Verfassungsgerichtsbarkeit, Demokratie und Grundrechte. Von Hans Kelsen bis zu den heutigen Tagen

Verfassungsgerichtsbarkeit, Demokratie und Grundrechte. Von Hans Kelsen bis zu den heutigen Tagen

Veranstalter
Università di Torino (Dipartimento di Culture, Politica e Società)
Veranstaltungsort
Turin (Italien)
PLZ
10153
Ort
Torino
Land
Italy
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
17.04.2023 - 17.04.2023
Von
Peter Techet, Institut für Staatswissenschaften und Rechtsphilosophie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Italienisch- und französischsprachiger Workshop an der Universität Turin über Hans Kelsens Beitrag zur richterlichen Kontrolle der Politik und über die heutigen Herausforderungen angesichts rechtswissenschaftlicher und politischer Debatten, Entwicklungen. Der Workshop findet zum Anlass des 50. Todesjahres von Hans Kelsen statt.

Verfassungsgerichtsbarkeit, Demokratie und Grundrechte. Von Hans Kelsen bis zu den heutigen Tagen

Der berühmte österreichisch-amerikanische Jurist Hans Kelsen (1881-1973) erkannte das Problem im frühen 20. Jahrhundert, dass eine Verfassung nicht rechtsbindend sei, wenn verfassungswidrige Akten nicht aufgehoben werden können. Deswegen befürwortete er in der neuen österreichischen Republik nach dem Ersten Weltkrieg -- aufgrund früherer Debatten (Heinrich Jacques, Georg Jellinek, Edmund Bernatzik usw.) -- die Etablierung eines neuen Gerichtshofes, welcher die Verfassung schützen und im Besonderen die Gefahr der Mehrheitsdiktatur abwehren sollte. Somit enstand der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) 1919, der 1920 mit der Kompetenz der konzentrierten Normenkontrolle (etwa Gesetzesaufhebung) ausgestattet wurde. Neben den tschechoslowakischen (1920) und liechtensteinischen (1921/1925) Verfassungs- bzw. Staatsgericht(shöf)en ist der österreichische VfGH die älteste Institution für die richterliche Kontrolle der Politik, somit ein veritables Novum in der Rechtsgeschichte und ein gutes Beispiel für die Anwendung rechtstheoretischer Vorschläge.
In den letzten Zeiten entwickelte sich eine lebendige Debatte über die Legitimität der Verfassungsgerichtsbarkeit, was zugleich als Reaktion auf die erhöhte Präsenz und Bedeutung der obergerichtlichen Institutionen zu verstehen ist.
Angesichts solcher Entwicklungen und Diskussionen strebt der italienisch- und französischsprachige Workshop „Giustizia costituzionale, democrazia e diritti. Da Hans Kelsen ai giorni nostri: una riflessione interdisciplinare“ an, im 50. Todesjahr von Kelsen über die Verfassungsgerichtsbarkeit nachzudenken.
Kelsens Modell der Verfassungsgerichtsbarkeit bildet bis heute einen wesentlichen Bezugspunkt. Indem er die Notwendigkeit eines selbständigen, teilweise von der Legislative zu ernennenden Verfassungsgerichtshofes als Hüter der Verfassung begründete, sprach er die bis heute relevante Gefahr der Mehrheitsdiktatur an, welche sich im Gestalt des legislativen Organs herausbilden könne.
Der Workshop will dem Verhältnis zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und demokratischer Legitimität bzw. der Bedeutung der Verfassungsgerichtsbarkeit für den Grundrechts- oder Menschenrechtsschutz interdisziplinär nachgehen, zugleich Rechtsphilosophie, Öffentliches Recht, politische Ideengeschichte, politische Theorie und das positive Recht miteinander in einen Dialog setzen.

Der Workshop findet an der Universität Turin am 17. April 2023 in italienischer und französischer Sprache statt.

Zeit: 17. April 2023 (Montag)
Ort: Università di Torino, Campus Luigi Einaudi, Sala lauree rossa (Lungo Dora Siena 100, I-10153 Torino, Italien)

Wissenschaftlicher Beirat und Organisationsteam: Elisabetta Palici Di Suni (Turin), Sara Lagi (Turin), Peter Techet (Freiburg).

Programm

17. April 2023

Erstes Panel (9:00 – 12:00)
Giustizia costituzionale e democrazia in Europa: Dalla Rivoluzione francese a Hans Kelsen
Moderation: Sara Lagi (Turin)

Peter Techet (Freiburg): “Giustizia costituzionale e Impero asburgico”

Christian Zendri (Trient): “Però che, giunti, l’un l’altro non teme. Giustizia costituzionale, Kelsen e Dante”

Pasquale Pasquino (Paris/New York): “Costituzione rigida e tribunale costituzionale: Sieyès e Kelsen”

Giovanni Bisogni (Salerno): “Habermas e Kelsen ovvero ratio e voluntas nella giustizia costituzionale”

Zweites Panel (14:30 – 19:00)
Giustizia costituzionale e democrazia in Europa: Da Kelsen ai giorni nostri
Moderation: Elisabetta Palici di Suni (Turin)

Thomas Hochmann (Paris/Nanterre): “Kelsen, Merkl et le problème des décisions erroneés de juge constitutionnel”

Nicolò Zanon (Mailand): “Kelsen e il giudice costituzionale come 'legislatore negativo', cent’anni dopo”

Xavier Arbos Marin (Barcelona): “Kelsen in Spagna: Conoscenza precoce, frutto tardivo”

Vladimiro Zagrebelsky (Turin): “Sul ruolo della Corte europea dei diritti umani nei confronti dei Parlamenti e delle Corti costituzionali nazionali"

Abschließender Vortrag:
Lucio Pegoraro (Bologna): “Politico/giurisdizionale, concentrato/diffuso: Che resta di Kelsen e del modello austriaco?”

Kontakt

Sara Lagi: sara.lagi@unito.it
Peter Techet: peter.techet@jura.uni-freiburg.de