G. Wrightson: The Battles of Antiochus the Great

Titel
The Battles of Antiochus the Great. The failure of combined arms at Magnesia that handed the world to Rome


Autor(en)
Wrightson, Graham
Erschienen
Barnsley 2022: Pen & Sword
Anzahl Seiten
XXX, 154 S.
Preis
€ 26,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Nicole Diersen, Historisches Seminar, Universität Osnabrück

Die makedonische Phalanx galt seit Philipps II. mit der Erfindung der Sarissen als unbesiegbar. Alexander der Große setzte sie auf seinen Feldzügen gegen das Perserreich geschickt ein – Granikos, Issos, Gaugamela: drei bedeutende Schlachten, die er allesamt aufgrund eines klugen Einsatzes der verschiedenen Einheiten in Kombination mit der Phalanx gewann. Auch seine Nachfolger, die Diadochen, lehnten sich an seine Kampftechnik an. So standen sich im Feld oft gleichranginge und in der Formation ähnliche Truppen gegenüber, wobei lediglich taktische Überlegenheit oder körperliche Stärke der entscheidende Faktor war. So war Ptolemaios IV. etwa in der Schlacht bei Raphia der Armee des Antiochos III. überlegen, weil er seine Truppen u.a. langfristig ausgebildet hatte, wie Wrightson schreibt (S. 16–21). Dennoch gilt der Seleukidenkönig als eine herausragende Gestalt, weshalb er angelehnt an Alexander III. den Beinamen ‚der Große‘ bekommen hat. Ob dieser Name hinsichtlich seiner Schlachten allerdings so gerechtfertigt ist, wie zunächst anzunehmen ist, ist nach der Lektüre von Graham Wrightsons hier zu besprechenden Buch, erschienen bei dem auf Militärgeschichte spezialisierten Verlag Pen & Sword Military, zu hinterfragen.

Whrightson untersucht in diesem Werk nämlich am Beispiel Antiochos’ III. die Kampftaktik der kombinierten Waffen (combined arms) und erörtert, wie erfolgreich Antiochos damit bei verschiedenen Gegnern war. Wrightson hält fest, dass Antiochos von seinen sechs großen Schlachten, die in diesem Buch diskutiert werden, drei gewonnen (Apollonia, Arius und Panion) und drei verloren (Raphia, Thermopylen und Magnesia) habe. Doch sind die letzten beiden Schlachten gegen einen Gegner geführt worden, der sich nicht der makedonischen Kampftechnik bediente, sondern eine eigene, vielleicht eigenwillige Technik mit gladius und pilum, besaß, mit der er in der Bilanz erfolgreich war: Rom. Die Römer scheuten sich nicht vor der hellenistischen Phalanx und bewiesen nicht nur an den Thermopylen und bei Magnesia gegen Antiochos, sondern auch bei Kynoskephalai und Pydna gegen Philipp V. und Perseus, dass es nicht unmöglich war, eine Phalanx zu besiegen. Mit dem Sieg bei Magnesia im Winter 190/189 v. Chr. ebnete sich Rom den Zugang zu Kleinasien und erzwang den Rückzug des als Großen ausgewiesenen Antiochos, womit dessen Expansionsbestrebungen aufgegeben werden mussten und der Seleukidenkönig sich auf sein Kerngebiet beschränken musste. Wrightson fragt deshalb, wie es möglich war, dass eine solch fähige Armee wie die des Antiochos der römischen unterlegen sein konnte und interessiert sich für die taktische Fähigkeit des Antiochos in seinen oben erwähnten Schlachten (S. xi). Ihm zufolge habe Antiochos nur aus dem Grund die entscheidende Schlacht bei Magnesia verloren, weil er seine Einheiten nicht richtig einzusetzen wusste und die Taktik der kombinierten Waffen nicht nutzte (S. xi). Die Stärke des Antiochos habe darin gelegen, große Armeen aufzustellen, aber er sei unfähig gewesen, diese effizient zu nutzen, wie das Beispiel Magnesia zeige (S. xii).

Dazu beschreibt Wrightson in der Einleitung die Grundausstattung einer makedonischen bzw. hellenistischen Armee: Dazu gehört die Phalanx mit ihren Sarissen, auf die er detailliert eingeht (S. xii–xvii). Er betont hier, und auch immer wieder im Analyseteil, dass die Phalanx nicht für sich allein stark sei, sondern immer nur in Kombination mit den anderen Truppeneinheiten, ohne deren Schutz sei die Phalanx machtlos (S. xvii; 48; 83; 89). Deshalb müsse man in einer Armee mit einer Phalanx immer auf die Taktik der combined arms setzen. Diese Taktik beschreibt Wrightson im folgenden Abschnitt mit einer anschaulichen Abbildung und Tabellen. Er stellt dar, wie sich die Grundformation einer hellenistischen Armee zusammensetzt (S. xvii–xxv). Etwas unverständlich erscheint auf den ersten Blick die Tabelle, in der die von Wrightson aufgestellten Hauptkategorien der Truppeneinheiten nochmals aufgeteilt sind, ohne diese zu erläutern (S. xix–xxii). Wrightson stellt fest, dass die combined-arms-Technik mit der hammer and anvil-Taktik – Phalanx als Amboss, andere Einheiten als Hammer – vergleichbar sei und nutzt eine Metapher des Iphikrates, der den menschlichen Körper mit einer Armee vergleicht (S. xxv), worauf Wrightson am Schluss zurückkommt (S. 138). Er beschreibt außerdem die für Antiochos’ Schlachten relevante makedonische Standard-Kampftechnik (S. xxv–xxviii), wie etwa die Taktik der refused flank (Zurückfallen einer Flanke) oder des feigned withdrawal (vorgetäuschter Rückzug).

Im Kernstück seines Werkes geht Wrightson nach einer jeweils knappen und verständlichen Einführung zum Kontext detailliert auf die einzelnen Schlachten ein. Er betrachtet sie aus allen Blickwinkeln, womit er ein einleuchtendes Bild vermittelt. Die Analyse ist militärtaktisch aufgebaut. Wo es möglich ist, arbeitet er mit Skizzen, die der Leserschaft enorm bei der Einfindung in die einzelnen Formationen helfen. Allerdings ist stellenweise, vor allem bei der Rekonstruktion der Formation bei Magnesia fraglich, inwiefern die Skizzen realitätsgetreu sind, zumal Wrightson selbst betont, dass ein hohes Maß an Spekulation erforderlich sei, weil Livius selbst keine eindeutige Schlachtordnung beschreibe (S. 122–128). Dennoch bezieht Wrightson durchgängig die Quellen kritisch in seine Argumentation ein, teils könnte er jedoch ein wenig stärker den narrativen bzw. konstruierten Charakter der Geschichtsschreibung hervorheben, besonders an den Stellen, an denen Antiochos – meist negativ – charakterisiert wird (S. 28; 121). Insgesamt ist Wrightsons Text flüssig und verständlich geschrieben, wenngleich an einigen Stellen redundant. Dennoch sind stete Rückbezüge zu dem bereits Erarbeiteten sehr hilfreich und Wrightson leitet die Leserschaft damit quasi durch den chronologisch nach Schlachten aufgebauten Text.

Zunächst beschreibt Wrightson die seleukidische Armee und deren Entwicklung bis zu Antiochos (Kapitel 1). Antiochos’ Armee unterscheide sich nicht wesentlich von denen der anderen hellenistischen Reiche (S. 11). Vor dieser Prämisse erachtet Wrightson es als ergiebig, herauszufinden, woran Erfolg bzw. Misserfolg bei der Schlacht von Raphia im Jahr 217 ausgemacht werden können (Kapitel 2). Dies liege an der bereits erwähnten unterschiedlichen Ausbildung und Erfahrung der Soldaten (S. 15–21). Polybios führt, so Wrightson, die Niederlage des Antiochos auf die Feigheit seiner Soldaten zurück (S. 28). Anschließend beleuchtet er die Schlachten am Arius im Osten und bei Panion gegen Ptolemaios’ V. (Kapitel 3). Während am Arius die Kavallerie besonders erfolgreich gewesen sei (S. 35), hätte die Technik der combined arms bei Panion reibungslos funktioniert (S. 49f.). Nach diesem Erfolg habe sich Antiochos Richtung Kleinasien und Griechenland begeben, um das Land seines Vorfahren Seleukos I. zurückzuerobern. An den Thermopylen sei er gegen die Römer aufgrund der Truppenanzahl kläglich gescheitert (Kapitel 4), wenngleich er hier die Taktik des vorgetäuschten Rückzugs angewendet habe (S. 62). Wrightson diskutiert ausführlich die Gründe für das Scheitern des Antiochos und die Funktion der Aitoler in dieser Schlacht. Er kommt zu dem nüchternen Schluss, dass Antiochos zwei Auswahlmöglichkeiten hatte: „to stay or to leave“ (S. 64). Um die Kampflogik zu verstehen, beschreibt Wrightson die römische Legion im Vergleich zur hellenistischen Kampftechnik (Kapitel 5). Er kritisiert aufgeteilt in acht Aspekten plausibel und detailliert die von Polybios hervorgebrachten Nachteile einer Phalanx, wobei er teils hart mit Polybios ins Gericht geht, wenn er etwa schreibt, dass die Vergleiche des Autors schlicht mangelhaft seien (S. 99). Nach der Niederlage bei den Thermopylen konzentriere Antiochos sich gemäß Livius auf seine Flotte (Kapitel 6), weil er Angst vor einem Treffen mit den Scipionen gehabt habe (S. 107). Wrightson arbeitet heraus, dass Antiochos seine Zeit verschwendet habe, die er für eine Vorbereitung auf eine finale Schlacht hätte nutzen können (Kapitel 7), welche er ohnehin nicht hätte umgehen können. In der Schlacht bei Magnesia mache Antiochos alles falsch, was er nur falsch machen könne (S. 119f.; S. 121; S. 125), besonders die Eröffnung mit den vierspännigen Sichelwagen hätte zu einem Blutbad geführt, das schwerwiegende Folgen für die anderen Einheiten, insbesondere die ungeschützt im Zentrum stehende Phalanx, hatte (S. 130f.). Diese Fehler bespricht Wrightson vor dem Hintergrund des Einsatzes der combined arms (Kapitel 8). So sei es bei dieser Technik wichtig zu wissen, welche Einheit wann und wie zum Einsatz komme (S. 135). Wrightson hält fest: „Combined Arms should have brought Antiochos victory. Instead, one single miscalculation concerning one single unit lost him everything.“ (S. 135).

Daran zeigt sich einmal mehr, welche Bedeutung vor allem die Geschichtsschreiber Magnesia sowohl für das Seleukidenreich als auch für Rom zugewiesen hatten und wie diese Bedeutung bis in die heutige Forschung hinein reproduziert wird, wie der Untertitel des Werkes verrät. Wenngleich dieser zunächst ein wenig irreführend ist, weil anzunehmen ist, dass das gesamte Buch über Magnesia handelt, so konnte nach eingehender Studie Wrightsons Versprechung eingelöst werden. Für alle Personen, die sich nicht nur mit Magnesia, sondern mit Schlachten im Hellenismus, aber auch mit Militärgeschichte und Kampftechniken im Allgemeinen beschäftigen, ist dieses Buch einer Bearbeitung wert.

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