+++ EXTENDED DEADLINE: 28 FEB 2022 +++
Das Kolloquium bietet ein offenes Forum für Diskussionen, Debatten und die Präsentation von Dissertations-, Postdoc- und anderen Forschungsprojekten zur Kriminalitäts- und Strafrechtsgeschichte der Frühen Neuzeit und der Moderne. Es zielt auf einen interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaftler:innen aus einem breiten Spektrum von Fächern wie Geschichte, Rechtsgeschichte, Soziologie, Anthropologie, Ethnologie, Geisteswissenschaften, Politikwissenschaft u.a.
Kernthemen sind verschiedene Formen von Kriminalität und Delinquenz, Recht und Normativität, Strafverfolgung und Justiz, Strafe und soziale Kontrolle sowie Quellen und methodische Ansätze. Wir laden auch Wissenschaftler:innen ein, die mit Forscher:innen aus dem Bereich Kriminalität und Strafjustiz in einen Dialog treten möchten, auch wenn die genannten Themen nur Teilaspekte ihrer eigenen Projekte darstellen.
Vorschläge für Panels mit 2-4 Vorträgen werden ebenso wie Vorschläge für Einzelvorträge akzeptiert. Konferenzsprachen sind Englisch und Deutsch.
Das Kernthema des 7. Kolloquiums lautet "Kriminalität, Recht and Räumlichkeit". In einer offenen Sektion können zudem Vorträge vorgestellt werden, die sich nicht mit diesem engeren Themenbereich befassen, aber ebenfalls einen Bezug zur Geschichte der Kriminalität und der Strafjustiz aufweisen.
Kriminalität, Recht and Räumlichkeit
Die Geografie von Kriminalität und Strafjustiz war von Anfang an eine Analysekategorie für Historiker:innen, die sich mit Kriminalitätsgeschichte befassten. Sie untersuchten den Kontrast zwischen städtischen und ländlichen Kriminalitätsmustern, stellten Vergleiche zwischen verschiedenen Städten oder Ländern an, berücksichtigten die Bedeutung der physischen Präsenz von Richtern und des Zugangs zu Gerichtsgebäuden, erörterten, wie Unterschiede in der Nutzung öffentlicher Räume geschlechtsspezifische Kriminalitätsmuster beeinflussten usw. Trotz dieses Interesses und des dominierenden Einflusses des „spatial turn“ in der historischen Forschung seit den späten 1990er Jahren haben sich nur wenige Kriminalitätsforscher:innen der Herausforderung gestellt, Raum und Ort – im weitesten Sinne dieser Begriffe – in den Mittelpunkt ihrer Analyse zu stellen.
Ein räumlicher Blick kann unser Verständnis von Kriminalität und Strafjustiz in der Vergangenheit auf vielfältige Weise erweitern. Zum einen ermöglichen uns digitale Werkzeuge, den Raum auf neue Weise zu analysieren. Die Stadt ist nicht länger ein verschwommener Hintergrund für Verbrechen oder Polizeiarbeit, sondern kann mit Hilfe von geographischen Informationssystemen (GIS) auf der Ebene der Straßen oder sogar Häuser unter Einbeziehung einer großen Anzahl von Fällen analysiert werden. Wie bewegten sich Straftäter durch die Stadt? Welche Stadtteile waren "Brennpunkte" der Kriminalität und der Polizeiarbeit und in welchem Verhältnis standen diese zueinander? Natürlich ist die räumliche Analyse nicht auf die Verwendung großer Datensätze und digitaler Werkzeuge beschränkt. Eine andere Möglichkeit, die Beziehung zwischen Kriminalität und Raum zu untersuchen, besteht beispielsweise darin, die Auswirkungen der baulichen Umgebung auf die Kriminalität besser zu verstehen. Gut beleuchtete, offene Räume – wie städtische Plätze – werden als sicherer empfunden als dunkle und enge Gassen, und die städtischen Behörden berücksichtigen dies bei ihren Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität.
In ähnlicher Weise verbessert ein räumlicher Ansatz unser Verständnis der Funktionsweise der Justiz. In den letzten zehn Jahren haben deutsche Historiker:innen das Konzept der Gerichtslandschaften verwendet, das die vielfältigen Akteure, Rechtstraditionen und -kulturen beschreibt, die beispielsweise auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches nebeneinander existierten und miteinander konkurrierten. Es gibt viele andere Bereiche, in denen dieses Konzept als nützliches Analyseinstrument dienen könnte, z. B. im kolonialen und imperialen Kontext. Diese Aspekte sind auch eng mit dem umfassenderen Begriff des Rechtspluralismus verbunden. Auch bei der Untersuchung von Gebieten mit mehreren sich überschneidenden Jurisdiktionen oder unklaren Grenzen einer bestimmten Jurisdiktion kann eine Raumanalyse hilfreich sein.
Themenbeispiele:
- umkämpfte Rechtsräume
- der „spatial turn“ und digitale Werkzeuge
- „blank spaces“ - d.h. geografische Regionen, die nicht Teil des vorherrschenden Diskurses in der Kriminalitätsgeschichte sind (man denke an kleine Städte anstelle von Metropolen; Grenzregionen oder das Verhältnis von Peripherie und Zentrum; nicht-westliche Regionen gegenüber westlichen Regionen usw.)
- sich überlappende oder überschneidende Gerichtsbarkeiten
- Kartografie des Verbrechens (Sichtbarmachen von räumlichen Brennpunkten von Kriminalität)
- imperiale Zentren, koloniale Peripherien
- Städte und „kriminelle Räume“ (Zentren vs. Außenbezirke, Überwachung bestimmter Viertel)
- Kriminalgeografie als kriminologisches Feld in Vergangenheit und Gegenwart
- „Gefährliche“/„kriminelle“ Räume und Emotionsgeschichte
Vorschläge
Bitte senden Sie eine einseitige Zusammenfassung (max. 300 Wörter, deutsch oder englisch) mit dem Titel des Vortrags und einem kurzen Überblick über den Inhalt zusammen mit einer Kurzvita (eine Seite) in einer PDF-Datei an die unten aufgeführten Mitglieder des Organisationsteams. Bei Panelvorschlägen senden Sie bitte eine Zusammenfassung des Panelthemas (max. 200 Wörter) zusammen mit den Zusammenfassungen der einzelnen Präsentationen (max. 300 Wörter) und den entsprechenden Angaben zu den beteiligten Personen ebenfalls in einer PDF-Datei.
Die Vorträge sollen nicht länger als 20 Minuten dauern und können in deutscher oder englischer Sprache gehalten werden.
Die Frist für die Einreichung von Vorschlägen ist der 28. Februar 2022.
Zeit & Ort
Die Konferenz wird vom 8. bis 10. Juni 2022 in der Evangelischen Tagungs- und Freizeitstätte in Dresden, Deutschland, stattfinden. Die Teilnehmerzahl ist auf 25 Personen begrenzt. Übernachtung und Verpflegung für die gesamte Aufenthaltsdauer werden für ca. 160 € angeboten. Kosten für Anreise und Unterkunft können nicht übernommen werden. In begründeten Fällen kann Doktorand:innen und Post-Docs eine finanzielle Unterstützung für Reise und Unterkunft gewährt werden. Bitte wenden Sie sich dafür an das Organisationsteam.