Es ist nicht zu übersehen: Die „Landschaften der Arbeit“ sind in Bewegung geraten. Doch wie tiefgreifend sind die Veränderungen? Handelt es sich um tektonische Verschiebungen und umwälzende Neuerungen oder eher um kleinere Verwerfungen und geringfügige Risse in einer alles in allem nach wie vor intakten Umgebung? Zeit, einmal nachzumessen.
In seiner Einleitung plädiert Berthold Vogel für „Eine neue Kartografie der Arbeitswelt“, die den gegenwärtigen Herausforderungen von Fachkräftemangel, Klimakrise, Pandemie und Krieg ebenso Rechnung trägt wie den daraus resultierenden strukturellen Umbrüchen. Unter dem beziehungsreichen Titel „Verblühende Landschaften?“ berichten Knut Tullius, Harald Wolf und Berthold Vogel sodann aus einem laufenden Forschungsprojekt, das untersucht, wie verschiedene Beschäftigtengruppen aus Betrieben der unter erheblichem Veränderungsdruck stehenden Automobil- und Zulieferindustrie den krisenbedingten Wandel ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen erfahren und bewältigen. Einen anderen Blick auf den bevorstehenden Umbau des Wirtschaftslebens werfen Kilian Bizer, Jörg Thomä und Anita Thonipara. In „Die sozial-ökologische Transformation – nicht ohne das Handwerk“ erläutern sie, warum gerade den vielen kleinen und mittelständischen Handwerksbetrieben mit ihrem praxisbezogenen Innovationswissen eine wichtige Rolle im Zuge des Systemwandels zukommt. Ein häufig vernachlässigter Ort der Arbeitswelt, nämlich die öffentliche Verwaltung, steht im Mittelpunkt des Beitrags „Über Verantwortung und Bürokratie“ von Wolfgang Seibel. Anhand zweier Fälle eklatanten Verwaltungsversagens – im Rückblick auf das Loveparade-Unglück von Duisburg und die Versäumnisse im Zuge der Ermittlungen gegen den NSU – zeigt er, warum ein arbeitender Staat für sein Funktionieren auf das Amtsethos seiner Bediensteten angewiesen ist. Aus den Amtsstuben geht es anschließend raus aufs Land, wo uns Uta Ruge bei einem morgendlichen Rundgang die vom Zusammenspiel zwischen Menschen, Tieren und Maschinen geprägte Arbeitswirklichkeit eines landwirtschaftlichen Nutztierbetriebs und seiner Bewohner:innen nahebringt: „Vor dem Frühstück, auf dem Hof meines Bruders“. Am Ende des Themenschwerpunkts steht „Ein Gespräch mit Reiner Hoffmann“, das Jens Bisky und Berthold Vogel mit dem ehemaligen DGB-Vorsitzenden über den Wandel der Erwerbsarbeit, die Sorgen der Beschäftigten und die Aufgaben der Gewerkschaften geführt haben.
Zum Ortstermin „Im Kino“ treffen wir diesmal Christoph Fuchs, der uns in den leeren, entkernten Räumen der ehemaligen Alster-Lichtspiele in Hamburg zu einem sehr persönlichen Streifzug durch die imaginäre Welt des Films erwartet.