Forum: Nation: G. Fischer: Die Nation im Geschichtsbild des Bolsonarismus

Von
Georg Fischer, Department of Global Studies, Aarhus Universitet

Der kometenhafte Aufstieg Jair Bolsonaros vom Hinterbänkler im Abgeordnetenhaus zum Präsidenten Brasiliens wurde durch eine tiefgreifende politische und wirtschaftliche Krise ermöglicht, die 2013 ihren Anfang nahm. Damals kam es zu landesweiten Protesten, die sich an Preiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr entzündeten und die sich im Vorfeld der anstehenden Großveranstaltungen (Fußballweltmeisterschaft 2014, Olympia 2016) rasant zu Massendemonstrationen gegen fehlende Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge entwickelten.1 Als Mobilisierungsbeschleuniger wirkten ein stockendes Wirtschaftswachstum im Zusammenhang mit dem Ende einer Jahre währenden Hochpreisphase für Primärgüter und Aufsehen erregende Korruptionsermittlungen gegen Politiker:innen und Funktionär:innen von Staatsunternehmen. Rechte Gruppen wurden nach und nach auf den Straßen tonangebend. Ihr Hauptziel bestand darin, die sozialdemokratische Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT), die seit 2002 vier Präsidentschaftswahlen in Folge für sich hatte entscheiden können, zu entmachten. Dies gelang 2016 mit dem Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff, das formal auf dem Vorwurf der Schönung von Haushaltszahlen beruhte und das die Machterosion der PT im Kongress offenlegte. In den zwei Jahren bis zur nächsten Wahl leitete der neue Präsident, Rousseffs vormaliger Vize-Präsident, Michel Temer von der zentristischen Partei deutsch Brasilianische Demokratische Bewegung (Movimento Democrático Brasileiro, MDB), eine neoliberale Kurswende ein. Gleichzeitig verstärkte die Justiz die Strafverfolgung ranghoher PT-Politiker:innen. Dies stärkte den in der Bevölkerung wachsenden Antipetismo (Anti-PT-ismus), diskreditierte die etwa auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung durchaus erfolgreichen Regierungsjahre der PT und endete mit dem Ausschluss des nach wie vor populären, nun aber in zweiter Instanz verurteilten Expräsidenten Luís Inácio „Lula“ da Silva von der Präsidentschaftswahl 2018. Der Weg war frei für den Ex-Offizier Jair Bolsonaro, der sich trotz langjähriger Parlamentszugehörigkeit effektvoll als politischer Outsider inszenierte und offen als Systemzerstörer antrat.2

Der Aufstieg des Bolsonarismus und der Neuen Rechten zeitigt auch auf dem Feld der Kultur und der Geschichtspolitik spürbare Auswirkungen. Neue Akteur:innen betreten das Feld und praktizieren neue Formen der public history, um Mobilisierungschancen wahrzunehmen, politische Agenden zu legitimieren und Zugehörigkeiten zu markieren. Das „Ringen um Diskurshoheit“3 zwischen unterschiedlichen Akteur:innen, bei dem nationale Selbstbilder und Zukunftsvisionen zur Disposition stehen, ist ein Kernelement einer pluralistischen Demokratie wie der brasilianischen – so gefährdet sie momentan auch sein mag. In Brasilien haben sich in den letzten Jahren allerdings Diskursräume von erheblicher Größe gebildet, in denen private Erinnerungsakteur:innen das Feld der akademischen Geschichtswissenschaft von außen attackieren. Vereinfacht gesagt werden in diesen Räumen zwei Ziele verfolgt: Erstens die Entwicklung einer neuen Erzählung über die brasilianische Nation, die sich als anschlussfähig an den politischen Wandel der letzten Jahre erweisen soll, und zweitens die Delegitimierung der akademischen Geschichtswissenschaft, die als Ort des kritischen Denkens als Hindernis für das nationale Projekt erachtet wird. In diesem Essay möchte ich anhand ausgewählter Beispiele auf die Rolle von Geschichtsbildern und neuen Erinnerungsakteur:innen eingehen, die im Zuge des Aufstiegs des Bolsonarismus im öffentlichen Diskurs erhöhte Aufmerksamkeit erhalten haben. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf nationalen Ursprungserzählungen in der neuen rechtskonservativen Historiographie. Ferner betrachte ich die Intervention der neuen citizen historians auf dem Feld der Aufarbeitung von Diktatur und politischer Gewalt.

Der „ideologische Flügel“ des Bolsonarismus und Der letzte Kreuzzug

Entscheidend für den Wahlerfolg Bolsonaros waren unterschiedliche Unterstützergruppen, die anschließend mit Zugriff auf Regierungsämter und hohe Verwaltungsposten belohnt wurden: Erstens das Militär, dem Bolsonaro selber entstammt und als dessen Repräsentant er sich bereits in seiner Ausübung des Abgeordnetenmandats verstanden hatte; zweitens die evangelikalen Kirchen, die in der Lage sind ein wachsendes Wählerpotential zu mobilisieren und deren Interessen sich besonders in der Familien- und Kulturpolitik mit dem bolsonaristischen Programm überschnitten; drittens die Agrarlobby, die sich weniger Umweltauflagen erhoffte; viertens die Vertreter des nach einer Taskforce der Staatsanwaltschaft benannten lavajatismo, die sich ein Ende der Straflosigkeit bei Korruptionsvergehen sowie ein härteres Durchgreifen in der inneren Sicherheit auf die Fahnen geschrieben hatten; fünftens der sogenannte „ideologische Flügel“ des Bolsonarismus, bestehend aus rechtskonservativen Intellektuellen mit Verbindungen insbesondere zur U.S.-amerikanischen Neuen Rechten, die sich im Kampf gegen den „Globalismus“, die „Neue Weltordnung“ und den „Kulturmarxismus“ sehen. Hinzu kamen Figuren wie der neoliberale Wirtschafts- und Finanzminister Paulo Guedes, dessen ideologisches Profil innerhalb der Regierung als randständig bezeichnet werden kann, der der Regierung aber die Unterstützung des Unternehmertums und der internationalen Finanzmärkte sicherte.

Innerhalb dieser heterogenen und häufig fragilen Akteurskonstellation arbeitet der „ideologische Flügel“ systematisch an einer Neuordnung der Erinnerungs- und Geschichtspolitik. Der Flügel übernahm das Bildungs- und das Außenministerium und stellte einflussreiche Berater und Staatssekretäre. Ein exponierter Vertreter war Außenminister Ernesto Araújo (im Amt bis März 2021), ein Karrierediplomat und Blogger, der Brasilien eine zentrale Rolle in einem weltweiten Kampf um die Werte der „westlichen Zivilisation“ gegen einen antinationalen, kulturrelativistischen „Globalismus“ beimisst. Dieser Globalismus, der etwa in Gestalt von supranationalen Regimen daherkommt, ist laut Araújo „der neue Weg des Kommunismus“. Zum „globalistischen Projekt“ zählt er den climatismo („Klimatismus“ oder Klima-Alarmismus), den imigracionismo („Immigrationismus“, also Massenmigration als angeblich gefördertes politisches Elitenprojekt), den „Szientismus“ sowie die „Genderideologie“ und die „Neuordnung der Gesellschaft nach dem Rasseprinzip“, was im brasilianischen Kontext auf die Politik der affirmative action verweist, wie beispielsweise Quoten für Afrobrasilianer bei der Vergabe von Studienplätzen. Hinter der Covid-19-Pandemie steckt laut Araújo der Vorsatz, „einen permanenten globalen Ausnahmezustand zu erzeugen, um die Welt in ein großes Konzentrationslager zu verwandeln“.4 Um die Verankerung der Kernideen eines traditionalistisch verstandenen „Westens“ in den Curricula der international hoch angesehenen brasilianischen Diplomatenausbildung durch das Instituto Rio Branco sowie in der Programmatik des diplomatischen Geschichts- und Dokumentationszentrums Fundação Alexandre de Gusmão bemühte sich Araújo, unterstützt durch den Steve Bannon-Bewunderer und außenpolitischen Berater Jair Bolsonaros, Filipe Martins, folgerichtig besonders stark.

Neben diesem „Gang durch die Institutionen“ zielen rechtskonservative geschichtspolitische Initiativen auf maximale Breitenwirkung ab. Rund 75 Prozent der Brasilianer:innen haben Zugang zum Internet, wohingegen der Zugang zu Bibliotheken für große Bevölkerungsteile schwierig ist. Diese strukturellen Voraussetzungen bildeten bereits den Rahmen für den Aufstieg des Bolsonarismus, der im Wahlkampf auf den Einsatz von gezielter Fehlinformation insbesondere mittels massenhaft verbreiteter WhatsApp-Nachrichten setzte.5 Für die Kulturkämpfe, in denen man sich wähnt, stellt der virtuelle Raum eine ebenso privilegierte Bühne dar, wenngleich ein wichtiges Anliegen auch immer die Bildung und Vernetzung von Communities im analogen Raum ist, insbesondere durch Bildungsangebote wie Studienkreise. Zahlreiche rechtskonservative Erinnerungsakteure bieten mittlerweile eigene Online-Seminare an, deren Teilnehmer:innen unter Anleitung (größtenteils europäische) philosophische und literarische Klassiker lesen und sich virtuell in Diskussionsrunden begegnen. Diese Lehr- und Vortragstätigkeit stellt die „Basisarbeit“ dar, durch die ein inklusiver Kommunikationszusammenhang gebildet wird. Es entsteht gleichsam ein außerakademischer historiographischer Referenzrahmen mit einer Bandbreite an Spezialisierungen, von der Geschichte der brasilianischen Monarchie im 19. Jahrhundert über die vermeintliche sowjetische Infiltration der lateinamerikanischen Linken bis hin zur Entthronung von Ikonen der brasilianischen Ideengeschichte, wie beispielsweise des marxistischen Erziehungswissenschaftlers Paulo Freire.

Eine emblematische Figur dieser Basisarbeit ist Rafael Nogueira. Nach einem Philosophie-Lizenziat an der Katholischen Universität Santos im Bundesstaat São Paulo unterrichtete Nogueira an staatlichen und privaten Schulen. Nebenbei nahm er seit den frühen 2000er Jahren an den privaten Kursen von Olavo de Carvalho, Vordenker und charismatische Lichtgestalt der brasilianischen Rechtskonservativen, teil, was ihm heute innerhalb des „ideologischen Flügels“ als wichtige Legitimationsressource dient. Als Lehrer an Privatschulen führte Nogueira beispielsweise Veranstaltungen zur Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für die Akademie der Militärpolizei von São Paulo wie auch für die Diplomatenlaufbahn durch. Gleichzeitig trat er als Unterstützer der bolsonaristischen Vorfeldorganisation Movimento Conservador (Konservative Bewegung, ehemals Direita São Paulo/Die Rechte São Paulo) in Erscheinung. Seit Ende 2019 leitet er die Nationalbibliothek in Rio de Janeiro. Einem größeren Publikum wurde Nogueira bekannt durch seine Rolle als wissenschaftlicher Experte in den historischen Dokumentarfilmen des online-Portals Brasil Paralelo.

In der neuen Landschaft gesellschaftlicher geschichtspolitischer Deutungskämpfe nimmt Brasil Paralelo eine zentrale Position ein. Das 2016 in Porto Alegre gegründete Privatunternehmen verbreitet über seinen YouTube-Kanal professionell und aufwändig produzierte Filme, die bemerkenswerte Reichweiten erlangen. So wurde etwa der erste Teil der historischen Dokumentarreihe Der letzte Kreuzzug (A última cuzada)6 mehr als drei Millionen Mal angesehen, der 2020 erschienene Dokumentarfilm über den Militärputsch von 1964 gut neun Millionen Mal (Stand August 2021).7 Das Geschäftsmodell basiert, soweit bekannt, auf Abonnements und Premium-Mitgliedschaften, die Zugang zu exklusiven Inhalten wie Vorträgen, Interviews und Onlineseminaren eröffnen. Dazu kommen Werbeeinnahmen von YouTube. Über das Image eines von seinen Anhänger:innen finanzierten Privatprojekts stilisiert sich Brasil Paralelo als Gegenmodell zur staatlich organisierten Kultur- und Bildungspolitik.8

Der letzte Kreuzzug konstruiert ein heroisches Narrativ der Entstehung der brasilianischen Nation aus dem Geist der iberischen Reconquista und der Kreuzzüge ins Heilige Land. Die Reihe betont die spirituellen Aspekte der portugiesischen Überseeexpansion, erst anhand des Christusordens, der im Königreich Portugal als Nachfolger des in ganz Europa verfolgten Templerordens gegründet wurde, und später im Missionswerk der Jesuiten. Im Spektrum des ideologischen Flügels des Bolsonarismus finden sich zahlreiche identitäre Bezugnahmen auf das europäische Mittelalter und die Kreuzzüge, über die sich Vorstellungen von weißer Vorherrschaft transportieren lassen – so kommentierte etwa Filipe Martins den Wahlsieg Bolsonaros mit den Worten „Deus vult“.9 In Der letzte Kreuzzug wird die Entstehung der brasilianischen Nation teleologisch zu einer Verkettung von Kontinuitäten verklärt, die auf den Kern einer imaginierten abendländischen Zivilisation verweisen: einen Katholizismus, der sich auch deshalb eine besondere Reinheit bewahrt hat, weil das portugiesische Königshaus der Bragança 1807/08 vor den heranrückenden napoleonischen Truppen in Rio de Janeiro Zuflucht suchte, bevor der portugiesische Thronfolger Pedro 1822 die Unabhängigkeit des Kaiserreichs Brasilien proklamierte.

Die Suche nach dem „tiefen Okzident“ in der brasilianischen Geschichte ist eines der intellektuellen Hauptprojekte Rafael Nogueiras. Über dieses Projekt schrieb er 2018 in einem Blogbeitrag: „Die moderne Welt ist ein derart großes Durcheinander, dass ich die Fundamente einer Identität nur in den überholten Begriffen der unsterblichen Seele, der Familie, Religion, Nation, Zivilisation finden konnte. […] Die brasilianische Kultur besitzt Besonderheiten, aber ihr Stamm ist europäisch mit lusitanischen Eigenheiten. Dieses Verständnis eröffnete mir einen Ort in der Menschheit (nicht nur unter den Lebenden) und stellt somit den Quell einer höheren Sinnhaftigkeit des Lebens dar.“10 Im zweiten Teil von Der letzte Kreuzzug stellt Nogueira fest: „die westliche Zivilisation ist der höchste Punkt, den die Menschheit bis jetzt erreicht hat. Und Brasilien ist ihre Frucht.“11 Diese Erkenntnis begründet den Nationalstolz, den Brasil Paralelo vermitteln will. Sie stellt auch die Matrix für die Konstruktion von nationalen Helden dar: Projektionsfläche für diesen spirituellen Okzidentalismus bieten etwa der Jesuitenpater Anchieta, die bandeirantes, die im 17. und 18. Jahrhundert auf der Suche nach Bodenschätzen und indigenen Sklaven weit ins südamerikanische Inland vordrangen, oder die brasilianischen Monarchen des 19. Jahrhunderts. Andere Helden wie Tiradentes, ein antikolonialer Verschwörer aus dem späten 18. Jahrhundert, werden gezielt „nationalisiert“, um der landläufigen Forschungsmeinung zu widersprechen, nach der ein brasilianisches Nationalbewusstsein erst nach dem portugiesischen Hoftransfer nachzuweisen ist.12

Mit der Betonung des portugiesischen Erbes und dessen Erhöhung zur Ursprungsenergie einer abendländisch geprägten brasilianischen Zivilisation knüpft der Geschichtsdiskurs der Neuen Rechten an die Tradition der historistischen Nationalgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts an. Francisco Adolfo de Varnhagen vertrat in seiner Allgemeinen Geschichte Brasiliens (História Geral do Brasil) von 1854 die Auffassung, eine wahrhaftige Geschichte der brasilianischen Nation müsse eine klare Hierarchisierung zwischen der „Zivilisation“ der europäischen Kolonisatoren, der „Barbarei“ der afrikanischen Sklaven und der „Wildheit“ der indigenen Völker vornehmen.13 Darin unterschied er sich sowohl von anderen historiographischen Skizzen der Zeit, welche den Beiträgen afrikanischer und indigener Kulturen durchaus Gewicht beimaßen14, als auch von romantischen Entwürfen nationaler Identität, welche das tropische Kaiserreich mithilfe der epischen Figur des edlen Wilden kulturell vom ehemaligen Mutterland abzusetzen versuchten.15

Doch im Nachdenken über die nationale Identität Brasiliens gab es seitdem entscheidende Brüche. Besonders im späten 19. Jahrhundert dominierte in elitären Kreisen die Auffassung, Brasilien sei dazu bestimmt eine weiße Nation zu werden.16 Diese Ideologie der „Aufweißung“ war nicht zuletzt inspiriert von der weit verbreiteten negativen Bewertung der Sklaverei. In Brasilien, das bis 1850 massenhaft versklavte Menschen aus Afrika importierte und bis 1888 an der Sklaverei festhielt, gab es, anders als etwa in den U.S.-Südstaaten, keinen Diskurs, der die Sklaverei als „positives Gut“ in die nationale Identität einbezog. Stattdessen wurde sie meist als schandvolles Erbe der portugiesischen Kolonialherrschaft beschrieben, dessen sich das unabhängige Brasilien aufgrund ökonomischer Zwänge jahrzehntelang nicht habe entledigen können.17 Joaquim Nabuco, einer der wichtigsten Vorkämpfer des Abolitionismus, erachtete die Sklaverei als „Kainsmal“ auf dem Antlitz der brasilianischen Nation, sah aber in „einem Strom kräftigen kaukasischen Blutes“ die einzige Möglichkeit „unsere Rasse nicht noch mehr zu korrumpieren“.18 Vordenker wie Sílvio Romero unterstützten das biopolitische Projekt einer „Aufweißung“ der Bevölkerung mithilfe von europäischen Einwanderern, die teilweise aktiv mit staatlichen Ressourcen angeworben wurden.19

Mit der kulturellen Strömung des Modernismus und insbesondere mit dem monumentalen Werk Casa-grande e senzala (Herrenhaus und Sklavenhütte) des Soziologen Gilberto Freyre änderte sich der Diskurs über die nationale Identität Brasiliens ab den 1930er Jahren entscheidend.20 Freyre besetzte das Mestizische, die mestiçagem, positiv und interpretierte die brasilianische Gesellschaft als im Kern geprägt durch den Lusotropikalismus, eine besondere Neigung der in sich hybriden Portugiesen, harmonische ethnisch-kulturelle „Amalgame“ herzustellen. Obschon die von Freyre suggerierte brasilianische „Rassendemokratie“ ab den 1950er Jahren durch eine neue Generation empirisch arbeitender Soziologen widerlegt wurde, entfaltete die Idee des Lusotropikalismus eine enorme Wirkungsmacht.21 Beispielweise interessierten sich Intellektuelle und Diplomat:innen ab den frühen 1960er Jahren verstärkt für die afrikanisch-brasilianischen Beziehungen und bezogen sich mit Stolz auf die geteilte Geschichte im Südatlantik.22

Auch Brasil Paralelo bedient sich in der Reihe Der letzte Kreuzzug lusotropikaler Motive und beschreibt mestiçagem als ein essentielles Element brasilianischer Kultur. Der Katholizismus – repräsentiert durch die Jesuiten – ist hier der Kitt, der die entstehende mestizische Zivilisation zusammenhält. Die Beziehungen zwischen Europäern und Indigenen werden als weitgehend harmonisch – etwa im Hinblick auf amouröse Beziehungen – und reziprok beschrieben – etwa am Beispiel des Brasilholzhandels, der den Indigenen wirtschaftliche Vorteile gebracht habe. Die vor allem im 16. Jahrhundert weit verbreitete Versklavung von Indigenen bleibt unerwähnt, Gewalt gegen indigene Völker wird mit dem Kampf gegen den Kannibalismus begründet. „[Die Jesuiten] nahmen sich der indigenen Gemeinschaften Brasiliens an und führten sie innerhalb von 20 Jahren aus dem Paläolithikum in den Barock“, kommentiert der Dozent und Präsident des konservativen Bildungsvereins Instituto Hugo de São Vítor, Clístenes Hafner Fernandes.23 Ungeachtet der Superiorität der „westlichen Zivilisation“ werden Indigene und Schwarze letztlich in die entstehende brasilianische Nation integriert. Diese Amalgamierung wird symbolisiert durch die Schlachten von Guararapes gegen die niederländischen Invasoren im Jahr 1648-49, die gleichsam als Sieg katholischer Konvivialität über den kalten Rationalismus des Protestantismus gedeutet werden.

Dieser unkritisch-identitätspolitische Rekurs auf einen katholisch geprägten Lusotropikalismus steht quer zu den aktuellen geistes- und sozialwissenschaftlichen Debatten über race relations und das Erbe Gilberto Freyres. Hier dominieren kritische Sichtweisen, die in der Idee der mestiçagem den Versuch sehen, andere ethnisch-kulturelle Identitäten unsichtbar zu machen und in einer universellen „Brasilianität“ aufzulösen. Bewegungen, die sich für die Stärkung der Rechte von Nachfahren afrikanischer Versklavter und der afrobrasilianischen Kultur einsetzen sowie die immer sichtbareren indigenen Aktivist:innen arbeiten an einem multikulturalistischen Narrativ jenseits des Lusotropikalismus.24 Diese Bewegungen wurden durch die am Ende des Redemokratisierungsprozesses erarbeitete Verfassung von 1988 gestärkt, da diese beispielsweise für indigene Gruppen und Nachfahren von quilombolas – Gemeinschaften geflohener Sklaven – das Recht auf Land enthält.

In ihrem Versuch, diese Rechte wieder einzuschränken, rekurriert auch die Regierung Bolsonaro auf historische Narrative. Der Afrobrasilianer Sérgio Camargo, von Jair Bolsonaro berufen als Direktor der für die Förderung der afrobrasilianischen Kultur und für die Anerkennung von quilombos zuständigen Fundação Cultural Palmares, ist ein erklärter Gegner der Schwarzenbewegung, der er eine politisch motivierte Opferhaltung vorwirft. Ferner relativiert Camargo die Sklaverei mit dem Argument, dass es den Nachfahren afrikanischer Sklaven in den Amerikas heute besser gehe als der Bevölkerung Afrikas.25Brasil Paralelo verharmlost die Sklaverei nicht als solche, blendet aber systematisch die Frage nach historischer Verantwortung aus. Bei der Beschreibung des transatlantischen Sklavenhandels greift Der letzte Kreuzzug auf das Bild des „Schandflecks“ zurück. Der Film nimmt hier bewusst eine welthistorische Perspektive ein und entwickelt eine Erzählung von der Sklaverei als Menschheitsgeißel, von der keine Gesellschaft verschont gewesen sei. Das Augenmerk liegt auf von der akademischen historischen Forschung vermeintlich „verschwiegenen“ Aspekten, wie etwa afrikanischen Versklavungspraktiken vor der Ankunft der Europäer oder die komplexen und häufig verschwommenen Trennlinien im brasilianischen Sklavereisystem.26 In der Tat erlangten in Brasilien vergleichsweise viele Sklav:innen unter verschiedensten Umständen die Freiheit, einige wurden selbst Sklavenbesitzer, und sogar Sklav:innen besitzende Sklav:innen sind empirisch belegt.27

Citizen historians und der Putsch von 1964

Ein anderes Thema, dessen sich Brasil Paralelo prominent annimmt, ist der Militärputsch von 1964. Damals setzte das Militär gemeinsam mit zivilen politischen Kräften im brasilianischen Kongress und offener Unterstützung von Teilen der Mittel- und Oberschicht Präsident João Goulart ab, nachdem dieser auf Druck der Gewerkschaften grundlegende sozialpolitische Reformen angekündigt und sich mit der Armeeführung überworfen hatte. Der Putsch, der ein 20 Jahre währendes Regime autoritärer zivil-militärischer Herrschaft etablierte, entsprach nach heutigem Kenntnisstand den Interessen der U.S.-Regierung und wurde rasch durch sie anerkannt, wenngleich er nicht aktiv durch die CIA oder das Pentagon initiiert wurde.28 Die politische Repression erreichte ihren Höhepunkt in den Jahren von 1968 bis 1974, als Zensur und Inhaftierungswellen zahlreiche Regimekritiker:innen ins Exil trieben. Kleine Widerstandsgruppen und revolutionäre Zellen nahmen den bewaffneten Kampf auf, eine Konfrontation, die als Rechtfertigung massiver Menschenrechtsverletzungen seitens der staatlichen Sicherheitsorgane diente, darunter die Folter und das Verschwindenlassen von Regimegegner:innen. Präsident Jair Bolsonaro, als Soldat während des langsamen politischen Öffnungsprozesses der 1980er Jahre sozialisiert, hat sich immer wieder positiv zu Folterungen und politischen Morden während der Militärdiktatur geäußert.29

Die Aufarbeitung der politischen Gewalt während der Militärdiktatur verlief in Brasilien langsam, stockend und unvollständig. Das Land gilt als Beispiel für eine „paktierte Transition“, die von oben überwacht und unter kontrollierter Beteiligung der vormaligen Opposition durchgeführt wurde. Bis heute gilt das Amnestiegesetz von 1979, das Folterer wie auch Angehörige des bewaffneten Widerstands vor Strafverfolgung schützt. Mit Fernando Henrique Cardoso (1994-2002), Lula da Silva (2003-2010) und Dilma Rousseff (2011-2016) standen mehr als zwanzig Jahre lang Figuren an der Spitze der brasilianischen Regierung, die als Intellektuelle (Cardoso), Gewerkschaftsführer (Lula) oder Angehörige des bewaffneten Widerstands (Rousseff) gegen das Militärregime gewirkt hatten und von diesem exiliert (Cardoso), inhaftiert (Lula) oder gefoltert (Rousseff) worden waren. Ein eher kurzes erinnerungspolitisches Intermezzo begann mit der 2012 von Präsidentin Rousseff eingesetzten nationalen Wahrheitskommission und der daran anschließenden Gründung zahlreicher regionaler Aufarbeitungsgremien.30 Die Arbeit der Kommission bestand vor allem im Zusammentragen von Zeitzeugenaussagen und Archivquellen, um zu einer realistischen Einschätzung des Ausmaßes und der Praktiken staatlich sanktionierter Menschenrechtsverletzungen zu gelangen. Der gesellschaftliche Nachhall des Ende 2014 vorgelegten Abschlussberichtes war indes schwach, da die Kompetenzen der Kommission sich auf Dokumentationszwecke und politische Empfehlungen beschränkten, aber keinen Auftrag zur Strafverfolgung beinhalteten. Zudem hatte sich das politische Klima seit den Massendemonstrationen 2013 drastisch verändert: 2014 wurde Rousseff zwar knapp wiedergewählt, sie kämpfte jedoch von Beginn ihres zweiten Mandats an um ihr politisches Überleben, während große Teile der öffentlichen Meinung nach rechts und die historische Aufarbeitung und Aussöhnung mehr und mehr in den Hintergrund rückten.

In der Konsequenz sind offene Deutungskämpfe um das Epochenjahr 1964 entbrannt. Bolsonaro und sein innerster Machtzirkel bleiben dabei jener Lesart treu, die in wesentlichen Teilen seit jeher in Militärakademien und Polizeischulen den Rekrut:innen vermittelt wird: Brasilien habe in den frühen 1960er Jahren kurz vor einer kommunistischen Machtübernahme gestanden. Die Militärs hätten sich sowohl bei der Absetzung Goularts als auch während ihrer 20-jährigen Herrschaft der Unterstützung großer Teile der Bevölkerung sicher sein können. Politische Morde und Folter seien gerechtfertigte Mittel im Kampf gegen kommunistische Subversion gewesen. Der „rechtschaffene Bürger“ (cidadão de bem), eine diskursive Schlüsselfigur des Bolsonarismus, sei keinerlei Repression ausgesetzt gewesen. Schon 2014 feierte der Abgeordnete Jair Bolsonaro den 50. Jahrestag der Machtübernahme des Militärs mit einem privaten Feuerwerk vor dem Verteidigungsministerium in Brasília und entrollte ein überdimensioniertes Banner mit der Aufschrift „Danke, Militärs, dank Euch ist Brasilien nicht Kuba“.31 Die Verhöhnung der Opfer politischer Gewalt, die Bolsonaro immer wieder offen betreibt, stößt auf positive Resonanz bei einem signifikanten Teil der brasilianischen Bevölkerung, da sie an eine weit verbreitete Brutalisierung des Sprechens über Devianz und Delinquenz anknüpft.32

Die martialisch-schrillen Erinnerungsrituale des Präsidenten bereichert Brasil Paralelo um eine neue Dimension. Der Dokumentarfilm 1964: O Brasil entre armas e livros (1964: Brasilien zwischen Waffen und Büchern)33 stellt sich als Beitrag zu einer Verwissenschaftlichung des Arguments der „roten Gefahr“ dar. Tatsächlich basiert das zentrale Argument des Films auf Quellen aus dem Archiv des tschechoslowakischen Geheimdienstes Státní bezpečnost (StB), die erstmals durch das 2017 erschienene Buch 1964. O elo perdido (1964. Das fehlende Bindeglied) des in Polen lebenden brasilianischen Übersetzers und Touristenführers Mauro „Abranches“ Kraenski und des tschechischen Journalisten Vladimír Petrilák einem breiteren Publikum bekannt wurden. Die Autoren sehen den StB als Arm des KGB in Lateinamerika und beschreiben die Präsenz tschechoslowakischer Agent:innen in Brasilien, die Regierung, Parlamente, Universitäten, Gewerkschaften und Unternehmen als Objekte geheimdienstlicher Aktivitäten mit dem Ziel der Unterwanderung ins Auge gefasst hätten. Auch wenn die Autoren den tatsächlichen Einfluss dieser Verbindungen im Vagen belassen, gilt das Buch unter Diktatur-Apologet:innen als ultimativer empirischer Beweis, dass die Militärs Brasilien 1964 vor dem Schicksal osteuropäischer Gesellschaften bewahrt hätten. „Die Regierung Goulart war nichts als eine Speerspitze des sowjetischen Imperialismus“, schreibt Olavo de Carvalho im Vorwort zu Kraenskis und Petriláks Buch.34 Zuweilen ist es nicht einfach, die exakte Grenze zwischen dem durch antikommunistische citizen historians wie Kraenski und Petrilák vorgenommenen politischen Framing und der diskursiven Vereinnahmung durch brasilianische rechtskonservative Intellektuelle zu bestimmen. Allemal bemerkenswert sind jedoch die entstehenden Vernetzungen zwischen lateinamerikanischen antikommunistischen Diktaturnostalgiker:innen und Amateurhistoriker:innen, die den Zugang zu Dokumentationszentren in postsozialistischen Staaten Europas entdeckt haben und mithilfe der Digitalisierung von Quellen, lokalen Kontakten und einer professionellen Verlagsinfrastruktur in der Lage sind eine effektive Gegen-Geschichtswissenschaft zu etablieren. Ein wichtiges Charakteristikum dieser citizen historians ist ihre kategorische Ablehnung der akademischen Geschichtswissenschaft. So finden sich etwa in Kraenskis und Petriláks Buch keinerlei Verweise auf den überaus umfangreichen und vielschichtigen Forschungsstand zu 1964. Wenn auf die Arbeit von Berufshistoriker:innen verwiesen wird, dann nur, um diese pauschal und ohne Belege als Anhänger:innen antiamerikanischer Verschwörungstheorien zu diskreditieren.

Fazit

Die Akteure im rechtskonservativen geschichtspolitischen Diskursraum verfolgen eine konsequente Strategie des otherings der Akteure außerhalb ihrer Community, insbesondere der akademischen Geschichtswissenschaft. Deren Arbeit wird pauschal als voreingenommen, verfälschend oder qualitativ minderwertig abgetan. Gleichzeitig wird eine Vorstellung vermittelt, dass der eigene Diskursraum exklusiven Zugang zur wahren, unverfälschten Geschichte bietet. Dies geschieht über zwei sich widersprechende Versprechen: Erstens das positivistische Versprechen, die historische Wahrheit direkt und ohne ideologischen Filter aus den Primärquellen zu extrahieren, und zweitens das politische Versprechen, eine heroische Nationalgeschichte zu rekonstruieren, die von kritischen Theorietraditionen Abstand nimmt. Die einseitigen Erzählungen, die dabei entstehen, sind durch die ideologische Matrix des rechtskonservativen Diskursraumes vorgegeben: Die Betonung von christlicher Spiritualität und freiem Unternehmertum geht einher mit einer Ablehnung des säkularen Staates, von Klassenkategorien oder ethnischen Identitäten.

Die akademische Geschichtswissenschaft ist durch das Auftreten der neuen Erinnerungsakteur:innen herausgefordert. In der Tat konnte sie beispielsweise bei der Erschließung osteuropäischer Archivquellen, die für die Geschichte des Kalten Krieges in Lateinamerika relevant sind, mit dem Tempo von politisch motivierten Amateurforscher:innen nicht mithalten. Auch die Entwicklung neuer didaktischer Formate für eine wissenschaftsbasierte public history in Zeiten von YouTube, Twitter und WhatsApp steckt noch in den Kinderschuhen. Das Fehlen von öffentlich-rechtlichen Medienanstalten macht sich hier bemerkbar. Die Amateur-Forscherkollektive ihrerseits befinden die sich nach eigener Auffassung in einem Kampf um die kulturelle Hegemonie, welche die „Kommunisten“ mittels der Unterwanderung von Universitäten, Verlagen und staatlichen Institutionen insbesondere seit der Redemokratisierung der 1980er Jahre innehätten. Auch in den Dokumentarfilmen von Brasil Paralelo wird behauptet, dass hier primärquellengestütztes historisches Wissen aufbereitet werde, das in Schulen und Universitäten Sprechverboten unterliege. Die Expert:innen sind Dozent:innen privater Bildungseinrichtungen, Journalist:innen, unabhängige Publizist:innen oder sogar Nachfahren der brasilianischen Kaiserfamilie. Unterlegt mit spannungsgeladener Streichmusik stellen sie sich als Träger:innen wahrhaften Wissens dar und laden ihr Publikum ein, sich einem Zirkel Eingeweihter anzuschließen und die Geheimnisse der brasilianischen Nationalidentität zu ergründen, welche der korrumpierte Mainstream kulturmarxistischer Prägung vorenthalten wolle.

Obwohl sie nicht am akademischen Geschichtsdiskurs teilnehmen, sehen die rechtskonservativen geschichtspolitischen Akteur:innen für ihren Vormarsch die öffentlichen Universitäten und Kulturinstitutionen als entscheidende Arenen an. In einer Kolumne von 2017 rief Rafael Nogueira konservative Unternehmer:innen, Schulleiter:innen und Universitätsangehörige dazu auf, bei Einstellungsverfahren nicht auf Zeugnisnoten zu achten, sondern sicherzustellen, dass die Einzustellenden den Online-Philosophiekurs von Olavo de Carvalho absolvierten und keiner linken Bewegung angehörten.35 Heute verhilft Nogueira anderen „Olavisten“ zu leitenden Funktionen in der Nationalbibliothek. Es wird spannend zu beobachten, in welchem Rahmen und mit welchen Erzählungen die Bibliothek im Jahr 2022 an den 200. Jahrestag der brasilianischen Unabhängigkeit erinnern wird.

Anmerkungen:
1 Zu den Juni-Protesten von 2013 vgl. Angela Alonso / Ann Mische, Changing Repertoires and Partisan Ambivalence in the New Brazilian Protests, in: Bulletin of Latin American Research 36 (2017), 2, S. 144-159; André Singer, Rebellion in Brazil. Social and Political Complexion of the June Events, in: New Left Review 85 (2014), S. 19-37; Breno Bringel, The Long June. 2013 Mobilizations and the Future of Social Movements in Brazil, in: Simin Fadaee (Hrsg), Understanding Southern Social Movements, London 2016, S. 153-167.
2 Zu den wichtigsten Analysen der politischen Krise Brasiliens zählt André Singer, O lulismo em crise. Um quebra-cabeça do período Dilma (2011-2016) (Die Krise des Lulismus. Ein Puzzle der Ära Dilma [2011-2016]), São Paulo 2018; darauf basierend die Synthese von Perry Anderson, Brazil Apart. 1964-2019, London 2019.
3 Edgar Wolfrum, Erinnerungskultur und Geschichtspolitik als Forschungsfelder. Konzepte – Methoden – Themen, in: Jan Scheunemann (Hrsg.), Reformation und Bauernkrieg. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik im geteilten Deutschland, Leipzig 2010, S. 13-47, hier S. 15.
4 Sämtliche Zitate aus Ernesto Araújo, Chegou o comunavírus, 22.04.2020, <https://www.metapoliticabrasil.com/post/chegou-o-comunav%C3%Adrus> (10.08.2021).
5 Antoine Acker, Wie der Faschismus digital wurde. Der Blick eines Historikers auf die Brasilienwahl, in: Geschichte der Gegenwart, 07.11.2018, <https://geschichtedergegenwart.ch/wie-der-faschismus-digital-wurde-eine-historische-perspektive-ueber-die-brasilienwahl/> (10.08.2021).
6<https://site.brasilparalelo.com.br/series/brasil-a-ultima-cruzada/> (10.08.2021).
7 Brasil Paralelo, 1964 – O Brasil entre armas e livros, <https://www.youtube.com/watch?v=yTenWQHRPIg> (10.08.2021).
8 Zur Finanzierung und Selbstdarstellung vgl. Diego Martins Dória Paulo, Os mitos da Brasil Paralelo, in: Le Monde Diplomatique Brasil, 18.05.2020, <https://diplomatique.org.br/os-mitos-da-brasil-paralelo/> (10.08.2021).
9 Paulo Pachá, Why the Brazilian Far Right Loves the European Middle Ages, in: Pacific Standard, 18.02.2019, <https://psmag.com/ideas/why-the-brazilian-far-right-is-obsessed-with-the-crusades> (10.08.2021).
10 Rafael Nogueira, Qual a minha maneira de ser brasileiro?, in: Medium, 13.09.2018, <https://medium.com/@r_nog/amiga-que-mora-na-europa-me-enviou-um-carinhoso-e-mail-depois-de-ver-a-minha-palestra-8e8bd10d2491> (10.08.2021).
11 Capítulo 2 – Vila Rica, <https://www.youtube.com/watch?v=svViHH8IBVg>, Minute 30:42 (10.08.2021).
12 Jurandir Malerba, Brasil em projetos. História dos sucessos políticos e planos de melhoramento do reino - da ilustração portuguesa à Independência do Brasil (Brasilien in Projekten. Geschichte der politischen Erfolge und Pläne zur Verbesserung des Königreichs – von der portugiesischen Aufklärung bis zur Unabhängigkeit Brasiliens), Rio de Janeiro 2020.
13 Francisco Adolfo de Varnhagen, Historia geral do Brazil antes da sua separação e independencia de Portugal, tomo I (Allgemeine Geschichte Brasiliens vor seiner Abspaltung und Unabhängkeit von Portugal, Band 1), 2. Aufl., Rio de Janeiro 1877 [1857], S. XXIV.
14 Dazu zählt etwa der Essay des bayerischen Botanikers Carl F. Ph. von Martius “Bemerkungen über die Verfassung einer Geschichte Brasiliens” (1843), abgedruckt in Erwin Theodor Rosenthal, Martius’ Preisschrift zur brasilianischen Geschichtsschreibung. Der Originaltext, in: Institut Martius-Staden Jahrbuch 50 (2003), S. 188-213.
15 Zu Geschichtsschreibung und Nation in der Mitte des 19. Jahrhunderts vgl. Georg Wink, Die Idee von Brasilien. Eine kulturwissenschaftliche Untersuchung der Erzählung Brasiliens als vorgestellte Gemeinschaft im Kontrast zu Hispanoamerika, Frankfurt am Main 2009; Christian Haußer, Auf dem Weg der Zivilisation. Geschichte und Konzepte gesellschaftlicher Entwicklung in Brasilien (1808-1871), Stuttgart 2009; José Murilo de Carvalho, Brasil. Nações imaginadas, in: ders., Pontos e bordados. Escritos de história e política, Belo Horizonte 1999, S. 233-268.
16 Thomas E. Skidmore, Black into White. Race and Nationality in Brazilian Thought, Durham1974; Lilia Moritz Schwarcz, The Spectacle of the Races. Scientists, Institutions, and the Race Question in Brazil, 1871-1930, New York 1999.
17 Barbara Weinstein, Slavery, Citizenship, and National Identity in Brazil and in the U.S. South, in: Don H. Doyle / Marco A. Pamplona (Hrsg.), Nationalism in the New World, Athens 2006, S. 248-271.
18 Joaquim Nabuco, O abolicionismo (Der Abolitionismus), Brasília 2000 [1883], S. 205.
19 Sílvio Romero, História da literatura brasileira, tomo primeiro (Geschichte der brasilianischen Literatur, Band 1), Rio de Janeiro 1902, S. 55-56.
20 Gilberto Freyre, Casa-grande e senzala. Formação da família brasileira sob o regime de economia patriarcal (in deutscher Übersetzung erschienen als Herrenhaus und Sklavenhütte. Ein Bild der brasilianischen Gesellschaft), 48. Aufl., São Paulo 2003 [1933]; vgl. Marshall C. Eakin, Becoming Brazilians. Race and National Identity in Twentieth-Century Brazil, Cambridge 2017.
21 António Sérgio Alfredo Guimarães, Sociology and Racial Inequality. Challenges and Approaches in Brazil, in: John Burdick / Kwame Dixon (Hrsg.), Comparative Perspectives on Afro-Latin America, Gainsville 2012, S. 305-322.
22 Jerry Dávila, Hotel Trópico. Brazil and the Challenge of African Decolonization, 1950-1980, Durham 2010.
23 Capítulo 2 – Vila Rica, <https://www.youtube.com/watch?v=svViHH8IBVg>, Minute 29:11 (10.08.2021).
24 Eakin, Becoming Brazilians, S. 262.
25 Flávio Francisco / Márcio Macedo, A direita negra. Onde os conservadores erram na questão racial, in: Piauí online, Dezember 2020, <https://piaui.folha.uol.com.br/materia/a-direita-negra/> (10.08.2021); Após decisão da Justiça, governo suspende nomeação do presidente da Fundação Palmares", in: G1, 12.12.2019, <https://g1.globo.com/politica/noticia/2019/12/12/governo-suspende-nomeacoes-dos-presidentes-da-fundacao-palmares-e-iphan.ghtml > (10.08.2021).
26 Diese Themen werden freilich schon lange erforscht: Einen konzisen Überblick bietet Robert W. Slenes, Brazil, in: Robert L. Paquette / Mark M. Smith (Hrsg.), The Oxford Handbook of Slavery in the Americas, Oxford 2010, S. 111-133; vgl. auch Paul E. Lovejoy, Transformations in Slavery. A History of Slavery in Africa. Cambridge 2011.
27 Stuart B. Schwartz, The Manumission of Slaves in Colonial Brazil. Bahia, 1684-1745, in: Hispanic American Historical Review 54 (1974), 4, S. 603-635; João José Reis, Slaves Who Owned Slaves in Nineteenth-Century Bahia, Brazil, Mecila Working Paper Series, No. 36, São Paulo 2021.
28 Anthony W. Pereira, The US Role in the 1964 Coup in Brazil. A Reassessment, in: Bulletin of Latin American Research 37 (2018), 1, S. 5-17; neuere Synthesen des Forschungsstandes zum Putsch von 1964 sind enthalten in Lilia Moritz Schwarcz / Heloisa Murgel Starling, Brazil. A Biography, London 2018; Jerry Dávila, Dictatorship in South America, Somerset 2013.
29 Mariana Della Barba / and Marina Wentzel, Discurso de Bolsonaro deixa ativistas ‘estarrecidos’ e leva OAB a pedir sua cassação, in: BBC Brasil, 19.04.2016, <https://www.bbc.com/portuguese/noticias/2016/04/160415_bolsonaro_ongs_oab_mdb> (10.08.2021).
30 Eine Vielzahl von analytischen Perspektiven auf die Wahrheitskommission bietet Nina Schneider (Hrsg.), The Brazilian Truth Commission. Local, National and Global Perspectives, New York 2019.
31 Esquerda Nunca Mais – 31/MAR/64, <https://www.youtube.com/watch?v=2I_0pT0SDwM> (10.08.2021). Eine detaillierte Kontextualisierung Bolsonaros im Spektrum des brasilianischen Antikommunismus bietet Vinícius Bivar, ‘Long Live the Polarization’. The Brazilian Radical Right and the Uses of the Past under Jair Bolsonaro, in: Louie Dean Valencia-García (Hrsg.), Far-Right Revisionism and the End of History. Alt/Histories, New York 2020, 235-248; vgl. auch Rodrigo Patto Sá Motta, Anticomunismo, antipetismo e o giro direitista no Brasil, in: Ernesto Bohoslavsky / Rodrigo Patto Sá Motta / Stéphane Boisard (Hrsg.), Pensar as direitas na América Latina, São Paulo 2019, S. 75-98.
32 Die positive Wahrnehmung von staatlicher Gewalt stellt eine Forschungslücke auch in Hinsicht auf die Aufarbeitung der Militärdiktatur dar, vgl. Nina Schneider, Bolsonaro in Power. Failed Memory Politics in Post-Authoritarian Brazil?, in: Modern Languages Open 25 (2020), 1, S. 1-11. Zur Rezeption des bolsonaristischen Gewaltdiskurses vgl. Vanessa Maria de Castro, Why Did Bolsonaro’s Supporters Vote for Him?, in: Conor Foley (Hrsg.), In Spite of You. Bolsonaro and the New Brazilian Resistance, New York 2019, S. 71-85.
33 Brasil Paralelo, 1964: O Brasil entre armas e livros, <https://www.youtube.com/watch?v=yTenWQHRPIg> (10.08.2021).
34 Olavo de Carvalho, Prefácio, in: Mauro Kraenski / Vladimír Petrilák, 1964. O elo perdido. O Brasil nos arquivos do serviço secreto comunista (Das fehlende Bindeglied. Brasilien in den Archiven des kommunistischen Geheimdienstes), Campinas 2017, S. 9-14, hier S. 10.
35 Rafael Nogueira, Por que o Conservadorismo brasileiro não pode retroceder?, in: Hora Extra, 08.12.2017, <https://jornalhoraextra.com.br/coluna/por-que-o-conservadorismo-brasileiro-nao-pode-retroceder/> (10.08.2021).

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