Doch befördert gerade die Stadt als Ort von Macht, von kulturellem Austausch sowie als Schnittstelle ökonomischer und symbolischer Zirkulation den Kontakt zwischen Sprachen und damit auch, wie die historische Soziolinguistik unterstrichen hat, von Sprachwandel. Der Workshop möchte nun Historiker:innen des Mittelalters und der frühen Neuzeit dazu einladen, in einer sozial- und kulturhistorischen Perspektive die Interaktionen zwischen Mehrsprachigkeit und städtischem Wandel zu diskutieren.
Der veranschlagte Zeitraum ist sowohl vom Aufschwung des europäischen Städtewesens als auch von der Konsolidierung der modernen bzw. Nationalsprachen gekennzeichnet. Nicht zuletzt angesichts des medialen Wandels, der konfessionellen Spannungen und der Intensivierung globaler Vernetzung ist von einem offenen Sprachenbegriff auszugehen, der Sprachen in ihrer sozialen, regionalen, institutionellen und medialen Differenzierung gleichermaßen berücksichtigt, auf Gesten und Gebärden beruhende Praktiken mit einbezieht und damit potenziell ein breites Spektrum kommunikativer Fähigkeiten (abilities) ausschöpft.
Ziel des Workshops ist es danach zu fragen, wie sprachliche Differenz dazu beigetragen hat, das städtische Leben der Vormoderne zu gestalten. Erwünscht sind vorzugsweise Beiträge, die eine systematische Herangehensweise an die städtische Sprachenvielfalt versuchen, und dabei sowohl den Zusammenhang von Sprachen und Macht als auch die mit Sprachenverwendung verbundene Agency im materiellen und sozialen Raum der Stadt reflektieren. Die Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht erscheint dabei als ein besonderes Forschungsdesiderat.
Folgende Themenfelder können Anregungen liefern:
- Sprachendifferenz und Machtbeziehungen (sozialer bzw. institutioneller Art, Geschlecht, Ethnie, etc.)
- Mobilität, Migration und städtische Sprachenvielfalt
- mehrsprachige Stadträume (Haus, Werkstatt, Schule, Straβe, etc.)
- übersetzen und sprachliche Mittlertätigkeit in der Stadt
- Spracharbeit und städtische Gesellschaft
- Regierungs- und Herrschaftspraktiken (in) einer mehrsprachigen Stadt
- mehrsprachige städtische Schreibpraktiken
- mehrsprachige Mündlichkeit und städtische Kommunikation
- städtische Mehrsprachigkeit im Kontext kolonialer Expansion und imperialer Verflechtung
Die Tagungssprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch. Bitte senden Sie Ihren Beitragsvorschlag in Form eines Abstracts (max. 2.000 Zeichen / 300 Wörter) und einer Kurzvita (max. 2 Seiten) bis zum 20. Juli 2021 an Ulrike Krampl (ulrike.krampl@univ-tours.fr) und John Gallagher (j.gallagher1@leeds.ac.uk).