H. Seibert u.a (Hgg.): Grafen, Herzöge, Könige

Title
Grafen, Herzöge, Könige. Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152)


Editor(s)
Seibert, Hubertus; Dendorfer, Jürgen
Series
Mittelalter-Forschungen 18
Published
Ostfildern 2005: Jan Thorbecke Verlag
Extent
440 S.
Price
€ 65,00
Reviewed for H-Soz-Kult by
Bernd Schütte, Historisches Seminar, Universität Leipzig

Nachdem in den vergangenen Jahren Friedrich I., Heinrich VI., Philipp von Schwaben und Friedrich II. moderne deutschsprachige Biografien erhalten haben und die ehrwürdige Reihe der „Jahrbücher der Deutschen Geschichte“ mit Heinrich (VII.) fortgesetzt worden ist, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die früheren Staufer in den Blick genommen wurden.1 Nach Auskunft des von den Herausgebern verfassten Vorworts (S. VIIf.) traten daher im März 2004 in München unter der Maßgabe der oft beschworenen Interdisziplinarität vorwiegend Nachwuchswissenschaftler zusammen, deren Vorträge in erweiterter Form in den hier vorzustellenden Sammelband eingingen. Dessen Titel umreißt treffend das verfolgte Ziel: Es geht um Herkunft und Machtgrundlagen Herzog Friedrichs I. von Schwaben (1079-1105) und seiner Vorfahren, den weiteren Aufstieg der von uns so benannten Staufer in der Zeit Kaiser Heinrichs V. (1106-1125) und Kaiser Lothars III. (1125-1137) in Auseinandersetzung und Zusammenarbeit mit Königtum und adligen Nachbargewalten sowie um Herrschaft und Reich Konrads III. (1138-1152), des ersten staufischen Königs.

Gerahmt wird der Band durch Hubertus Seibert, Die frühen ‘Staufer’. Forschungsstand und offene Fragen (S. 1-39), und Claudia Zey, Grafen, Herzöge, Könige. Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152). Zusammenfassung (S. 409-423). Die dazwischen liegenden zwölf Aufsätze lassen sich grob in mehrere Gruppen gliedern, wobei es natürlich zahlreiche Überschneidungen gibt. Mit Herkunft, Verwandtschaft und Besitz befassen sich Tobias Weller, Auf dem Weg zum ‘staufischen’ Haus. Zu Abstammung, Verwandtschaft und Konnubium der frühen Staufer (S. 41-63), Daniel Ziemann, Die Staufer - Ein elsässisches Adelsgeschlecht? (S. 99-133), und Gerhard Lubich, Territorien-, Kloster- und Bistumspolitik in einer Gesellschaft im Wandel. Zur politischen Komponente des Herrschaftsaufbaus der Staufer vor 1138 (S. 179-211). Während Weller die günstigen Eheschließungen der Staufer im Zusammenhang der allgemeinen politischen Entwicklung herausarbeitet und betont, wie wichtig die Ehe Herzog Friedrichs I. mit der Kaisertochter Agnes gewesen sei, stellen Ziemann und Lubich die untrennbar miteinander verbundenen genealogischen und besitzgeschichtlichen Hypothesen zu Herkunft und Besitz der Staufer des 11. Jahrhunderts vor. Klug abwägend und weiterführend gibt Ziemann immerhin zu bedenken, ob die Staufer nicht ein elsässisches Adelsgeschlecht sein könnten. Dahinter fällt Lubich sowohl handwerklich als auch gedanklich deutlich zurück, zumal er den im Titel seines Beitrags erhobenen Anspruch nicht einzulösen vermag. Insbesondere die Ansicht, Herzog Friedrich II. (1105-1147) und sein Bruder Konrad hätten sich im Zusammenhang einer angeblichen „Bistumspolitik“ in Würzburg, Worms und Speyer in modernem Vorgriff „auf Schichten außerhalb der Adelshierarchie“ gestützt, was überdies das Scheitern von Konrads Gegenkönigtum beschleunigt haben soll (S. 209), lässt sich nach der Lektüre von Jürgen Dendorfer (siehe unten; hier S. 252ff.) nicht halten. Eine sorgfältige Betreuung der Drucklegung hätte an Lubichs Beitrag zudem eine auffällige Sprachohnmacht heilen können. Eigenwillige Sätze wie „Doch ist als Argument e silentio keinesfalls beweiskräftig, doch zumindest nicht abwegiger als die Versuche, die man zum Erweis des Gegenteils unternommen hat“ (S. 187) und Worthülsen wie das notorische „wirklich“ (zweimal allein S. 186) machen den Leser ebenso ratlos wie die Wendung „per via facti“ (S. 194), bei der es sich weder um Latein noch um Deutsch handelt. Zu dieser ersten Gruppe von Beiträgen kann schließlich noch der quellenkritisch orientierte Aufsatz von Lars Hageneier, Die frühen Staufer bei Otto von Freising oder Wie sind die Gesta Friderici entstanden? (S. 363-396), gezählt werden. Hageneier lässt sich von auseinanderstrebenden Aussagen Ottos von Freising in der Chronik und in den Gesta Frederici dazu anregen, nach dem Bild der frühen Staufer in den beiden Geschichtswerken zu fragen. Dabei macht er sehr wahrscheinlich, dass das erste Buch der Gesta als Überarbeitung des siebten Buchs der Chronik schon 1147 in wesentlichen Teilen abgeschlossen gewesen sei.

Eine zweite Gruppe von Beiträgen zeigt die Staufer in Auseinandersetzung beziehungsweise Zusammenarbeit mit dem Königtum und den übrigen Adelsgewalten. Heinz Krieg, Adel in Schwaben. Die Staufer und die Zähringer (S. 65-97), schlägt einen weiten Bogen, nimmt den staufisch-zähringischen Südwesten des Reichs in den Blick und schildert besonders den durchaus erfolgreichen Aufstieg der Zähringer im 11. Jahrhundert. Deren Bild sei freilich durch die negative Charakteristik staufernaher Autoren verdunkelt worden, unter denen Otto von Freising herausrage. Jürgen Dendorfer, Fidi milites? Die Staufer und Kaiser Heinrich V. (S. 213-265), stellt hingegen heraus, dass der Bischof ein geschöntes Bild von dem angeblich dauerhaften Einvernehmen zwischen Kaiser Heinrich V. und seinem Neffen, Herzog Friedrich II. von Schwaben, entworfen habe. Diese von der modernen Forschung durchaus geteilte Sicht kontrastiert Dendorfer erstmals mit den Erwähnungen Friedrichs und seines jüngeren Bruders Konrad in den Urkunden Heinrichs V. sowie mit der zeitgenössischen Historiografie. Das Material zeige deutlich, dass Konrad im Umfeld des letzten Saliers keine Rolle gespielt habe und Friedrich letztlich nur regional bezogen und in Abhängigkeit von politischen Entwicklungslinien am salischen Hof erschienen sei. Auch der Herzog von Schwaben habe trotz aller Kaisertreue zu den Großen gezählt, die Heinrich V. bei den Versuchen, in den letzten Jahren des Investiturstreits mit dem Papsttum und der deutschen Opposition zu einem Ausgleich zu gelangen, innerhalb der eigenverantwortlich handelnden Fürsten entgegengetreten seien.

Die von Dendorfer am Beispiel Herzog Friedrichs II. herausgearbeitete Einbettung der Staufer in ihre adlige Umwelt leitet zu einer dritten Gruppe von Beiträgen, die sämtlich König Konrad III. gewidmet sind. Jan Keupp, Interaktion als Investition. Überlegungen zum Sozialkapital König Konrads III. (S. 299-321), sieht einfach zu erfassende und darzustellende Sachverhalte unnötigerweise durch die Brille des Soziologen Pierre Bourdieu. Im Grunde verfolgt Keupp die Frage nach der Anerkennung von Konrads Königtum, wertet dabei handwerklich traditionell die Zeugenlisten der Urkunden Konrads III. aus und reichert den Befund mit weiteren Quellenbelegen an. Das Ergebnis überrascht kaum: Während Konrad anfänglich breite Zustimmung genossen habe, habe die integrative Kraft seines Hofes nach dem gescheiterten Kreuzzug und der letztlich fortwährenden Opposition Heinrichs des Löwen und Welfs VI. spürbar nachgelassen. Ein ähnliches Ergebnis erbrachte freilich schon eine 2004 vorgelegte Studie, und weitere Aufschlüsse sind von einer 2004 abgeschlossenen Wiener Dissertation zu erwarten, was einmal mehr zeigt, dass Konrad III. und seine Regierungszeit dringend einer neuen Darstellung bedürfen.2 Werner Hechberger, Konrad III. - Königliche Politik und ‘staufische Familieninteressen’? (S. 323-340), handelt zunächst ausführlich über den aktuellen Kenntnisstand zu Begriffen wie „Adelsfamilie“ oder „Hauskloster“. Im zweiten Teil seines Aufsatzes widmet er sich hauptsächlich Konrads babenbergischen Verwandten, die in dessen Politik eine entscheidende Rolle gespielt hätten. Die militärische Erfolglosigkeit der Babenberger habe maßgeblich zu Konrads Scheitern beigetragen. Knut Görich, Wahrung des honor. Ein Grundsatz im politischen Handeln König Konrads III. (S. 267-297), weitet seine wohlbekannten Forschungen auf Konrad III. aus und erzielt das erwartete Ergebnis.

Für Interdisziplinarität sorgen schließlich Mathias Hensch, Baukonzeption, Wohnkultur und Herrschaftsrepräsentation im Burgenbau des 11./12. Jahrhunderts in Nordbayern - neue Erkenntnisse der Archäologie (S. 135-178), Sebastian Scholz, Die Wiener Reichskrone. Eine Krone aus der Zeit Konrads III.? (S. 341-362), und Monika Winterling, Zur Darstellung Heinrichs V. und Lothars III. in der deutschen Kaiserchronik des 12. Jahrhunderts (S. 397-408). Dabei verdient aus der Sicht des Historikers der Beitrag von Scholz wegen der Bedeutung der Krone und deren strittiger Datierung zweifelsfrei das größte Interesse, zumal er mit einem Datierungsvorschlag aufwartet, der in die Zeit von Heinrich IV. bis Konrad III. führt.

Der bedeutende, mit zahlreichen wichtigen Einzelbeobachtungen aufwartende und durch ein Register von Jürgen Dendorfer (S. 425-440) erschlossene Sammelband zeigt einmal mehr, wie überfällig die Beschäftigung mit den frühen Staufern ist. Deren Herkunft und Besitz wird man jetzt ebenso neu bewerten müssen wie die Stellung der frühen Herzöge zu Königtum und Reich, was auch ein bezeichnendes Licht auf die Regierung Heinrichs V. wirft. Darüber hinaus muss noch einmal betont werden, dass eine Neubewertung der Zeit Konrads III. dringend geboten ist.

Anmerkungen:
1 Vgl. Opll, Ferdinand, Friedrich Barbarossa, Darmstadt 1990; Csendes, Peter, Heinrich VI., Darmstadt 1993; Ders., Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Macht, Darmstadt 2003; Stürner, Wolfgang, Friedrich II., 2 Bde., Darmstadt 1992, 2000; vgl. darüber hinaus Thorau, Peter, König Heinrich (VII.), das Reich und die Territorien. Untersuchungen zur Phase der Minderjährigkeit und der „Regentschaften“ Erzbischof Engelberts I. von Köln und Herzog Ludwigs I. von Bayern (1211) 1220-1228, Berlin 1998.
2 Schütte, Bernd, König Konrad III. und der deutsche Reichsepiskopat, Hamburg 2004, S. 105f.; Ziegler, Wolfram, Hof und Herrschaft. Studien zum Königtum Konrads III. (1138-1152), phil. Diss. Wien 2004; vgl. <http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/MRK/MRK15-1.htm>.

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