Cover
Titel
Show Trial. Hollywood, HUAC, and the Birth of the Blacklist


Autor(en)
Doherty, Thomas
Erschienen
Anzahl Seiten
XIV, 406 S.
Preis
£ 24.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jan-Christopher Horak, Film and Television Archive, University of California, Los Angeles

Die Zahl der Werke, die sich mit der antikommunistischen Hetzjagd in Hollywood befassen, scheint von Jahr zu Jahr zu wachsen.1 Jetzt hat Thomas Doherty, Amerikanistik-Professor an der Brandeis University, der unter anderem Cold War, Cool Medium: Television, McCarthyism, and American Culture (2003) vorlegte, seinen Band Show Trial. Hollywood, HUAC, and the Birth of the Blacklist herausgebracht. Er nimmt dort die ersten Hearings des House Un-American Activities Committee (HUAC) im Jahre 1947 unter die Lupe und beschreibt den genauen Ablauf der Verhandlungen, in denen es um angebliche kommunistische Umtriebe in der amerikanischen Filmwirtschaft ging.

Da Doherty sich auf Originaldokumente, Wochenschauaufnahmen und offizielle Protokolle der HUAC-Hearings beruft, anstatt die Literatur der Beteiligten oder der Nachgeborenen als Quelle zu nutzen, entwickelt seine Darstellung einen Sog, der die Leser/innen mitten ins Geschehen versetzt, während er die Brennpunkte der Kontroverse erläutert. Im ersten, fünf Kapitel umfassenden Teil „Backstories“ blickt Doherty zurück auf die Ereignisse, die zum Interesse des HUAC an Hollywood führten, nämlich die Gründung der Gewerkschaften für Drehbuchautoren und Zeichentrickfilmer in den 1930er-Jahren, Hollywoods Beteiligung an verschiedenen Volksfrontinitiativen, die ersten missglückten HUAC-Hearings im Jahre 1940 unter der Leitung von Martin Dies sowie die Anti-Nazi-Filmproduktion Hollywoods als Propagandabeitrag zum Zweiten Weltkrieg. Die im August 1940 stattfindenden Untersuchungen Martin Dies‘ endeten scheinbar mit einer Panne, nicht nur weil die Filmgesellschaften Hollywoods eine vereinigte Front gegen die Eindringlinge aus Washington bildeten, sondern auch weil der zweite Vorsitzende des Komitees John E. Rankin als bekannter Rassist und verruchter Antisemit galt und dadurch zum Ziel der Presse wurde.

Im nächsten Abschnitt „On Location in Washington“ beschreibt Doherty in neun Kapiteln den Ablauf der tatsächlichen Verhöre über neun Tage, angefangen am 20. Oktober 1947. Der Autor betont von Anfang an, dies sei ein „Schauprozess“ gewesen, vergleichbar mit den stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion Ende der 1930er-Jahre. Doherty schreibt über den Vorsitzenden des Ausschusses J. Parnell Thomas: „[he] refused to permit lawyers to coach or advise their clients, although consultations between attorneys and clients were usually permitted in congressional hearings. He allowed some witnesses, usually the Friendlies, to read opening statements, but denied the right to others, usually the Unfriendlies. The hearing was too public to be a star chamber and too open-ended to be a kangaroo court, but it was not a judicial proceeding either. It was a bastard hybrid, part show, part trial.“ (S. 105) Eine Kurzbiografie und ein prägnantes Zitat jedes der jeweiligen Zeugen wird einer mehrseitigen Analyse der Aussagen vorausgeschickt. Zu den mit dem Komitee sympathisierenden „friendly“ Zeugen gehörten die Studiobosse Jack Warner, Louis B. Mayer, und Walt Disney, die Schauspieler Adolphe Menjou, Robert Taylor, Robert Montgomery, George Murphy, Ronald Reagan und Gary Cooper, die Regisseure Leo McCarey and Fred Niblo Jr. sowie ein Aufgebot weniger bekannter Angestellter der Filmwirtschaft oder liierter Verbände. Viele gaben begeistert die Namen angeblicher Kommunisten preis, andere weniger enthusiastische Zeugen, etwa Gary Cooper, nuschelten etwas vor sich hin – Cooper erwähnte nur, er sei kein Freund des Kommunismus, „because it isn’t on the level“ (p. 171), das heißt dieser sei nicht aufrichtig.

Bevor Doherty die Aussagen der Gegner des Ausschusses, die sogenannten „Unfriendly Nineteen“, vorstellt, von denen einige nie in den Zeugenstand berufen wurden, was die letztendlich wegen Verachtung des Kongresses Verurteilten auf die berühmten „Hollywood Ten“ reduzierte, widmet er ein Kapitel dem Committee for the First Amendment (CFA). Dieses spontan formierte Komitee bestand aus liberal gesinnten Demokraten in Hollywood, die gegen das HUAC in der Presse polemisierten und dann zum Beginn der Ausschuss-Sitzungen nach Washington flogen, um vor Ort zu agieren. Zum CFA gehörten unter anderem die Schauspieler/innen Humphrey Bogart, Lauren Becall, Edward G. Robinson, Danny Kaye, Marsha Hunt, und Paul Henreid sowie die Regisseure John Huston und William Wyler. Außerhalb des Sitzungsraumes unternahmen sie viel, um die Presse auf die im Saal stattfindenden Verletzungen der Verfassung aufmerksam zu machen, waren aber auch bemüht, die angeklagten Kommunisten nicht ideologisch zu unterstützen. Wie Doherty im letzten Abschnitt des dritten Teils „Backfire“ darstellt, haben die meisten Mitglieder des CFA in der Folgezeit ihre politische Aktion widerrufen, um ihre Karrieren angesichts der zunehmenden Hysterie gegen alles Linksgerichtete zu retten. Wer keine Buße tat, wie etwa Marsha Hunt, kam auf die schwarzen Listen.

Die wirkliche Wortschlacht begann mit der Aussage von John Howard Lawson, einem der höchstdotierten Drehbuchautoren im Filmgeschäft, der zugleich in der Leitung der Communist Party of the United States of America (CPUSA) aktiv war. Er wurde, wie seine Mitstreiter Dalton Trumbo, Albert Maltz und Alvah Bessie, durch den Hammer des Vorsitzenden zum Schweigen gebracht und dann von der Polizei gewaltsam aus dem Saal entfernt, weil er sein in der Verfassung verankertes Recht der Rede- und Meinungsfreiheit verteidigte und seine Mitgliedschaft in der CPUSA nicht preisgab. Bei den Aussagen der „Unfriendlies“ schlug Thomas mehrere Holzhämmer in Stücke, vor allem als Samuel Ornitz den Antisemitismus des Komitees anprangerte, indem er auf die jüdische Abstammung der Mehrheit der Angeklagten aufmerksam machte. Doch die Effizienz, mit der das HUAC die Gretchenfrage „Sind Sie oder waren Sie jemals ein Mitglied der Kommunistischen Partei?“ stellte, steigerte sich täglich, sodass am letzten Tag der Zeugenaussagen Lester Cole binnen sechs Minuten aus dem Saal geführt werden konnte.

Die HUAC-Hearings des Jahres 1947 – es gab eine Fortsetzung 1951 – endeten mit einem Sieg der Liberalen, da das Komitee keinen Beweis erbringen konnte, dass die Kommunisten Hollywood unterwandert hatten. Doch dieser Sieg wurde zu einer Niederlage, als die Filmbosse im „Waldorf Statement“ bekanntgaben, sie würden keine Kommunisten mehr einstellen, und damit die „Hollywood Blacklist“ ins Leben riefen. Da sie zur gleichen Zeit durch das Paramount Consent Decree ihr Monopol im Kinogeschäft verloren, ließen die Filmgesellschaften aus Angst vor Verlusten an den Kinokassen viele ihrer besten Mitarbeiter fallen, um sie anschließend für geringe Gagen wieder einzustellen. So gewann Trumbo in den folgenden Jahren zwei Oscars, ohne in der Öffentlichkeit genannt zu werden, während hunderte von Filmkünstlern mehr als ein Jahrzehnt von der Arbeit ausgeschlossen wurden.

Trotz der akribischen Darstellung der Ereignisse um den Ausschuss für Unamerikanische Umtriebe im Oktober 1947 offenbart der Band insgesamt wenige neue Erkenntnisse über die HUAC-Hearings. Dennoch bietet Doherty eine ausgezeichnete Einführung in das Thema, vor allem für eine jüngere Generation, der vielleicht nicht bewusst ist, dass die heutige Trump-Ära in den USA nicht die erste ist, in der die in der Verfassung verankerten Grundrechte missachtet werden.

Anmerkung:
1 Um nur die wichtigsten der in englischer Sprache veröffentlichten Studien zu nennen: Victor S. Navasky, Naming Names, New York 1980; Larry Ceplair / Steven Englund, The Inquisition in Hollywood. Politics in the Film Community, Garden City 1980; Bernard F. Dick, Radical Innocence. A Critical Study of the Hollywood Ten, Lexington 1989; Patrick McGilligan / Paul Buhle, Tender Comrades. A Backstory of the Hollywood Blacklist, New York 2012. Hinzu kommen zahlreiche Autobiografien und Memoiren der Beteiligten.

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