Wein als Kulturphänomen in den Städten vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert

Wein als Kulturphänomen in den Städten vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert

Veranstalter
Archiv der Hauptstadt Prag in Zusammenarbeit mit der Philosophischen Fakultät der J. E. Purkyně-Universität in Ústí nad Labem, dem Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik und der Fakultät für Humanistische Studien der Karls-Universität
PLZ
110 00
Ort
Prag
Land
Czech Republic
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
10.10.2023 - 11.10.2023
Deadline
15.04.2023
Von
Marketa Ruckova

42. internationale Tagung des Archivs der Hauptstadt Prag und Partner zur Stadtgeschichte

Wein als Kulturphänomen in den Städten vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert

Die Tradition des Weinanbaus gibt es in Mitteleuropa seit dem Mittelalter. Bis zur Zeit der Luxemburger Dynastie handelte es sich um eine begrenzte Geschäftstätigkeit überwiegend in kirchlichen Kreisen. Ab dieser Zeit entwickelt sich der Weinanbau als einer der wesentlichen ökonomischen Zweige der Stadtwirtschaft, als auch eine wichtige wirtschaftliche Tätigkeit der einzelnen Stadtbürger. Die frühe Neuzeit war die goldene Ära des Weinbaus in den Vorstädten, die endgültig im 17. Jahrhundert infolge der gesellschaftlichen Veränderungen beendet wurde – Wandel der Besitzverhältnisse, negative Folgen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie auch klimatische Veränderungen.
Wein und seine Verknüpfung mit der Geschichte der böhmischen Städte gehörte nicht zu den Schwerpunkten der historiographischen Forschung. Die Forschungsergebnisse boten vor allem Beschreibungen der regionalen Weinbauentwicklung in exponierten Gebieten Nordwestböhmens und des Elbegebietes. Auch die Prager Vorstädte bildeten keine Ausnahme. Gründlich erarbeitet wurde lediglich der Themenbereich Organisation der Verwaltung der Prager Weinwirtschaft, ansonsten müssen sich unsere Kenntnisse auf langjährige, chronologisch eng begrenzte kulturgeschichtliche Arbeiten von Zikmund Winter stützen.
In Anbetracht der Ergebnisse der bisherigen Forschungen haben wir uns zum Ziel gesetzt, das Thema unserer Konferenz auf ein breites Feld der Kulturgeschichte mit interdisziplinärer Reichweite auszurichten, vor allem auf den Bereich der Archäologie, Ethnografie, Kunst- und Literaturgeschichte, sowie auch weiterer gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen. Unser Interesse gilt nicht nur dem Wein, der als Lebensmittelprodukt am häufigsten mit dem Bier konkurrierte, sondern auch der Verwendung von Wein in der damaligen Heilkunde. Der Schwerpunkt ist die Produktion von Wein und deren Bedeutung, bzw. deren konkreter Beitrag für die städtische Wirtschaft und die Stadtbürger. Andererseits interessiert uns die Stellung im Steuersystem der Ständegesellschaft und die damit zusammenhängenden Bemühungen der Stadträte, die Verwaltung der Weinwirtschaft zu beherrschen. Ein anderes Thema ist der Weinhandel und dessen eventuelle Regulierung auf lokalen Märkten, sowie auch bei Ein- und Ausfuhren.
Das Thema sui generis ist die Frage, wer in den Städten die Menschen waren, die mit Wein zu tun hatten? Winzer, Fuhrleute, Weinkellerbesitzer oder Besitzer von Weinschenken, auf der anderen Seite aber auch die Arbeiter, die in den Weinbergen tätig waren. Wie wurden ihre Zunftgemeinschaften organisiert und wie haben sie funktioniert? Welche Rolle spielten bei diesen Tätigkeiten die Frauen? Und wer wurde zu Saisonarbeiten auf den Weinbergen angeheuert? In den Forschungsquellen werden sie oft als Menschen am Rande der Gesellschaft erwähnt, die auf den Weinbergen hinter der Stadtmauer eine sichere Zuflucht fanden. Wie sah das alltägliche Leben dieser Bevölkerungsgruppe dort aus und welche Rolle spielten sie in den einzelnen Städten z. B. in der Zeit der eskalierenden sozialen und konfessionellen Spannungen?
Die Weinberge haben im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wesentlich die Landschaft um die Städte herum bestimmt. Ihr Bestandteil war auch eine spezifische Architektur von ursprünglich zweckgebundenen Gebäuden. Welche Gestalt hatten aber diese speziellen Gebäude im Kontext der sich wandelnden Weinlandschaft in den Vorstädten? Sie beherbergten vor allem die Werkzeuge, die für die landwirtschaftliche Produktion benötigt wurden. Aber wir müssen uns auch mit der materiellen Ausstattung der städtischen Häuser befassen, die mit Weinproduktion, Vertrieb und Verkauf zu tun hatten.
Zum Thema Wein in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten könnte man noch eine Reihe von weiteren Überlegungen anstellen: Regulierung der Weinsphäre durch Normen, Konkurrenz der städtischen und bürgerlichen Weinwirtschaft mit Geschäftsaktivitäten des Adels, der Kirche und im Prager Umfeld auch der Universität, Weinanbau in Städten in der damaligen gedruckten oder handschriftlichen Literatur oder Rituale und Feierlichkeiten, die in den Städten mit dem Anbau von Wein zusammenhingen und nicht zuletzt die Frage, wie der Weinanbau in der Toponyme des städtischen Raums reflektiert wurde. Die Aufzählung der Themenkreise ist bestimmt unvollständig. Wie immer möchten wir uns dabei vorrangig auf Prag und weitere böhmische Städte konzentrieren, wichtig ist aber auch die Vergleichsmöglichkeit mit mährischen Standorten, sowie auch mit ausländischen europäischen Metropolen und Städten mit einer ähnlich bedeutenden historischen Bindung an den Weinbau, dessen Herstellung, Handel und Konsum.

Potenzielle Referenten bitten wir, den geplanten Titel ihres Vortrags zusammen mit einem aussagekräftigen Abstract und einer Kurzbiographie bis zum 15. April 2023 an die unten angegebene Adresse einzureichen. Die Organisatoren behalten sich vor, unter den eingesandten Beiträgen eine Auswahl zu treffen. Die vorgetragenen Referate werden für die Veröffentlichung in der Reihe Documenta Pragensia berücksichtigt. Die Unterbringung der ausländischen Referenten erfolgt auf Kosten der Organisatoren, ein Tagungsbeitrag wird nicht erhoben. Die offiziellen Tagungssprachen sind Tschechisch und Deutsch (ggf. Englisch), eine Simultanübersetzung wird gewährleistet.

Kontakt

Dr. Markéta Růčková
Archiv hlavního města Prahy
Archivní 6
CZ-149 00 Praha 4
Tschechische Republik
E-Mail: marketa.ruckova@praha.eu

http://www.ahmp.cz/eng/index.html?mid=62