Call for Papers: Ressentiment und Diskriminierung im Fußball
Ressentiment und Diskriminierung sind eng miteinander verbundene Kategorien, die Phänomene wie Vorurteile, Stereotype, Abneigung, Hass und Exklusion gegenüber als „Andere“ markierten Gruppen beschreiben. Ziel dieser Ausgabe ist es, vergleichend zu untersuchen, wie und warum sich Ressentiment und Diskriminierung (nicht) im Sozialraum Fußball manifestieren.
Ressentiment beschreibt ein tiefes, oft unterschwelliges und oft zunächst ungerichtetes Gefühl von Feindseligkeit oder Neid, das sich aus einem empfundenen Unrecht oder einer Benachteiligung speist. Dieses Gefühl staut sich im Laufe der Zeit an, richtet sich auf Gruppen oder Personen und verfestigt sich. Im Gegensatz zum Vorurteil ist Ressentiment nicht mehr offen für neue Erfahrungen – Stereotype und Einstellungen können so zu einem festen Weltbild werden.
Vorurteil bezeichnet eine voreingenommene, meist negative Einstellung gegenüber einer Gruppe oder ihr zugeschriebenen Individuen, die oft durch soziale Prägung entsteht. Vorurteile existieren häufig unbewusst und wirken als kognitive Grundlage für Diskriminierung. Sie können aber auch passiv bestehen, ohne notwendigerweise in Handlungen überzugehen.
Diskriminierung hingegen umfasst die unfaire Behandlung von Menschen aufgrund zugeschriebener oder tatsächlicher Merkmale wie Aussehen, Geschlecht, Religion oder soziale Schicht. Diskriminierung ist häufig strukturell und institutionell verankert und kann sowohl bewusst als auch unbewusst ausgeübt werden. Während Ressentiment und Vorurteil innere Zustände beschreiben, manifestiert sich Diskriminierung als sichtbare, individuelle oder institutionalisierte Praxis, die soziale Ungleichheiten zementiert – oft legitimiert durch Vorurteile und Ressentiments.
Im deutschen Fußball waren bis in die 1990er-Jahre hinein Hooligan-Gruppen mit rechtsextremen Tendenzen ein häufiges Phänomen in den Fankurven. Rassistische und antisemitische Gesänge wie der Slogan „Wir bauen eine U-Bahn von … nach Auschwitz“ waren keine Seltenheit. Diese Gesänge symbolisierten nicht nur Tabubrüche, sondern trugen auch Ressentiments in die Stadien. Phänomene wie Antisemitismus und Rassismus betrafen jedoch nie nur Fans, sondern durchdrangen den gesamten Fußball – von den Fanbereichen über die Stadionkneipen bis hinauf in die VIP-Logen und Vorstandsetagen. Ressentiment und Diskriminierung sind ein Problem des gesamten Fußballs.
Trotz zunehmender Bemühungen, diese Phänomene zu bekämpfen, existieren Ressentiment und Diskriminierung weiterhin, haben sich jedoch in ihren Ausdrucksformen verändert. Antisemitismus wird heute subtiler kommuniziert, findet sich aber nach wie vor im Fußball wieder. Auch Rassismus ist seltener durch direkte Beleidigungen wie „Affenlaute“ sichtbar und wird beispielsweise über Humor transportiert. Die Tribünen und Vereinsstrukturen bleiben überwiegend weiße Räume. Diversität ist häufig eher ein Schlagwort als eine gelebte Realität.
Fußball bietet eine spezifische Gelegenheitsstruktur für Ressentiment und Diskriminierung. Der Wettstreit zwischen zwei Teams, schafft eine emotionale Dynamik des „Wir gegen die Anderen“, welche die Abwertung des Gegners mit der Stärkung des eigenen „Wir“ verbindet. Der Gegner wird dabei mit diskriminierenden Attributen versehen, um das eigene Kollektiv zu erhöhen.
Das Ziel dieser Ausgabe ist es, Ressentiment und Diskriminierung im Fußball aus unterschiedlichen Perspektiven vergleichend zu analysieren. Wir laden theoretische und empirische Beiträge ein, die sich mit Fallstudien oder größeren Zusammenhängen befassen. Der Fokus liegt auf dem deutschsprachigen Raum, jedoch sind auch Studien zu anderen Mannschaftssportarten und Regionen willkommen. Besonders ermutigen wir vergleichende Beiträge, die etwa das Verhältnis von Antisemitismus und Rassismus thematisieren.
Wir laden dazu ein, Beiträge zu folgenden Themenfeldern einzureichen:
- Ressentiment und Diskriminierung im Profi- und Amateurfußball sowie im Männer- und Frauenfußball
- Fußball als Gelegenheitsstruktur für Ressentiment und Diskriminierung
- Veränderungen der Ausdrucksformen von Ressentiment und Diskriminierung
- Fallstudien zu Ableismus, anti-muslimischem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus, Sexismus und anderen Ressentiments sowie Formen der Diskriminierung
- Intersektionale Ansätze
- Gegenstrategien, Solidaritätsbewegungen, zivilgesellschaftliches Engagement und Leerstellen
Diese Liste ist nicht umfassend.
Beiträge sollten eine maximale Länge von 50.000 Zeichen nicht überschreiten und die formalen Vorgaben des Journals beachten.
Die Deadline für Einsendungen ist der 31. Januar 2025. Alle Beiträge werden in einem doppelten Peer-Review-Verfahren geprüft.
Bei Fragen stehen Ihnen die Herausgeberinnen dieses Schwerpunkthefts gerne zur Verfügung:
Dr. Pavel Brunssen: pavel.brunssen@zegk.uni-heidelberg.de
Prof. Stefanie Schüler-Springorum: schueler-springorum@tu-berlin.de
Allgemeine Anfragen können an redaktion_fug@budrich-journals.de gerichtet werden. Autor:innenhinweise finden Sie unter: https://www.budrich-journals.de/index.php/fug/.
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