C. Höcker: Metzler Lexikon antiker Architektur

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Titel
Metzler Lexikon antiker Architektur. Sachen und Begriffe


Autor(en)
Höcker, Christoph
Erschienen
Stuttgart 2004: J.B. Metzler Verlag
Anzahl Seiten
312 S.
Preis
€ 49,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Agnes Henning, Institut für Klassische Archäologie, Freie Universität Berlin

Die antike Architektur mit ihren vielen Bautypen und Fachbegriffen erschließt sich nicht immer leicht. An der präzisen Benennung einzelner Bestandteile einer bestimmten Bauordnung oder Konstruktionsweise scheitert selbst so manch gestandener Wissenschaftler. Es hat lange ein Überblickswerk gefehlt, das in deutscher Sprache einfach, verständlich und schnell zugänglich die wichtigsten Formen und Phänomene der Antike erklärt. Christoph Höcker, der an der ETH Zürich antike Architekturgeschichte lehrt, hat sich in seinem im Jahr 2004 im Metzler-Verlag erschienen Die antike Architektur mit ihren vielen Bautypen und Fachbegriffen erschließt sich nicht immer leicht. An der präzisen Benennung einzelner Bestandteile einer bestimmten Bauordnung oder Konstruktionsweise scheitert selbst so manch gestandener Wissenschaftler. Es hat lange ein Überblickswerk gefehlt, das in deutscher Sprache einfach, verständlich und schnell zugänglich die wichtigsten Formen und Phänomene der Antike erklärt. Christoph Höcker, der an der ETH Zürich antike Architekturgeschichte lehrt, hat sich in seinem im Jahr 2004 im Metzler-Verlag erschienen Lexikon Antiker Architektur dieser Aufgabe angenommen.

In seinem Vorwort definiert Höcker klar die Ziele seiner Publikation: Sie soll sich in erster Linie an Studierende und Lehrende wenden und dabei die Architektur der klassischen Antike in einem Zeitraum von ca. 900 v. Chr. bis 500 n. Chr. behandeln. Um die Erwartungen an das 300 Seiten starke Lexikon nicht zu hoch anzusetzen, gibt Höcker einige Einschränkungen mit auf den Weg. So folgt er in seinem zeitlichen Rahmen dem "konventionellen Fachverständnis" (S. V) und verzichtet in den einzelnen Artikeln auf Mutmaßungen der Forschung. Will man nahezu 600 Lemmata in verständlicher Form und auf das Wissenswerte komprimiert darstellen, ist dies sicher der geeignete Anspruch. Höcker hat in sein Nachschlagewerk nicht nur Sachen, Begriffe und Namen berühmter Architekten aufgenommen, sondern widmet sich auch einigen wenigen Opera Nobilia der antiken Architektur, so beispielsweise dem "Maussolleion" (S. 166f.). Der Nutzer des Lexikons kann darüber hinaus einige Begriffe nachschlagen, die aus der Rezeption der klassischen Antike (z.B. "Klassizismus", S. 148; "Greek Revival", S. 111ff.) oder durch ihre moderne Erforschung entstanden sind (z.B. "Könnensbewusstsein", S. 148f.). Damit macht Höcker deutlich, wie vielfältig die neuzeitliche Diskussion um antike Architektur ist.

Den Artikeln steht zunächst ein Verzeichnis voran, das einerseits einen raschen Überblick über die behandelten Themen gibt, andererseits aber auch von bestimmten Begriffen auf übergeordnete Beiträge verweist. Daraus wird beispielsweise ersichtlich, dass die "Kassettendecke" unter dem Lemma "Überdachung" behandelt wird. Die Nutzer/innen finden derartige Verweise jedoch ebenso zwischen den einzelnen Beiträgen. Die Struktur der Lemmata mit Kernartikeln sowie knapperen Sachartikeln folgt demnach dem erfolgreichen Konzept des Neuen Pauly, an dem Höcker als Herausgeber beteiligt war. Die Artikel sind – je nach Gewichtigkeit des Begriffes – von sehr unterschiedlicher Länge. Das Thema "Grabbauten" erfordert nahezu sechs Seiten (S. 106-111) und ist in mehrere Abschnitte untergliedert, während das "Caldarium" mit knapp drei Zeilen auskommen muss (S. 57). In diesem Fall führt der Querverweis zu den "Thermenanlagen" den Leser zu weiteren Informationen. Handelt es sich bei dem jeweiligen Begriff um ein lateinisches oder griechisches Fremdwort, so markiert Höcker die Betonung des Terminus. Im Text gibt er zunächst dessen Übersetzung an, bevor er in prägnanten Sätzen die Bedeutung, Funktion, Entwicklung sowie weitere Details einer Bauform beschreibt. Zahlreiche Abbildungen in Form von Zeichnungen zu den meisten Einträgen machen die Beschreibungen anschaulich. Ein kurzer Abschnitt mit den wichtigsten Literaturangaben in alphabetischer Reihenfolge ergänzt den jeweiligen Artikel und erlaubt damit den Einstieg in die intensivere Beschäftigung mit der Materie.

Die Auswahl der Beiträge folgt thematisch streng der klassischen Antike mit ihrem bereits oben genannten zeitlichen Rahmen. Beispiele aus früheren Epochen oder aus Randgebieten haben nur eine indirekte Aufnahme in das Lexikon gefunden. Die weit gefassten Lemmata zu "Palast" (S. 183ff.) und "Tempel" (S. 239ff.) erwähnen zwar auch kurz Beispiele der ägyptischen, persischen, minoischen und mykenischen Kultur, bilden sie jedoch nicht ab, so dass Ähnlichkeiten oder Unterschiede nicht sichtbar werden. Ein Begriff wie "Propylon" (s.v. Torbauten, S. 256ff.) hätte durch den Eintrag von "Pylon" vielleicht eine zusätzliche Erklärungsebene erhalten. Die vielen Phänomene der Randgebiete mussten ebenfalls unberücksichtigt bleiben. Zwar wird der so genannte Bacchustempel von Baalbek als Typus eines römischen "Peripteros" abgebildet (S. 243, Nr. 6), sein für den römischen Osten charakteristisches "Adyton" (vgl. S. 1) sowie die Treppenhäuser finden allerdings keine Erwähnung.

Vor allem bei den bedeutenden Bauwerken legen die Beiträge Wert darauf, außer der Architekturbeschreibung und den Konstruktionsprinzipien auch die jeweiligen historischen Zusammenhänge sowie ihr Ausstattungskonzept wiederzugeben. Dies ist grundlegend, um überhaupt Entwicklung und Wirken zahlreicher Bauformen zu verstehen. Die Errichtung des "Parthenon" (S. 190ff.) wäre dem Leser allerdings durch eine konkretere Aussage zu seiner historischen Bedeutung als Siegesmonument verständlicher geworden; dies wäre sicherlich sinnvoller gewesen, als das Standbild der Athena Parthenos im Detail abzubilden, was letztlich wenig mit Architektur zu tun hat.

Höcker hat sich nicht nur darauf beschränkt, dem Nutzer die zahlreichen Informationen in knapper Form zu referieren, sondern nennt mit genauen Zitaten Belegstellen in der antiken Literatur oder in Inschriften, was den wissenschaftlichen Nutzen der Artikel unterstreicht. Auch die Diskussion um den antiken Architekturschriftsteller Vitruv klingt immer wieder an: Seine überlieferten Begriffe und Theorien haben sich zwar in der neuzeitlichen Wissenschaft als Standard eingeprägt, waren in der Antike jedoch vermutlich weniger bekannt, wie etwa der "Dipteros" (S. 69f.) zeigt. Dieser kritische Umgang mit unseren heutigen Fachtermini findet sich sehr oft, wird jedoch nicht immer konsequent verfolgt. So ist auch die gängige Benennung der "Säulenordnungen" (S. 207ff.) allein bei Vitruv überliefert; die ebenso viel in der Forschung genutzte Bezeichnung "Insula" (S. 136f.) für eine von Straßen umgebene, mit mehreren Häusern zu bebauende Fläche innerhalb einer Stadt hat sich weit über ihre antike Bedeutung hinaus entwickelt.

Die einzelnen Artikel lassen sich flüssig lesen. Selbst komplizierte Sachverhalte erschließen sich gut, zumal weitestgehend auf Fremdwörter verzichtet wurde. Der Lerneffekt resultiert nicht nur aus den verständlichen Beiträgen, sondern auch aus der Korrektur weit verbreiteter Irrtümer. Im Lemma "Stylobat" verweist Höcker eindringlich darauf, dass es sich dabei eben nicht um die oberste Stufe der Krepis, sondern lediglich um ihre Oberfläche als Standfläche der Säulen handelt (S. 236).

Angesichts des weiten Themas dieses Lexikons wäre es vermessen, eine Auswahl der zu besprechenden Objekte zu erwarten, die nach Vollständigkeit strebt. Nicht ganz stringent ist, warum das "Forum Romanum" als Architekturensemble beschrieben wird (S. 94ff.), die "Athener Akropolis" jedoch nicht; zwar finden sich Einzeleinträge zum "Parthenon" (S. 190ff.) und den "Propyläen" (S. 200f.), das "Erechtheion" als Konglomerattempel sucht man hingegen vergeblich. Auch die Nomenklatur der Artikel erscheint nicht ganz einheitlich: Laut seinem Vorwort hat sich Höcker "an der aktuellen deutschen Sprache orientiert und nicht an der antiken griechischen bzw. lateinischen Terminologie" (S. Vf.). Ein viel genutzter Terminus wie "opus caementitium" ist so unter "Zement" (S. 290) zu suchen. Hingegen erscheinen beispielsweise die Begriffe "Navalia" (S. 176) und "Pavimentum" (S. 193) in ihrem originalen Wortlaut.

Eine Auswahlbibliografie schließt das Lexikon ab. Der Zugang wird durch die thematische Anordnung der Literatur erleichtert. Auffällig ist, dass die Literatur der achtziger und neunziger Jahre dominiert, also nur wenige neuere Zitate aufgeführt sind. Jedoch sind die meisten grundlegenden Publikationen tatsächlich in dieser Zeit entstanden und weiterhin aktuell, so dass dies nicht negativ bewertet werden kann. Warum die überarbeitete und mittlerweile fünfte Auflage des Buches von Gottfried Gruben zu den Griechischen Tempeln und Heiligtümern gar nicht erscheint, verwundert ein wenig.1 Bei den Abbildungen hat sich Höcker auf Strichzeichnungen beschränkt, kein einziges Foto bebildert den Band. Dies mindert jedoch keineswegs den Aussagewert seines Lexikons. Das Gegenteil ist der Fall: Die klaren Zeichnungen, die in ihrer Ausführung vielleicht nicht immer dem Anspruch eines Architekten genügen mögen, vermitteln besser als jede Fotografie die verschiedenen Bautypen und Konstruktionsprinzipien.

Höcker ist es gelungen, ein Nachschlagewerk zur antiken Architektur zu entwickeln, das einerseits in anschaulicher und fundierter Form Standardwissen vermittelt, andererseits aber auch die Perspektive auf weiterführende Aspekte und spezielles Fachwissen eröffnet. Sicher kann es nicht die breiter angelegte Publikation von Hans Koepf und nun auch Günther Binding ersetzen2, jedoch reicht es inhaltlich und wissenschaftlich weit über das ebenfalls in jüngster Zeit erschienene Nachschlagewerk zur antiken Architektur von Andreas Schmidt-Colinet und Georg A. Plattner hinaus.3 Aus diesem Grund sei es nicht nur Studierenden und Lehrenden, sondern durchaus auch Wissenschaftler/innen empfohlen. Leider ist es mit einem Preis von fast 50 Euro recht teuer, was wohl gerade die Studierenden vor der eigenen Anschaffung zurückschrecken lässt. Höckers Lexikon erreicht Handbuchcharakter, womit es sich in einen aktuellen Trend in der Klassischen Archäologie einreiht, das vielfach verstreute Fachwissen als Grundwissen in gezielten Publikationen leicht zugänglich zu machen.

Anmerkungen:
1 Gruben, Gottfried, Griechische Tempel und Heiligtümer, München 2001.
2 Binding, Günther; Koepf, Hans, Architektonische Formenlehre, Darmstadt 2005.
3 Schmidt-Colinet, Andreas; Plattner, Georg A., Antike Architektur und Bauornamentik. Grundformen und Grundbegriffe, Wien 2004.
Lexikon Antiker Architektur dieser Aufgabe angenommen.

In seinem Vorwort definiert Höcker klar die Ziele seiner Publikation: Sie soll sich in erster Linie an Studierende und Lehrende wenden und dabei die Architektur der klassischen Antike in einem Zeitraum von ca. 900 v.Chr. bis 500 n.Chr. behandeln. Um die Erwartungen an das 300 Seiten starke Lexikon nicht zu hoch anzusetzen, gibt Höcker einige Einschränkungen mit auf den Weg. So folgt er in seinem zeitlichen Rahmen dem "konventionellen Fachverständnis" (S. V) und verzichtet in den einzelnen Artikeln auf Mutmaßungen der Forschung. Will man nahezu 600 Lemmata in verständlicher Form und auf das Wissenswerte komprimiert darstellen, ist dies sicher der geeignete Anspruch. Höcker hat in sein Nachschlagewerk nicht nur Sachen, Begriffe und Namen berühmter Architekten aufgenommen, sondern widmet sich auch einigen wenigen Opera Nobilia der antiken Architektur, so beispielsweise dem "Maussolleion" (S. 166f.). Der Nutzer des Lexikons kann darüber hinaus einige Begriffe nachschlagen, die aus der Rezeption der klassischen Antike (z.B. "Klassizismus", S. 148; "Greek Revival", S. 111ff.) oder durch ihre moderne Erforschung entstanden sind (z.B. "Könnensbewusstsein", S. 148f.). Damit macht Höcker deutlich, wie vielfältig die neuzeitliche Diskussion um antike Architektur ist.

Den Artikeln steht zunächst ein Verzeichnis voran, das einerseits einen raschen Überblick über die behandelten Themen gibt, andererseits aber auch von bestimmten Begriffen auf übergeordnete Beiträge verweist. Daraus wird beispielsweise ersichtlich, dass die "Kassettendecke" unter dem Lemma "Überdachung" behandelt wird. Der Nutzer findet derartige Verweise jedoch ebenso zwischen den einzelnen Beiträgen. Die Struktur der Lemmata mit Kernartikeln sowie knapperen Sachartikeln folgt demnach dem erfolgreichen Konzept des Neuen Pauly, an dem Höcker als Herausgeber beteiligt war. Die Artikel sind - je nach Gewichtigkeit des Begriffes - von sehr unterschiedlicher Länge. Das Thema "Grabbauten" erfordert nahezu sechs Seiten (S. 106-111) und ist in mehrere Abschnitte untergliedert, während das "Caldarium" mit knapp drei Zeilen auskommen muss (S. 57). In diesem Fall führt der Querverweis zu den "Thermenanlagen" den Leser zu weiteren Informationen. Handelt es sich bei dem jeweiligen Begriff um ein lateinisches oder griechisches Fremdwort, so markiert Höcker die Betonung des Terminus. Im Text gibt er zunächst dessen Übersetzung an, bevor er in prägnanten Sätzen die Bedeutung, Funktion, Entwicklung sowie weitere Details einer Bauform beschreibt. Zahlreiche Abbildungen in Form von Zeichnungen zu den meisten Einträgen machen die Beschreibungen anschaulich. Ein kurzer Abschnitt mit den wichtigsten Literaturangaben in alphabetischer Reihenfolge ergänzt den jeweiligen Artikel und erlaubt damit den Einstieg in die intensivere Beschäftigung mit der Materie.

Die Auswahl der Beiträge folgt thematisch streng der klassischen Antike mit ihrem bereits oben genannten zeitlichen Rahmen. Beispiele aus früheren Epochen oder aus Randgebieten haben nur eine indirekte Aufnahme in das Lexikon gefunden. Die weit gefassten Lemmata zu "Palast" (S. 183ff.) und "Tempel" (S. 239ff.) erwähnen zwar auch kurz Beispiele der ägyptischen, persischen, minoischen und mykenischen Kultur, bilden sie jedoch nicht ab, so dass Ähnlichkeiten oder Unterschiede nicht sichtbar werden. Ein Begriff wie "Propylon" (s.v. Torbauten, S. 256ff.) hätte durch den Eintrag von "Pylon" vielleicht eine zusätzliche Erklärungsebene erhalten. Die vielen Phänomene der Randgebiete mussten ebenfalls unberücksichtigt bleiben. Zwar wird der so genannte Bacchustempel von Baalbek als Typus eines römischen "Peripteros" abgebildet (S. 243, Nr. 6), sein für den römischen Osten charakteristisches "Adyton" (vgl. S. 1) sowie die Treppenhäuser finden allerdings keine Erwähnung.

Vor allem bei den bedeutenden Bauwerken legen die Beiträge Wert darauf, außer der Architekturbeschreibung und den Konstruktionsprinzipien auch die jeweiligen historischen Zusammenhänge sowie ihr Ausstattungskonzept wiederzugeben. Dies ist grundlegend, um überhaupt Entwicklung und Wirken zahlreicher Bauformen zu verstehen. Die Errichtung des "Parthenon" (S. 190ff.) wäre dem Leser allerdings durch eine konkretere Aussage zu seiner historischen Bedeutung als Siegesmonument verständlicher geworden; dies wäre sicherlich sinnvoller gewesen, als das Standbild der Athena Parthenos im Detail abzubilden, was letztlich wenig mit Architektur zu tun hat.

Höcker hat sich nicht nur darauf beschränkt, dem Nutzer die zahlreichen Informationen in knapper Form zu referieren, sondern nennt mit genauen Zitaten Belegstellen in der antiken Literatur oder in Inschriften, was den wissenschaftlichen Nutzen der Artikel unterstreicht. Auch die Diskussion um den antiken Architekturschriftsteller Vitruv klingt immer wieder an: Seine überlieferten Begriffe und Theorien haben sich zwar in der neuzeitlichen Wissenschaft als Standart eingeprägt, waren in der Antike jedoch vermutlich weniger bekannt, wie etwa der "Dipteros" (S. 69f.) zeigt. Dieser kritische Umgang mit unseren heutigen Fachtermini findet sich sehr oft, wird jedoch nicht immer konsequent verfolgt. So ist auch die gängige Benennung der "Säulenordnungen" (S. 207ff.) allein bei Vitruv überliefert; die ebenso viel in der Forschung genutzte Bezeichnung "Insula" (S. 136f.) für eine von Straßen umgebene, mit mehreren Häusern zu bebauende Fläche innerhalb einer Stadt hat sich weit über ihre antike Bedeutung hinaus entwickelt.

Die einzelnen Artikel lassen sich flüssig lesen. Selbst komplizierte Sachverhalte erschließen sich gut, zumal weitestgehend auf Fremdwörter verzichtet wurde. Der Lerneffekt resultiert nicht nur aus den verständlichen Beiträgen, sondern auch aus der Korrektur weit verbreiteter Irrtümer. Im Lemma "Stylobat" verweist Höcker eindringlich darauf, dass es sich dabei eben nicht um die oberste Stufe der Krepis, sondern lediglich um ihre Oberfläche als Standfläche der Säulen handelt (S. 236).

Angesichts des weiten Themas dieses Lexikons wäre es vermessen, eine Auswahl der zu besprechenden Objekte zu erwarten, die nach Vollständigkeit strebt. Nicht ganz stringent ist, warum das "Forum Romanum" als Architekturensemble beschrieben wird (S. 94ff.), die "Athener Akropolis" jedoch nicht; zwar finden sich Einzeleinträge zum "Parthenon" (S. 190ff.) und den "Propyläen" (S. 200f.), das "Erechtheion" als Konglomerattempel sucht man hingegen vergeblich. Auch die Nomenklatur der Artikel erscheint nicht ganz einheitlich: Laut seinem Vorwort hat sich Höcker "an der aktuellen deutschen Sprache orientiert und nicht an der antiken griechischen bzw. lateinischen Terminologie" (S. Vf.). Ein viel genutzter Terminus wie "opus caementitium" ist so unter "Zement" (S. 290) zu suchen. Hingegen erscheinen beispielsweise die Begriffe "Navalia" (S. 176) und "Pavimentum" (S. 193) in ihrem originalen Wortlaut.

Eine Auswahlbibliographie schließt das Lexikon ab. Der Zugang wird durch die thematische Anordnung der Literatur erleichtert. Auffällig ist, dass die Literatur der achtziger und neunziger Jahre dominiert, also nur wenige neuere Zitate aufgeführt sind. Jedoch sind die meisten grundlegenden Publikationen tatsächlich in dieser Zeit entstanden und weiterhin aktuell, so dass dies nicht negativ bewertet werden kann. Warum die überarbeitete und mittlerweile fünfte Auflage des Buches von Gottfried Gruben zu den Griechischen Tempeln und Heiligtümern gar nicht erscheint, verwundert ein wenig.1 Bei den Abbildungen hat sich Höcker auf Strichzeichnungen beschränkt, kein einziges Foto bebildert den Band. Dies mindert jedoch keineswegs den Aussagewert seines Lexikons. Das Gegenteil ist der Fall: Die klaren Zeichnungen, die in ihrer Ausführung vielleicht nicht immer dem Anspruch eines Architekten genügen mögen, vermitteln besser als jede Fotografie die verschiedenen Bautypen und Konstruktionsprinzipien.

Höcker ist es gelungen, ein Nachschlagewerk zur antiken Architektur zu entwickeln, das einerseits in anschaulicher und fundierter Form Standardwissen vermittelt, andererseits aber auch die Perspektive auf weiterführende Aspekte und spezielles Fachwissen eröffnet. Sicher kann es nicht die breiter angelegte Publikation von Hans Koepf und nun auch Günther Binding ersetzen,2 jedoch reicht es inhaltlich und wissenschaftlich weit über das ebenfalls in jüngster Zeit erschienene Nachschlagewerk zur antiken Architektur von Andreas Schmidt-Colinet und Georg A. Plattner hinaus.3 Aus diesem Grund sei es nicht nur Studierenden und Lehrenden, sondern durchaus auch Wissenschaftlern empfohlen. Leider ist es mit einem Preis von fast 50 Euro recht teuer, was wohl gerade die Studierenden vor der eigenen Anschaffung zurückschrecken lässt. Höckers Lexikon erreicht Handbuchcharakter, womit es sich in einen aktuellen Trend in der Klassischen Archäologie einreiht, das vielfach verstreute Fachwissen als Grundwissen in gezielten Publikationen leicht zugänglich zu machen.

Anmerkungen:
1 Gruben, Gottfried, Griechische Tempel und Heiligtümer, 5. Aufl., München 2001.
2 Binding, Günther; Koepf, Hans, Architektonische Formenlehre, 4. Aufl., Darmstadt 2005.
3 Schmidt-Colinet, Andreas; Plattner, Georg A., Antike Architektur und Bauornamentik. Grundformen und Grundbegriffe, Wien 2004.

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