P. J. Goodman (Hrsg.): Afterlives of Augustus, AD 14–2014

Cover
Titel
Afterlives of Augustus, AD 14–2014.


Herausgeber
Goodman, Penelope J.
Erschienen
Anzahl Seiten
XVI, 418 S.
Preis
£ 90,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Marco Besl, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Der von Penelope Goodman herausgegebene anregende Sammelband widmet sich der Rezeption des Princeps Augustus von der Antike bis zur heutigen Zeit. Entstanden ist dieser Band aus den Beiträgen zur Tagung „Commemorating Augustus“ an der Universität Leeds anlässlich des 2000. Todestages des Augustus im Jahr 2014, er vereint in 19 Aufsätzen eine Vielzahl von Perspektiven auf und Herangehensweisen an die Rezeptionsgeschichte der Figur des Augustus. Der weit gewählte Zeitrahmen zieht naturgemäß nur eine fragmentarische Aufarbeitung der bislang im Gegensatz beispielsweise zu Julius Caesar mangelnd erforschten Rezeptionsgeschichte des Augustus nach sich.1

Dabei behandelt der Band sowohl zentrale Eckpunkte des Nachlebens des Augustus als auch eher wie case studies wirkende Beispiele. Nur dadurch kann eine Rezeptionsgeschichte von 2000 Jahren in einem lesbaren Band greifbar werden. Goodmans Aussage zur Forschungsgeschichte, „only two aspects of Augustus’ reception history have received the fuller treatment possible in monographs or edited volumes: the so-called Augustan age literature of late seventeenth- and early eighteenth-century England, and the association between Mussolini and Augustus in 1930s Italy“ (S. 1f.), spiegelt allerdings die teils mangelnde Präsenz nicht-englischsprachiger Forschungsliteratur im Band wider; vor allem werden andere im Kontext des Jubiläums im Jahr 2014 erschienene Sammelbände zur Augustusrezeption vernachlässigt.2

In ihrer Einführung verortet Goodman zum einen die Forschungsgeschichte zur Rezeption des Augustus gegenüber der zu anderen herausragenden antiken Persönlichkeiten, zum anderen gibt sie – auch durch inhaltliche Verknüpfung der einzelnen Beiträge – einen kurzen Überblick zur Rezeptionsgeschichte der Figur des ersten Kaisers. Auch greift sie auf die im Forschungsfeld der reception studies erfolgte Theoriearbeit zurück, insbesondere auf Charles Martindale, unterlässt aber leider weiterführende Reflexionen und bezieht die neueren methodologischen Arbeiten von Lorna Hardwick nur am Rande ein.

Beginnend mit der Rezeption in der Antike zeichnet Alison E. Cooley zuerst die literarische Schilderung der Todesumstände des „guten“ Kaisers Augustus bei Sueton nach. Im vierten Beitrag des Bandes analysiert Patrick Cook dann die Konstruktion des Herrscherkörpers und der physischen Erscheinung des Augustus bei Sueton. Beide Beiträge, die sich wesentlich der literarischen Konstruktion Suetons widmen, stehen etwas unvermittelt nebeneinander, wobei eine sicher ergebnisreiche umfassendere Analyse der Figur des Augustus bei Sueton ausbleibt. Dazwischen steht der Beitrag Steven J. Greens, der sich dem in der Forschung teils als negativ betrachteten Augustusbild Senecas mit einer Analyse einschlägiger Partien aus der Apocolocyntosis und aus De clementia widmet. Die zahlreichen Referenzen auf Augustus in anderen moralphilosophischen Schriften Senecas werden demgegenüber kaum betrachtet. Kritisch gegenüber dem Diktum von Augustus als erstem Princeps wirkt die Analyse Josef Geigers, der das antike Verständnis (vorrangig des 1. und 2. Jahrhunderts) von Caesar oder Augustus als erstem Princeps untersuchen will.

Das Bild der Spätantike wird durch zwei tiefgründige Analysen von Shaun Tougher und Michael C. Sloan eingefangen, die für zwei Rezeptionslinien stehen können: eine politische Rezeption, wie sie im Symposion des Kaisers Julian sichtbar wird, in dem die Figur des Augustus in Konkurrenz zu anderen Kaisern um den Titel des besten streitet, und die christliche Rezeption mit der weitreichenden Verchristlichung der Figur des Augustus in den Historiae adversum paganos des Paulus Orosius, der jenem eine Rolle im Heilsplan des christlichen Gottes zuspricht.

Unter der Überschrift „The Byzantine Augustus“ gibt Kosta Simić punktuell byzantinische Sichtweisen auf Augustus, jedoch lässt seine Fokussierung auf Eusebius, Johannes Malalas und Georgios Monachos ein weites Feld für künftige Forschung offen. Die Rezeption des Augustus in karolingischer Zeit und durch Karl den Großen diskutiert Jürgen Strothmann. Kerry Boeye und Nandini B. Pandey erörtern konzise die mittelalterliche Ara-Coeli-Legende, der entsprechend Augustus bei einer Marienerscheinung auf dem Kapitol Jesus Christus als Gott anerkannt und diesem einen Altar errichtet haben soll. Dieses Kapitel beschränkt sich nicht nur auf literarische Analysen, sondern bezieht auch den Kirchenbau der Kirche S. Maria in Aracoeli auf dem Kapitol ein. Gegenüber der christlichen Rezeption erläutert der Beitrag von Robert Black politische Sichtweisen der italienischen Renaissance auf Augustus. Entgegen der mit der Verchristlichung einhergehenden Positivwertung wurden in der Renaissance kritische Stimmen zu dem Begründer des Prinzipats laut.

Die für die Neuzeit und Moderne folgenden Beiträge wirken in Teilen zufällig gewählt, ihre Relevanz für die Rezeptionsgeschichte wird nicht jederzeit unmittelbar deutlich. Eher können sie als case studies betrachtet werden. Bobby Xinyue widmet sich der Figur des Augustus in Morisots neulateinischen Fasti, James T. Chlup der einflussreichen Augustusbiographie John Buchans und Martin Lindner den Augustus-Romanen Günther Birkenfelds. Kathleen S. Lamp nimmt die Annahme eines Verfalls der Rhetorik unter Augustus und dem Prinzipat in Blick. Der Beitrag von Maggie L. Popkin erforscht die Aufnahme des Partherbogens des Augustus durch die Triumphbögen der Kaiser Titus, Septimius Severus und Konstantin ebenso wie durch die moderne Forschung.

Augustus wird für die heutige Zeit nicht nur durch vor allem ältere Literaturwerke und die Erzeugnisse der Forschung, sondern auch durch seine – wenngleich nicht stark ausgeprägte – Präsenz in Film und Fernsehen greifbar. Dieses Feld schneidet Fiona Hobden mit einer Analyse dreier TV-Dokumentationen zu Augustus an. Anna Clareborn untersucht die Rezeption der faschistischen Rezeption augusteischer Bauten und Kunstwerke im heutigen Italien und gibt so eine sonst kaum anzutreffende Perspektive auf das Nachleben der Mostra Augustea della Romanità von 1937. Der Artikel von Karl Galinski zu einer mangelnden Rezeption des Augustus in Amerika ermöglicht die Perspektive, eine kritische Rezeptionsgeschichte von der entgegengesetzten Seite her zu schreiben. Eine solche Perspektive wirkt bei der teilweise andernorts anzutreffenden Fixierung auf und Glorifizierung des Rezeptionsgegenstandes Augustus sehr erfrischend.

Insgesamt kann dieser Band der Intention seiner Herausgeberin, einen (ersten) Anstoß, jedoch keine umfassende Aufarbeitung der Rezeption des Augustus in 2000 Jahren zu bieten (S. 2), vollkommen gerecht werden. Viele interessante, teils neue Perspektiven werden in diesem gelungenen Band vereint und für die Leserschaft greifbar gemacht.

Anmerkungen:
1 Der Rezeption des Augustus in der Antike, zu der noch keine umfassende monographische Aufarbeitung vorliegt, widmet sich der Rezensent in seinem Dissertationsprojekt an der LMU München (<https://www.ag.geschichte.uni-muenchen.de/forschung/promotion/dissertation/besl/index.html>).
2 Insbesondere zu nennen sind hier die jeweils unterschiedlich ausgerichteten Sammelbände, die in Teilen allerdings die Rezeptionsgeschichte der Figur des Augustus nicht schwerpunktmäßig behandeln: Mario Labate / Gianpiero Rosati (Hrsg.), La costruzione del mito augusteo, Heidelberg 2013; Ernst Baltrusch / Christian Wendt (Hrsg.), Der Erste. Augustus und der Beginn einer neuen Epoche, Darmstadt 2016; Sabine Luciani / Fabricia Zuntow (Hrsg.), Entre mots et marbre. Les métamorphoses d’Auguste, Bordeaux 2016; mitunter Manuel Flecker u.a. (Hrsg.), Augustus ist tot. Lang lebe der Kaiser, Rahden 2017; Anne Daguet-Gagey / Sabine Lefebvre (Hrsg.), L’empereur Auguste et la mémoire des siècles. Actes des journées d’études de Dijon (28 novembre 2014) et Arras (23 mars 2015), Arras 2018.

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