B. Jordan: The ›magister equitum‹ in the Roman Republic

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Titel
The ›magister equitum‹ in the Roman Republic. The Evolution of an Extraordinary Magistracy


Autor(en)
Jordan, Bradley
Reihe
Klio - Beiträge zur alten Geschichte. Beihefte. Neue Folge
Erschienen
Berlin 2024: de Gruyter
Anzahl Seiten
IX, 174 S.
Preis
€ 89,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Mathis Hartmann, Historisches Institut, Ruhr-Universität Bochum

Die Vielzahl aktueller Publikationen zu den Institutionen der Römischen Republik hat Uwe Walter vor kurzer Zeit zur Diagnose einer staatsrechtlichen Renaissance in der althistorischen Forschung bewegt.1 Insofern erscheint es nur konsequent, dass sich Bradley Jordan in seiner Monographie zum magister equitum, dem Stellvertreter des römischen Dictators, bereits auf der ersten Seite auf Theodor Mommsen und „his monumental Römisches Staatsrecht“ bezieht. Statt sich in dessen langen Schatten zu stellen, sucht Jordan aber die Emanzipation von Mommsens Konzeption des magister equitum, um „an updated and comprehensive analysis of the office“ (S. 3) zu verfassen.

In der knappen Einleitung (S. 1–6) skizziert Jordan die drei Leitfragen seiner Untersuchung. Erstens wolle er „the powers and role of the office“ (S. 3) analysieren und dabei überprüfen, inwieweit diese überhaupt definiert waren. Zweitens beabsichtige er, auf Basis prospographischer Daten den „senatorial rank“ (S. 3) des magister equitum zu bestimmen. Drittens ziele er darauf ab, die Evolution des wiederbelebten Amts unter den Dictatoren der römischen Bürgerkriege abzubilden. Die verschiedenen Kategorien und Ansätze bleiben in der Kürze der Einleitung allerdings relativ diffus. Eine schärfere Konturierung der Terminologie und eine explizitere Verknüpfung der scheinbar disparaten Schwerpunkte hätte dazu beigetragen, ein kohärenteres Programm zu präsentieren.2 Außerdem positioniert sich der Autor zur Quellenlage, wobei er zugleich seinen vorsichtigen Optimismus proklamiert und die einschlägigen Kritikpunkte gegen eine authentische Überlieferung der frühen republikanischen Geschichte anbringt. Laut seiner Einschätzung erlaubten es die Quellen in erster Linie, Vorstellungen der spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Geisteswelt zum magister equitum zu rekonstruieren und auf diesem Fundament zurückhaltende Rückschlüsse auf das historische Amt der frühen und mittleren Republik zu treffen (S. 5).

Im ersten Hauptkapitel der Untersuchung (S. 7–19) geht Jordan den historischen Ursprüngen des magister equitum nach. Indem er vorherige Forschungsmeinungen sorgfältig referiert und die relevanten Quellenstellen kritisch analysiert, liefert der Autor durchaus überzeugende Argumente dafür, dass das Amt als republikanische Nachfolgeinstitution des tribunus celerum, des Kommandeurs der berittenen Leibwache des römischen Königs, entstanden sei. Aufgrund der problematischen Überlieferungslage zum archaischen Rom, die in dieser Frage keine abschließende Rekonstruktion erlaube, entzieht er sich aber nachvollziehbarerweise einer dezidierten Positionierung (S. 17–19).

Anschließend widmet sich Jordan den institutionellen Kompetenzen des magister equitum (Kapitel 2, S. 20–52). Zunächst tritt er in Opposition zu der auf Mommsen zurückgehenden Orthodoxie, dass das Imperium und die Auspizien des magister equitum denen eines Prätors entsprachen und somit konsularischen und dictatorischen Kompetenzen untergeordnet waren. Auf Basis einer grundlegenden Reinterpretation der Quellen kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass das Amt über das volle konsularische Imperium und die vollen Auspizien verfügte. Theoretisch sei der magister equitum daher mit Vollmachten ausgestattet gewesen, die es ihm erlaubten, den Dictator bei Abwesenheit vollständig zu vertreten und die ihn sogar zum Abhalten eines Triumphes qualifizierten (S. 51). Zur tatsächlichen Ausübung dieser enorm weitreichenden Kompetenzen sei es allerdings praktisch nie gekommen, da die Amtsträger fast durchgängig in enger Absprache mit dem Dictator und unter dessen Oberbefehl agierten.

Jordans Rekonstruktionen in diesem Kapitel fußen auf der impliziten Voraussetzung, dass die antiken Autoren in ihren Schilderungen der republikanischen Geschichte eindeutig definierte staatsrechtliche Kategorien verwendeten, über die historische Entwicklung der betreffenden Institutionen nahezu vollständig informiert waren und diese Entwicklung in ihren Werken auch präzise nachzeichneten.3 Diesen Annahmen werden nicht alle Leserinnen und Leser in Gänze folgen wollen – und sie kontrastieren mit Jordans eigener Bewertung der Quellenlage. Ob Livius zum Beispiel tatsächlich gesichertes staatsrechtliches Detailwissen zum Zusammenspiel der Institutionen im späten 4. Jahrhundert v. Chr. wiedergibt, wenn er den magister equitum Q. Fabius Maximus Rullianus zur Verteidigung gegen die Vorwürfe seines Dictators vorbringen lässt, dass nun sogar Feldherrn verfolgt würden, die „mit vollstem Recht Triumphe verdienten“ (Liv. 8,33,18: iustissimos meritis triumphos), lässt sich schon aufgrund der rhetorischen Einbettung und der konjunktivischen Rahmung der Einlassung bezweifeln. Jordan sieht in dieser Passage aber eine Bestätigung seiner These, dass magistri equitum theoretisch zum Abhalten eines Triumphs berechtigt waren (S. 46–49). Ein triumphierender magister equitum ist in keinem Fall überliefert.

Nachdem die Amtsgewalt des magister equitum derart umfangreich bemessen wurde, wendet sich die Untersuchung den konkreten Aufgaben und Rollen der Amtsträger im militärischen und zivilen Bereich zu (Kapitel 3, S. 53–76). Jordan arbeitet heraus, dass magistri equitum bis ins späte 4. Jahrhundert v. Chr. hauptsächlich als Kommandeure der Kavallerie erwähnt würden. Nach 315 v. Chr. ließen sich die Amtsträger dann vor allem als Untergebene oder Stellvertreter des Dictators ohne eindeutig definierten Aufgabenbereich fassen (S. 66f.). Für die zivile Sphäre attestiert der Autor eine ähnliche Flexibilität und weitreichende Handlungsspielräume (S. 74).

Das Herzstück des Buches bildet Kapitel 4, „The Senatorial Rank of the magister equitum“ (S. 77–118). Die Überschrift ist allerdings in doppelter Weise missverständlich. Erstens wurde der cursus honorum erst im frühen 2. Jahrhundert v. Chr. reglementiert.4 Die Etablierung einer festen senatorischen Rangordnung der ehemaligen Magistrate erfolgte also in einer Zeit, in der schon keine magistri equitum mehr ernannt wurden. Diesen Anachronismus deutet Jordan zwar an (S. 80), zieht aber nicht die notwendige Konsequenz, auf die Kategorie des „senatorial rank“ zu verzichten. Zweitens leistet der Autor in diesem Kapitel deutlich mehr, als die Überschrift vermuten lässt: Statt einer Erörterung der intrainstitutionellen Hierarchien im Senat bietet Jordan eine umfassende prosopographische Analyse der überlieferten magistri equitum von der frühen Republik bis zum vorerst letzten Amtsträger im Jahr 202 v. Chr.5 Dabei gelingt es ihm trotz der herausfordernden Überlieferungslage, Entwicklungslinien in der Besetzung des Amtes überzeugend herauszuarbeiten. Ohne Detailergebnisse hier wiedergeben zu können, ist festzuhalten, dass der Autor das Potential prosopographischer Methoden eindrücklich unter Beweis stellt und übergreifende Fragen zu Verschiebungen in der Ämterhierarchie und den Rekrutierungsmustern aufwirft.

Das letzte Kapitel der Untersuchung (S. 119–144) schlägt den Bogen zu den Dictatoren der römischen Bürgerkriege, Sulla und Caesar, die nach einer mehr als einhundertjährigen Unterbrechung erneut magistri equitum ernannten. Nach Jordans Interpretation habe Sulla die Ernennung seines Stellvertreters L. Valerius Flaccus vor allem dazu genutzt, seine Rolle als Restaurator der Republik zu betonen (S. 122). Caesar dagegen habe die Handlungsspielräume und die Autonomie seiner magistri equitum M. Antonius und M. Aemilius Lepidus erheblich erweitert; im Institutionsgefüge seines Staates hätten sie letztlich die Rolle der republikanischen Konsuln übernommen (S. 126–130). Die Designation zukünftiger magistri equitum vor seiner für den 18. März 44 v. Chr. geplanten Abreise zum Parther-Feldzug impliziere, dass Caesar beabsichtigt habe, das vormalige Notstandsamt analog zur Dictatur in eine permanente Institution umzuwandeln (S. 135f.).

Es schließen sich ein kurzes Fazit (S. 145–148), ein Literaturverzeichnis (S. 160–169) und ein Index (S. 170–174) an. Zudem enthält das Buch eine sehr nützliche, sorgfältig angelegte prosopographische Übersicht zu allen attestierten Amtsinhabern in chronologischer Reihenfolge, die unter anderem Informationen zum vorgesetzten Dictator, dem Ernennungsgrund sowie den vorherigen und anschließenden Karriereverläufen der jeweiligen magistri equitum enthält (S. 149–159).

Insgesamt legt Jordan damit ein verdienstvolles Buch vor, das eine weitere Lücke in der Reihe der Studien zu den Ämtern der römischen Republik schließt und zukünftigen Auseinandersetzungen mit dem magister equitum als zentraler Bezugspunkt dienen wird. Dabei demonstriert er seine profunde Kenntnis der Quellen und es gelingt ihm, fest etablierte Positionen der modernen Forschung zu hinterfragen. Den Antworten, die Jordan auf diese Fragen findet, werden nicht alle Leserinnen und Leser zustimmen. Das liegt einerseits in der diskursiven Natur der Sache, andererseits an der nicht vollständig konsistenten Verfolgung der eigenen quellenkritischen Prinzipien. Die dichte Studie enthält aber viele produktive Ansätze, anregende Interpretationen und interessante Beobachtungen, weshalb ihre Lektüre allen, die sich mit der Politik-, Militär- und Sozialgeschichte der römischen Republik beschäftigen, empfohlen sei.

Anmerkungen:
1 Uwe Walter, Rezension zu: Francisco Pina Polo / Alejandro Diaz Fernandez, The Quaestorship in the Roman Republic, Berlin 2019, in: H-Soz-Kult, http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-93663 (02.08.2021). Den Beginn dieser Entwicklung markiert T. Corey Brennan, The Praetorship in the Roman Republic, 2. Bde., Oxford 2000; für die vorliegende Studie von besonderer Bedeutung ist Mark B. Wilson, Dictator. The Evolution of the Roman Dictatorship, Ann Arbor 2021.
2 Jordans eigene Zusammenfassung seines Vorhabens illustriert diese Probleme: „This monograph will provide an in-depth study which focuses on this hitherto neglected magistracy and through this lens ask new question [sic] of the perception of the Roman lived constitution and the upheaval associated with the last days of the Republic.” (S. 2).
3 Zurecht moniert Jordan, dass es unzulässig sei, Livius pauschal ohne Angabe von Beispielen ein mangelhaftes Verständnis der institutionellen Zusammenhänge zu unterstellen (S. 29 m. Anm. 60). Ebenso problematisch ist es allerdings, zu postulieren, dass Livius „elsewhere his firm grasp of constitutional matters“ (S. 29) demonstriere, ohne diese Stellen zu benennen.
4 Hans Beck, Karriere und Hierarchie. Die römische Aristokratie und die Anfänge des cursus honorum in der mittleren Republik, Berlin 2005, S. 51–61. Etwa die Hälfte der attestierten magistri equitum amtierte sogar vor der Verabschiedung der lex Ovinia, die den Senat erst von einem informellen Gremium in eine permanente Institution umformte; s. T. J. Cornell, The ‘Lex Ovinia’ and the Emancipation of the Senate, in: Christer Bruun (Hrsg.), The Roman Middle Republic. Politics, Religion, and Historiography c. 400–133 B.C., Rom 2000, S. 68–89.
5 Bei der Diskussion der letzten Dictaturen gegen Ende des 2. Punischen Kriegs wird P. Sulpicius Galba Maximus, der Dictator von 203 v. Chr., „P. Servilius Galba Maximus“ (S. 113, meine Hervorhebung) genannt. Da der Abschnitt der Rekonstruktion einer möglichen „political manipulation“ (S. 113) durch drei Mitglieder der gens Servilia gewidmet ist, handelt es sich um eine irreführende Fehlidentifikation. In den tabellarischen Übersichten (S. 115 u. 157) findet sich der richtige Name.

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