Holocaust Memorial Day and Channel Islands Occupation Memorial

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Titel
Occupation Memorial.
Herausgeber
[Concept] Thelwell, Paula; Cohen, Freddie <contents@occupationmemorial.org>
Veröffentlicht durch
Jersey Heritage Trust: Jersey <http://www.jerseyheritagetrust.org/>
Enthalten in
Von
Isabella Matauschek

Unter dem Titel „Islands at War“ lief im Juli 2004 im Sonntag-Hauptabendprogramm des kommerziellen britischen Senders ITV1 eine sechsteilige Miniserie an, welche die deutsche Besatzung auf der fiktiven Kanalinsel St. Gregory zum Inhalt hat.1 An einer Rezension des Fernsehkritikers A. A. Gill im Kulturteil der Sunday Times entzündete sich eine zumindest auf den Kanalinseln heftig geführte Debatte. Gill, der im Einklang mit der überwiegenden Mehrzahl seiner Kontrahenten die Fernsehserie kritisierte, nahm seine Rezension zum Anlass, den Bewohnern der Kanalinseln ihre Besatzungsgeschichte zum Vorwurf zu machen. Im Gegensatz zum „galanten Malta“, das sich erfolgreich gegen die deutsche Besatzung gewehrt hatte, hätte es auf den Kanalinseln keinen Widerstand gegeben. Stattdessen hätten die Bewohner kollaboriert und die Frauen sich als Deutschenmädchen mit den Besatzern eingelassen, also intim kollaboriert. Die Frage, was denn die Kanalinseln jemals für uns getan hätten, beantwortet er negativ, nichts außer ein paar wirklich teurer Kartoffel, Blumen und fetter Milch; für die Deutschen hingegen viel.2

Die Serie und die von ihr ausgelöste Debatte deutet auf einen Höhepunkt des Interesses für die Kanalinseln hin, deren Erfahrung der Besatzung durch deutsche Truppen die Inseln Guernsey, Jersey, Alderney und Sark von der britischen Kriegserfahrung radikal unterschied und so lange Zeit keinen bzw. wie das weiter oben zitierte Beispiel verdeutlicht einen überaus ambivalenten Platz im öffentlichen britischen Gedächtnis fand. Als einziger Teil des britischen Empires waren die Kanalinseln vom Sommer 1940 bis Mai 1945 besetzt, nachdem die Inseln zuvor von den britischen Truppen geräumt worden waren. Damit lässt sich die Kriegserfahrung der Inselbewohner eher in die der besetzten Gebiete Westeuropas als die Großbritanniens einordnen. Hinzu kam, dass die Wahrnehmung des Zweiten Weltkriegs in Großbritannien lange Zeit hindurch von der Erfahrung des Ersten Weltkriegs bestimmt war. Gleichzeitig wurde dem Einsatz der britischen Zivilbevölkerung ein gewichtiger Anteil am alliierten Sieg zugeschrieben. Hand in Hand mit den militärischen Formationen hatten der Einsatz und der Mut der Zivilbevölkerung den Sieg ermöglicht. In dieser heroisierenden Selbstdarstellung war kein Platz für die abweichende Erfahrung der Bewohner der Kanalinseln.

Die Website „Holocaust Memorial Day and Channel Islands Occupation Memorial“ gibt einen ausführlichen Überblick und Ressourcen zu den Themenbereichen Erinnerung und Denkmäler, Widerstand, Deportationen sowie dem Holocaust Memorial Day. Die Website informiert über Aspekte der Besatzungsgeschichte, wie die Verfolgung, Deportation und Ermordung der jüdischen Inselbewohner, das Schicksal von Zwangsarbeitern aus allen Teilen der besetzten Gebiete, die an der Befestigung der Inseln beteiligt waren, Hilfe für Verfolgte und die Verfolgung von Helfern, Geschichte und Namen derjenigen, die die Flucht über den Kanal wagten sowie die Deportation von Inselbewohner als deutsche Vergeltungsmaßnahme.
Einen prominenten Platz nimmt die Erinnerung an den Holocaust auf den Kanalinseln ein. Sowohl jüdische Opfer als auch ihre Helfer werden eingehend gewürdigt. Die Auftragsarbeit des Historikers Paul Sanders The Ultimate Sacrifice geht dem Schicksal von Inselbewohnern nach, die für Aktivitäten gegen die Besatzung verurteilt wurden und von denen 22 in Konzentrationslagern umkamen. Ausführlich geht die Darstellung auf die Motive der Helfer von jüdischen Mitbürgern und Zwangsarbeitern ein. Hier spiegelt sich das relativ neue Interesse auch in Großbritannien für den Holocaust wieder. Bis in die 1970er Jahre war das Interesse am Holocaust in Großbritannien wie Tony Kushner in seiner Studie demonstriert gering.3 Seit einigen Jahren ist der Holocaust mit einer permanenten Ausstellung im Imperial War Museum 4 vertreten und damit Teil der offiziellen britischen Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg. Auch auf den Kanalinseln war das Interesse für die Besatzungszeit lange Zeit vornehmlich auf einzelne Heldengeschichten konzentriert und das Interesse für die Verfolgten und ihre Helfer setzte erst relativ spät ein. Kontroverse Themen wie Kollaboration und Denunziation jedoch bleiben in der Darstellung ausgespart und finden sich im Gegensatz zur Diskussion im besetzten Westeuropa nicht.4 Diese sensiblen Themenbereiche tauchen nur in Verbindung mit Berichten über Hilfe für Verfolgte in der Figur anonymer Denunzianten auf; sie werden jedoch nicht eigens thematisiert.

Auf interessante Weise finden sich Kollaboration und Denunziation in der autobiographischen Darstellung einer versuchten Flucht. Peter Hassall unternahm wie eine ganze Reihe von jüngeren Inselbewohnern gemeinsam mit zwei Kameraden einen Fluchtversuch über den Kanal. Die Flucht der drei jungen Männer wurde jedoch von deutschen Soldaten vereitelt. Der Autor vertritt die Ansicht, dass er von seiner kollaborierenden Mutter verraten wurde. Die jungen Männer wurden Opfer der Nacht und Nebel Aktion und nach Frankreich deportiert. Nur einer von ihnen überlebte die Bedingungen in den deutschen Lagern. Ausführlich geht der Verfasser auf die wirtschaftliche und angedeutete sexuelle Kollaboration der Mutter und die Feigheit des Stiefvaters, der dem Handeln der Mutter nichts entgegenzusetzen vermochte, ein. Kollaboration und Widerstand sind in diesem Bericht teil derselben Familiengeschichte, bleiben jedoch ein isoliertes Einsprengsel in der Darstellung der Website. Das verbindende Element zum Inhalt der Website ist allein die Rolle des Opfers.
Etwas überspitzt lässt sich feststellen, dass die Website das Bild einer Gemeinschaft präsentiert, die in Zeiten großer Gefahr und Unsicherheit der grausamen Besatzung mit heroischem Mut entgegentritt und großes Leid erduldet.

Damit reiht sich die Darstellung nahtlos in die mythisch überhöhten „Basisnarrationen“ ein, wie sie die Nachkriegsdarstellungen der Besatzungszeit im besetzten Westeuropa lange Zeit hindurch charakterisiert haben.6 Die Darstellung auf der Website wird durch den Holocaust und das Leiden der Inselbewohnern bestimmt, die in einen lokalen Deutungsrahmen eingefügt werden. Im Gegensatz zu den besetzten Ländern West- und Nordeuropas deutet sich keine Aufweichung dieser Darstellung oder eine Diskussion darüber an, zumindest nicht in der offiziellen Präsentation nach außen. Denn die Präsentation nach außen beinhaltet immer die Konfrontation mit britischen Vorwürfen, die als Subtext mitgelesen werden müssen. Eine Auseinandersetzung mit der „grauen Vergangenheit“,7 wie sie von dem Historiker Paul Sander für die Kanalinseln eingefordert und in anderen Ländern derzeit intensiv diskutiert wird, ist unter diesen Umständen, so scheint es, nur bedingt möglich.

Anmerkungen
1http://www.itv.com
2 Islands struggle to keep us occupied. Sunday Times 18.07.2004.
3 Tony Kushner: The Holocaust and the Liberal Imagination. A Social and Cultural History. Oxford 1994.
4http://london.iwm.org.uk/server/show/nav.00b005
[5] Eine Studie, die sich kritisch mit der Kooperation der lokalen Behörden bei der Registrierung und Deportation der jüdischen Bevölkerung und der Arisierung von jüdischem Vermögen stammt aus dem Umkreis der britischen jüdischen Studien. David Fraser: „Quite Contrary to the Principle of British Justice“. Jews of the Channel Islands and the Rule of Law 1940-1945. Sussex 2000.
6 Vgl. die Darstellung der Ethnologin Anne Eriksen zu Norwegen, der beiden Historiker Bryld und Warring zu Dänemark und des Historikers Pieter Lagrou zu Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Bryld, Claus; Warrring, Anette: Besættelsestiden som kollektiv erindring. Historie og traditionsforvalting af krig og besættelse 1945-1997, Kopenhagen 1998. Eriksen, Anne: Det var noe annet under krigen. 2. verdenskrig i norsk kollektivtradisjon, Oslo 1995. Pieter Lagrou: The Legacy of Nazi-occupation. Patriotic Memory and National Recovery in Western Europe, 1945-1965, Cambridge 2000.
7 So der Titel der kontroversen Studie des niederländischen Historikers Chris van der Heijden. Heijden, Chris van der: Grijs verleden: Nederland en de Tweede Wereldoorlog, Amsterdam 2001.

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