Die Hütte wird gemeinhin als spontanes und vorläufiges Gebilde verstanden, als eine Improvisation im Außenraum, aus arbiträrem Material gefügt und mit einem klaren Ziel: schnell und mit vorhandenen Mitteln einen abgetrennten Bereich zu konstituieren. So verstanden faltet die Praxis der Hütte den Raum, sie erstellt gewissermaßen eine Tasche oder eine Abteilung in diesem Raum und ermöglicht auf diesem Weg ein relatives Innen in Differenz zu einem Außen.
Eine solche temporäre Faltung des Raums kann als Unterstand, Obdach, Versteck, Lager oder Zuflucht dienen. Doch auch Handwerk und Industrie kennen die Hütte, zum Beispiel die Eisenhütte bzw. die Praxis des Verhüttens, die jenen Umschlag fasst, an dem aus ›Naturmaterial‹ ein Rohstoff ausgesondert und destilliert wird, der kulturelle wie technische Produktionen speist. Und nicht nur sprachhistorisch, sondern auch architekturgeschichtlich ist die Hütte mit der Haut verwandt – das lässt sich nicht nur in Gottfried Sempers Ausführungen zur mit Häuten bespannten Stiftshütte nachlesen, sondern auch in der konkreten chirurgischen Schneidepraxis wiederfinden sowie in der materialwissenschaftlichen Modellarchitektur der Wundheilprozesse.
Diese zweite Konferenz setzt die Befragung der unterschiedlichen Praktiken der Hütte fort und zielt dabei auf eine transdisziplinäre »Typologie der Hütte«, die von der Architektur, Biologie und Kunst über die Mathematik, Materialwissenschaft und Metaphysik bis zur Sprach- und Technikgeschichte reicht.