Literatur im politischen Kampf. Schriftsteller in Revolution und Reaktion (Richtige Literatur im Falschen V)

Literatur im politischen Kampf. Schriftsteller in Revolution und Reaktion (Richtige Literatur im Falschen V)

Veranstalter
Netzwerk Richtige Literatur im Falschen in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein und Ver.di
Veranstaltungsort
DGB-Haus, Schwanthaler Str. 64, 80336 München
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.09.2019 - 20.09.2019
Website
Von
Dr. Enno Stahl

Das Autorennetzwerk „Richtige Literatur im Falschen“ hat sich 2015 als loser Diskussionszusammenhang in Berlin gegründet. Im Zentrum der Debatten steht die Frage nach einer politisch-engagierten, realistischen Literatur heute. Viermal hat diese Tagung bislang bereits stattgefunden, zweimal in Berlin, einmal in Graz und einmal in Dortmund. Eine Besonderheit ist, dass dabei Autorinnen und Wissenschaftlerinnen verschiedener Disziplinen aufeinandertreffen, um von ihren jeweils verschiedenen Perspektiven aus die Themen zu betrachten.

Beim inzwischen bereits fünften Symposium der Reihe wird diesmal die Bedeutung von Literatur in der direkten politischen Auseinandersetzung beleuchtet – in Vergangenheit wie Gegenwart. Das hundertjährige Jubiläum der Münchener Räterepublik bietet dafür einen perfekten Aufhänger. Denn selten in der Geschichte haben sich so viele Schriftsteller und Künstler an einer Aufstandsbewegung beteiligt wie im April/Mai 1919 in München. Autoren wie Ernst Toller, Erich Mühsam und Gustav Landauer waren Protagonisten der Bewegung. Auch Schriftsteller wie der Dramatiker Georg Kaiser, der Lyriker Alfred Wolfenstein sowie die (späteren) Romanciers Oskar Maria Graf und Ret Marut (alias B. Traven) nahmen lebhaften Anteil. Hatten sich bis dahin viele Schriftsteller*innen, zumeist bürgerlicher Herkunft (oft im monarchistischen Geist und mit wenigen sozialistisch orientierten Ausnahmen), fast sämtlich von der Kriegseuphorie mitreißen lassen, entstand nun ein neuer Schriftstellertypus, der des gegenwartsbezogenen und arbeiterbewegungsnahen politischen Schriftstellers.

Nach einem Blick auf die Ereignisse während der Münchener Räterepublik und den Anteil der Autoren wird diskutiert, welche Bedeutung der Literatur in der Folge beizumessen war und ist: Somit soll auch die Zeit des Nationalsozialismus behandelt werden – mit Nazi-Autoren als Teil der staatlichen Propaganda und Exil-Autoren (Klaus und Thomas Mann, Bertolt Brecht, Anna Seghers u.v.m.) mit ihren Versuchen von außen, aufklärerisch zu wirken. Auch soll ein Blick auf die politische Wirkung der Literatur und den (aufgewerteten) Stellenwert von Schriftstellerinnen und Schriftstellern in BRD und DDR geworfen werden, die im Zuge der Kalter-Kriegs-Auseinandersetzungen auch zur Untermauerung des eigenen Deutschland-Repräsentationsanspruches dienten.

Im Zentrum der Debatte jedoch steht die Frage, wie heute Autorinnen und Autoren als politische Akteure in der aktuell sozial angespannten Situation sinnvolle Beiträge mit den ihnen eigenen Mitteln leisten können, um etwa der Bedrohung von rechts und den gesellschaftlichen Prekarisierungsten¬denzen entgegenzuwirken, die den Auftrieb der Rechten befördern. Gleichzeitig hat natürlich auch die Neue Rechte selbst die Literatur als ein Vehikel für ihre Ideen und Propaganda gefunden, auch dies muss beschrieben und analysiert werden.

Um die Kerngruppe der Autorinnen und Autor des Netzwerks „Richtige Literatur im Falschen“ zu unterstützen und der Diskussion ein wissenschaftliches Fundament zu liefern, werden auch zu diesem Symposium wieder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen, die sich in den genannten Themenfeldern profiliert haben. Die Wissenschaftler werden mit Autoren der Kerngruppe, die sich zu den jeweiligen Fragen äußern möchten, zu Vortrags-Tandems zusammengeschaltet – auf jede theoretische Intervention folgt somit ein literarisch basiertes Statement.

In Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein und Ver.di, gefördert von der Stiftung Literatur, dem Bezirksausschuss des Stadtbezirks Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und dem P.E.N.

Konzept und Organisation: Norbert Niemann, Leonhard F. Seidl, Dr. Ingar Solty, Dr. Enno Stahl

Programm

Donnerstag, 19.9.2019, 14.00 – 18.30 Uhr
DGB-Haus, Schwanthaler Str. 64, 80336 München

TEIL 1: Die Literatur des 20. Jahrhunderts zwischen Revolution und Reaktion

SEKTION I: Literatur und Literaten in der Münchener Räterepublik
Sektionsleitung: Leonhard F. Seidl

Referenten:
Jonas Bokelmann (LMU München): Immer wieder ausbrechen - Dokumentarismus, Parteilichkeit und "Blochsche Kolportage" bei B. Traven, Oskar Maria Graf und Albert Daudistel

Beate Bidjanbeg (GeschichtsWerkstatt Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt)/PD Dr. Michael Ott (LMU München): "Spuren der Revolution 1918 im 2. Stadtbezirk". Abenteuer Literatur-Recherche in Wort und Bild

SEKTION II: Literatur und Politik in Weimarer Republik, Nationalsozialismus und Emigration
Sektionsleitung: Leonhard F. Seidl

Referenten:
Dr. Ingar Solty (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin): Jenseits des Zaunpfahls der Geschichte: Institutionelle Voraussetzungen, Erzählperspektiven und Erzählstrategien im eingreifenden Schreiben von Weimar bis zum Exil

Dr. Enno Stahl (Neuss): Literatur unterm Hakenkreuz (Mikro-Vortrag)

Abendprogramm ab 20 Uhr:
Dietmar Dath (Vortrag): Wann schreibt man dringend welche Welt?

Podiumsdiskussion: Literatur und die politische Praxis

Mit: Cornelia Naumann (Autorin, München), Norbert Niemann (Autor, Chieming), Monika Rinck (Autorin, Berlin), Leonhard F. Seidl (Autor, Fürth).

Moderation: Dr. Enno Stahl

Freitag, 20.9.2019, 10.00 – 18.30 Uhr
DGB-Haus, Schwanthaler Str. 64, München

SEKTION III: Das politische Wirken der Literatur in DDR und BRD
Sektionsleitung: Dr. Ingar Solty

Referenten:
Annett Gröschner (Berlin): Weiberbrigade. Mein literarisches Leben im Spätsozialismus.

Michael Wildenhain (Berlin): Der wilde Westen ...

TEIL 2: Die Literatur in der politischen Auseinandersetzung der Gegenwart

SEKTION IV: Literatur als Mittel in der „neuen Klassenpolitik“
Sektionsleitung: Norbert Niemann

Referenten:
Anna Hampel (FAU Erlangen-Nürnberg): Gegen-Sprechen. Zum Politischen in der Literatur der unmittelbaren Gegenwart.

Enno Stahl (Neuss):Für eine neuerliche Selbstermächtigung der Literatur. Neue Wege, Visionen, Praxisformen.

SEKTION V: Die Neue Rechte und ihre Literaturform
Sektionsleitung: Dr. Ingar Solty

Referenten:
Chris Reitz (LMU München): Scheinrevolutionärer Horror. Zur Ideologie, Medienpolitik und Ästhetik der neuen Rechten

Stefan Schmitzer (Graz): „doppelt blind im double-bind“

Kontakt

Enno Stahl

c/o RLIF, Hauptstr. 18
41472 Neuss
01575-6632917

info@ennostahl.de


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