Cover
Titel
Making Globalization.


Autor(en)
Holton, Robert J.
Erschienen
Hampshire 2005: Palgrave Macmillan
Anzahl Seiten
207 S.
Preis
$ 29.95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Guido Thiemeyer, Institut für Europäische Regionalforschungen, Universität Siegen

“Globalisierung” ist ein vieldiskutiertes Thema der vergangenen Jahre, nicht nur in der Geschichtswissenschaft. Veröffentlichungen zu diesem Sujet sind mittlerweile selbst für Experten unüberschaubar, auch wenn man sich auf die rein akademische Kontroverse beschränkt. Robert J. Holton, Professor für Soziologie am Trinity College in Dublin, legt mit diesem Buch eine Synthese vor, die wesentliche Forschungen zu dieser Frage überblicksartig zusammenfasst. Eine neue These oder Theorie strebt der Autor nicht an, das Buch ist vielmehr eine Art Forschungsüberblick. Dabei stand er bei diesem Thema zunächst vor der Aufgabe zu klären, was Globalisierung überhaupt ist. Holton begrenzt den Begriff auf drei Aspekte: Der erste bedeutet den quantitativ gestiegenen Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Informationen und kulturellen Denk- und Verhaltensmustern über nationale Grenzen hinweg. Der zweite meint die ebenfalls gestiegene Abhängigkeit der Staaten voneinander in gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Hinsicht. Der dritte beschreibt das gestiegene Bewusstsein der Menschen für die Welt als einheitlichen und gemeinsamen Lebensraum. Die Auswahl und Gewichtung dieser Aspekte zur Begriffserläuterung sind gewiss angreifbar. Andererseits ist es notwendig und legitim, einen so vagen und umstrittenen Begriff in dieser Weise zu klären, um eine Arbeitsgrundlage zu erhalten.

In den folgenden Kapiteln behandelt Holton grundlegende Fragen der Globalisierungs-Forschung aus der Perspektive verschiedener Disziplinen. Er beginnt mit einer der zentralen Fragen der geschichtswissenschaftlichen Globalisierungsforschung, wann Globalisierung überhaupt anfing. Hier werden wesentliche Interpretationsansätze und ihre Ergebnisse in knapper Weise zusammengefasst. Holton kommt zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass eine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem Anfang des Globalisierungsprozesses nicht möglich ist. „Since globalization is a set of processes rather than unitary phenomena, the answer given depends very much on the particular type of process in question.“ (S. 54) Also erst, wenn man einen Aspekt des Globalisierungsprozesses herausnimmt, lässt sich eine Aussage über den Anfang dieses Prozesses machen. Ob es unter diesen Bedingungen überhaupt sinnvoll ist, den Begriff der Globalisierung zu benutzen, oder ob es nicht besser ist, einzelne Teile zu isolieren, wobei dann zu klären wäre, wie diese Teilbegriffe zusammenhängen, diese Fragen stellt der Autor nicht.

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie der Prozess der Globalisierung zu beschreiben ist. Die Sozialwissenschaften haben hier verschiedene Muster angeboten: Es gibt die Welt-System-Theorie, andere sprechen von Welt-Strukturen, wieder andere von Netzwerken oder (Informations- und Güterflüssen). Insgesamt beobachtet Holton eine Entwicklung weg von systemtheoretischen Ansätzen, die dem Globalisierungsprozess ein bestimmtes Ziel (etwa Weltgesellschaft) unterstellen, hin zu weniger deterministischen Interpretationen. Kapitel vier beschäftigt sich mit der Transformation von Raum und Zeit im Globalisierungsprozess. Dieser wird oft beschrieben als die Auflösung von Raum und Zeit durch zeitidentischen Informationsaustausch durch neue Medien rund um den Globus. Auch hier gilt, dass die Beobachtung für Teilgebiete des Prozesses zutrifft, jedoch nicht grundsätzlich. Insbesondere die Forschungen Saskia Sassens, auf die sich Holten hier in starkem Maße beruft, haben diesen Aspekt herausgearbeitet.

Das hier angedeutete Problem wird in Kapitel fünf weiter vertieft. Unter Berufung auf Forschungen von Robertson und Jan Aart Scholte zeigt Holton, dass eine Interpretation von Globalisierung als Einbahnstraße zu einer Uniformierung von Regionen unzulässig wäre. Es besteht vielmehr eine parallele Entwicklung zwischen Regionalisierung und Globalisierung, die man mit dem Schlagwort der „Glokalisierung“ zu umschreiben versuchte. Das sechste Kapitel greift spezifisch soziologische Kategorien auf und untersucht die Aspekte einer globalen Gesellschaft. Holton differenziert hier zwischen sich anpassenden Lebensgewohnheiten (gesellschaftlich), einer grenzüberschreitenden Institutionalisierung und einer bewussten Agitation für den globalen Zusammenschluss. Es stellt sich die Frage, wie diese Differenzierungen zu den eingangs geschilderten Elementen der Definition von Globalisierung bei Holton stehen. Im letzten Kapitel thematisiert Holton die ökonomische Dimension einer Globalisierung, die zu wachsenden Ungleichheiten in der materiellen Verteilung des Wohlstandes führe. Obwohl er dieses Urteil nicht einfach verwirft, verweist er vermittelnd darauf, dass Ungleichheiten in der materiellen Verteilung oft wenig mit globalen als vielmehr lokalen oder regionalen Problemen zusammenhängen.

Insgesamt liefert das Buch einen Aufriss einiger zentraler Fragen der Globalisierungsdebatte, bleibt aber, das ist auf zweihundert Seiten wenig erstaunlich, oft sehr an der Oberfläche. Gleichwohl ist es als einführende Lektüre durchaus empfehlenswert, wenn auch mit zwei wesentlichen Einschränkungen: Die dominierende Perspektive ist jene der Soziologie, historische und politische Aspekte werden berücksichtigt, die Ökonomie jedoch sehr vernachlässigt. Das ist bei einem Thema wie der Globalisierung sicher problematisch. Zweitens wird ausschließlich englischsprachige Literatur rezipiert. Auch das ist eine wichtige Einschränkung, gibt es doch auch in anderen Sprachen wichtige Forschungsergebnisse zu diesem Problem.

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