Zwischen Pro und Contra: Die deutsche Teilungsgeschichte im gegenwärtigen Urteil einstiger SED-Historiker
Die propagierten Geschichtsbilder der SED, ihre gesteuerte Geschichtswissenschaft und auch die von der SED offiziell vertretene Geschichtskultur sind längst Gegenstand einer umfassenden wissenschaftlichen Erforschung und Debatte. Die einstigen Protagonisten dieser legitimatorischen Geschichtsinterpretation haben sich dabei seit 1990 aktiv an der Deutung ihrer eigenen Produkte beteiligt. Zwar haben sie zunächst nicht sehr viel erhellendes zur Debatte beitragen können, weil sie zu sehr dem Untergangsschock der DDR erlegen waren und mehr Rechtfertigungs- und Apologieschriften vorlegten als wissenschaftlich abgesicherte Studien, aber diese mehrjährige Phase ist lange vorbei. Zumindest ihre Sprache haben sie wiedergefunden. In den Jahren 1993 bis 1998 legte die PDS eine zehnbändige Reihe "Ansichten zur Geschichte der DDR" vor, in der durchaus viele wissenschaftlich und politisch bedenkenswerte Arbeiten Aufnahme fanden. Diese Bände sind als Begleitung und Ergänzung der Arbeit der beiden Enquete-Kommissionen des 12. und 13. Deutschen Bundestages konzipiert und publiziert worden, wobei die PDS-Vertreter Dietmar Keller, Reinhard Mocek und Herbert Wolf in diesen beiden Parlamentskommissionen konstruktiv, kritisch und produktiv mitarbeiteten.
Daneben existieren im Umfeld der PDS eine Vielzahl von Geschichtskommissionen und -vereinen, die zahlreiche unterschiedliche Schriftenreihen herausgeben, zu deren bekanntester gewiss die "hefte zur ddr-geschichte" aus Berlin-Pankow gehören, die es mittlerweile auf annähernd sechzig Ausgaben brachte. Hinzu kommen kaum zählbare Konferenzen und Tagungen, Sammelbände, Monographien wie zuletzt die Biographie von Wilfriede Otto über Erich Mielke oder auch vielfältige Debatten mit historischen Bezug in den Spalten der Tageszeitung "Neues Deutschland". Ohne dies alles bewerten zu wollen, ist zumindest der quantitative Ertrag der Geschichtsdebatten im Umfeld der PDS erstaunlich. Keine andere Partei in Deutschland könnte eine solche Bilanz aufmachen. Allerdings hat auch keine andere Partei in Deutschland eine derartige Vergangenheit wie die PDS, die nicht nur moralisch, sondern eben auch rechtlich die Nachfolgepartei der SED ist.
Vor einigen ist Jahren ist das postkommunistische Geschichtsbild in dem Band "Halbherziger Revisionismus", herausgegeben von Rainer Eckert und Bernd Faulenbach (1996), von Historikern und Politologen bereits einer Analyse unterzogen worden. Damals kamen die meisten Autoren zu dem Schluss, daß die Arbeiten der Historiker aus dem Umkreis der PDS weder auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen seien noch sich prinzipiell als ausserhalb der wissenschaftlichen Debatten stehend charakterisieren liessen. Zwar würde vielfach an Legenden festgehalten und partiell eine Verharmlosung betrieben, aber dies könnte nicht als Beleg einer generellen Schönfärberei ausgegeben werden. Vielmehr seien dafür verengte Blickwinkel, einseitige Quelleninterpretationen und vor allem subjektive Befangenheiten verantwortlich zu machen, was zwar kritikwürdig, aber letztlich kein Kennzeichen allein für diese Historikergruppe sei.
In den letzten Jahren hat sich die Publikationsrate historischer Arbeiten aus dem Umfeld der PDS noch erhöht. Aufschlussreiche Quelleneditionen zur finalen Krise der SED, Handbücher zur Geschichte der SED oder der Parteien und Massenorganisationen sind mittlerweile ebenso Teil des wissenschaftlichen Arbeitens und Diskurses geworden wie Untersuchungen zu Spezialfragen. Zumeist ist die abwehrende Rezeption dieser Arbeiten nun einer nüchternen gewichen.
Jüngst sind im Karl Dietz Verlag Berlin, dem früheren SED-eigenen Verlag, drei Bücher erschienen, die sowohl Beleg für die nunmehr hohe Produktivität einiger ehemaliger SED-Historiker als auch für die verschiedenen Ansätze historischen Arbeitens in diesem ostdeutschen Milieu sind.
Der Protokollband "Außerordentlicher Parteitag der SED/PDS" zeigt die gewissenhafte editorische Arbeit, wie sie von den Mitherausgebern Detlef Nakath und Gerd-Rüdiger Stephan mit diesem Band nicht zum ersten Mal unter Beweis gestellt wird. Zwar könnte man ihrer Einleitung vorhalten, daß sie zu sehr einer parteilichen Geschichtsschreibung verpflichtet ist, aber nicht mehr als dies auch auf Publikationen etwa aus dem Umkreis von CDU oder SPD zutrifft. Von der einstigen SED-Hofhistoriographie ist hier nichts zu spüren.
Das Protokoll des Parteitages ist ein historisches Dokument von grosser Bedeutung für die historische Bewertung der Revolution von 1989. Es belegt eindrücklich, in welch rasantem Tempo die Staatspartei zerfiel. Die freimütigen, zuweilen hektischen und chaotischen, überaus langwierigen Diskussionen lesen sich auch im nachhinein noch spannend. Zwar diskutierte hier nur die SED/PDS, aber das Spektrum der vertretenen Meinungen reichte weit über die Parteigrenzen hinaus. Gerade deshalb ist dieses Protokoll weit mehr als nur ein Parteiendokument. Es spiegelt zugleich die Zerrissenheit, die Hoffnungen, die Wünsche, die Enttäuschungen, die Kreativität und die Resignationen in weiten Teilen der Gesellschaft wider. Natürlich sind nicht alle Spektren des politischen Aufbruchs vertreten, aber dennoch genug, um von einem Dokument von gesamtgesellschaftlicher Relevanz sprechen zu können. Wer im übrigen die Bezeichnung der PDS als Nachfolgepartei der SED als denunziatorisch empfindet sollte ebenfalls zu diesem Band greifen. Denn hier wird mehr oder minder deutlich, warum sich die SED nicht auflöste und statt dessen in PDS umbenannte. Es ging nicht nur darum, daß einige meinten, man könne sich so nicht aus der historischen Verantwortung stehlen. Vielmehr schlugen zwei andere Gründe zu Buche: Erstens sahen die weitsichtigen unter den SED-Genossen, daß nach einer Auflösung eine neue Partei weder eine relevante Mitgliedsstärke noch eine ähnlich weitverzweigte und arbeitsfähige Struktur entfalten könnte. Denn zweitens war wohl den meisten Parteidelegierten bewusst, daß nur durch eine Fortexistenz der SED/PDS das milliardenschwere Vermögen gerettet werden konnte.
Auf dem Parteitag hielt der Rechtswissenschaftler Michael Schumann namens einer vom Parteivorstand eingesetzten Arbeitsgruppe ein Vortrag über die historischen Ursachen der DDR-Krise. Schumann erklärte unmissverständlich: "Wir brechen unwiderruflich mit dem Stalinismus als System" (S. 179) Er forderte, daß die jüngste Vergangenheit "sachlich und vernünftig" aufgearbeitet werden müsse (S. 182). Nun haben sich die Genossen damals diese Aufarbeitung, wie schon 1990 zu erleben war, anders vorgestellt. Sie hatten vor allem gehofft, daß sie als die Verursacher von sogenannten "weissen Flecken" in der Geschichtsschreibung nun auch diejenigen seien, die an deren Tilgung gehen könnten. Konnten sie auch - nur eben nicht allein. Das bereitete ihnen Kopfzerbrechen und Unbehagen.
Einer derjenigen, der seit 1990 ungemindert weiter publiziert hat, ist Rolf Badstübner. Mit einer beinahe stoischen Ruhe schreibt er nun bald vierzig Jahre über das selbe Thema. Einige seiner Buchtitel heissen: "Restauration in Westdeutschland 1945 - 1949" (1965), "Die Spaltung Deutschlands 1945 - 1949" (1966), "Entstehung und Entwicklung der BRD" (1975), "Restaurationsapologie und Fortschrittsverteufelung" (1978), "Wilhelm Pieck - Aufzeichnungen zur Deutschlandpolitik 1945 - 1953" (1994, Hrsg. mit W. Loth). Er war zudem Leiter der Autorenkollektive "Geschichte der DDR" (1981, Hochschullehrbuch) und "Deutsche Geschichte, Band 9: 1945 - 1949" (1989).
Mit dem jüngsten Buch "Vom 'Reich' zum doppelten Deutschland. Gesellschaft und Politik im Umbruch" greift er nicht nur sein lebenslanges Forschungsthema erneut auf, sondern modifiziert auch ein Buch, das er 1990 unter dem Titel "Friedenssicherung und deutsche Frage, 1943 - 1949" publizierte und das noch weitgehend der alten Sichtweise von vor 1989 verpflichtet war. Badstübner war einer jener "führenden SED-Historiker", die maßgeblich das offizielle Geschichtsbild mitbestimmten. Insofern wundert es auch nicht, wenn seiner neuesten Publikation alte Schablonen zu entnehmen sind. Dies gipfelt darin, aus der Bewältigung des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik und in der DDR den Schluss zu ziehen, in den Westzonen bzw. der Bundesrepublik seien keine dezidiert antifaschistischen Positionen vertreten worden, während der Antifaschismus "unübersehbar" das gesellschaftliche Leben und die Haltungen und Einstellungen in der DDR geprägt habe. Allerdings sieht er in der Bundesrepublik auch kein "neofaschistisches" System, dies sei wohl doch überzogen (S. 545).
Leider unterläßt es Badstübner, auf antifaschistische, antitotalitäre Positionen und Bewegungen in der Bundesrepublik einzugehen - mit Ausnahme der KPD; ebenso unterschlägt er faschistische und neofaschistische Einstellungen im Osten, ganz zu schweigen von personellen Kontinuitäten zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus, die nur der nicht sehen kann, der nicht sehen will. Das war kein spezifisch westdeutsches Problem. Ein Blick in die einschlägige Forschungsliteratur hätte auch diese unangenehme Seite offenbart. So aber konstruiert Badstübner eine "Alternativgesellschaft" DDR, die er subjektiv so empfunden haben mag, die objektiv aber nicht existierte. Sein Befund ist um so erstaunlicher, als Badstübner durchaus konzediert, daß eine Diktatur sowjetischen Typs in der DDR aufgebaut worden sei. Ihm geht es vor allem aber darum zu zeigen, daß es nach seiner Erkenntnis nach 1945 durchaus Möglichkeiten für einen "3. Weg" in Deutschland gab. Daß er dabei vor allem dem Westen die Schuld zuschiebt, daß dieser nicht beschritten worden ist, mag zunächst seiner subjektiven Perspektive geschuldet sein. Aber natürlich hat er auch Recht, weil im Westen (einschliesslich der Westmächte) die Bereitschaft nicht sonderlich gross war, sich dem Diktat Stalins zu unterwerfen. Insofern stand ab 1946/47 deutlich die Frage im Zentrum: Diktatur oder Demokratie? Daß die Demokratie im Westen auch Jahrzehnte benötigte, ehe sie sich konsolidiert hatte und vor allem ehe sie als Wert ins Bewusstsein breiterer Bevölkerungskreise eingegangen war, steht dabei auf einem anderen Blatt.
Aber es wäre unlauter, die Arbeit von Rolf Badstübner nur unter diesen Aspekten zu rezipieren. Denn auf der Grundlage vielfältigen und umfangreichen Quellenmaterials aus Archiven des In- und Auslandes präsentiert er eine Fülle von sozialen, politischen und kulturellen Einblicken und Erkenntnissen, die nicht nur oftmals eine souveräne Zusammenfassung des Forschungsstandes darstellen, sondern zuweilen auch darüber hinaus gehen und neue Fragen aufwerfen. Herausgekommen ist dabei ein buntes Panorama der deutschen Nachkriegsgesellschaft, das bei Badstübner allerdings weniger seine Faszination in Thesen oder Verallgemeinerungen besitzt, sondern viel stärker in der Aufbereitung emprischen Materials und vorliegender Forschungsergebnisse, so daß dieses Buch mindestens Fachleuten als schneller Überblick dienlich ist. Ungeübte Leserinnen und Leser könnte es allerdings verwirren. Für sie könnte ein Reiz darin bestehen, ungetrübt in die historische Gedankenwelt eines einstigen Staatshistorikers einzutauchen.
Dies trifft in einem noch viel stärkeren Masse auf das Buch von Günter Benser "DDR - gedenkt ihrer mit Nachsicht" zu. Allein der nekrologe Titel verrät, worum es geht. Benser will Verständnis für die DDR und das politische System wecken, will aufklären, will vor allem die "positiven" Seiten aufzeigen, ohne dabei - wenigstens hin und wieder - nicht auch an die diktatorischen Seiten des Systems zu erinnern. Benser war in einem noch viel höheren Masse als Badstübner Repräsentant der DDR-Geschichtswissenschaft. Nach dem Studium der Geschichte in Leipzig arbeitete er zeitlebens am Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED und war, nach dessen Umbildung, ab Ende 1989 der letzte Direktor des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung. Benser war ab den sechziger Jahren an allen Grossprojekten der DDR-Geschichtswissenschaft beteiligt ("Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung", "Geschichte der SED. Abriss", "Geschichte der SED in vier Bänden" [einer erschienen], "Deutsche Geschichte in zwölf Bänden" [sechs Bände erschienen]) und wirkte darüber hinaus - wie er in seinem Bericht selbst bekennt - an einer Reihen von weiteren Projekten mit. So arbeitete er Walter Ulbricht für eine geplante Autobiograhie zu, die dieser als Antwort auf die Erinnerungen Konrad Adenauers verfassen wollte, und war auch an der Ausarbeitung der Theorie der sozialistischen deutschen Nation in der DDR beteiligt. Aus seinen vielen wissenschaftlichen Publikationen ragen zwei heraus: 1985 veröffentlichte er das Buch "Die KPD im Jahre der Befreiung", in dem erstmals viele Fakten und Zahlen zur Nachkriegs-KPD nachzulesen waren, so daß es auch heute zuweilen als Nachschlagewerk nicht unwichtig ist. Zum anderen gab er zwischen 1993 und 1997 eine sechsbändige Ausgabe mit Dokumenten zur KPD-Geschichte 1945/46 mit heraus. Diese Edition ist zwar keine Meisterleistung, weil die Dokumente nur im Faksimile zum Abdruck gelangten, aber immerhin können sich nun auswärtige Forscherinnen und Forscher für diese Dokumente eine Reise nach Berlin sparen.
Günter Bensers Bericht "DDR - gedenkt ihrer mit Nachsicht" ist von der Anlage her ungewöhnlich. Das Inhaltsverzeichnis vermittelt den Eindruck, als hätten wir es mit einer politischen Gesamtdarstellung der DDR zu tun. Tatsächlich aber verbergen sich hinter dem Buchdeckel zwei Bücher: eine politische Geschichte der DDR und eine weitgehend autobiographische Darstellung dieser vierzig Jahre. Die Leserschaft kann beide Texte einfach auseinanderhalten, weil die Erinnerungen Bensers kursiv gesetzt sind.
Wissenschaftlich gesehen ist das Buch eine Enttäuschung. Wie mittlerweile üblich in bestimmten Kreisen, sieht Benser in der Ulbricht-Ära viele entwicklungsfähige Potenzen, die aber aufgrund der Weltlage zumeist nicht zur Entfaltung kamen. Demgegenüber sei die Honecker-Ära von einem steten Verschleiss der sozialistischen Ideale wie der Wirklichkeit geprägt gewesen. Dazu passt auch, daß eigentlich Honecker keiner, auch Benser nicht, 1971 haben wollte - nur es mangelte an Alternativen, so Benser. Die historische Analyse Bensers ist nicht nur enttäuschend, langatmig und von Legenden nur so durchseucht, sie stellt insgesamt auch keinen deutlichen Bruch mit den Traditionen der SED-Geschichtspropaganda dar: Der 17. Juni 1953 war wohl inszeniert, der 13. August 1961 durchaus nachvollziehbar und der 21. August 1968 entzieht sich einer Bewertung angesichts des Kosovo-Eingreifens der NATO.
Aber neben der Analyse Bensers steht die Erinnerung Bensers, und die ist durchaus interessant. Denn der Autor beschönigt nichts an seinem Handeln, an seinen politischen Einstellungen. Er versucht auch nicht unbedingt, Verständnis erheischen zu wollen. Vielmehr stellt er ehrlich seine Haltungen und seine Arbeit dar. Er bekennt sich zu seiner politischen Einstellung, versucht zu erklären, warum es für ihn selbstverständlich war, die SED-Politik mitzutragen und zum Teil mitzuformulieren. Diese Abschnitte des Buches sind vor allem interessant für jene, die das Innenleben von staatstreuen und staatstragenden Bürgerinnen und Bürgern der DDR kennenlernen und verstehen möchten. Es sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Erinnerungsbüchern einstiger Funktionäre und herausgehobener Persönlichkeiten, auch Historiker, erschienen, aber nur selten ist es einem Autor gelungen, seine damalige Haltung so unverstellt und weitgehend ungeschönt darzustellen wie Günter Benser.
Nun ist dies vielleicht nicht gerade Literatur, die in der politischen Bildung oder gar im Schulunterricht breit verwendet werden sollte. Aber gerade jenen, die sich wissenschaftlich mit der DDR oder ganz allgemein mit Diktaturen beschäftigen, sei das Buch durchaus empfohlen. Dabei kann man auch hin und wieder schmunzeln. Etwa wenn Benser schildert, warum auch er nach der Maueröffnung sich die 100 DM Begrüssungsgeld - er nennt es freilich "Kopfgeld" - abholte: "um es nicht an den Finanzminister zurückfliessen zu lassen." (S. 315) Ein aufrechter Kommunist freilich benötigt eine solche Erklärung, um die Geschenke des Imperialismus zu rechtfertigen. Geradezu lustig ist auch seine Erinnerung an die sozialistische Gemütlichkeit wie sie sich etwa in seiner Hausgemeinschaft zeigte. Es wurde gemeinsam gefeiert, gemeinsam der Vorgarten gepflegt, gemeinsam Schnee gefegt oder das Haus gesäubert, und natürlich grüssten sich die Hausbewohner untereinander. "Irgendwie muss ihnen diese Art Gemeinschaft zugesagt haben. Mit der Wende kam das Ende." (S. 266) Lustig daran ist nicht so sehr die Tatsache, daß dies tatsächlich vor 1989 allerorten so geschah. Lustig ist daran vielmehr, daß dies nach 1989 unterblieb und nun dafür auch noch der Westen verantwortlich gemacht wird. Früher wurde es erwartet - also tat man es, nun erwartet es keiner mehr - also tut es auch keiner. Mündige Bürger?
Die drei Bücher zeigen auf unterschiedliche Art den Umgang mit der DDR-Vergangenheit in einem spezifischen ostdeutschen Milieu auf. Neben akribischer Quellenarbeit stehen eigenwillige Interpretationen, neben der Offenheit für andere Forschungsergebnisse steht milieugebundes Insulanertum, neben der partiellen Verharmlosung des Regimes steht Ehrlichkeit im Umgang mit der eigenen Biographie. Diese Bücher veranschaulichen exemplarisch, daß es längst kein einheitliches Geschichtsbild im Umfeld der PDS mehr gibt. Wissenschaftliche Normalität dominiert auch hier längst. Dementsprechend sollten diese Werke auch kritisch beachtet und rezipiert werden.