Welcher Student der Geschichtswissenschaft weiß nicht wie schwierig es ist, theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen?! Mit dem Lernangebot <<Ad fontes>> gibt es ein Programm, dass die individuelle Übung im direkten Zusammenhang mit dem theoretischen Kontext ermöglicht. Seine Kompaktheit und der schnelle Zugriff von jedem PC ersparen die weniger komfortable praktische Übung anhand von veralteter Literatur. Je nach Vorwissen und Erkenntnisinteresse kann frei navigiert und zwischen den optimal vernetzten Programmbestandteilen gewechselt werden. Das Programm ermöglicht einen leichten Einstieg für Studienanfänger oder interessierte Laien, aber auch für erfahrene Studenten lohnt es sich, einen Blick auf die Website zu werfen, um zum Beispiel das eigene Wissen im ‚Archiv' zu testen.
Untergliedert in vier Teile bietet <<Ad fontes>> einen mehrdimensionalen Zugriff auf seine Lerninhalte. Das ‚Archiv' enthält praxisnahe Aufgaben, die den Benutzer an seine Lernziele heranführen und ihm als Lernkontrolle dienen. Im ‚Training' werden die wichtigsten Kompetenzen (z.B. Lesen, Datieren) gezielt geübt. Das ‚Tutorium' bietet eine knappe Darstellung des Grundwissens, das zur Lösung der Aufgaben im ‚Archiv' und im ‚Training' notwendig ist. Die ‚Ressourcen' stehen für weitere Informationen (z.B. Kalender, Literaturhinweise, Links) zur Verfügung.
Zum Einstieg kann der Frage nachgegangen werden, was ein Archiv heute und damals eigentlich darstellte. Alle erklärungswürdigen Begriffe werden in einem Glossar kurz erläutert. Die Originalquellen, die hauptsächlich aus dem Stiftsarchiv Einsiedeln stammen, stehen als pdf-Dateien zur Verfügung. Einen allgemeinen Überblick über alle im Programm verwendeten Quellen, die vor allem aus der Zeit vom 13. bis zum 18. Jahrhundert stammen, gibt es jedoch nicht. Leider ist das Programm auch nicht als CD-ROM oder als Download verfügbar. Der Server ist aber stabil und dank kurzer Ladezeiten steht der zügigen Bearbeitung des Programms im Internet nichts im Wege. Ausgesprochen praktisch ist, dass im Programm, nach der kostenlosen Anmeldung unter einem Benutzernamen, der Arbeitsverlauf gespeichert wird und auch nach einer Unterbrechung die Arbeit an derselben Stelle fortgesetzt werden kann. Überdies existiert eine umfangreiche, gut sortierte Bibliographie der vorhandenen Sekundärliteratur, die ständig aktualisiert wird und so die Möglichkeit zur außermedialen Vertiefung des gerade gelernten gibt.
Die verschiedenen Bereiche sind untereinander gut verlinkt, doch wenn man seinen Arbeitsverlauf verlässt, um zum Beispiel eine Exkursion über eine bestimmte Hilfsdisziplin zu verfolgen, fällt es schwer an die Ausgangsstelle zurückzufinden. Wenn ich also im Tutorium beginne und mich für ‚Masse und Währungen berechnen' interessiere, ist dieser Punkt erst einmal in drei Teile untergliedert. Ich wähle zuerst den Unterpunkt ‚Münzen' und beginne mit dem ersten Unterpunkt der Kategorie, mit der ‚Münzgeschichte'. Hier nutze ich den Vorteil des intermedialen Arbeitens und nehme den Link in das Tutorium ‚Münz- und Massreform' wahr. Dort existiert auf der ersten Seite noch der Link zurück in mein Ausgangstutorium, doch wenn ich meinen kleinen Exkurs weiter verfolge, verschwindet der Link. Mir bleibt nur die Möglichkeit mich ‚zurück' zu klicken, bis der Link zur ‚Münzgeschichte' wieder erscheint. Da dies über eine längere Zeit nicht sehr benutzerfreundlich ist, versuche ich mich über die Übersicht zu orientieren. Nach der ersten Weiterleitung auf die Übersicht des Tutoriums ‚Masse und Gewichte', kann ich tatsächlich von hier über den Pfad ‚Masse und Währungen berechnen' auf meinen Ausgangspunkt zurückgelangen. Von dort klicke ich mich erneut in den Bereich ‚Münzen', um dann wieder beim Unterpunkt der Kategorie die ‚Münzgeschichte' anzukommen.
Die Hypertext-Struktur bietet keine Möglichkeit, die gesamte Website systematisch durchzuarbeiten, was allerdings auch nicht ihrer Konzeption entspricht. Sie dient eher zur punktuellen Unterstützung der theoretischen Arbeit, indem sie diese visualisiert und fassbar macht, um so das Gesamtangebot im Fachbereich Geschichte in der Hochschullehre zu erweitern und zu verbessern. So dient es zum Beispiel einigen Lehrveranstaltungen der Universität Zürich als begleitende "praktische" Übung. 1 Ebenso wird zusätzlich ein praxisorientiertes Weiterbildungsprogramm in Form von Workshops angeboten, das sich vor allem an Geschichtslehrerinnen und -lehrer sowie Lehrende an Fachhochschulen und Hochschulen richtet, jedoch keine aktuellen Angebote bietet. 2 Alle anderen Neuerungen oder Überarbeitungen, die direkt mit der Website in Verbindung stehen, werden stets auf der Startseite des Programms angekündigt. Um den Kontakt zu anderen Studierenden und Wissenschaftlern zu ermöglichen, existiert eine Mailingliste. 3 Sie soll vor allem denen dienen, die sich mit handschriftlichem Quellenmaterial der regionalen Archive beschäftigen und die wissenschaftlichen Diskussionen und gemeinsamen Problemfindungen über die Seminare hinaus ermöglichen. Ein übersichtliches Impressum und die freundliche Aufforderung zu Verbesserungsvorschlägen erleichtern die Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen.
Das erklärte Hauptlernziel ist der eigenständige Umgang mit handschriftlichen Quellen aus der Zeit vor 1800 und damit die Vorbereitung der Studierenden auf den selbstständigen Umgang mit Archiven. Im Besonderen sollen das Lesen, Einordnen und Datieren von Handschriften, sowie Grundlagen der Quellenauswertung vermittelt werden, eben jene Kompetenzen, die für wissenschaftliches Arbeiten innerhalb der Geschichtswissenschaft unverzichtbar sind. Und auch wenn auf konventionelle Seminare nicht verzichtet werden kann, erfüllt diese Website ihr erklärtes Ziel in den Möglichkeiten, die das Internet bietet und bereichert und untermauert sicherlich das theoretische Wissen eines jeden Studenten, da durch interaktive Übungen und das individuell regulierbare Lernen die Eigenständigkeit des Lernens gefördert wird, um somit innerhalb der Seminarstunden vielleicht Zeit für häufigere Diskussionen oder Projekte zu schaffen. So erscheint es auch sinnvoll, die Arbeit in den Einführungsseminaren zur Quellenkunde mit dem Lernangebot zu verknüpfen, wie es bereits an der Universität Zürich geschieht, wo das Programm entwickelt wurde. Zur Anregung stehen deshalb auch Informationen für Lehrende zur Verfügung, in denen z.B. Erfahrungen mit <<Ad fontes>>, Ideen, Unterrichtsszenarien, Checklisten, Anleitungen, usw. gesammelt werden. 5 Vielleicht geben sie anderen Universitäten und Professoren eine Anregung für alternative Unterrichtsmöglichkeiten und den Mut zu eigenen interaktiven Projekten.
Anmerkungen:
1http://www.adfontes.unizh.ch/adfontes_kolloquium/index.php
2http://www.adfontes.unizh.ch/weiterbildung/index.php
3http://www.adfontes.unizh.ch/adfontes_l.html
[4] http://www.ibi.tu-berlin.de/service/digita/digi04/neu/beruf2.htm
5http://www.adfontes.unizh.ch/1370.php