Ch. Kösters u.a. (Hrsg.): Katholische Kirche in der SBZ und DDR

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Titel
Katholische Kirche in der SBZ und DDR.


Herausgeber
Kösters, Christoph; Tischner, Wolfgang
Erschienen
Paderborn 2005: Ferdinand Schöningh
Anzahl Seiten
415 S.
Preis
€ 29,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Árpád von Klimo, Zentrum für Zeithistorische Forschung

Dieser Sammelband ist ein grundlegendes Einführungswerk zum Katholizismus in der DDR. So bietet die Einleitung der Herausgeber einen soliden und fast alle Aspekte des Themas ansprechenden Überblick über die bisherige, vor allem politik- und sozialhistorische und die noch zu leistende Forschung, die in erster Linie Mentalitäten in den Blick nehmen wird und vergleichend sowie transnational angelegt sein sollte. Ebenso wenig wird man an der sehr umfangreichen Bibliografie des Bandes vorübergehen können. Doch auch die nach drei Schwerpunkten (Kirche-Staat-Beziehungen, Kirchliches Leben, Milieus) gruppierten Einzelbeiträge bieten Einblicke in verschiedene Zeitabschnitte sowie einzelne Aspekte des Forschungsgebietes. Im ersten Teil werden anhand der Politik der führenden Bischöfe der SBZ/DDR Preysing, Weskamm, Döpfner und Bengsch, die zwischen 1945 und 1979 die Richtung der katholischen Bischofskonferenzen bestimmten, die wichtigsten Konflikt- und Interaktionsfelder zwischen SED-Diktatur und katholischer Kirche aufgezeigt. Tischners sehr lesenswerter und informativer Beitrag zur Geschichte der katholischen Kirche in der SBZ mit Fokus auf die sehr beeindruckende Gestalt des Kardinals Preysing leidet an manchen Stellen allerdings an einer leichten Tendenz zur Identifizierung mit dem Protagonisten. Wenig differenziert ist etwa die Rede von „sowjetische[n] Konzentrationslager[n]“ (S. 56, 58). Hierbei handelt es sich um einen Quellenbegriff, der der Kampfsprache der Zeitgenossen entstammt, aber nicht unreflektiert übernommen werden sollte. Andere Beiträge, wie der Aufsatz über Kardinal Döpfner, sind etwas zu quellennah, so dass angesichts der Detailfülle und aufgrund des streng chronologischen Ansatzes manchmal die Fragestellung aus dem Blick gerät. Hier wird hin und wieder zu viel aus den Quellen paraphrasiert und zu wenig analysiert. Diese kritischen Bemerkungen können aber nicht das grundlegende Verdienst dieser vier insgesamt sehr gelungenen Überblicksdarstellungen zum Staat-Kirche-Verhältnis überdecken. Im zweiten Schwerpunkt werden drei sehr zentrale Themen des religiösen Lebens behandelt: Clemens Brodkorb skizziert die Pastoraltheologie, wie sie der auch im Westen einflussreiche Erfurter Weihbischof Hugo Aufderbeck konzipierte, Christine Bartlitz die katholischen Medien in der DDR, Sivlia Kroll behandelt die Caritas. Wenn man die beiden Milieustudien zu den Sorben (H. Krause) und zum Eichsfeld (D. Klenke) im letzten Teil des Bandes hinzunimmt, so entsteht insgesamt ein nicht nur in die Breite der Thematik, sondern auch in tiefere Fragen eindringendes Gesamtbild des DDR-Katholizismus, das nicht nur die Relevanz des Themas unterstreicht, sondern auch zu weiteren Forschungsanstrengungen einlädt. Dies soll abschließend noch anhand einiger Beispiele veranschaulicht werden. Tischner betont in seinem Aufsatz über Kardinal Preysing die konsequent antitotalitäre Haltung des Kirchenmannes und nennt dessen „Hirtenbrief über das Recht“ von 1942 „die deutlichste Stellungnahme der Katholischen Kirche in Deutschland gegen den nationalsozialistischen Genozid“. (S. 40) Dies verweist darauf, dass die Geschichte des Katholizismus in der DDR, wie im Übrigen auch der Kirchenpolitik von Sowjets und SED, eingeordnet in einen längeren historischen Kontext, weit über die engere DDR-Forschung hinausweist, was ohnehin auch geografisch für die katholische Kirche als weltumspannende Institution gilt. Katholizismusforschung ist, so gesehen, immer schon transnationale Geschichte, auch wenn sie in nationalem oder lokalem Gewande daherkommt. Dies zeigt etwa die wichtige Rolle von Bischöfen und Kardinälen aus der DDR beim Zweiten Vatikanischen Konzil, etwa die Bengschs. (S. 163f.). In diesem Zusammenhang wird auch die Frage des „katholischen `68“ diskutiert, das auch in der DDR nicht ohne Spuren blieb. (S. 181-184) Zumindest war das Ereignis des (West)Berliner Kirchentages 1958, zu dem immerhin 60.000 Katholiken aus der DDR anreisten, deutsch-deutsch. (S. 115ff.) Das katholische Milieu scheint mehr als andere vergleichbare Milieus der DDR aufgrund der besonderen Struktur der katholischen Kirche immer stärker mit dem Westen (und seiner Kultur), aber auch mit Polen verbunden gewesen zu sein, wohin bis zur Ausrufung des Kriegsrechts auch zahlreiche Jugendfreizeiten führten. (S. 361) Besonders die Ergebnisse von Klenke zum Eichsfeld und zu den immensen Schwierigkeiten der SED, im dortigen geschlossenen Milieu Fuß zu fassen, machen einmal mehr deutlich, wie wichtig vergleichende und transfergeschichtliche Untersuchungen der Kirchenpolitik der kommunistischen Parteien in den einzelnen Ostblockstaat sind. Der von Christoph Kösters und Wolfgang Tischner herausgegebene Band trägt dazu bei, die Voraussetzungen für diese zukünftige Forschung zu schaffen.

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