National Geographic Society (Hrsg.): The Complete National Geographic

Cover
Titel
The Complete NATIONAL GEOGRAPHIC – 121 Years.


Herausgeber
National Geographic Society
Erschienen
Anzahl Seiten
6 DVD-ROMs + 1 DVD-Video
Preis
€ 69,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Thomas Fischer, Berufsfachschule Screen-Design, Hamburg

Es geht um die ganze Welt auf diesen Scheiben. Die Mitglieder und Journalisten der National Geographic Society haben nahezu alle Länder und Winkel des Globus bereist und darüber berichtet. 1888 wurde der Verein in der US-Hauptstadt Washington gegründet und unter seinem Präsidenten Alexander Graham Bell zur nationalen Institution. Ein halbes Jahrhundert später verstand sich die Gesellschaft als „a world force for knowledge and understanding“. Man interessierte sich für nahe und ferne Länder und Lebensbedingungen, Politik und Natur. Mehrere tausend Expeditionen wurden durchgeführt und in der Mitgliederzeitschrift beschrieben.

Nun liegen sämtliche 1.400 Ausgaben der US-Zeitschrift in einer ansprechenden DVD-Edition vor. Mit spannenden Themen und fast 200.000 Abbildungen sind sie eine interessante und kurzweilige Lektüre und für Geographen und Biologen zweifellos eine unverzichtbare Quelle, und auch Historiker dürften von der Edition profitieren.

In erster Linie berichtet die „National Geographic“ über die USA: regionale Besonderheiten, historische Meilensteine, Sehenswürdigkeiten, Verkehrsmittel und -wege, der „alte Süden“ von South Carolina, die Fischer von New York, die indianischen Arbeiter von Los Alamos. Rund ein Fünftel aller Reportagen widmet sich inländischen Themen. Auch das militärische Engagement im Ausland wird gerne durch Reportagen begleitet, manchmal schreiben sogar die Admiräle und Offiziere selbst. Menschen und Maschinen aus den Vereinigten Staaten helfen beim Wiederaufbau in Nachkriegsdeutschland ebenso wie beim Abbau der Bodenschätze in Belgisch-Kongo. Und eine unschätzbare mentalitätsgeschichtliche Quelle sind die zahllosen Werbeanzeigen. Die erste illustrierte Titelseite der Zeitschrift im Juli 1959 zeigte folgerichtig die US-Flagge.

Doch nicht nur die Amerika-Historiker können dieses Material nutzen. Schließlich sind die vielen Reisereportagen aus heutiger Sicht vor allem Augenzeugenberichte, in denen Völker und Regionen zu farbigem Leben erwachen: die afrikanischen Kolonien, Arabien vor dem Ölboom, die Zigeuner Europas. Gerade die europäischen Länder werden alle paar Jahre besucht, und die Qualität der Aufsätze geht selbstverständlich weit über das Niveau von oberflächlichen Reiseführern hinaus. Auch ist die „National Geographic“ alles andere als unpolitisch. Während des Kalten Krieges ist der Kampf gegen den Kommunismus die ständige Begleitmusik, nicht nur wenn es um Deutschland oder Indochina geht. So entstehen differenzierte, parteiische und aufmerksame Milieuschilderungen vergangener Zeiten.

Und auch die Energie-, Umwelt- und Naturgeschichtsschreiber dürften in reichem Maße in diesen Heften fündig werden. Ökologische Themen gehören von Anfang an dazu, auch wenn Umwelt- und Naturschutz bis weit ins 20. Jahrhundert klein geschrieben wurden. So wird etwa in den 1950er-Jahren euphorisch über die neuen Ressourcen Uran und Erdgas berichtet, aber auch über die Verschmutzung der Flüsse und den Konflikt zwischen Automobil und Schildkröte. Während seinerzeit noch der Zivilisation Vorrang gegenüber der Natur gegeben wurde, lautet inzwischen das Motto „inspiring people to care about the planet“.

Für die Herstellung der DVD-Edition wurden alle Exemplare der Zeitschrift vollständig eingescannt und aufwendig verschlagwortet, wobei auch die Illustrationen, Karten und Inserate erfasst wurden. Jede Seite ist also als hochauflösendes Bild und der Text auch in der internen Datenbank vorhanden, innerhalb der Software jedoch kann man Text weder markieren noch exportieren. Suchen kann man nach Schlagworten und Autoren sowie – mit Hilfe eines interaktiven Globus – auch nach Orten und Regionen („Geobrowse“). Die Suche lässt sich auf bestimmte Zeiträume und Rubriken eingrenzen. Und jederzeit kann man beim Lesen eine Funktion namens „Find related articles“ aufrufen.

Die Software basiert auf Adobe Air und ist damit betriebssystemunabhängig, aber auch ressourcenhungrig und belegt nach der Installation 190 MB auf der Festplatte. Zu Beginn der Arbeit sollte man unbedingt die nachgelieferten Updates einspielen. Mit dem Programm kann man die Hefte lesen und durchsuchen, Artikel und Einzelseiten ausdrucken und vor allem eigene Lesezeichen-Sammlungen anlegen. Diese „Readlists“ lassen sich auch ex- und importieren. (35 Readlists werden bereits mitgeliefert, sind aber für die professionelle Arbeit wenig brauchbar.)

Insgesamt lohnt sich diese Anschaffung für jeden, der Globalgeschichte als lebendiges Miteinander begreifen möchte und sich gerne auch mal von kompetenten und eloquenten Autoren und Fotografen in fremde und vergangene Situationen entführen lässt.

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