A. J. Pomeroy: Then it was destroyed by the Volcano

Cover
Titel
Then it was destroyed by the Volcano. The Ancient World in Film and on Television


Autor(en)
Pomeroy, Arthur J.
Erschienen
London 2008: Gerald Duckworth
Anzahl Seiten
viii, 152 S.
Preis
€ 16,79
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Martin Lindner, Institut für Geschichte, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Angesichts der Menge an Spezialstudien, Tagungsbänden und Einzelinterpretationen, die in den letzten Jahren zum Antikfilm erschienen sind1, ist ein konziser und lesbarer Überblick über das Thema ein nur allzu willkommenes Projekt. In dem vorliegenden Band schlägt Arthur Pomeroy diesen begrüßenswerten Weg ein mit dem Vorhaben „[to] show why the ancient world has been and continues to be important to the modern by studying different themes in its film and television presentations“ (S. 1). Wie schwierig diese extrem breite Zielsetzung auf rund 100 Textseiten zu fassen ist, wird in den folgenden, thematisch oft sehr selektiv verfahrenden fünf Kapiteln deutlich.

„The Actress and the Playwright“ (S. 7-12) soll einführen in die Formen der Aufnahme antiker Elemente im populären Medium Film und tut dies in lesbarer Weise, aber mit zu wenig Tiefe. Den zumeist sehr gut gewählten Vergleichen, etwa mit den Romanen von Alexandre Dumas, steht eine eher unklare Interpretationslinie entgegen. Wenig innovativ wirkt auch das Ergebnis: „The contrasting accounts of the ancient world [...] should act as a reminder that ancient Greece and Rome are not stable points of reference, but continually shifting in the public imagination throughout the world“ (S. 11).

Im zweiten Hauptkapitel (S. 13-28) beschäftigt sich Arthur Pomeroy mit antiken Elementen in der TV-Serie Buffy the Vampire Slayer und den Parallelen zu anderen Filmen wie The Pillow Book oder Nightmare on Elm Street. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Einsatz altsprachlicher Versatzstücke von lateinischen Zaubersprüchen bis zu altgriechischen Körperbemalungen. Ob die Grammatikfehler im gesprochenen Latein einer Korrektur bedurft hätten, sei dahingestellt. Gut ist jedoch die Beobachtung, wie ein mit klassischer Bildung verbundener elitärer Anspruch im Rahmen der Serie und ihres Spin-Offs Angel instrumentalisiert und ironisch gebrochen wird.

Der folgende Abschnitt (S. 29-59) konzentriert sich auf die Geschichte des peplum, das definiert wird als „the group of films depicting the ancient world made in Italy by Italian directors in the period 1958-65“ (S. 48). Warum Produktionen mit Regisseuren anderer Staatszugehörigkeit dagegen den Universalkategorien „fantasy“ und „muscleman“ zugeschlagen werden, bleibt unklar. Viele Filme dieser Zeit waren ohnehin europäische Co-Produktionen. Attila, Flagello di Dio von 1954 und andere Klassiker fallen dagegen der beliebig wirkenden Zeitbegrenzung zum Opfer. Abgesehen von dieser unglücklichen Fokussierung werden etwa die verschiedenen Adaptionen des Historienromans The Last Days of Pompeii von Edward Bulwer-Lytton auf unterhaltsame und anregende Weise besprochen. Allerdings tendiert die Ausführung zur etwas unsystematischen Nacherzählung. Interessante Themenbereiche, etwa die Verwendung von Inschriften, werden allzu oft nur angesprochen, statt für die Argumentation fruchtbar gemacht zu werden. Dieser Eindruck setzt sich in den folgenden Ausführungen zu Hercules-Filmen fort. In der Tat ist es wichtig festzustellen, dass mythologische Elemente hierbei sehr frei kombinierbar sind. Wichtiger wäre jedoch die Frage, wo sich Grenzen, Regeln und Kanonbildungen beobachten lassen, die vermutlich den Filmschaffenden bei der Produktion nicht einmal bewusst waren.

Das vierte Kapitel (S. 61-93) wendet sich der Odyssee als „Mastererzählung“ für Homer-Verfilmungen und -Transformationen zu. Die Reihe reicht dabei von Stummfilmen wie La caduta di Troia bis zum Western Il ritorno di Ringo und dem europäischen Arthaus-Kino. Es ist zwar aus Sicht eines Altertumswissenschaftlers verständlich, vom Ergebnis oft bestenfalls irritiert zu sein. Aussagen wie „Although sometimes visually striking, [it] reduces the sense of historical realism and at worst creates a bizarre pastiche“ (S. 64) sind jedoch weit von der nüchternen Analyse entfernt, die Arthur Pomeroy glücklicherweise ansonsten gelingt. Den Anspruch von Historizität an die Präsentation eines mythologischen Films zu stellen, wirkt ohnehin wenig hilfreich. Jenseits der üblichen Vertreter werden mit Gewinn auch modernisierende Transformationen der Odyssee-Erzählung von Jean-Luc Godard oder Theodoros Angelopoulos einbezogen und vorbildlich im Œuvre der Regisseure verortet. Sind diese Transformationen aber erst einmal zurückverfolgt, ernüchtert wiederum das zu allgemeine Fazit (S. 93): Antike Stoffe können spannend umgesetzt sein und überzeitliche Phänomene wie die soziale Verantwortung des Individuums vermitteln, umgekehrt aber auch national vereinnahmt werden.

Im letzten Hauptkapitel (S. 95-111) kehrt Arthur Pomeroy zu den Antikfilmen mit historischer Thematik zurück, genauer gesagt zu den zahlreichen Produktionen mit Alexander dem Großen als Zentralfigur. Erneut ist die vielfältige Materialauswahl vorbildlich und umfasst so Verschiedenes wie den indischen Film Sikandar von 1941 oder die japanische Animationsserie Arekusanda Senki aus den späten 1990er-Jahren. Die Ausführungen zu einzelnen Punkten des Phänomens „filmischer Alexander“ sind überaus wertvoll. Es drängt sich jedoch abermals der Wunsch nach einer systematischeren Untersuchung auf, etwa im Hinblick auf die nur gestreiften Aspekte der Geschlechterrollen oder der politischen Instrumentalisierung.

Der Band wird komplettiert durch ein sehr kurzes Schlusskapitel (S. 113f.), das vor allem den leider nicht weiter hinterfragten Überhang an männlichen Hauptakteuren betont. Zudem konstatiert Arthur Pomeroy die bleibende Attraktivität der Antike als Fluchtwelt und wagt eine positive Prognose für die Zukunft antiker Stoffe im Arthaus-Film.

Die anschließende Filmografie führt irritierenderweise nicht die benutzten Fassungen auf, obwohl einleitend (S. 5) auf die Vielzahl der Varianten hingewiesen wurde. Da auch ein zuverlässiges Zitationssystem für die Filmstellen fehlt, müssen die besprochenen Sequenzen für eine Überprüfung der Ergebnisse aufwändig gesucht werden.2 Die zuverlässige Bibliografie beinhaltet fast ausschließlich englischsprachige Literatur – ein Umstand, der aber auch der offenbar eher auf Einsteiger zielenden Ausrichtung des Buches geschuldet sein könnte. Die zehn Standbilder sind gut gewählt, die Druckqualität schwankt allerdings erheblich.

„Then it was Destroyed by the Volcano“ ist ein intelligenter, kenntnisreicher und sehr lesbarer, aber oft zu wenig zielgerichteter und analytischer Beitrag zur Erforschung des Antikfilms. Für Einsteiger ist die Themenwahl zu schlaglichthaft und die Vorgehensweise zu wenig strukturiert, während Abstraktionen größtenteils ausbleiben. Für Spezialisten liegt der Schwerpunkt zu stark auf Inhaltsangaben und Anekdoten, die den Blick für weiter gehende Resultate verstellen. Dennoch wird der Band insbesondere in seinen Einzelinterpretationen und der Erschließung auch entlegenen Materials sicher Impulse für kommende Untersuchungen geben.

Anmerkungen
1 Um nur einige der jüngsten Einträge zu nennen: Irene Berti / Marta García Morcillo (Hrsg.), Hellas on Screen. Cinematic Receptions of Ancient History, Literature and Myth, Stuttgart 2008; Tomas Lochman u.a. (Hrsg.), Antike im Kino. Auf dem Weg zu einer Kulturgeschichte des Antikenfilms, Basel 2008; Joanna Paul, Working with Film. Theories and Methodologies, in: Lorna Hardwick / Christopher Stray (Hrsg.), A Companion to Classical Receptions, Malden 2008, S. 303-314 (der Sammelband enthält noch zwei weitere Aufsätze zum Antikfilm). Einen guten Überblick bietet auch die aktualisierte Bibliografie von Alexander Juraske im Anzeiger für die Altertumswissenschaft 59 (2006), Sp. 129-178 sowie 60 (2007), Sp. 129-146.
2 Die technischen Hintergründe und ein Lösungsvorschlag werden diskutiert in Martin Lindner, Rom und seine Kaiser im Historienfilm, Frankfurt am Main 2007, S. 22-27.

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