Wer, wie, was? Diversität als zeithistorische Perspektive

Wer, wie, was? Diversität als zeithistorische Perspektive

Veranstalter
Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH)
Veranstaltungsort
Online (Zoom Webinar). Informationen über mögliche Veranstaltungen in Präsenz mit Publikum werden auf der Website der FZH bekanntgegeben.
PLZ
20144
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
28.10.2021 - 20.01.2022
Von
Maike Raap, Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH)

Die Veranstaltungsreihe thematisiert und problematisiert Diversität als eine spezifische Perspektive zeitgeschichtlicher Forschungen und Vermittlungsformen.

Wer, wie, was? Diversität als zeithistorische Perspektive

„Diversität“ ist zu einem zentralen Begriff gesellschaftlicher Beschreibung und politischer Forderungen avanciert. Institutionen bemühen sich, Diversität im Sinne von Vielfalt zu verankern. Benachteiligte Gruppen kämpfen unter diesem Label um gesellschaftliche Teilhabe und öffentliches Gehör. Aber lässt sich der politisch aufgeladene Begriff der Diversität auch in die zeitgeschichtliche Forschung übertragen?

Geschichtsschreibung, die diversitätssensibel sein will, fragt danach, welche Perspektiven im Zentrum historischer Erzählungen stehen und welche marginalisiert werden, wer von welcher Position aus sprechen kann und wer ausgeschlossen wird. Sie sollte Hierarchien und Lücken problematisieren, ohne allerdings „andere Geschichten“ lediglich ergänzend zum „Normalfall“ zu erzählen. Dabei gilt es, Vorstellungen von Identität und Differenz kritisch zu beleuchten.

Was geschieht, wenn wir Diversität als „Brille“ nutzen, um eine als ausschließlich weiß entworfene deutsche Zeitgeschichte und Themen wie Erinnerungspolitik, Arbeit oder Gesundheit neu zu betrachten? Welche Herausforderungen für die Zeitgeschichte bringt die normative Debatte um Diversität mit sich? Wie können Unterschiedlichkeiten historisch in den Blick genommen und die damit verbundenen abgrenzenden Narrative und Zuschreibungen zugleich überwunden werden?

Die Zugangslinks für die Online-Veranstaltungen (Zoom Webinare) werden kurzfristig auf der Website der FZH veröffentlicht. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Programm

Donnerstag, 28.10.2021, 18.30 Uhr

„Leerstellen und fragmentierte Erzählungen. Schwarze Deutsche und die deutsche Zeitgeschichte“

Im Gespräch: Fatima El-Tayeb (New Haven) und Katharina Oguntoye (Berlin)
Moderation: Kirsten Heinsohn (Hamburg)

Als sich „Afro-Deutsche“ oder „Schwarze Deutsche“ zusammenschlossen, um unter diesen neuen Selbstbezeichnungen eine politische Stimme zu finden, stand die kritische Beschäftigung mit der deutschen Geschichte mit auf der Agenda. Davon angestoßene Forschungen lieferten wichtige historiografische Impulse. Gleichwohl ist immer noch die Frage aktuell, was es bedeutet, die Perspektiven und die Geschichte Schwarzer Menschen in die deutsche Zeitgeschichtsschreibung zu integrieren. Wie sieht die deutsche Zeitgeschichte aus der Perspektive Schwarzer Deutscher aus? Welche Leerstellen sind zu füllen, welche Grenzziehungen zu hinterfragen? Geht es um ein Hinzufügen von Erfahrungen und Geschichte(n) oder um ein Neuerzählen? Was beinhaltet eine solche Neuerzählung? Was leisten hierbei rassismuskritische und intersektionale Ansätze? Ist eine grundsätzlich andere Großerzählung überhaupt denkbar?

Donnerstag, 11.11.2021, 18.30 Uhr

„Repräsentation als Selbstverständigung. Die Geschichte der Einwanderungsgesellschaft im Museum“

Im Gespräch: Joachim Baur (Berlin) und Sandra Vacca (Köln)
Moderation: Stefan Mörchen (Hamburg)

Anders als in klassischen Einwanderungsländern gibt es in der Bundesrepublik, lange Zeit „Einwanderungsland wider Willen“, bislang kein Einwanderungsmuseum. Doch ist die Migrationsgeschichte auch hierzulande längst museumsreif, wie zahlreiche Ausstellungen und Museumsprojekte belegen, die oft von migrantisch geprägten Initiativen angestoßen wurden. Mit diesem Prozess der Musealisierung verbinden sich eine Reihe von Fragen, die wir diskutieren wollen: Wie können Ausstellungen und Museen zu einer partizipativen Selbstverständigung der Einwanderungsgesellschaft beitragen, die deren Diversität gerecht wird und höchst unterschiedliche Perspektiven aufnimmt? Vor welche Herausforderungen sehen sich etablierte historische Museen gestellt, die ihre Sammlungen und kuratorischen Konzepte entsprechend erweitern wollen? Werden (post-)migrantische Perspektiven und Erfahrungen Eingang in nationalhistorische Narrative finden oder stehen diese einer Erweiterung gesellschaftlicher Selbstbilder eher im Wege?

Donnerstag, 25.11.2021, 18.30 Uhr

„‚Behinderung‘ und Arbeit – eine Antifortschrittsgeschichte?“

Im Gespräch: Gabriele Lingelbach (Kiel) und Dietmar Süß (Augsburg)
Moderation: Yvonne Robel (Hamburg)

Zeitgeschichtliche Forschungen zum Thema „Arbeit“ florieren. Diskutiert werden unter anderem der gesellschaftliche Stellenwert von Arbeit und Arbeitslosigkeit, die Bedeutung von Haus- oder Care-Arbeit oder die Flexibilisierung von Arbeitszeiten. Welche Rolle aber spielt in diesem Kontext der Blick auf „Behinderung“ als zentrale Kategorie sozialer Ungleichheit? Im Gespräch soll erörtert werden, inwiefern eine kritische disability history zu einer ‚anderen‘ Geschichte der Arbeit beitragen kann. Lassen sich damit gängige Erzählungen – etwa über Fortschritt, Liberalisierung oder Individualisierung – infrage stellen? Verändert sie unseren Blick auf den Wandel der deutschen Arbeits- und Leistungsgesellschaft? Und wie ließe sich die Forderung, betroffene Personen nicht zu Objekten, sondern Subjekten der eigenen Geschichte zu machen, letztlich für eine disability-sensible Zeitgeschichte der Arbeit umsetzen?

Donnerstag, 20.1.2022, 18.30 Uhr

„Corona spaltet. Über Erfahrungen in und mit der Pandemie“

Felix Römer (Berlin) und Martina Steer (Wien)
Moderation: Thomas Großbölting (Hamburg)

Im zweiten Jahr mit Corona ist offensichtlich, dass sich im Zuge der Pandemie und ihrer Bekämpfung zahlreiche gesellschaftliche Spaltungen und Verwerfungen vertieft haben oder auch neu auftun. Menschen mit geringem Einkommen sind häufiger und oft härter von einer Erkrankung betroffen. Lockdown oder social distancing verstärken soziale oder geschlechterbezogene Ungleichheiten. Inwiefern die Zeitgeschichte dazu beitragen kann, die gesellschaftlichen Effekte der aktuellen Pandemie zu verstehen und zu kontextualisieren, soll gemeinsam diskutiert werden. Wie kann die Geschichte der Pandemie und ihrer Bekämpfung diversitätssensibel erforscht und erzählt werden? Wie lassen sich die sehr verschiedenen Erfahrungen etwa von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen berücksichtigen? Wie wirken sich Wohnverhältnisse oder das Geschlecht auf das Erleben der Pandemie aus? Hat sich die soziale Spaltung der Gesellschaft in dieser Zeit vertieft und mit welchem Narrativ erzählen wir diese Geschichte?

Kontakt

Maike Raap
E-Mail: raap@zeitgeschichte-hamburg.de

https://www.zeitgeschichte-hamburg.de
Redaktion
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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