Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 68 (2020), 1

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 68 (2020), 1
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2020: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Preis
Jahresabo: 59,80 €; Stud.abo: 34,80 €; Mitgl.abo. hist. u pol. Fachverbände: 49,80 €, Online-Zugang: 49,- €; Print+Online-Abo 72,- €

 

Kontakt

Institution
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstraße 46b, 80636 München, vfz@ifz-muenchen.de
Von
Hoppe, Florian

Pünktlich zum Jahreswechsel erscheint das neue Heft der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - wir wünschen ein gutes neues Jahr und anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze

Winfried Heinemann
Das Ende des Staatsstreichs. Die Niederschlagung des 20. Juli 1944 im Bendlerblock
Der Staatsstreich, der am Abend des 20. Juli 1944 im Bendlerblock zusammenbrach, wurde nicht von Truppen des Berliner Wachbataillons niedergeschlagen, wie es dessen Kommandeur, der fanatische Nazi Major Otto Ernst Remer, und sein Adjutant Leutnant Hans Wilhelm Hagen, nach dem Krieg immer wieder dargestellt haben. Die ersten, die sich gegen Stauffenberg und dessen Mitverschwörer stellten, waren Offiziere aus dem Stab des Allgemeinen Heeresamts. Drei von ihnen, die Oberstleutnante Herber, von der Heyde und Pridun, wurden kurz darauf bevorzugt zum Oberst befördert; außer den Beförderungen von Remer und Hagen wurde im Wachbataillon kaum jemand belobigt. Nach außen hin aber zog das Regime es vor, den „Frontkämpfer“ und Eichenlaubträger Remer sowie den Reservisten aus dem Reichspropagandaministerium Hagen als die „Männer der Stunde“ herauszustellen, und nicht die Generalstabsoffiziere aus den Büros im Bendlerblock. Auch nach dem Krieg nutzten Remer und Hagen ihre Reputation für ihre rechtsradikalen Bestrebungen, während sich die eigentlichen Umsturzgegner aus dem Bendlerblock in bürgerliche Existenzen zurückzogen und von ihrer Rolle am 20. Juli möglichst wenig wissen wollten.

The End of the Coup d’État. The Suppression of the 20 July 1944 Plot in the Bendlerblock
The military coup d’état against the Nazi regime collapsed in the late hours of 20 July 1944. The uprising, however, was not put down by the Berlin Guard Battalion under its fanatical Nazi commander, Major Otto Ernst Remer and Remer’s adjutant, Lieutenant Hans Wilhelm Hagen as they often claimed after the war. The first to counteract Stauffenberg and his co-conspirators were officers from Stauffenberg’s own staff in the Allgemeines Heeresamt (General Army Office). Three of them, Lieutenant Colonels Herber, von der Heyde, and Pridun, were promoted full colonels soon thereafter. In fact, apart from the promotions for Remer and Hagen very little praise went to the Guard Battalion. The regime preferred a version in which an officer with frontline experience and a bearer of awarded Oak Leaves (Remer) as well as a reservist from the Ministry of Propaganda (Hagen) could be presented as the “men of the hour”, rather than a few general staff officers from the offices of the replacement army. After the Second World War, Remer and Hagen continued to exploit their reputation in order to support their radical right-wing aspirations, while the actual opponents of the coup in the Bendlerblock building itself took up civilian careers and avoided being associated with their role during

Paul Fröhlich
Der Generaloberst und die Historiker. Franz Halders Kriegstagebuch zwischen Apologie und Wissenschaft
In den 1950er und 1960er Jahren überschwemmte eine Fülle von zeitgeschichtlichen Memoiren, Editionen und Dokumentationen zum NS-Regime beziehungsweise zum Zweiten Weltkrieg den Markt. Wie zuletzt Magnus Brechtken für den Fall Albert Speer zeigte, (ent-)standen einiger dieser Werke unter dem geschichtspolitischen Einfluss der ehemaligen Akteure und dienten einer weit verbreiteten Exkulpationsmentalität. Im Lichte dieser aktuellen Forschungsthemen untersucht Paul Fröhlich die Publikationsgeschichte des Kriegstagebuchs von Franz Halder, Chef des Generalstabs des Heeres zwischen 1938 und 1942. Er zeigt den außerordentlichen Einfluss Halders und dessen Entlastungsnarrative auf die Praxis der zeitgeschichtlichen Forschung seit dem Ende der 1940er Jahre und stellt die Frage nach der Akteursnähe der damaligen Historiker.

The Army Chief of Staff and the Historians. Franz Halder’s War Diary between Apologia and Research
During the 1950s and 1960s, a plethora of historical memoirs, editions, and documentary publications on the Nazi regime and the Second World War flooded the market. As Magnus Brechtken has recently shown in the case of Albert Speer, some of these works developed under the interpretative influence of the former actors themselves and served a widely shared exculpatory mentality. In light of these current research trends, Paul Fröhlich investigates the publication history of Franz Halder’s War Diary. He reveals the extraordinary influence of the former Chief of the Army General Staff (1938–1942) and his exculpatory narrative on the practice of historical research since the late 1940s and also poses the question as to how close historians were to historical actors during this period.

Barbara Manthe
Rechtsterroristische Gewalt in den 1970er Jahren. Die Kühnen-Schulte-Wegener-Gruppe und der Bückeburger Prozess 1979
1979 standen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Neonazis vor Gericht, denen terroristische Aktivitäten vorgeworfen wurden. Sie hatten in Norddeutschland eine Untergrundgruppe, die Kühnen-Schulte-Wegener-Gruppe, gebildet. Über diesen Fall ist, wie über den bundesdeutschen Rechtsterrorismus vor 1990 generell, bislang nur wenig bekannt. Barbara Manthe beleuchtet den Entstehungskontext und die Taten der Gruppe, die Raub- und Banküberfälle beging und politische Attentate plante. Zudem analysiert sie den Gerichtsprozess gegen die Täter in Bückeburg (Niedersachsen). Welchen Einfluss hatte der Sicherheitsdiskurs der 1970er Jahre auf die Verhandlung, die von den Verantwortlichen ausdrücklich Terroristenprozess präsentiert wurde? Waren die Angeklagten darin erfolgreich, mit Propaganda und Provokation vor Gericht ihre eigene terrorist show zu inszenieren?

Right-Wing Violence during the 1970s. The Kühnen-Schulte-Wegener-Group and the Bückeburg Trial in 1979
In 1979, Neo-Nazis faced trial for terrorist activities for the first time in the Federal Republic. They had formed an underground group, the Kühnen-Schulte-Wegener-Group, in North Germany. As is true for much of West German right-wing terrorism before 1990, little is known about this case. Barbara Manthe examines the context of the emergence and the deeds of the group, which conducted robberies and bank raids as well as planning political assassinations. She also analyses the trial against the perpetrators in Bückeburg (Lower Saxony). What influence did the security discourse of the 1970s exert on the conduct of the trial, which was explicitly presented as a terrorist trial by the authorities in charge? Were the accused successful in staging their own terrorist show using propaganda and provocation in court?

Susanne Schregel
Das hochbegabte Kind zwischen Eliteförderung und Hilfsbedürftigkeit 1978 bis 1985
Im Laufe der konservativen Wende der 1980er Jahre wurde Hochbegabung in der Bundesrepublik zu einem Schlüsselbegriff, um das Verhalten und die Bildungserfahrungen von Kindern und Jugendlichen zu deuten. Susanne Schregel zeigt, wie sich Debatten um das Wohl und Wehe des hochbegabten Kinds mit Auseinandersetzungen um Elitebildung, Gerechtigkeit und Leistung in der Demokratie verbanden. Sie macht deutlich, wie sich das hochbegabte Kind in einer politisch polarisierten Situation als eine Kippfigur konstituierte, die je nach Wahrnehmung und Betrachtungswinkel ein anderes Motiv ergab: Mit Referenzen der Spitzenbegabung und Elite verhieß das hochbegabte Kind besondere Fähigkeiten, Leistung und Erfolge. Diese Termini der Spitze und der Führung negierte die Figur jedoch sogleich wieder, indem sie in solche der Gefährdung und Hilfe übersetzt wurden. Durch ihre inneren Ambiguitäten erweist sich die Figur des hochbegabten Kindes damit als symptomatisch für die Widersprüche einer Gesellschaft, die in Abwendung von bildungspolitischen Leitlinien der 1970er Jahre individuelle Auslese und Spitzenförderung zu betonen begann, ohne jedoch das Versprechen der Gleichheit ausdrücklich aufgeben zu wollen.

The Gifted Child between Elite Formation and the Need for Help, 1978 to 1985
During the conservative Wende (turnaround) in the Federal Republic in the 1980s, giftedness became a keyword in the interpretation of the behaviour and educational experiences of children and adolescents. Susanne Schregel shows how debates about the weal and woe of the gifted child were connected with controversies about elite formation, justice, and merit in a democracy. She makes clear how, in a polarised political situation, the gifted child became an ambiguous figure which could be viewed in various ways according to different points of view: With references to top talent and elites, the highly gifted child promised special abilities, merits and successes. However, the figure immediately negated these terms of apex and leadership, as they were translated into terms of endangerment and the need for help. Through inner ambiguities, the figure of the gifted child is thus symptomatic for the contradictions of a society, which in turning away from the guidelines of educational policy of the 1970s began to emphasise individual selection and the promotion of elites, yet without explicitly wishing to abandon the promise of equality.

VfZ-Schwerpunkt

Editorial: Vier Beiträge zur Debatte um die Globalisierung

Olaf Bach
Ein Ende der Geschichte?
Entstehung, Strukturveränderungen und die Temporalität der Globalisierungssemantik seit dem Zweiten Weltkrieg
Der Begriff Globalisierung stellt für sich genommen ein historisches Phänomen dar. Seine Geschichte verweist auf globale oder global imaginierte gesellschaftliche Kontexte seiner Entstehung und Popularisierung. Die semantischen Strukturveränderungen seines Gebrauchs spiegeln politische und wirtschaftliche Gegensätze und Dynamiken der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und schließlich ist der Begriffsentwicklung eine Temporalität eigen, die sich nicht in einer ins Globale gesteigerten, nochmaligen Beschleunigung der geschichtlichen Zeit erschöpft, sondern vielmehr eine spezifische Ungeschichtlichkeit der Globalisierung als „unvollendete Tatsache“ anzeigt.

An End of History? The Origin, Structural Changes and Temporality of the Semantics of Globalisation since the Second World War
The term globalisation is in itself a historical phenomenon. Its history points towards global (or imagined global) social contexts of its origin and popularisation. The semantic structural changes of its use reflect the political and economic contradictions and dynamics of the second half of the 20th century. Finally, a form of temporality is immanent in the development of the term, which is not limited to a repeated acceleration of historical time now on a global level. Rather, it indicates a specific ahistorical aspect of globalisation as an “unfinished fact”.

Notizen

Anonymas Akten
Der Nachlass von Marta Hillers

14. Aldersbacher Schreib-Praxis
Ein anwendungsorientiertes Seminar des Instituts für Zeitgeschichte und des Verlags De Gruyter Oldenbourg (27. bis 31. Juli 2020)

VfZ Online

Dokumentation der Podiumsdiskussion „Rechtspopulismus in westlichen Demokratien – zeithistorische Perspektiven“

Aus der Redaktion
Erratum im Oktober-Heft 2019 der VfZ
Rezensionen online
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