Man wird nicht sagen können, dass nach der großen Jubelfeier des Jahres 1998, als der Frieden von Münster und Osnabrück nicht nur mit einer Europaratsausstellung, sondern auch mit einem großen Auftritt der Staats- und Regierungshäupter am Ort der Friedensverhandlungen begangen wurde, erst einmal ein Forschungsstillstand eingetreten wäre. Ungeachtet aller Instrumentalisierungen des Friedensschlusses von 1648 war der wissenschaftliche Ertrag enorm, der mit diesem Ereignis einherging. Dass die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas nicht abbrach, diplomatiegeschichtliche Untersuchungen vielmehr geradezu angestoßen wurden, ist umso erfreulicher. Dies wird nicht nur angesichts des Fortschreitens des Editionswerks der Acta Pacis Westphalicae deutlich, sondern auch an einschlägigen Untersuchungen, zu denen die anzuzeigende Arbeit, eine Habilitationsschrift, die der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn 2005/06 vorlag, zählt. In ihr wird ein Gegenstand thematisiert, der nicht erst 1998 eher im Hintergrund stand: der spanisch-französische Gegensatz und Krieg, der 1648/49 nicht zu einer auch nur vorläufigen Lösung bzw. einem Stillstand gebracht werden konnte. Die Verhandlungen scheiterten bekanntlich, erst 1659 endete dieser Teilkonflikt des so genannten Dreißigjährigen Krieges im Pyrenäenfrieden.
Die vorgelegte Arbeit ist in doppelter Hinsicht von besonderer Bedeutung: Zum einen fehlt selbst in spanischer Sprache eine ausführliche Untersuchung der Thematik, zum anderen bereitet sie Quellen auf, die bisher unausgewertet, ja zum Teil lange unzugänglich waren. Die Arbeit erscheint zwar in der Reihe, die die Edition der Acta Pacis begleitet, in diesem Fall aber wird sie wohl die Editionsarbeit erst einmal und wohl auch lange ersetzen müssen. So ist der Nachlass des Prinzipalgesandten Peñaranda im Privatarchiv der Herzöge von Frias erst seit Kurzem wieder zugänglich! Schon angesichts dieser Voraussetzungen schlägt man das Buch mit Spannung auf und wird auch nicht enttäuscht. Es ist nicht nur das angenehme Satzbild der Schriftenreihe, sondern vor allem die gut lesbare Darstellung, die es dem Leser erlaubt, sich auf 500 Seiten ein bisher weitgehend unbearbeitetes Forschungsfeld zu erschließen.
Bevor die eigentlichen Verhandlungen, die auf dem Kongress nur in Münster stattfanden, geschildert werden, zeigt der Verfasser die strukturellen Voraussetzungen auf: Ausgangslage und Rahmenbedingungen des spanisch-französischen Gegensatzes seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert, der in der Zeit Karls V. zu einer fast ununterbrochenen kriegerischen Auseinandersetzung zwischen dem Haus Habsburg und dem französischen König führte. Wichtig ist die eingehende Darstellung über die Entscheidungsstrukturen und die Persönlichkeiten der spanischen Diplomatie, die immerhin Diplomatie eines Weltreichs war. Aufgezeigt werden nicht nur die Gegebenheiten am Madrider Hof Philipps IV., die von einem an den Ereignissen interessierten König und den Nachfolgern (u.a. Luis Méndez des Haro y Guzmán) des 1643 gestürzten Conde-Duque de Olivares bestimmt wurden. Von Bedeutung war zudem die Zwischeninstanz in Brüssel, der Generalgouverneur, durch den die spanische Kongresspolitik die Form eines Kräftedreieckes zwischen Madrid, Brüssel und Münster erhielt. Die Gouverneure waren also von Bedeutung, zwischen 1643 und 1649 waren hier drei hochrangige spanische Politiker am Geschehen beteiligt, die der Autor vorstellt (Melo, Castel Rodrigo, Erzherzog Leopold Wilhelm). Schließlich wird die Gesandtschaft in Münster portraitiert (unter anderen Peñaranda, Saavedra, Brun). Die Entscheidungswege waren für die Spanier die längsten und schwierigsten, zudem fühlten sich die Gesandten, insbesondere Peñaranda, im für sie unwirtlichen Westfalen – anders als etwa die Schweden – äußerst unwohl. Insgesamt kann trotzdem für die spanische Verhandlungsführung eine erheblich größere Homogenität konstatiert werden als beim französischen Gegner.
Der Kongressbeginn 1643 stand unter dem Eindruck der Entmachtung von Olivarez sowie des Todes von Richelieu und Ludwig XIII. Der Umbruch am französischen Hof wurde jedoch durch den wichtigen militärischen Erfolg Frankreichs in der Schlacht bei Rocroi, dem wohl wichtigsten militärischen Ereignis des spanisch-französischen Kriegs zwischen 1635 und 1659, erleichtert. Die spanischen Niederlande waren der Hauptkampfplatz, mehr noch als Italien oder Katalonien, wo sich die Spanier mit der Besetzung Léridas behaupteten, oder als Portugal, das ein Nebenkriegsschauplatz blieb. Insgesamt brachte der Krieg auf Dauer französische Vorteile. Dem militärischen Ringen entsprach in gleicher Hartnäckigkeit der Kampf um das diplomatische Zeremoniell zwischen zwei Mächten, die beide den Vorrang in Europa beanspruchten. Dass diese Rangstreitigkeiten substantielle Außenpolitik darstellten, wird auch hier greifbar. In Münster saßen die beiden Kronen eng aufeinander, was zeremonielle Fragen in den Vordergrund schob. Der drohende Gesichtsverlust blieb entscheidend für die Verhandlungsergebnisse bzw. für deren ausbleibenden Erfolg. Dies wirft ein umso bezeichnenderes Licht auf die Verhandlungen von Kaiser und Reichsständen in den letzten beiden Kongressjahren. Während in Osnabrück in der Spätphase des Kongresses direkte Verhandlungen nicht mehr ausgeschlossen waren, blieben die Kontaktaufnahmen zwischen Spanien und Frankreich bis auf persönliche Zusammentreffen privater Natur auf die Tätigkeit der Mediatoren (Papst, Venedig, Niederländer) beschränkt. Auch das Mittel des Schiedsspruchs fiel angesichts der Bedeutung der Auseinandersetzung aus.
Um das Scheitern der Friedensbemühungen zu erklären, also die Frage zu beantworten, warum man weder in Paris noch in Madrid/Brüssel auf die militärische Option verzichten wollte, wird man wohl kaum auf die Länge des Konflikts verweisen können, bestand doch der habsburgisch-französische Konflikt auch für Wien bereits seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert. Freilich hatte Spanien seit dem 16. Jahrhundert eine europäische Suprematie zu verteidigen und stand mit seinen Problemen in Italien, in den Niederlanden, Portugal und Katalonien tatsächlich vor einer folgenreichen Niederlage. Frankreich dagegen hatte die Chance, von der augenscheinlichen Schwäche des disparaten spanischen Herrschaftsgebietes in Europa am meisten zu profitieren, doch war es innenpolitisch nicht hinreichend gefestigt (Fronde 1648), um Spanien zum Einlenken zu zwingen. Um die Jahreswende 1646/47 schien dennoch ein Vertragswerk zu stehen, 43 Artikel waren festgezurrt, im Grunde nur noch sechs Streitfragen offen. Von großer Bedeutung für ein Zögern gerade der spanischen Seite, auf einen Frieden einzugehen, war der Abschluss des spanisch-niederländischen Separatvertrages, dessen Bedeutung für das Scheitern der spanisch-französischen Verhandlungen sehr hoch einzuschätzen ist, freilich durch die erfolgreiche Niederschlagung des Aufstands in Neapel durch Spanien zur gleichen Zeit noch zusätzlichen Schub erhielt.
Mit der Abreise der zuletzt übrig gebliebenen Gesandten Servien, des Vertrauten Mazarins, und Bruns im März 1649 war das Scheitern der französisch-spanischen Verhandlungen besiegelt. Die Schuldfrage hatte jede Seite für sich beantwortet, das Gesicht war gewahrt, die Feindschaft bestätigt. So banal es klingen mag: Weder in Madrid noch in Paris wollte man zu diesem Zeitpunkt einen Frieden. Weder war Frankreich stark genug, sich durchzusetzen, noch Spanien zu schwach, um sein weit verzweigtes europäisches Reich nicht mehr verteidigen zu können. Dass ein Friedensschluss schnell herbeizuführen war, zeigt die Einigung ein gutes Jahrzehnt später. Mit der Arbeit von Michael Rohrschneider liegt nach der Untersuchung der französischen Seite von Anuschka Tischer nun auch eine gediegene Untersuchung der spanischen Verhandlungsposition in deutscher Sprache vor, die nicht nur aufgrund ihrer Quellengrundlage wohl dringend zumindest einer spanischen Übersetzung bedarf.