Kulturgeschichte des menschlichen Körpers im 16. Jahrhundert

Cover
Titel
Kulturgeschichte des menschlichen Körpers im 16.Jahrhundert - historicum.net.
Herausgeber
Schmale, Wolfgang <wolfgang.schmale@univie.ac.at>
Veröffentlicht durch
historicum.net - Geschichtswissenschaften im Internet e.V.: Köln, DE
Enthalten in
Von
Matthias Gorzolka

Die 24jährige Anna von Kleve, des achten englischen Heinrich' dritte Ehefrau, betrachtet den Besucher der besprochenen site aus Holbeins Bildnis heraus, wie mir scheint, leicht skeptisch-abwartend: Sie ist in einem fremden Land, versteht und spricht die Landessprache nicht; ihr zukünftiger Mann mag sie nicht - was bleibt einem da anderes, als die Hände vor dem Bauche zu falten und abzuwarten? Die Ehe wird kurz sein, Heinrich wird sie auf seine Art sogar respektieren; sie wird ihn überleben und selbst noch 28 Jahre die Erde zieren. Warum ziert Anna die mittlere Spalte der website "Kulturgeschichte des menschlichen Körpers im 16. Jahrhundert"? Links neben ihr findet sich ein link zur Universität Wien, rechts einer zur site des ordentlichen Professors Herrn Dr. Wolfgang Schmale, der an der genannten Universität Neuere Geschichte vertritt. Der Bildschirmbereich ist in drei Spalten geteilt, die (von links nach rechts) überschrieben sind: Abstracts, Projekt, Artikel. Anna thront über "Projekt". Die gewählten Hintergrundfarben (preußischblau, lila, zimtbraun) sind schön aufeinander abgestimmt; da jedoch der Text blau gehalten und benutzte links lila eingefärbt werden, wird die Lesbarkeit des Textes, allein auf der Startseite, unnötig erschwert. Die Navigation innerhalb der site, von den Kurzzusammenfassungen zu den Texten, von und zur Startseite, innerhalb der Artikel funktioniert klaglos. Leider fehlt ein Impressum ganz.

Der globale Titel der site lässt im ersten Moment vermuten, es handele sich im Folgenden um eine erschöpfende Enzyklopädie zum Thema "Körperlichkeit" im bewegten 16. Jahrhundert. Tatsächlich wird in 11 Artikeln der Leib nach verschiedenen kulturhistorischen Aspekten hin behandelt: Ulrich von Breithaupt beschäftigt sich mit "Pontormos Körper: Künstler und Melancholie im Cinquecento"; Thomas Michael Brüstle behandelt "Homosexualität im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit"; Rolf Felbinger handelt unter dem Titel: "Das äußere Bild als Symbol einer weltlichen Umgestaltung" "die Mode im 16. Jahrhundert" ab. Anna von Kleves Bild ist geeignet den Punkt "3.1.: Englische Kleidung zur Zeit der frühen Tudors (1485 bis 1558)" zu illustrieren. Marcus Friedrich widmet sich dem Problem von "Leib und Seele in der philosophischen Diskussion des 16. Jahrhunderts bis zu Descartes"; Barbara Köhler erklärt das Verhältnis von "Tod und sein(em) Bild im 16. Jahrhundert"; Daniela Kronseders Abhandlung über "Pocahontas - Die Aneignung eines Körpers" führt in das erste Viertel des 17. Jahrhunderts herauf; Jann Gerritt Ohlendorf sucht in seinem Beitrag über "Das Bild vom Kind: Kinderbildnisse im 16. Jahrhundert" eine Antwort auf die programmatische Frage, was denn "das Kind" sei; der Text von Patricia Oßberger und Ralph Wagner über die "Erotisierung des menschlichen Körpers im 16. Jahrhundert" liegt leider lediglich als Kurzzusammenfassung vor. Cordula Steinle handelt über "Chirurgie und Anatomie im 16. Jahrhundert: Die Objektivierung des Körpers"; Andrea Übelhack berichtet über "Ehrstrafen am Körper in der frühen Neuzeit"; abschließend handelt Florian Welle über die "Körpermassaker im deutschen Bauernkrieg von 1525".

Wie in dem Punkt "Was Sie schon immer über unser Projekt wissen wollten ..." erklärt wird, sind sämtliche Beiträge Ergebnisse eines interdisziplinären Hauptseminars "Kulturgeschichte des menschlichen Körpers im 16. Jahrhundert", das im Wintersemester 1996/97 an der Ludwig-Maximilians-Universität München von Privatdozent Herr Dr. Wolfgang Schmale durchgeführt worden war. Die wiedergegebenen Seminarbeiträge zeichnen sich sämtliche durch eine gute Durchdringung des Themas aus und sind sowohl einzeln als gesamt durchaus als Einstieg in die kulturhistorische Beschäftigung mit dem Leib zu verwenden.

Nun hat "Körper" Konjunktur, und es vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht eine geisteswissenschaftliche Tagung abgehalten wird, die "Körper" im Titel führt; auch an einschlägiger Literatur scheint mir kein gravierender Mangel zu bestehen. Die site stellt über ihre Funktion als Dokumentation eines gelungenen Hauptseminars hinaus einen Einstiegspunkt in den Bereich "IGL - Internetgestützte Lehre des Instituts für Geschichte der Universität Wien" <http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/index.htm> dar: Bei der besprochenen site handelt es sich anscheinend um den (noch Münchener) Beginn dieses von Herrn Professor Schmale gegründeten, koordinierten und geleiteten Projektes. Andere Internetpublikationen <http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/mitarbeiter/mitarbeiterangaben_schmale.htm#Internet> beschäftigen sich mit dem Generalthema "Europa" und sind sowohl an der Universität Wien verortet als auch in München: die "Europabibliographie" und die "Quellenautopsie" führen zurück an die LMU zum Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Winfried Schulze. Die "Kulturgeschichte" selbst ist auf dem "Server Frühe Neuzeit" des "historicum.net" angesiedelt.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die site "Kulturgeschichte des menschlichen Körpers im 16. Jahrhundert" zum Einstieg in die Beschäftigung mit dem Thema gelungene Hauptseminarbeiträge bereitstellt und darüber hinaus als Einstieg sowohl in die "IGL"-Aktivitäten des Instituts für Geschichte der Universität Wien als auch hin zum Server Frühe Neuzeit des historicum.net zu benutzen ist.

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