K. Galinsky (Hrsg.): Cambridge companion to Augustus

Cover
Titel
The Cambridge companion to the age of Augustus.


Herausgeber
Galinsky, Karl
Reihe
Cambridge Companions to the Ancient World
Erschienen
Cambridge u.a. 2005: Cambridge University Press
Anzahl Seiten
XVII, 413 S.
Preis
$ 29,99
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Christian Wendt, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin

Das augusteische Zeitalter – was mag eine Ära qualifizieren, die sich selbst als das hereinbrechende saeculum aureum feierte? Aus verschiedenen Perspektiven versucht dieser Sammelband, kaleidoskopische Antworten zu finden und dennoch das gemeinsame Band nicht aus dem Auge zu verlieren. Die Phalanx der Beiträger ist beeindruckend, finden sich in ihr doch internationale Autoritäten wie Erich S. Gruen, John Scheid oder Walter Eder und weitere Autoren des einschlägigen Bandes der Cambridge Ancient History zum frühen Prinzipat.1 Das Werk gliedert sich in sechs Abschnitte, die verschiedene Themenblöcke abhandeln. Dabei fällt sofort auf, dass die politische Geschichte mit gut vierzig von knapp vierhundert Seiten nur wenig Raum erhalten hat. Statt dessen stehen sozio-kulturelle Bezüge im Vordergrund, der Kunst allein sind zwei der sechs Teile gewidmet. Ein Bild der Epoche entstehen zu lassen und den Fokus auf die gesellschaftlichen wie intellektuellen Umbrüche zu legen ist der Anspruch des Companion. Der im Vorwort geäußerte Wunsch, statt eines „encyclopedic vade mecum“ (S. XVII) ein informatives Konvolut neuer Schwerpunkte („to break some new ground and point the discussion in new directions“, S. XVII) zu präsentieren, weist in die eingeschlagene Richtung, über lediglich zusammenfassende Abrisse hinaus wissenschaftliche Neuorientierungen anzubieten.

Den politischen Ereignissen wird im ersten Teil mit zwei Aufsätzen Rechnung getragen (S. 13-54), einem Beitrag von Walter Eder, dessen Titel „Augustus and the Power of Tradition“ bereits in einem früheren Sammelband 2 vom Autor verwandt wurde, sowie dem knappen und pointierten Aufsatz von Gruen über „The Making of the Principate“. Darüber hinaus findet sich ein weites Spektrum, das Themenfelder wie Religion, Dichtung oder Architektur abdeckt. Manche Anstöße sind dabei provokant und sehr anregend, etwa Beachams Artikel „The Emperor as Impresario“ (S. 151-174), der die Parallele zwischen Theater und Princeps-Rolle thematisiert. Seine Aussagen zur Stilisierung des Augustus („the evidence for the extent and variety of Augustus’ showmanship is overwhelming“, S. 164; „Augustus had consciously fashioned himself as an actor in the greatest show on earth“, S. 173) zeugen vom typisch angelsächsischen Spaß an der Zuspitzung, greifen dabei aber im wesentlichen lediglich Zankers Erkenntnisse 3 auf und fokussieren diese auf den behandelten Teilaspekt.

Die thematische Orientierung vermag sich allerdings nicht vollends aus dem traditionellen Schema zu lösen. The Age of Augustus – das ist hier fast ausschließlich das Zeitalter des Augustus in Rom. Die Perspektive wandert reichlich selten aus der Zentrale in die Peripherie oder gar über die „Grenzen“ hinaus; die reichsweite Dimension reflektieren lediglich zwei Beiträge über „Provincial Perspectives“ – mit einer kurzen Stellungnahme zur römischen Expansion – und über Herodes, darüber hinaus noch ein Exkurs über Römer in der Diaspora. Dass ein wesentlicher, womöglich gar der entscheidende Aspekt der augusteischen Herrschaft die Beförderung eines integralen Imperium Romanum ist, wird aus dem übergreifend angelegten Sammelband nur in geringem Maße deutlich. Die verschiedenen Felder des öffentlichen und privaten Lebens samt ihren „interconnections“ (so der Umschlagtext) in Rom verdienen eine wie hier vorliegende gesamtheitliche Befassung. Ob sich daraus allerdings ein tragfähiges Bild des augusteischen Zeitalters statt „nur“ einer weiteren wertvollen Illustration ergibt, ist zumindest zu hinterfragen. Insofern steht der Titel des Bandes dem Inhalt womöglich etwas im Weg. Die Bereicherung, die das Werk im einzelnen darstellt, steht dabei aber außer Frage.

Die Auswahlbibliographie berücksichtigt vornehmlich neuere englischsprachige Veröffentlichungen und kann als solche nicht als repräsentativ herangezogen werden; etwa fehlt die Augustusbiographie Bleickens 4, ebensowenig taucht trotz Treggiaris Behandlung der Rolle der Frauen etwa Temporinis Arbeit auf.5 Störend sind auch fehlerhafte Titelaufnahmen: Fadingers „Die Begründung des Prinzipats“ 6 wird so als „Bedeutung des Prinzipats“ zitiert.

Gesondert hervorzuheben, da sehr beeindruckend, ist die optische Gestaltung des Werks. Die Abbildungen sind durchweg von hoher Qualität, in großartigem Detailreichtum, kontrastiert und gestochen scharf – man ist auf dem Markt auch anderes gewohnt. Die acht Farbabbildungen (S. 260ff.) stünden jedem Kunstband gut zu Gesicht, der Hochglanzdruck vermittelt farblich wie perspektivisch das Spezifische des Abgebildeten, bereits die Wiedergabe des Mosaikfußbodens im Cubiculum einer Villa (plate II) auf kleinem Format begeistert. Interieurs, Münzen, Kameen, Portraitbüsten – die erreichte Plastizität rechtfertigt den durchweg betriebenen Aufwand. Auch das Kartenmaterial überzeugt: Lesbarkeit und geschickte Hervorhebungen erlauben eine rasche Verdeutlichung für den Leser. Die Provinzkarte (Nr. 3: The provinces of the Augustan empire) wartet allerdings mit einer orthographischen Überraschung auf: Africa porconsularis hätte bei der Endredaktion auffallen sollen.

Abschließend ist festzuhalten, dass der Companion zu Augustus einen sehr reizvoller Sammelband darstellt, der sowohl inhaltlich als auch in der Präsentation gelungen wirkt. Zu fragen bleibt, inwiefern die der Titellektüre inhärente Erwartung, ein Zeitbild des „Age of Augustus“ vorzufinden, innerhalb des bewusst streiflichtartig gehaltenen Rahmens überhaupt zu erfüllen ist.

Anmerkungen:
1 The Cambridge Ancient History. Second edition, Bd. 10: The Augustan Empire, 43 B.C.–A.D. 69, Cambridge 1996.
2 Raaflaub, Kurt; Toher, Marc (Hrsg.), Between Republic and Empire. Interpretations of Augustus and His Principate, Berkeley u.a. 1990, darin: Eder, W., Augustus and the Power of Tradition: the Augustan Principate as Binding Link between Republic and Empire The Augustan Principate as Binding Link, S. 71-122.
3 Zanker, Paul, Augustus und die Macht der Bilder, 3. Aufl., München 1997.
4 Bleicken, Jochen, Augustus. Eine Biographie, Berlin 1998.
5 Temporini-Gräfin Vitzthum, Hildegard (Hrsg.), Die Kaiserinnen Roms. Von Livia bis Theodora, München 2002, darin: Die iulisch-claudische Familie: Frauen neben Augustus und Tiberius, S. 21-102; oder auch: Kunst, Christiane; Riemer, Ulrike (Hrsg.), Grenzen der Macht. Zur Rolle der römischen Kaiserfrauen, Stuttgart 2000.
6 Fadinger, Volker, Die Begründung des Prinzipats. Quellenkritische und staatsrechtliche Untersuchungen zu Cassius Dio und der Parallelüberlieferung, Bonn 1969.

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