Cover
Titel
Sabina Augusta. An Imperial Journey


Autor(en)
Brennan, T. Corey
Reihe
Women in Antiquity
Erschienen
Anzahl Seiten
XXIV, 302 S.
Preis
£ 61,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Ulrich Lambrecht, Institut für Geschichte, Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz

Das Buch über Kaiser Hadrians Ehefrau Sabina ist nicht die erste in der Reihe „Women in Antiquity“ erschienene Monographie, für deren Titelperson die Überlieferung dürftig ist. Allerdings kann man sich auf den ersten Blick durchaus darüber wundern, dass diese Studie umfangreicher als die in dieser Reihe erschienenen Bücher zu den beiden Faustinae, zu Galla Placidia oder zu Theodora ausfällt1, wenn man an die besonders magere Quellenlage für Sabina denkt: Brennan zählt „in ancient literary sources total about 200 words“ (S. XVI) und hofft, die verbleibenden Lücken durch die Interpretation der nichtliterarischen Zeugnisse – Inschriften, Münzen und Skulpturen – ausgleichen zu können. Das primäre Ziel des Autors ist es, auf diese Weise eine Darstellung zu bieten, „that illustrates the development of Sabina’s partnership in Hadrian’s principate“ (S. XXIII). Zugleich stellt er damit indirekt klar, dass die Monographie über Sabina nur vor einem Hintergrund entwickelt werden kann, der vor allem ihren Ehemann einbezieht. So trägt Brennan der Tatsache Rechnung, dass die Aussagen römischer Quellen über die Ehefrauen und andere weibliche Familienangehörige bedeutsamer Personen in der Regel weniger dazu dienen, ihnen als Individuen gerecht zu werden, als die Männer, mit denen diese Frauen zu tun hatten, aus einem bestimmten Blickwinkel zu charakterisieren.

Hinzu kommt, dass das Buch sich weniger an den Fachmann als eine interessierte allgemeine Leserschaft wendet. Dieser Umstand macht es umso mehr erforderlich, die Persönlichkeit, der sich die Publikation widmet, in der Lebenswelt zu verankern, die ihr die Grundlage zur Entfaltung bietet. Brennan muss daher weit ausholen, bevor er Sabina ins Zentrum seiner Darstellung rücken kann. So ist seine Studie dreigeteilt: Die ersten fünf Kapitel (S. 1–65) gelten wesentlichen Präliminarien, die nächsten fünf (S. 67–197) stellen die Zeugnisse zu Sabina in den Mittelpunkt und der Epilog (S. 199–217) behandelt Rezeptionsgesichtspunkte und formuliert im Rahmen einer zusammenfassenden Würdigung Sabinas ein Ergebnis, das überrascht. Im Falle Sabinas bieten die Quellen über das Leben als kaiserliche Ehegattin und dessen zeitlichen Verlauf nur einige wenige äußere biographische Anhaltspunkte. Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten, zuverlässige Aussagen zu treffen, kann Sabinas Vita nur umrisshaft nachgezeichnet werden, Einzelheiten bleiben in der Regel unbekannt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit Brennans stehen die Quellen sowie deren Leistungen und Grenzen, wie es angesichts der quantitativen und qualitativen Einschränkungen bei den Traditionsquellen sowie der Deutungsprobleme bei den Überresten kaum anders möglich ist. So bieten die Ausführungen zu den Interpretationspotentialen der diversen Quellentypen zugleich interessante methodische Einsichten. Aus einer solchen Befundlage kann jedoch keine Biographie Sabinas erstellt werden – aber das ist auch nicht Brennans Absicht. Vielmehr nutzt er das gesamte vorhandene Quellenmaterial, um mit dessen Hilfe einen Blick auf einzelne Aspekte der Biographie und Repräsentation Sabinas zu werfen und von ihnen aus ihre Persönlichkeit und Rolle an der Seite Kaiser Hadrians zu beleuchten. Auf diesem Wege will er zu einem vertretbaren Gesamturteil kommen, das dem Lebenslauf und der Funktion dieser Kaiserfrau gerecht wird. Zur Vervollständigung seines Bildes kommt der Autor dabei nicht ohne Mutmaßungen und Spekulationen aus; dieser Einschränkungen ist er sich durchaus bewusst.

Um Verständnisvoraussetzungen zu schaffen, holt Brennan weit aus. Im ersten Teil legt er die wesentlichen Grundzüge für Einsichten in die Rolle einer kaiserlichen Ehefrau im römischen Prinzipat allgemein und der Sabinas an der Seite Hadrians im Besonderen dar. Dazu gehören Ausführungen über die Funktionsweise des Prinzipats und die Bedeutung der domus Augusta für die Weitergabe der Stellung des Princeps, die Rolle und Funktion der Kaiserfrau und ihrer Ernennung zur Augusta, die kultische Verehrung von Angehörigen der kaiserlichen Familie und deren Konsekration. Veranschaulicht wird dies alles sodann am Kaiserhaus Trajans, in das Sabina als Enkelin der Kaiserschwester Marciana integriert war, so dass sie durch die Verheiratung mit Hadrian eine wichtige dynastische Funktion erfüllte. Mindestens ebenso ausführlich behandelt Brennan Hadrian selbst, dessen Laufbahn und – umstrittene – Adoption sowie die für Trajans Nachfolger wichtigen Personen: des Kaisers Schwiegermutter Matidia, Trajans Ehefrau Plotina, Antinoos und die für die eigene Nachfolgeregelung getroffenen Maßnahmen. Zugleich stellt er die wesentlichen literarischen Quellen und deren Tendenzen vor.

Im zweiten Teil rückt dann in der Tat Sabina in den Vordergrund. Die betreffenden Kapitel wahren zwar die chronologische Reihenfolge, ihre Inhalte werden aber durch das Vorhandensein interpretationsfähiger Quellen diktiert. Daher bilden die Eindrücke zu Sabina keinen kontinuierlichen Zeitverlauf ab, sondern beleuchten punktuell einzelne Ereignisse und Repräsentationselemente, die nicht oder nur hypothetisch – und wenn, dann eher für Hadrian als für Sabina – in eine zeitliche Abfolge gebracht werden können. So stellt Brennan zunächst die Überrest- und Traditionsquellen zu den ersten zehn Jahren als Frau an der Seite Hadrians vor. Höhepunkte bilden hierbei der in der Historia Augusta berichtete Skandal, der zur Entlassung hochrangigen Hofpersonals führte (Hadr. 11,3), und dessen Deutung sowie die – späte – Erhebung Sabinas zur Augusta2 einschließlich der Belege durch Sachquellen und möglicher Gründe für die Verzögerung. Der Reise des Kaiserpaares in den Osten ab Herbst 128 und vor allem dem Aufenthalt in Ägypten gelten zwei inhaltsreiche Kapitel, die den Tod des Antinoos und den anschließenden Antinoos-Kult sowie Sabinas Besuch an der Memnon-Statue und die bei dieser Gelegenheit hier eingravierten Gedichte der Iulia Balbilla in den Mittelpunkt stellen. Zugleich nimmt Brennan die Gelegenheit wahr, Elemente der auf Sabina entfallenden kaiserlichen Repräsentation vorzustellen. Dieser Aspekt wird unter der Überschrift „Final Years in Rome“ in einem eigenen Kapitel sodann besonders ausführlich – und ein wenig ermüdend – an Münzen der Reichs- und Provinzialprägung dokumentiert. Das letzte Kapitel dieses Teils behandelt die Quellen für Sabinas Tod und Konsekration.

Brennans Urteil über die Bedeutung Sabinas für den Prinzipat des 2. Jahrhunderts n.Chr. und als Ehefrau Kaiser Hadrians wird im Schlussteil seines Epilogs deutlich. Der Autor hütet sich, dem negativen Urteil der literarischen Quellen über das persönliche Verhältnis der Eheleute zueinander einfach zu folgen. Er nimmt stattdessen an, dass der Kaiser durch das lange Hinauszögern der Ernennung Sabinas zur Augusta bis ins Jahr 128 im Umfeld der Annahme des Titels pater patriae die Selbstdarstellung seiner Ehefrau sorgsam zu kontrollieren trachtete und deshalb von der trajanischen Praxis abwich. Es wird im Nachhinein ebenfalls nachvollziehbar, dass Brennan den Antinoos-Kult wegen dessen Bedeutung für den Umgang Hadrians mit Sabina und ihrem Tod so ausführlich behandelt hat: „As a symbol of and vehicle for youthful immortality, the figure of Antinoös [sic] underlined exactly what the emperor wanted for himself and his wife“ (S. 215). Diese Feststellung unterstreicht Brennan durch eine gewagte Hypothese: Er schließt nicht aus, dass der kränkelnde Hadrian im Jahre 137 seine Ehefrau in den Tod getrieben hat3, damit sie ihn nicht überlebe und er selber bzw. die von ihm getroffenen Maßnahmen für die Zukunft ihr nicht zum Opfer fallen könnten. Vor allem habe er dies aber getan, weil „her apotheosis […] would have provided a solid foundation for the emperor’s own divinization“, so dass „Sabina sureley provided more value to the regime as diva than living wife“ (S. 216; vgl. S. 186). Weniger zum Ausdruck kommt dabei, dass Hadrian mit seinen Maßnahmen für – und gegen? – Sabina im Vergleich zur trajanischen Zeit möglicherweise eine neue Stufe kaiserlichen Selbstverständnisses vertrat und zu etablieren trachtete. Jedenfalls gelingt es Brennan auf diese Weise, bestimmte widersprüchlich wirkende Charakterzüge und Verhaltensweisen Hadrians mit der Rolle des Antinoos und der Repräsentation Sabinas so weit in Einklang zu bringen, dass trotz unbefriedigender Quellenlage ein abgerundetes Gesamtbild entsteht.

Für die berichteten Einzelheiten und auch für die Einschätzung ganzer Quellengruppen hinsichtlich Sabinas verlässt sich Brennan großenteils auf Literatur, die gut aufbereitete Teilergebnisse bietet.4 Diese ordnet der Autor in neue Zusammenhänge ein und kommt durch eigene Kombination verschiedener Beobachtungen zu einem einerseits überraschenden, andererseits nicht deplatziert wirkenden Gesamtergebnis, wenngleich man ihm in dieser „line of ultra-cynical calculation“ (S. 216) nicht unbedingt folgen muss. Ungeachtet dieses – Hadrian, nicht Sabina betreffenden – Urteils am Ende sucht Brennan die eher düstere Einschätzung dieser Kaiserfrau durch die literarischen Quellen mittels recht intensiver Heranziehung der Sachquellen in ein helleres Licht zu rücken. Das lässt ihn auch insgesamt Zurückhaltung im Urteil über das Verhältnis zwischen Hadrian und Antinoos sowie zwischen dem Kaiser und seiner Ehefrau üben. In Anbetracht der ausführlichen Besprechung der Sachquellen als Belege für die Repräsentation Sabinas sind die Appendices mit tabellarischen Übersichten zu der Augusta auf Münzen aus Rom und zu Skulpturen, die sie abbilden, recht hilfreich, weil sie den nötigen Überblick schaffen. Brennans Buch bietet eine gerade in den Schlussfolgerungen interessante Behandlung von Hadrians Ehefrau Sabina, auch wenn die Studie durchaus ein wenig kürzer hätte ausfallen können.

Anmerkungen:
1 Vgl. Barbara Levick, Faustina I and II. Imperial Women of the Golden Age, Oxford 2014; Hagith Sivan, Galla Placidia. The Last Roman Empress, Oxford 2011; David Potter, Theodora. Actress, Empress, Saint, Oxford 2015.
2 Gegen Werner Eck, Hadrian als Pater Patriae und die Verleihung des Augustatitels an Sabina, in: Gerhard Wirth (Hrsg.), Romanitas – Christianitas. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit. Johannes Straub zum 70. Geburtstag am 18. Oktober 1982 gewidmet, Berlin 1982, S. 217–229.
3 Vgl. Epit. de Caes. 14,8; HA Hadr. 23,3.
4 Zur Auswertung einschlägiger Sachquellen vgl. etwa Andrea Carandini, Vibia Sabina. Funzione politica, iconografia e il problema del classicismo adrianeo, Florenz 1969; Benedetta Adembri, In margine all’iconografia di Sabina, in: Benedetta Adembri / Rosa Maria Nicolai (Hrsg.), Vibia Sabina. Da Augusta a diva, Mailand 2007, S. 75–85; Ulrike Hahn, Die Frauen des römischen Kaiserhauses und ihre Ehrungen im griechischen Osten anhand epigraphischer und numismatischer Zeugnisse von Livia bis Sabina, Saarbrücken 1994; Richard A. Abdy, Chronology of Sabina’s Hairstyles at the Roman Mint, in: Revue numismatique 171 (2014), S. 73–91. Zum Kaiser selbst vgl. Anthony R. Birley, Hadrian. The Restless Emperor, London 1997, und zu einer der wichtigen, aber unzuverlässigen literarischen Quellen vgl. Jörg Fündling, Kommentar zur Vita Hadriani der Historia Augusta, 2 Bde., Bonn 2006.

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