Schreibtischtäter - Begriff, Geschichte, Typologie

Schreibtischtäter - Begriff, Geschichte, Typologie

Veranstalter
Prof. Dr. Dirk van Laak (Historisches Seminar, Justus-Liebig-Universität Gießen); Jun.-Prof. Dr. Dirk Rose (Germanistik IV, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
Veranstaltungsort
Kulturwissenschaftliches Institut (KWI)
Ort
Essen
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.10.2014 - 11.10.2014
Website
Von
Johanna Best

Die interdisziplinäre Tagung hat sich zum Ziel gesetzt, den Typus des Schreibtischtäters nicht allein in der Beschränkung auf die Geschichte der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts und nicht allein erinnerungspolitisch zu betrachten, sondern ihn als einen paradigmatischen Typus der Moderne selbst herauszuarbeiten. Denn mit „Schreibtischtätern“ ist im weiteren Sinn eine Erscheinung bezeichnet, die an verschiedenen Stellen einer arbeitsteiligen Gesellschaft und ihrer bürokratiebasierten Steuermechanismen anzutreffen ist. In der Konfrontation von paradigmatischen „Schreibtischtätern“ (Adolf Eichmann, Hermann Müller, Maurice Papon, Werner Best usw.), paradigmatischen Situationen (Logistik des Massenmords, Planung des „Ostraums“, Dekretierung der Euthanasie, Verfügung der Abschiebehaft usw.), juristischen Kategorien (Befehlsnotstand, Beihilfe zum Mord, Naturrecht usw.), „Schreibakten“ (gutachten, stempeln, gegenzeichnen, Knöpfe drücken usw.) und deren Niederschläge (an „grünen Tischen“ getroffene Entscheidungen, Verfügungen, Erlasse und Gesetze, Statistiken aller Art usw.) soll der Typus eingegrenzt und diskutiert werden, ob ein vom nationalsozialistischen Kontext abstrahierender Gebrauch analytisch produktiv gemacht werden kann.

Programm

Donnerstag, 9. Oktober 2014

14.00 Uhr Begrüßung

14.15 Uhr Prof. Dr. Dirk van Laak (Gießen) und Jun.-Prof. Dr. Dirk Rose (Düsseldorf)
Einführung

Sektion I: Konzepte

14.45 Uhr Dr. Jan Schlösser (Berlin)
Der strafjuristische Blick auf den Schreibtischtäter – Zugleich ein Beitrag zur Möglichkeit und Grenze eines Brückenschlages zwischen Strafrechts- und Kulturwissenschaft

15.30 Uhr Kaffeepause

16.00 Uhr PD Dr. Christoph Jahr (Berlin)
»Schreibtischtäter« – Zur Karriere eines problematischen Begriffs

16.45 Uhr PD Dr. Annette Weinke (Jena)
Der Schreibtischtäter – Zur Karriere eines Begriffs

18.00 Uhr Empfang Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)

19.00 Uhr Abendessen

Freitag, 10. Oktober 2014

Sektion II: Täterprofile

9.30 Uhr Simone Chiquet, M.A. (Bern)
Die Tat des Schreibens

10.15 Uhr Sarah Mohi-von Känel, M.A. (Zürich)
Schreibtischkämpfer – Konzepte alternativer Täterschaft (1914-1939)

11.00 Uhr Kaffeepause

11.30 Uhr Prof. Dr. Markus Krajewski (Basel)
Fernsteuerungen – Die Schreibtische der Architekten (1943-1960)

12.15 Uhr Kerstin Hofmann, M.A. (Mannheim)
Die Zentrale Stelle in Ludwigsburg und die strafrechtliche Ahndung von Schreibtischtätern

13.00 Uhr Mittagspause

Sektion III: Schreib-Täter

15.00 Uhr Dr. Norman Domeier (Stuttgart)
Schreibmaschinentäter (1932-1949) – Journalisten als Deutungselite ohne Verantwortung?

15.45 Uhr Kaffeepause

16.15 Uhr Prof. Dr. Kerstin Stüssel (Bonn)
Konzept und Praxis der Wiedergutmachung anhand von Martin Walsers Roman »Die Verteidigung der Kindheit«

17.00 Uhr Dr. des. Verena Meis (Düsseldorf)
»Also bin ich eine Schreibtischtäterin.« – Paradoxien des Schreibens und der Täterschaft bei Elfriede Jelinek

18.00 Uhr Abendessen/Imbiss

19.30 Uhr Thomas Körner (Den Haag)
Abendvortrag: Der Internationale Strafgerichtshof – Ein Praxisbericht

Samstag, 11. Oktober 2014

Sektion IV: Rekonstruktionen

9.30 Uhr Dr. René Schlott (Eichwalde)
Der Schreibtischtäter in der Holocaustforschung – Raul Hilbergs Blick auf die Bürokratie des Judeozids

10.15 Uhr Prof. Dr. Eugenio Spedicato (Pavia)
„Dieser neue Verbrechertypus“ - Heinar Kipphardts »Bruder Eichmann« wiedergelesen

11.00 Uhr Kaffeepause

11.30 Uhr Dr. Johannes Platz (Bonn)
Alltagsverständnisse der Figur des »Schreibtischtäters« vor Hannah Arendt – Adolf Eichmann in den Gruppendiskussionen des Frankfurter Instituts für Sozialforschung (1961)

12.15 Uhr Kerstin Gittinger, Mag. (Wien)
»Nichts zu machen. Befehl ist Befehl.« – Zur literarischen Inszenierung von NS-Täterschaft in der österreichischen Jugendliteratur nach 1945 mit besonderer Berücksichtigung von Schreibtischtäter(Innen)-schaft als Thema in Erich Hackls Werk »Abschied von Sidonie« (1989)

13.00 Uhr Schlussdiskussion und Verabschiedung

13.30 Uhr Möglichkeit zum Imbiss

Kontakt

Jun.-Prof. Dr. Dirk Rose
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Institut für Germanistik IV
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf

schriftlichkeit@phil.uni-duesseldorf.de


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Deutsch
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