Die Neuen Medien suchen ihren Weg in den altertumswissenschaftlichen Alltag und sind dort zum Teil bereits fest etabliert. Sei es für die Literaturrecherche oder auch als Publikationsort (neuer) Forschungsergebnisse ist das Internet für Geschichtswissenschaftler unverzichtbar geworden. Damit werden die bestehenden Formen und Wege der Fachkommunikation mit den neuen und sich immer weiter entwickelnden multimedialen Möglichkeiten erweitert. Brauchen wir Fachzeitschriften im Netz? Welche Vorteile bieten sie uns gegenüber den konventionellen, in der Regel jährlich erscheinenden gedruckten Sammlungen von Aufsätzen und Rezensionen?
Das Göttinger Forum für Altertumswissenschaft ist ein Beispiel für eine Online-Zeitschrift. Hier werden Beiträge und Rezensionen zu Gegenständen der Klassischen Philologie, der Archäologie und der Alten Geschichte durch ihre Veröffentlichung im Internet der wissenschaftlichen Öffentlichkeit präsentiert. Seit 1998 erscheinen im Rahmen des GFA Forschungsergebnisse und andere Beiträge aus dem Bereich der griechisch-römischen Antike und ihren Randgebieten im Internet - ein deutliches Signal, dass auch die Altertumswissenschaft sich dieses Medium aneignet. Das GFA hat eine klare Zielsetzung: Es beschränkt sich auf die Veröffentlichung altertumswissenschaftlicher Aufsätze und Rezensionen. Es besteht die Möglichkeit das GFA zu abonnieren, und sich die neuen Beiträge kostenlos per E-Mail zuschicken zu lassen. Die Druckausgaben und CD-ROMs einzelner Jahrgänge sowie die Beihefte mit Monographien, die online nicht verfügbar sind, können beim Verlag erworben werden. Die Beiträge sind zunächst nach Jahrgängen zusammengefasst. Nach dem Auswählen eines Bandes bzw. Jahrgangs auf der Navigationsleiste erscheint ein Inhaltsverzeichnis des jeweiligen Bandes. Die Texte werden im PDF-Format zur Verfügung gestellt, ein Link zum Download des Acrobat Reader ermöglicht das Herunterladen des Programms. Sehr anregend wirken das breite Themenspektrum und die Vielfalt der Gegenstände, die in den Beiträgen des GFA behandelt werden. Auch Auseinandersetzungen mit wissenschaftskritischen Themen (z.B. Th. A. Schmitz, Ex Africa lux? Black Athena and the debate about Afrocentrism in the US, GFA 2 (1999)), mit computergestützten Anwendungen in den Altertumswissenschaften (z.B. J. Bergemann, Die Datenbank der attischen Grabreliefs - Ein neues Hilfsmittel für ikonographische und sozialgeschichtliche Forschungen, GFA 3 (2000) oder A. Kankeleit, Archäologische Sammlungen im Internet, GFA 1 (1998)) und Rezeptionsgeschichte (z.B. M. Eichberg, Das römische Kaiserporträt als Denkmal in der Renaissance, GFA 1 (1998)) stehen hier im Blickpunkt der Beiträge. Nicht nur ein neues Medium, sondern auch moderne, kritische Herangehensweisen und unkonventionelle Fragestellungen zeichnen die Inhalte des GFA aus.
Die Herausgeber und der wissenschaftliche Beirat vertreten verschiedene altertumswissenschaftliche Disziplinen wie Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Philologie und tragen mit ihrer Kompetenz und Offenheit sichtlich zur gelungenen Auswahl der Beiträge bei. Damit scheint das GFA ein wertvolles Werkzeug für die altertumswissenschaftliche Forschung zu sein. Ein wichtiger Vorteil gegenüber den konventionellen Medien besteht darin, dass die Aufsätze und Rezensionen vor der endgültigen Zusammenstellung eines jährlich erscheinenden Bandes bereits zugänglich sind. Die Schnelligkeit und Aktualität der Veröffentlichung beschleunigen die wissenschaftliche Diskussion. Ein anderer Vorteil liegt in der zeit- und ortsunabhängigen Abrufbarkeit von Informationen. Digitalisierte wissenschaftliche Literatur ist kein Ersatz für gedruckte Bücher, erleichtert aber vielfach die Arbeit mit den Literaturzitaten und erlaubt eine schnelle und an die jeweiligen Fragestellungen angepasste Zusammenstellung des Materials.
Die umfassendsten und raffiniertesten Webangebote nutzen aber wenig, wenn sie benutzerunfreundlich oder hochkompliziert in Anwendung sind. Das GFA bietet zwar eine einfach zu bedienende Oberfläche, die von den Benutzern keine besondere Internetkompetenz verlangt. Auch das Design ist sehr schlicht und dient allein der Funktionalität der Website. Die technische Realisierung schöpft aber die multimedialen Möglichkeiten nicht ausreichend aus. Es wird keine Suchfunktion und auch kein Index angeboten. So bleibt den Lesern bei einer gezielten Suche nach einem bestimmten Aufsatz oder Autor nichts anderes übrig, als sich durch alle Bänder durchzuklicken. Neben dem eigentlichen Titel des Beitrages gibt es keine Inhaltsangabe oder kurze Zusammenfassung, man ist also bei der Suche gezwungen, mit großem Zeitaufwand mehrere bzw. alle PDF-Texte zu öffnen. Viele Benutzer werden wahrscheinlich nicht so viel Zeit und Geduld mitbringen, und viele interessante Beiträge im GFA werden vermutlich nicht wahrgenommen. Die digitale Aufbereitung einzelner Beiträge könnte besser sein. So ist z.B. im Aufsatz von A. Kankeleit, Archäologische Sammlungen im Internet, GFA 1 (1998) eine Zusammenstellung von Links zu einigen Museen und Sammlungen angegeben, dabei sind die Links leider nicht verknüpft, und es besteht dadurch keine Möglichkeit, sofort die jeweiligen Internetseiten zu öffnen. Ebenso fehlt bei den am Ende der Beiträge angegebenen Email- und Internetadressen der Autoren eine Verknüpfung, was eine Kontaktaufnahme mit den Autoren erschwert. Auf der Seite "Editorial" wird eine Sektion "Wissenschaft und Praxis" erwähnt, die der Erörterung aktueller hochschul- und wissenschaftspraktischer Fragen dienen soll. Diese Sektion lässt sich aber auf der Website nicht entdecken, leider. Sie hätte den Inhalt des GFA sinnvoll erweitern können. Wünschenswert wäre auch ein weiterer Ausbau der multimedialen Möglichkeiten dieses Projektes. Die steigende Vielfältigkeit und Komplexität von fachspezifischen Informationsquellen im Netz erschweren es den Nutzern sich einen Überblick zu verschaffen. Hilfreich für die Benutzer wäre eine Vernetzung relevanter Fachportale untereinander, dies könnte auch deren Attraktivität steigern und das Ausweichen auf die Suchmaschinen, wo man zu jedem Thema etwas findet, verhindern. Nützlich wäre auch eine Verlinkung zu verwandten Themen und zu weiteren Publikationen der Autoren im Internet oder als Literaturhinweis.
Insgesamt ist das GFA ein sehr wertvolles Projekt und ein nützliches Werkzeug für die altertumswissenschaftliche Forschung.