Mecklenburgischer Adel in der Frühen Neuzeit 1500-1750

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Titel
Mecklenburgischer Adel in der Frühen Neuzeit 1500-1750.
Veröffentlicht durch
Institut Deutsche Adelsforschung: Owschlag, DE <http://home.foni.net/~adelsforschung>
Enthalten in
Von
Anke Hufschmidt

Die Erforschung des Adels in der Frühen Neuzeit hat in den letzten Jahren Konjunktur. Eine Vielzahl von Monographien und Sammelbänden widmet sich mit unterschiedlichen Fragestellungen dem Thema. Ein Phänomen zieht dabei aber immer wieder besonders die Aufmerksamkeit auf sich – die dichten personalen Netze des Adels, die sich aus den begrenzten Heiratskreisen und den damit gestifteten verwandtschaftlichen Beziehungen ergaben, und die in vielfältiger Weise zum Statuserhalt des Standes beitrugen. Für die Forschung nützlich sind dabei mitunter die Datenbanken im Internet. Sie entstanden zwar zum Teil aus rein genealogischen Interessen, erleichtern aber die Aufdeckung familiärer Verbindungen. Als ein positives Beispiel kann die über die Universität Erlangen abrufbare Datenbank genannt werden, der Lebensdaten und Verwandtschaftsverhältnisse vor allem des Hochadels zu entnehmen sind (http://www8.informatik.uni-erlangen.de/cgi-bin/stoyan/wwp/LANG=germ/?2).

Genealogische und andere Informationen zum Adel sind auch den Internetseiten des „Instituts Deutsche Adelsforschung“ zu entnehmen. Claus Heinrich Bill betreibt seit 1993 diese Einrichtung und gibt die Zeitschrift „Nobilitas“ heraus. Als thematischen Schwerpunkt nennt er die Erforschung des deutschen untitulierten Adels, der Freiherren und Grafen, der einheimischen und der eingewanderten ausländischen Adelsfamilien von 1200 bis zur Gegenwart im Gebiet des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Bill richtete im Jahr 2000 eine Abteilung über den Mecklenburgischen Adel in der Frühen Neuzeit ein. Es handelt sich um die Online-Version des Bandes XV der Schriftenreihe des Instituts. Die Umsetzung erfolgte in einfachster Weise. Gegenüber der Druckversion bietet die Onlineversion deshalb kaum einen Zusatznutzen, sieht man einmal von der Möglichkeit der Suchfunktion in den jeweils aufgerufenen Texten ab. Das Angebot richtet sich offensichtlich allgemein an ‚Adelsforscher’. Hierbei ist aber wohl weniger an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gedacht. Bill weist zwar seine Quellen in gewisser Weise nach, bewegt sich aber insbesondere in den sprachlichen Ausführungen im Vorwort, zu den Hintergründen des Projekts und zur Quellenlage kaum auf wissenschaftlichem Niveau. Ebenso fehlt ein Literaturverzeichnis, aufgrund dessen sich der Forschungsstand zum mecklenburgischen Adel nachvollziehen ließe.

Die Basis der Publikation und damit der Internetseiten bildet die Auswertung von rund 150 Leichenpredigten, die in der Landesbibliothek von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin gesammelt wurden. Die Personalteile der Leichenpredigten zählen zu den sehr ergiebigen und auch beliebten Quellen für alltags-, mentalitäts- und kulturgeschichtliche Fragestellungen, die allerdings einer besonders intensiven Quellenkritik bedürfen. Sie sind bis jetzt im Internet nur sehr eingeschränkt abrufbar. Die Angaben für die in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel abrufbaren Leichenpredigten umfassen beispielsweise nur wenige Kerndaten. Insofern erleichtert das Ergebnis der Fleißarbeit Bills, das immerhin Einblick in 150 adlige Lebensläufe vermittelt, einen ersten Einstieg in das Themenfeld.

Über die Internetseiten sind etwa 150 Lebensläufe von Adligen aus der Zeit zwischen 1500 und 1750 abrufbar, die auf Leichenpredigten basieren. Die Auflistung der Namen ist alphabetisch geordnet. Da es sich um eine relativ geringe Menge handelt, können alle Personen auf der ersten Seite erfasst werden. Ein Suchfunktion erübrigt sich damit. Der Verfasser bezeichnet die Ausgabe als Volltext-Edition. Es handelt sich aber vielmehr um Zusammenfassungen der Personalteile von Leichenpredigten, die ausführlicher sind als die Auswertungen der Leichenpredigten von Fritz Roth, aber die für die Erforschung der familiären Beziehungen wichtigen Ahnenaufzählungen auslassen.1 Immerhin erfolgt die Angabe der Signatur des exzerpierten Werkes. Nicht angegeben sind dagegen Verfasser, Titel, Druckort und Druckjahr der Leichenpredigten, was die wissenschaftlichen Verwendungsmöglichkeiten der Texte stark einschränkt.

In sieben Texten, die über die Ausgangsseite abrufbar sind, stellt Bill ebenfalls auf Grundlage der ausgewerteten Leichenpredigten Lebensstationen adliger Männer und Frauen dar: die häusliche Erziehung, die Edelknaben- und Pagenzeit, Peregrination und Kavaliersreise, Berufswahl und –entwicklung, Heirat und Familie sowie Tod und Begräbnis. Die Ausführungen berühren mentalitäts- und kulturgeschichtliche Fragen, sind inhaltlich zum Teil nicht uninteressant, sprachlich aber mitunter problematisch und bleiben insgesamt auf einer beschreibenden Ebene. Sie sind nicht mit einzelnen Quellennachweisen und Literaturangaben versehen.

Die Seiten über den mecklenburgischen Adel sind in inhaltlicher und technischer Hinsicht nicht mit Angeboten zu vergleichen, die von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen erstellt werden. Sie können aber immerhin dazu dienen, sich einen ersten Eindruck von möglichen Lebensverläufen mecklenburgischer Adliger in der Frühen Neuzeit zu verschaffen.

1 Fritz Roth: Restlose Auswertung von Leichenpredigten und Personalschriften für genealogische und kulturhistorische Zwecke, 8 Bde, Boppard 1959-1974.

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