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Titel
Sacral Kingship between Disenchantment and Re-Enchantment. The French and English Monarchies 1587–1688


Autor(en)
Asch, Ronald G.
Reihe
Studies in British and Imperial History 2
Erschienen
New York 2014: Berghahn Books
Anzahl Seiten
278 S.
Preis
€ 88,21
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Nina Schweisthal, Fachbereich III – Geschichte, Universität Trier

Die Erforschung einer transkulturellen Beziehungsgeschichte Europas in der Frühen Neuzeit, wie sie in den letzten rund fünfzehn Jahren beispielsweise in den Konzepten einer histoire croisée oder entangled history vermehrte Aufmerksamkeit erfahren hat1, macht es auch und besonders erforderlich, einen differenzierten Blick auf die Bereiche „Politik“ und „Herrschaft“ zu richten. Nicht zuletzt diese beiden Ordnungskategorien erzeugten nämlich wesentliche Beziehungs- oder Kreuzungsmomente zwischen den frühneuzeitlichen europäischen Staaten, die über vergleichende Wahrnehmungs- und Austauschprozesse hinweg zu politischen, gesellschaftlichen, religiösen, kulturellen oder ideellen Verflechtungen führen konnten.2

In diesen Forschungskontext ist auch Ronald G. Aschs 2014 erschienene Monographie einzuordnen. Hauptgegenstand des Buches ist eine transnational vergleichende Darstellung der Entwicklung des sakralen Königtums in Frankreich und England zwischen ‚Entzauberung‘ und ‚Wiederverzauberung‘ („disenchantment and re-enchantment“). Konkreter besteht das leitende Erkenntnisinteresse darin, „how different and often conflicting ideas and representations of kingship interacted in France and England and across national boundaries, and in the internal mechanics of such interactions“ (S. 3). In diesem Sinn konzentriert sich das Buch auf diejenigen Diskurse und Herrschaftspraktiken, die der königlichen Macht Legitimität verliehen – wenn auch „sometimes, perhaps, to the neglect of those systems of argument that were critical of royal authority“ (S. 3). Die Untersuchung umspannt den Zeitraum zwischen der Hinrichtung Maria Stuarts 1587 und dem Ende der Herrschaft König Jakobs II. im Kontext der Glorious Revolution von 1688/89 – laut Asch beides Momente der „encounters and interactions between the two countries“ (S. 8).

Den Ausgangspunkt bildet eine These des französischen Historikers und Soziologen Marcel Gauchet, die die geschichtswissenschaftliche Deutung frühneuzeitlicher politischer Macht und Herrschaft maßgeblich geprägt habe (S. 1): „La prose des bureaux se substitue à la poésie du prince.“3 Der hieraus abzulesenden Interpretation Gauchets zufolge wurde die einst von einer sakralen Aura umgebene Monarchie allmählich entzaubert und büßte ihre religiöse Legitimationsbasis ein. Die konzeptionelle Trennung des Staats von der Person des Fürsten implizierend konnte dies auf zweifache Art und Weise geschehen: Entweder durch einen langsamen und schrittweisen Prozess, in dem der Monarch zu einem bloßen Staatsoberhaupt zurückgestuft wurde; zum anderen durch einen die Monarchie entsakralisierenden politischen Akt wie etwa mit der Hinrichtung König Karls I. 1649 in England oder der Revolution 1789–1793 in Frankreich (S. 1). Vor dieser Deutungsfolie warnt der Verfasser jedoch davor, die Geschichte des „langen 17. Jahrhunderts“ als die einer unablässigen, geradlinigen Säkularisation und Entzauberung der Monarchie zu interpretieren, die dem unpersönlichen modernen Staat den Weg bereitet habe (S. 1). Mit weiterem Blick auf das 18. Jahrhundert hebt Asch nachdrücklich hervor, dass „the religious foundations of royal authority remained of considerable importance for monarchy as an institution well beyond the early eighteenth century“ (S. 2).

Innerhalb des Untersuchungszeitraums 1587–1688 differenziert der Verfasser zwischen drei maßgeblichen Schlüsselperioden, die sich in der Gliederung widerspiegeln: Die erste, als „The Anglo-Gallican Moment“ betitelte Schlüsselperiode (S. 13–58) konzentriert sich auf die Zeitspanne zwischen der Hinrichtung Maria Stuarts 1587 und der Entstehung der Remonstrance for the Right of Kings Jakobs I. 1615. Besonders in dieser Phase, in der sich sowohl die englische als auch die französische Monarchie der Bedrohung durch eine radikale religiöse Opposition ausgesetzt sahen, galt es für beide Monarchen, die Legitimationsbasis ihres Königtums zu behaupten respektive zu resakralisieren (S. 9). Allen voran durch den permanenten diskursiv-konzeptionellen wie herrschaftspraktischen Austausch zwischen den beiden Ländern erwiesen sich sowohl Heinrich IV. als auch Jakob I. als dazu fähig, die „challenge of resacralizing the monarchy“ zu bewältigen, wenn es auch ihren Nachfolgern überlassen bleiben sollte, dieser Resakralisierung ein stabileres Fundament zu verleihen (S. 57f.). Als zentrales Ergebnis der ersten Schlüsselphase konstatiert Asch „a new style of kingship which redefined its sacral charisma and the role of the ruler as both rex and sacerdos“ (S. 9).

Hieran anknüpfend behandelt das zweite Kapitel unter der Leitfrage „Kingship Transformed – Kingship Destroyed?“ (S. 59–103) die insbesondere in den 1630er- und 1640er-Jahren sehr unterschiedlich verlaufene Entwicklung des englischen und französischen Königtums: auf der einen Seite namentlich die Revolte radikaler Parlamentarier in England, die schließlich in die öffentliche Hinrichtung Karls I. und die Errichtung einer Republik mündete; auf der anderen Seite die Überwindung der Fronde-Unruhen sowie die Grundlegung des klassischen „Absolutismus“ in Frankreich (S. 101). Doch trotz dieser divergenten Genese identifiziert der Verfasser eine wesentliche Parallele im Herrschaftsverständnis und der Herrschaftsinszenierung der beiden Monarchen als „Christian ruler“ (S. 58) und mehr noch als Abbild Christi: „In a way, both Charles I and Louis XIII tried to prove that they remained monarchs even in death – presenting an image of Christ – because they primarily died as mere Christians“ (S. 102).

Die dritte und letzte Schlüsselperiode „In the Shadow of Versailles“ (S. 104–153) beleuchtet, ohne den weiter gespannten europäischen Kontext unberücksichtigt zu lassen, das Verhältnis zwischen Stuart-Königtum und französischer Monarchie im Zeitraum 1678–1688. Maßgeblich hier, am Ende des Untersuchungszeitraums, machten sich die herrschaftspolitischen wie ideellen Verflechtungen zwischen beiden Reichen unmittelbar bemerkbar und zeitigten in der Glorious Revolution 1688/89 ihre Wirkung: Indem sich England durch die Politik Jakobs II. offenbar vermehrt als von der französischen Krone abhängig erwies, entfaltete sich der mit einer spezifischen Form der religiösen Intoleranz kombinierte französische „Absolutismus“ für all diejenigen Engländer zu einem „bête noire“, die eine Gefährdung des Protestantismus und der English liberties befürchteten (S. 11). Ronald G. Asch begründet den an dieser Stelle erreichten Endpunkt seiner Untersuchung damit, dass sich das französische und englische Königtum nach 1688 definitiv in verschiedene Richtungen entwickelten und dass das gemeinsame mittelalterliche Erbe eines sakralen Königtums seitdem mehr und mehr in den Hintergrund rückte (S. 153).

Mit Ausblick auf das 18. Jahrhundert sei es demnach nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Verbindung zwischen der Kirche – aber nicht zwingend der Religion – einerseits und der Monarchie beziehungsweise politischen Ordnung andererseits nach 1688 komplizierter gestaltete und teilweise abschwächte (S. 158). Entsprechend räumt Asch ein, dass „the old fabric of sacral monarchy began, to all appearances, to unravel at the end of the seventeenth century“ (S. 161). Doch nichtsdestotrotz sei der eingangs zitierten These Marcel Gauchets nur teilweise zuzustimmen, denn für die beiden Königreiche England und Frankreich lasse sich beobachten, dass deren Herrschaft ebenso wie Politik am Ende des 17. Jahrhunderts keineswegs „secular and post-confessional“ geworden waren (S. 161). Noch für das 19. und frühe 20. Jahrhundert stellt Asch fest: „Monarchy as a symbol of national identity continued to have clear religious and confessional implications, however broadly defined, far into the nineteenth if not the early twentieth century in England.“ (S. 165)

Ronald G. Asch arbeitet die politischen wie ideellen Wechselwirkungen zwischen den beiden Monarchien auf eindrucksvolle, wenn auch sprachlich gelegentlich zu sehr verdichtete Weise heraus. Insbesondere anhand der drei Schlüsselperioden vermag er darzustellen, dass weder die englische noch die französische politische Kultur im Untersuchungszeitraum in sich geschlossen blieb, sondern dass deren Verflechtungen in besonderem Maße bedingt wurden durch politisch-religiöse Krisen oder aber erfolgreich praktizierte Modelle der Königsherrschaft (S. 154). Aus einer exemplarisch vergleichenden Perspektive ermöglicht die Monographie einen strukturierten Zugang zu einer transkulturellen Beziehungsgeschichte, indem die engen Zusammenhänge entlang verschiedener Parameter entfaltet werden: so der starken Persönlichkeit der Monarchen und ihrer Inszenierung, der jeweiligen historischen Kontexte, verschiedener Herrschaftskonzeptionen und Kontroversen (z.B. religion royale, divine right of kings, oath of allegiance) oder schließlich der Verhältnisbestimmung von imperium und sacerdotium respektive rex und sacerdos. Die besondere Leistung des Werks besteht darin, trotz oder gerade mittels des vergleichend-transnationalen Blickwinkels den „contingent“ statt konstant verlaufenen Prozess der Säkularisierung von Politik und Herrschaft „between disenchantment and re-enchantment“ als jeweils länderspezifisch zu kennzeichnen und damit einer „European unification“ (S. 166) entgegenzuwirken.

Anmerkungen:
1 Aktuell hierzu etwa die im Februar 2016 an der Universität Innsbruck vom Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie veranstaltete Tagung „Das Reich und Großbritannien 1650–1850. Ideen- und kommunikationsgeschichtliche Zugänge zu einer Entangled History“; vgl. H-Soz-Kult, 11.02.2016, <http://www.hsozkult.de/event/id/termine-30151> (24.04.2016).
2 Zu den verschiedenen Konzepten einer transkulturellen Beziehungsgeschichte vgl. etwa den kursorischen Überblick von Hartmut Kaelble, Die Debatte über Vergleich und Transfer und was jetzt?, in: H-Soz-Kult, 08.02.2005, <http://www.hsozkult.de/article/id/artikel-574> (24.04.2016). Des Weiteren siehe: Jürgen Kocka, Comparison and Beyond, in: History and Theory 42 (2003), S. 39–44; Michael Werner / Bénédicte Zimmermann, Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607–636; Heinz-Gerhard Haupt / Jürgen Kocka (Hrsg.), Comparative and Transnational History. Central European Approaches and New Perspectives, New York 2009; Hartmut Kaelble / Jürgen Schriewer (Hrsg.), Vergleich und Transfer. Komparatistik in den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt am Main 2003.
3 Marcel Gauchet, Le Désenchantement du monde. Une histoire politique de la religion, Paris 1985, S. 285 (Zitat). Asch (S. 167, Anm. 1) weist in diesem Zusammenhang außerdem auf folgende dortige Textstelle hin: „Dans cette transformation [the rise of the modern state], le pouvoir perd apparemment son rôle symbolique, comme si ses fonctions signifiantes et ses prérogatives réelles allaient en raison inverse les unes des autres.“

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