sieht es – nicht überraschend – im Kontext des amerikanischen Missionsgedankens begründet und arbeitet die fließenden Übergänge von „Containment“ zu „Liberation Policy“ heraus. Etwas großspurig spricht er in diesem Zusammenhang vom Verschmelzen der beiden Konzepte „zu einer integrativen Doppelstrategie“ (S. 888); daran ist soviel richtig, dass das „Containment“-Konzept stets auch offensive Elemente enthielt und in der Praxis keine großen konzeptionellen Unterschiede zwischen der Truman-Administration und der Eisenhower-Administration festzustellen sind.
Das zweite Kapitel berichtet über die Strategiedebatten in den Planungszirkeln dieser beiden Administrationen: die Rekrutierung von „Ost-Exporten“ aus den Reihen der Deutschen, der Emigranten und der „Wlassow-Armee“, die Diskussion des Jugoslawien-Bruchs, der Berlin-Blockade und des Koreakrieges, die Debatten der „Operation Solarium“ 1953 und andere Überlegungen, die sich auf die Mobilisierung der Bevölkerung im Ostblock konzentrierten. Es zeigt einen in dieser Dichte bislang unbekannten Grad an konzeptioneller Operationalisierung der Befreiungsrhetorik.
Im dritten Kapitel wird das institutionelle Netzwerk offizieller und privater Befreiungs-Organisationen vorgestellt, das Ende der 40er Jahre und in den frühen 50er Jahren in den USA und im westlichen Europa entstand. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der deutschen Seite, hier erfährt man im Detail auch viel Neues. Das vierte Kapitel dokumentiert, wie weit es in diesen Organisationen Pläne für eine militärische Befreiung gab und was offizielle Stellen für die Zeit nach der Befreiung planten. In einem fünften Kapitel werden mit viel neuem Material die Rundfunkprogramme beschrieben, die im Zeichen der „Befreiungspolitik“ bis 1956 ausgestrahlt wurden, ebenso die wirtschaftlichen Druckmaßnahmen und die verdeckten Operationen der Geheimdienste und privaten Untergrundgruppen in diesen Jahren.
Bis hierhin entsteht der Eindruck eines Kontinuums von „Befreiungspolitik“, in dem Regierungen, Behörden, Aktivisten und Öffentlichkeit der späten 40er und frühen 50er Jahre zusammenwirkten und sich wechselseitig beeinflussten. Dies in seiner ganzen Vielfalt herausgearbeitet zu haben, stellt die wesentliche Leistung dieser Arbeit dar. Leider versäumt es Stöver, die verschiedenen Elemente dieses Spektrums zu kategorisieren und zu gewichten. Dulles’ Plädoyer für eine politisch-ideologische Offensive aus dem Frühjahr 1948, seine Ankündigung einer „Befreiung“ Osteuropas im Wahlkampf von 1952 und die Forderung von James Burnham, einen Präventivkrieg gegen die Sowjetunion zu führen, erscheinen unterschiedslos als Belege für das Vorhandensein und die Wirksamkeit eines einzigen Konzepts, das an keiner Stelle genauer definiert wird. Stöver spricht gelegentlich von einer „Idee“ und der „Verwendung des Begriffs Befreiung“ (S. 12), dann von „Befreiungsplänen“ und einem „Konzept“, weiter in unterschiedlichen Kontexten von einer „Strategie“ und einem „Modell“ und schließlich von „Befreiungspolitik“. Dass dies jeweils etwas Anderes ist, ist ihm anscheinend nicht bewusst. Jedenfalls wird in der Argumentation das Vorhandensein einer Idee schon als Beleg für die konsequente Ausrichtung politischen Handelns genommen.
Stöver ist bemüht zu zeigen, dass die „Befreiungspolitik“ mehr als Rhetorik war. Mehr als die zeitweilige regierungsamtliche Förderung der Propaganda- und Subversionsaktivitäten und die Eigendynamik, die diese entwickelten, kann er jedoch nicht nachweisen. Die Frage, welchen Stellenwert diesen Aktivitäten in der Konzeption der jeweiligen Regierung zukam, diskutiert er erst gar nicht. Stattdessen wird (in den Kapiteln 6 und 7) ausführlich über den Glauben an eine tatsächliche amerikanische Befreiungspolitik im Westen wie im Osten berichtet, in der eigenartigen Annahme, dass der Glaube an ein solches Konzept schon sein Vorhandensein belegt.
Sieht man die in den Kapiteln 5 und 8 berichteten Aktivitäten auf ihre Wirkungen hin durch, fällt die Bilanz eher mager aus: In der Tschechoslowakei trugen die amerikanischen Flugblätter und Rundfunksendungen 1953 dazu bei, die Unzufriedenheit unter der Bevölkerung zu fördern. An den Aktivitäten des 17. Juni 1953 waren „alle maßgeblichen Befreiungsorganisationen [...] in irgendeiner Weise beteiligt“ (S. 986), freilich nirgends in den zentralen Funktionen, die ihnen in der kommunistischen Propaganda zugeschrieben wurden. In der ungarischen Krise von 1956 versprachen die halboffiziellen Befreiungsorganisationen, wie der durch amerikanische und bundesdeutsche Gelder finanzierte NTS, unverantwortlicher Weise direkte militärische Hilfe des Westens. Die verdeckten Operationen waren zumeist dilettantisch geplant und insgesamt wenig erfolgreich. Stövers markante Schlussthese, „eine amerikanische Liberation Policy“ habe „über die gesamte Dauer des Kalten Krieges“ bestanden (S. 887), täuscht darüber hinweg, dass ihr Stellenwert doch sehr begrenzt war.
Für die Zeit nach der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands und der danach einsetzenden massiven Kritik an der unverantwortlichen „Befreiungs“-Rhetorik (Kapitel 9 und 10) spricht Stöver von einer Verlagerung der Roll-Back-Strategie in die Dritte Welt, vor allem nach Südostasien und nach Kuba. Dabei bleibt allerdings unerwähnt, dass Kennedy die Befreiungsambitionen im Hinblick auf Kuba spätestens im Verlauf der Kuba-Krise aufgegeben hat; und der Stellenwert des Counterinsurgency-Programms in der amerikanischen Vietnam-Politik wird nicht recht klar. Für die Amtszeit von Ronald Reagan kann Stöver dann auf das Wiederaufgreifen von Ideen, Institutionen und Praktiken der frühen 50er Jahre verweisen. Dass sich Reagans Politik darin nicht erschöpfte, bleibt außer Betracht, die Zusammenhänge zwischen seiner Politik und dem Zusammenbruch der Sowjetunion werden nicht systematisch diskutiert. Stöver bemerkt nur – dies völlig zu Recht –, dass ein Zusammenhang zwischen den verstärkten westlichen Rüstungsanstrengungen der Reagan-Ära und dem Zusammenbruch „nicht zwingend“ ist, und dass Gorbatschows Reformbewegung „keine Kapitulation vor dem Westen“ war, „sondern der Versuch, ein fast siebzigjähriges politisches System von innen zu reformieren und überleben zu lassen“ (S. 899f.).
Die Unschärfen in der generellen Argumentation hinsichtlich des Vorhandenseins einer tatsächlichen amerikanischen Befreiungspolitik bis 1991 sollten freilich nicht dazu verleiten, den Ertrag dieser Studie gering zu schätzen: Sie zeigt, dass die Idee der Befreiung vom Kommunismus in den frühen 50er Jahren beträchtliche Resonanz fand und in den 80er Jahren wieder zu einem politischen Faktor wurde, mit dem man rechnen musste. Über ihre Wirkung ist damit noch nicht viel gesagt. Stövers reichhaltiges Panorama der Ideen und Aktivitäten bietet aber genügend Stoff, um sie in die jeweiligen Kontexte einzuordnen.