Unsererseits sind wir insbesondere an folgenden fünf Themen interessiert:
- Sekundäranalyse revisited
Seit über 15 Jahren wird in der deutschsprachigen Oral History über Sekundäranalyse diskutiert, also über die Nutzung von mündlichen Quellen außerhalb ihres Entstehungskontextes. Mögliche Beiträge können diskutieren, wo die Debatte heute steht und ob es angesichts methodischer, technischer, forschungsethischer und inhaltlicher Entwicklungen neue Aspekte gibt, die beachtet werden sollten.
- Gesamtbiografischer Ansatz
Eine zentrale Prämisse vieler Oral History-Sammlungen besteht darin, die ganze Lebensgeschichte eines Menschen zu dokumentieren. In der Nutzungspraxis geht diese gesamtbiografische Dimension jedoch oftmals verloren und der Blick richtet sich fast ausschließlich auf einzelne, an konkrete Forschungsfragen gebundene Teilaspekte. Wie kann es gelingen, diesen ganzheitlichen biografischen Zugang besser zu vermitteln bzw. auch in der zunehmenden Verwendung (Medien, Ausstellungen, Museen) und Auswertung (Forschung) von OH-Interviews mehr in den Mittelpunkt zu stellen?
- Diversität
Die Sammlung MenschenLeben strebt als thematisch offenes Projekt eine möglichst große Diversität in Bezug auf Inhalte, Erzählformen und interviewte Personen an. Davon ausgehend stellen wir die Frage, inwieweit diese vielfältigen Diversitätsansprüche in der Praxis zu verwirklichen sind. Kann jede:r mit jede:m sprechen? Wie können Menschen abseits der eigenen soziokulturellen Blase gefunden und Sammlungslücken geschlossen werden?
- Antidemokratische Tendenzen: Herausforderungen für die OH-Praxis und Sammlungen
In den Oral History-Sammlungen finden sich vielfach Lebensgeschichten von Opposition gegen Unrecht oder über Verfolgung durch autoritäre Regime. Das Anwachsen rechtsextremer Bewegungen und ihr Zugriff auf staatliche Institutionen stellen Herausforderungen dar. So können Institutionen durch Finanzierungstopps oder juristische Maßnahmen bedroht sein. Aber auch die Interviewpartner:innen selbst können durch antidemokratische Nutzer:innen bedroht werden. Wir möchten sowohl darüber diskutieren, wie wir einzelne Interviews bzw. ganze Sammlungen schützen können, also auch, ob sich für die Oral History eine besondere Aufgabe angesichts des Anwachsens antidemokratischer Bewegungen ergibt.
- Kollegiale Beratung (Mini-Workshops)
Auf den letzten Netzwerktreffen wurde das Interesse formuliert, das Forum für konkrete Hilfestellung unter Kolleg:innen für die eigene Interview- und Forschungstätigkeit nutzbar zu machen. Mit der „Kollegialen Beratung“ möchten wir 2025 ein solches Format ausprobieren. In parallel stattfindenden moderierten Kleingruppen soll im Rahmen einer kompakten Close Listening Session eine Frage -oder Problemstellung aus der eigenen Praxis diskutiert werden. Voraussetzung sind mitgebrachte Ton- und Videobeispiele, die gemeinsam gehört, angesehen und analysiert werden. Für die Einreichung zur kollegialen Beratung bitten wir Sie und euch um ausgewählte Interviewausschnitte sowie um ein Abstract über die damit verbundenen methodischen oder inhaltlichen Fragestellungen.
Neben thematischen Einreichungen für Beiträge oder Abstracts für die kollegiale Beratung können sich wie in den vergangenen Jahren Netzwerke, Institute, Projektverbünde usw. in einem kurzen Slot von zehn Minuten präsentieren und nach Möglichkeit auch einen Stand vor Ort betreuen.
Bitte melden Sie sich und ihr euch bis zum 29.11.2024 bei Linde Apel (apel@zeitgeschichte-hamburg.de) oder Stefan Müller (stefan.mueller@fes.de).