Globales Engagement im Kalten Krieg: Internationale Solidarität in Ost- und Westdeutschland

Globales Engagement im Kalten Krieg: Internationale Solidarität in Ost- und Westdeutschland

Veranstalter
Frank Bösch (ZZF Potsdam), Caroline Moine (CHCSC Versailles), Stefanie Senger (ZZF Potsdam)
Veranstaltungsort
ZZF Potsdam, Am Neuen Markt 9d, 14467 Potsdam
Ort
Potsdam
Land
Deutschland
Vom - Bis
21.04.2016 - 22.04.2016
Deadline
09.11.2015
Von
Schlöttke, Marion

In den letzten Monaten überraschten die Deutschen die Welt mit einer großen Solidarität mit Flüchtlingen. Dabei zeigte sich eine aktive Unterstützung der Migranten, die jenseits der staatlichen Politik aus der Gesellschaft heraus kam. Dieses Handeln hat viele Ursachen und Wurzeln, knüpft aber in mancher Hinsicht an die zivilgesellschaftliche Solidarität mit der „Dritten Welt“ an, die sich in den 1970/80er Jahren entfaltete. In der Bundesrepublik entstanden damals zahlreiche Initiativen, die sich etwa für „Boat People“ aus Vietnam und politisch Verfolgte in südamerikanischen Diktaturen einsetzten, die gegen den Rassismus in Südafrika, die Okkupation Tibets oder für den Aufbau sozialistischer Staaten wie Nicaragua eintraten. Neben bestehenden Organisationen wie Gewerkschaften, Stiftungen, Medien oder den Kirchen waren es Neue Soziale Bewegungen, die sich hier engagierten und Spenden sammelten, Organisationsbüros aufbauten, öffentliche Kampagnen organisierten, politische Flüchtlinge unterstützten oder auch in den Ländern selbst vor Ort halfen. In der DDR erreichten nicht nur staatlich initiierte Kampagnen der internationalen Solidarität eine massenhafte Unterstützung, etwa für den Kampf des ANC in Südafrika, für die Befreiungsbewegungen in Angola, die Sozialisten in Nicaragua oder für Angela Davis in den USA. Zugleich formierten sich einzelne unabhängige Zusammenschlüsse, die unter größeren Schwierigkeiten Spenden sammelten und verschifften – oft unter dem Dach der Kirche.

Der Workshop untersucht die Ziele und Praktiken dieser internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er konzentriert sich auf die Erscheinungsformen einer politisch-ethischen Verbundenheit mit unterdrückten Minderheiten und Ländern, die bislang meist aus einer Selbstbeschreibung der Akteure heraus thematisiert wurde.

Der Workshop betrachtet die Solidarität erstens als grenzübergreifende Praxis im Kalten Krieg, die stark von der Systemkonkurrenz geprägt war. Zweitens ordnet er die Solidarität in die Geschichte der „Neuen Linken“ ein, die ihre in der Heimat gescheiterten Kämpfe und Utopien in ferne Länder wie Nicaragua verlagerte und damit auch weit über die engeren politischen Kreise hinaus mobilisierte, wie etwa im kirchlichen Milieu. Drittens wird die internationale Solidarität als Teil der Globalisierung analysiert, die sich hier in vielfältigen transnationalen Kooperationen und dem Eintreten für die universalen Menschenrechte niederschlug. Dazu zählte auch der Aufbau von alternativen Konsumstrukturen – vom Fair Trade und „Dritte Welt-Laden“ über Einsätze als „Erntehelfer“ bis hin zu langfristigen Boykottkampagnen.

Ost- und Westdeutschland bilden den Ausgangspunkt dieser globalgeschichtlichen Perspektive. Welche Erwartungen bestanden auf beiden Seiten, und wie wurden sie eingelöst? Das Scheitern von Initiativen gerät damit ebenso in den Blick wie Bereiche, in denen die internationale Solidarität an ihre Grenzen stieß.

Auf dem Workshop können somit folgende Fragen diskutiert werden:

- Welche Vorstellungswelten und Handlungsformen kennzeichnete die Solidarität für Befreiungsbewegungen, nationale Minderheiten und Flüchtlinge?

- In welchem Zusammenhang standen Solidarität, Entwicklungszusammenarbeit und der Schutz von Menschenrechten?

- Welche Bedeutung hatte der Kalte Krieg für deutsche Solidarität und dessen Ende? Wie beeinflussten die Praktiken der Solidarität das innenpolitische Klima in den beiden deutschen Staaten? Welche politischen Motive oder Interessen standen hinter dem solidarischen Handeln?

- Welche Erfahrungen machten deutsche Aktivisten vor Ort in den Entwicklungsländern?

- Welche Rolle spielten die Akteure in den Ländern oder Flüchtlinge? Welche Diskrepanzen entstanden aus unterschiedlichen Erwartungen?

- Wie beeinflussten Medien die Solidarität mit notleidenden und verfolgten Menschen?

- Welche Rolle spielten zivilgesellschaftliche Organisationen wie Kirche, Gewerkschaften, Stiftungen, NGO's oder Frauengruppen? Welche Bedeutung besaß das Engagement von Intellektuellen oder Künstlern?

- Welche Bedeutung hatte die deutsche Diktaturerfahrung für die internationale Solidarität in den beiden deutschen Ländern? Wie spezifisch ist das deutsche Engagement im internationalen Vergleich?

Der Workshop soll auf der Basis vorher eingereichter Paper stark diskussionsorientiert sein. Die Reisekosten für die ReferentInnen werden übernommen. Weitere Interessierte können gerne an der Diskussion teilnehmen.

Für eine Beteiligung mit einem Paper erbitten wir bis zum 9.11.2015 ein Proposal mit maximal 500 Wörtern und einen CV an:
Stefanie Sabine Senger <ssenger@uni-potsdam.de>.
Bis spätestens Ende November erfolgt eine Rückmeldung.

Programm

Kontakt

Stefanie Senger
Zentrum für Zeithistorische Forschung
Am Neuen Markt 1
14467 Potsdam
E-Mail: ssenger@uni-potsdam.de

http://www.zzf-pdm.de
Redaktion
Veröffentlicht am
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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