S. Arend: Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz

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Titel
Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Konstanz 8. Die Konstanzer Bischöfe von 1384 bis 1434


Autor(en)
Arend, Sabine
Reihe
Germania Sacra. Dritte Folge (20)
Erschienen
Berlin 2022: de Gruyter
Anzahl Seiten
263 S.
Preis
€ 113,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Ansgar Frenken, Schubart-Gymnasium Ulm

Mit der vorliegenden Arbeit ist nun endlich, nach einer langen Zeit des Wartens, der zweite Band der Bischofsreihe des alten Bistums Konstanz im Rahmen der „Germania Sacra“ erschienen, die Helmut Maurer vor knapp zwanzig Jahren begonnen hatte.1 Der erste Band aus der Feder des langjährigen Konstanzer Stadtarchivars reichte von den Anfängen bis hin zum Episkopat des Diethelm von Krenkingen (1189–1206). Sein Wunsch, das begonnene Werk „fortzusetzen, [was] freilich Jüngeren überlassen bleiben muss“2, ging schließlich erst nach fast zwei Jahrzehnten mit Arends Arbeit, die zeitlich jedoch nicht unmittelbar an Maurers Erstling anschließt, in Erfüllung.

Stattdessen beschäftigt sich Arend mit den Bischöfen in der Zeit des Großen Abendländischen Schismas – zweifellos ein Desiderat. Dies umso mehr, als das Bistum Konstanz selbst in dieser Zeit in zwei Obödienzen auseinanderbrach. Allerdings ist es zu bedauern, dass Heinrich von Brandis (Episkopat 1357–1383) keine Aufnahme gefunden hat.3 Das mag einer Absprache mit den Herausgebern der Reihe geschuldet sein, ist mit Blick auf die behandelte Epoche aber zweifellos eine vertane Chance. Denn das politische Lavieren Bischof Heinrichs zwischen den beiden Obödienzen weist bereits auf die Probleme hin, die die weitere Entwicklung im Konstanzer Bistum und Hochstift in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich bestimmen sollten. Schon unter Heinrich zeichnete sich das beginnende Bischofsschisma in Konstanz ab (vgl. S. 32), welches mit der Wahl seines Nachfolgers Nikolaus von Riesenburg evident wurde und das erst unter dem letzten der in diesem Band vorgestellten Bischöfe, Otto von Hachberg, seine endgültige Überwindung fand.

Nach einem (reihenüblichen) ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 1–29), das kaum Wünsche offenlassen sollte, gibt Arend einen knappen Überblick über die „Geschichte der Bischöfe von Konstanz im 14. und 15. Jahrhundert“ (S. 31–39). Kirchenspaltung, politische Machtkämpfe auf lokaler und regionaler Ebene sowie die immense Verschuldung des Hochstifts sieht sie dabei als „inhaltliche Klammer“ (S. 31) der folgenden Bischofsviten, des eigentlichen Kernstücks ihrer Arbeit (S. 41–242). Mit Nikolaus von Riesenburg, Burkhard von Hewen, Mangold von Brandis, Heinrich Bayler, Friedrich von Nellenburg, Marquard von Randeck (Randegg), Albrecht Blarer und Otto von Hachberg werden insgesamt acht Personen detailliert vorgestellt, die das Bischofsamt im Bistum Konstanz in dem von Arend untersuchten Zeitraum bekleideten. Darunter sind mit Mangold von Brandis und Heinrich Bayler zwei, die der avignonesischen Obödienz anhingen, deren Wahl durchaus auch als ein Spiegelbild von Streitigkeiten und einer Uneinigkeit innerhalb des Domkapitels, aber auch im gesamten Bistum gesehen werden kann. Für Burkhard von Hewen, einen engen Gefolgsmann der Habsburger, ist eine zeitweilige Nähe zur avignonesischen Linie nicht auszuschließen; seine spätere Passivität gegen deren Anhänger dürfte ein weiterer Beleg sein (S. 116f.). Dagegen waren die übrigen Bischöfe eindeutige Anhänger der römischen Linie, von Urban VI. bis zu Gregor XII. sowie zuletzt der Pisaner Obödienz.

Reihenspezifisch ist der Aufbau der einzelnen Personenartikel: Nach einer Übersicht über die Literatur folgen Angaben zu Herkunft und Familie, zum Pfründenerwerb, zur Wahl zum Bischof, zur Amtszeit – Diözesanverwaltung, Hauptprobleme (Verschuldung und deren Bekämpfung, Beteiligung an kriegerischen Auseinandersetzungen etc.) – sowie im Einzelfall zur Resignation und zum Tod. Weitere Teilabschnitte beschreiben die Wappen und Siegel der einzelnen Bischöfe, deren sachkundige Darstellung ein besonderes Interesse der Autorin gefunden hat. Im Großen und Ganzen werden die detaillierten Angaben sorgfältig belegt bzw. aus den Quellen nachgewiesen.

Die Aufteilung der einzelnen Personenkapitel ist klar gegliedert und in sich schlüssig. Das Konzept weicht zwar von Maurers oben genanntem Referenzwerk etwas ab, erscheint aber insgesamt überzeugender und ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit der einzelnen Amtsinhaber.

Ein sorgfältig gemachtes, umfangreiches Register der Personen- und Ortsnamen (S. 243–257) vervollständigt diesen Band und wird Forschenden gute Dienste leisten. Als Nachschlagewerk kann Arends Band Konstanzer Bischofsviten ohne Zweifel seinen Zweck erfüllen und ein wichtiges Hilfsmittel für die Forschung werden.

Insgesamt schält sich bei der Lektüre der Eindruck heraus, dass die exorbitante und weiter ansteigende Verschuldung der Bischöfe – nicht zuletzt bedingt durch die geringen Einkünfte aus dem spärlichen hochstiftischen Besitz, die hohen Zahlungen für die Leibgedinge, die kostspieligen Verwicklungen in lokale und regionale Auseinandersetzungen sowie die hohen Geldforderungen seitens der Kurie – die Amtszeiten der Bischöfe maßgeblich bestimmte. Zugleich führten dieses Kardinalproblem und die Aussichtslosigkeit, den Schuldenstand drastisch verringern zu können, dazu, dass auffällig viele Amtsinhaber nach Möglichkeiten suchten, auf finanziell lukrativere Positionen zu wechseln (Nikolaus von Riesenburg) oder vorzeitig – mit entsprechender Abfindung – aus dem Amt auszuscheiden (Nikolaus von Riesenburg, Albert Blarer, Otto von Hachberg).

Bemerkenswert ist darüber hinaus die Zahl der Amtsträger, die nicht über die vollen Weihen zur Ausübung ihres Amtes verfügten (Albrecht Blarer, Otto von Hachberg), vielleicht deshalb auch wenig Reformelan zeigten. Ihr Amt verdankten sie hoher politischer Protektion (König Wenzel, Habsburgerherzöge) bzw. ihrer Herkunft aus Familien, die in der Region einflussreich waren (Friedrich von Nellenburg, Albert Blarer, Otto von Hachberg). Dies konnte im Einzelfall zu einer Verstrickung in die politischen und militärischen Auseinandersetzungen führen, am sichtbarsten wiederum bei Albrecht Blarer. In dieser Hinsicht unterschied sich Konstanz nicht wesentlich von der Situation anderer Reichsbistümer.

Trotz aller Vorzüge der geleisteten Arbeit bleibt bei der Lektüre manchmal ein gewisses Gefühl des Ungenügens zurück. So hätte man sich mitunter mehr Mut der Autorin gewünscht, etwa bei dem Versuch, die Gründe für die Wahl Friedrichs von Nellenburg zu eruieren, ebenso wie die Hintergründe für seinen raschen Verzicht auf diese Würde. Dass er als Verwandter des Bischofs Heinrich von Brandis und durch die Verwurzelung seiner Familie in der Konstanzer Diözese über die prekäre finanzielle Lage nicht Bescheid gewusst haben sollte (S. 128), wirkt nicht gerade überzeugend. Zumindest hätte in diesem Fall ausdrücklich auf Überlieferungslücken oder Forschungsdesiderate hingewiesen werden sollen. Gleiches gilt für den finanziellen Ruin des Klosters Reichenau zu einem Zeitpunkt, als Mangold von Brandis dort Cellerar und Propst war (S. 65).

Abschließend bleibt der Wunsch, hoffentlich nicht wieder Jahrzehnte warten zu müssen, bevor die Konstanzer Bischofsreihe im Rahmen der „Germania Sacra“ vervollständigt wird.

Anmerkungen:
1 Helmut Maurer (Bearb.), Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Konstanz 5 [nicht 2!]: Konstanzer Bischöfe 6. Jahrhundert bis 1206 (Germania Sacra. Neue Folge 42,1), Berlin / New York 2003.
2 Zitat ebd., Vorwort S. V.
3 Eine knappe Orientierung ermöglichen die beiden Übersichtsartikel in: Erwin Gatz (Hrsg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1198 bis 1448, Berlin 2001, S. 295, sowie in: Helvetia Sacra I/2, Basel / Frankfurt am Main 1993, S. 103–105, 316–321 (verfasst von Brigitte Degler-Spengler).

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