Cover
Titel
Mediaevum.de.
Veröffentlicht durch
Mediaevum.de: Chemnitz
Enthalten in
Von
Juliane Trede

Mittlerweile bietet das Internet eine kaum noch zu überblickende Anzahl von Seiten, die sich mit dem Mittelalter befassen. Bei der Suche über Google oder andere Suchmaschinen erhält man häufig Ergebnisseiten mit unzähligen Verweisen, wobei qualifiziertes Fachwissen zwischen Halbwahrheiten, Oberflächlichem, Überflüssigem und Verdrehtem zu finden ist. Deutlich länger als für den eigentlichen Suchvorgang braucht man, um aus der Flut der Informationen das einschlägige, wissenschaftlich brauchbare Wissen herauszufiltern. Mit den voraussichtlich weiter rapide wachsenden Angeboten im Netz droht der Einzelne über kurz oder lang in der Informationsflut zu versinken, insbesondere dann, wenn er/sie beispielsweise als Studierende(r) gerade erst das zur Beurteilung notwendige Fachwissen aufzubauen beginnt. Vor dem Ertrinken retten können in solchen Fällen Fachportale, die eine fachlich fundierte, kommentierte Auswahl von Internetseiten zusammenstellen. Derartige Seiten gibt es inzwischen für viele Teilbereiche der Kulturwissenschaften.

Unter www.mediaevum.de hat sich seit 1999 für den Bereich der germanistischen und bis zu einem gewissen Grad auch der latinistischen Mediävistik ein Portal etabliert, das den qualifizierten Einstieg in die wissenschaftliche Internet-Recherche erheblich erleichtert. Die Seiten haben sich innerhalb der vergangenen vier Jahre zur umfangreichsten Linksammlung von altgermanistischen Angeboten im Internet entwickelt. Bemerkenswert ist, dass das private Projekt ohne direkte öffentliche Förderung und ohne Unterstützung eines Berufsverbandes auskommt. Die finanziellen Kosten werden durch Sponsoren bzw. Werbepartner abgedeckt. Getragen wird das Portal in erster Linie jedoch durch die persönliche Arbeit der RedakteurInnen. Betreut wird es dezentral an vier Universitäten von den vier AltgermanistInnen Dr. Sonja Glauch (Erlangen), Dr. Joachim Hamm (Kiel), Tobias A. Kemper (Bonn) und Dr. Michael Rupp (Chemnitz).

Kernstück der Seiten bilden die mittlerweile mehr als 500 Verweise zu "fachlich nützlichen und inhaltlich zuverlässigen" Angeboten, die in 9 Rubriken und etwa 50 Unterrubriken gegliedert sind. Neben einem ausführlichen "Internet-Adressbuch", in dem mediävistische Fachbereiche, Forschungseinrichtungen, -projekte, Bibliotheken, Archive sowie Verlage und Fachzeitschriften zu finden sind, gibt es kommentierte Verweise auf Internet-Projekte, die Quellen, Hilfsmittel oder Forschungsergebnisse im Netz bereitstellen. Berücksichtigt werden alle Teilbereiche der Mediävistik und ihrer Nachbardisziplinen - die Schwerpunkte der Seiten liegen personell bedingt jedoch eindeutig im Bereich der Altgermanistik. Dies liegt vor allem an zwei germanistisch orientierten Datenbanken, die man gern auch auf die latinistische Mediävistik ausgedehnt sähe: Das im Aufbau befindliche "Altgermanistische Freihandmagazin" mit inzwischen mehr als 18000 Titeln erlaubt die schnelle Suche nach Aufsätzen und Rezensionen in einschlägigen Zeitschriften. Daneben ermöglicht die Datenbank zu altgermanistischen Forschungen den Überblick über laufende Arbeiten (Projekte, Dissertationen, Habilitationen). Die Einträge beschränken sich auf Projekte, die der Redaktion von den Verantwortlichen gemeldet wurden. Ergänzt werden in der Rubrik 'Aktuelles' Hinweise auf Veranstaltungen, Tagungen, Ausstellungen, interessante Meldungen und Stellenanzeigen. Zudem gibt es eine Übersicht über neue Einträge des Portals - diese Informationen kann man sich auch regelmäßig per E-Mail zuschicken lassen. Für Unterhaltung sorgt das Kuriositätenkabinett 'Satura medievalis'. Nutzern, die des Deutschen unkundig sind bietet eine Startseite in Englisch erste Orientierung. Erstbesucher des Portals können sich in einem kurzen Rundgang mit der Struktur der Seiten vertraut machen.

Das Design fällt im Vergleich mit vielen sehr nüchtern gestalteten wissenschaftlichen Internet-Präsentationen positiv auf - auch wenn Design-Profis sicherlich Verbesserungen vorzuschlagen hätten. Statt unübersichtlicher Textwüsten finden sich durch Bilder aufgelockerte und untergliederte Rubriken. Dabei geben die Bilder nicht nur optische Anreize sondern dienen auch der Nutzerführung. Die Orientierung ist dennoch - wie bei vielen wachsenden Internetseiten - nicht immer einfach. Dies liegt zum einen an gelegentlich fehlenden Beschriftungen (etwa in der Rubrik Studium), zum anderen an dem Verzicht auf eine Navigationsleiste, die alle Rubriken gleichzeitig sicht- und auswählbar macht. So bleibt (beispielsweise beim Wechsel von der Rubrik "Handschriften" zur Rubrik "Literatur") nur der etwas umständliche Weg über die Startseite oder die Sitemap (die die Strukturen der Website wesentlich klarer macht).

Auch in technischer Hinsicht bietet das Portal mehr als andere universitäre oder private Angebote. So gibt es eine komfortable Suchfunktion, die wahlweise das gesamte Angebot oder einzelne Teilbereiche nach einzelnen oder kombinierten Suchbegriffen durchforstet. Der Nutzer kann zudem an Zugriffszahlen ablesen, wie gefragt einzelne Angebote waren bzw. wie andere Nutzer das Angebot bewertet haben. Gästebuch und Mailfunktion ermöglichen die Kommunikation mit anderen Nutzern und der Redaktion.

Ohne Zweifel gehört das Portal mediaevum.de zu den für Studierende wie für Wissenschaftler empfehlenswerten Angeboten, die Fach- und Medienkompetenz miteinander verbinden. Bleibt zu hoffen, dass die RedakteurInnen weiterhin den Arbeitsaufwand, den ein Portal dieser Größenordnung erfordert, tragen können. Wünschenswert ist aber auch, dass Nutzer die Möglichkeiten zur Mitwirkung (Bewertung der Links, Hinweise auf eigene Forschungsprojekte, Hinweise auf noch nicht eingetragene Seiten evtl. mit Kommentaren) regelmäßig in Anspruch nehmen. Nur so lässßt sich auf Dauer der Fortbestand eines aktuellen Fachportals sichern.

Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Redaktionell betreut durch