Computatio. Die Marburger Seite zu Rechnungen des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit

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Titel
Computatio. Die Marburger Seite zu Rechnungen des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit.
Autor(en)
Volk, Otto <Otto.Volk@staff.uni-marburg.de>
Veröffentlicht durch
Enthalten in
Von
Bernhard Lübbers

„Während die historische Forschung für urkundliche und erzählende Zeugnisse des Mittelalters seit dem 19. Jahrhundert ein Instrumentarium entwickelte, um ihren Quellenwert abschätzen zu können und sich dessen fleißig bedient, scheint die Konsultation spätmittelalterlicher Rechnungen noch von vorpositivistischem Optimismus getragen zu sein“. 1 Mit diesen Worten charakterisiert Mark Mersiowky in seiner sehr instruktiven Studie zu den Anfängen territorialer Rechnungslegung im deutschen Nordwesten die Situation der Erforschung mittelalterlicher Rechnungen. Deren Quellenwert war zwar bereits durch die so genannte Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts erkannt worden, doch erst seit einigen Jahren rücken diese Texte in ihrer Gesamtheit verstärkt in den Blickwinkel der Forschung.

Die von Otto Volk (Universität Marburg) betreute Seite computatio.de versteht sich selbst als eine „Recherche-, Informations- und Kommunikationsseite zu Rechnungen des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit für Forschung, Lehre und Studium“. (http://online-media.uni-marburg.de/ma_geschichte/computatio/welcome.html) Und um es gleich vorweg zu sagen: Tatsächlich wird die Seite diesem hochangesetzten Programm durchaus gerecht.

Unter der Rubrik „Computatio-News“, die sich direkt auf der Anfangsseite befindet, erhält man vielerlei nützliche Informationen über neu erschienene Arbeiten, aktuelle Forschungsprojekte, Ankündigungen von Lehrveranstaltungen an Universitäten, Vorträge etc. Die hier präsentierten Informationen sind maximal zwei bis drei Monate alt. Für schon etwas ältere Einträge ist das „News-Archiv“ zu benutzen, das die aus den aktuellen „Computatio-News“ entfernten Datensätze enthält. Zudem sind alle diese Forschungsvorhaben und Projekte in das „Informations-Portal“ eingearbeitet und somit auch über die entsprechenden Register sowie die Suchfunktion bequem zu erschließen. Der Link „Aufgabe und Ziel“ informiert kurz und prägnant über die wissenschaftliche Zielsetzung, die sich hinter diesem Projekt verbirgt. Hier ist auch schon auf das „Herzstück“ von computatio.de verwiesen, das „Informations-Portal“.

Dieses Portal, das im Prinzip eine große Datenbank zu Quellen und Literatur ist, aber durchaus auch – wie bereits angeführt – prospektiven Charakter aufweist, stellt ein wirklich hervorragendes Hilfsmittel für alle diejenigen dar, die sich in Lehre und Forschung mit wirtschaftsgeschichtlichen Quellen aller Art auseinandersetzen. Dies um so mehr, da bis heute eine umfassende, gedruckte Bibliographie zu diesem Thema fehlt. Diese Datenbank, die Otto Volk unter Mithilfe vieler ausgewiesener Spezialisten erstellt hat, lässt kaum Wünsche offen; zum Teil wurden sogar maschinenschriftliche Zulassungsarbeiten mit aufgenommen. 2 Anhand einer tabellarischen Übersicht kann man sich einen aktuellen Überblick über die Quantität der vorhandenen Daten verschaffen. Neben den verschiedensten Sortierungsmöglichkeiten der Datensätze (nach Autoren, Erscheinungsjahr, regionaler Zuordnung – bis in einzelne Ortschaften aufgeschlüsselt, Sachgesichtspunkten) besteht die Möglichkeit einer erweiterten Suche. Mit Hilfe dieser Suchfunktion können auch mit einfachen Suchbegriffen auf Anhieb selbst solche Publikationen, Forschungsprojekte etc. gefunden werden, die alleine durch ihren Titel – unter Zuhilfenahme anderer, herkömmlicher Suchmaschinen – nicht erfasst worden wären, da jeder Datensatz mit Schlagwörtern versehen ist. Ferner besteht auch die Möglichkeit der Nutzung eines Glossars. Wer sich mit Rechnungen als historischen Quellen beschäftigt, wird zuweilen an den Punkt kommen, an dem selbst Lorenz Diefenbachs Glossarium Latino-Germanicum aus dem Jahr 1857 3 oder vergleichbare Hilfsmittel nicht mehr ausreichen. In solchen Fällen soll das Glossar Abhilfe schaffen, gerade auch für deutsches Rechnungsvokabular, enthält es doch „rechnungssprachliche Spezialbegriffe“. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine wirkliche Pionierleistung. Das Glossar umfasst derzeit ca. 12000 Wörter aus insgesamt 26 Editionen, wobei auch hier – ähnlich dem „Informations-Portal“ – eine fortlaufende Ergänzung angestrebt ist. Als besonders nützlich zu erwähnen ist, dass hinter jedem der aufgeführten Lemmata die Quellenangabe der jeweiligen Edition vermerkt ist, was besonders bei weniger geläufigen Wörtern vom Benutzer dankbar zur Kenntnis genommen wird. Gerade im Hinblick auf die Internationalität der Forschung wäre es jedoch ratsam, zumindest die Navigation durch die Seite auch in englischer und/oder französischer Sprache anzubieten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich bei computatio.de um ein echtes Hilfsmittel handelt, wie man es sich oft auch für andere Teildisziplinen unseres Faches wünschen würde.
Prädikat: Besonders empfehlenswert.

Anmerkungen:

1 Mersiowsky, Mark, Die Anfänge territorialer Rechnungslegung im deutschen Nordwesten. Spätmittelalterliche Rechnungen, Verwaltungspraxis, Hof und Territorium, Stuttgart 2000, S. 308.

2 Beispielsweise Becker, Hans-Dieter, Rechnungen der Zentral-, Mittel- und Lokalbehörden als Quellen für die territorialfürstliche Finanzverwaltung für Wirtschaft und Verkehr im Herzogtum Bayern-Landshut zur Zeit Ludwigs des Reichen und Georgs des Reichen, Zulassungsarbeit (masch.) München 1972.

3 Diefenbach, Lorenz, Glossarium Latino-Germanicum. Mediae et infimae aetatis, Frankfurt am Main 1857 [ND Darmstadt 1997].

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