Frauen der politischen Rechten in Kaiserreich und Republik
Ein Überblick und Forschungsbericht1
In seiner vielbeachteten Hitler-Biografie hat Ian Kershaw unlängst das Verhältnis von Nationalsozialismus und Gesellschaft ausgelotet und dabei konstatiert, dass Frauen keine geschlechtsspezifischen Gründe gehabt hätten, die NSDAP zu wählen, dass sie außerdem in den letzten Jahren der Weimarer Republik ähnlich wie Männer abstimmten und dies „vermutlich aus den gleichen Gründen“ (S. 507). Die Sicherheit dieses Urteils über die (partei-)politischen Vorlieben und das Wahlverhalten von Frauen überrascht. Denn für die Politikgeschichte der rechten Parteien und Verbände sind noch immer immense Forschungslücken zu verzeichnen. Zwar haben Jürgen W. Falter und seine Mitarbeiter schon in den achtziger Jahren wichtige Erkenntnisse zum Abstimmungsverhalten der Geschlechter vorgelegt und gezeigt, dass Frauen überproportional häufig konservativen und christlichen Parteien ihre Stimme gegeben haben und sich erst später als die meisten Männer für die NSDAP entschieden. Jedoch wird in den Gesamtdarstellungen, Monographien und Sammelbänden zur Weimarer Republik nur äußerst selten die folgerichtige Frage gestellt: Wie haben sich rechtsstehende Frauen ihre politische Meinung gebildet? Lasen sie die gleichen Zeitungen wie ihre männlichen Verwandten, Ehemänner und Milieuangehörigen, besuchten sie die selben Vereine, folgten der Propaganda der männlichen Meinungsmacher auf nationaler und lokaler Ebene und setzten schließlich ihr Kreuz an die gleiche Stelle? Diese Fragen erscheinen banal und drängen sich doch auf angesichts einer Verbands- und Parteienforschung, die für das Spektrum der politischen Rechten in der Regel weder weibliche Wähler noch Mitglieder, weder Publizistinnen noch Parlamentarierinnen, weder die weibliche Elite noch die Frauen an der Basis kennt oder diese zumindest nur äußerst selten thematisiert. Thomas Kühne hat kritisch bilanziert, dass die meisten Autoren die Geschichte des Kaiserreichs als vermeintlich allgemeine, tatsächlich aber geschlechtshalbierte Geschichte beschreiben. Für die Weimarer Republik sei nur auf die neueste Auflage des Standardwerkes von Eberhard Kolb verwiesen, der in der Frage des Wahlverhaltens die Faktoren Schicht, Alter und Konfession, nicht jedoch das Geschlecht diskutiert. Kolbs Bericht über die Tendenzen der Forschung benennt keines der hier angeführten Desiderate. Die Historikerin Kirsten Heinsohn hat vor dem Hintergrund dieser Forschungslage angemerkt, dass anscheinend nicht nur die historischen Akteure, sondern auch moderne Politiker und Wissenschaftler von einer unpolitischen Grundhaltung der rechts wählenden Frauen ausgehen und deren Aktivitäten in Frauenvereinen als nicht politisch einstufen. Diese Faktoren würden in der etablierten Geschichtswissenschaft eine „Rezeptionssperre“ gegenüber den eigenständigen politischen Profilen von Frauen bewirken. Man kann davon ausgehen, dass die drei mit der Geschichte der politischen Rechten konnotierten geschlechtsbezogenen Ideologeme – ‚traditionelle Geschlechterrollen‘, ‚Antifeminismus‘ und ‚Männerbund‘ - den Blick auf weibliche Anhänger und Aktivisten zusätzlich verstellt haben. Und so kommen Paola Bacchetta und Margaret Power in der Einleitung ihres Sammelbandes „Right-Wing Women“, der Beiträge über rechte Frauen aus Afrika, Australien, Europa, dem Nahen Osten, Nordamerika, Südamerika und Südasien bündelt, zu dem Fazit: „It is something of an understatement to remark that historically and currently studies of the right overwhelmingly focus on men.“ 2
Die Etablierung der Kategorie Geschlecht als eines der zentralen Analyse-Instrumente der Politikgeschichte schreitet also nur zögerlich voran. 1998 bilanzierte Thomas Kühne: „Der Kategorie Geschlecht wird im mainstream der Geschichte politischer Ideen, Persönlichkeiten, Institutionen, Parteisysteme, Politikfelder [...] kaum Bedeutung beigemessen“ (S. 173). 3 Daher bleibt es bis heute meist den Spezialstudien der Geschlechtergeschichte vorbehalten, Forschungslücken zu schließen. Bemerkenswert ist: Die konservativen, nationalistischen und völkischen Frauen haben Konjunktur. Vor allem drei Entwicklungen in der Forschung haben dieses Interesse hervorgerufen: 1.) Die neue Nationalismusforschung um Ernest Gellner, Benedict Anderson und Eric Hobsbawm hat die Nation als ‚gedachte Ordnung‘ identifiziert. Diese Anregungen sind von der Geschlechterforschung aufgegriffen worden, die nach den geschlechtsspezifischen Konstruktionen im Nationalismus fragte. Zusätzlich befördert durch den Boom der Nationalismusforschung seit den Umbrüchen von 1989/90 steht das Verhältnis von ‚Nation und Geschlecht‘ beziehungsweise von ‚Militär und Geschlecht‘ im Mittelpunkt zahlreicher Beiträge und Sammelbände. 4 2.) Die Frauen- und Geschlechterforschung hat sich nach der Debatte über die Frage, ob Frauen im geschichtlichen Prozess stets Opfer oder aber auch Täterinnen gewesen seien, von diesen polarisierenden Kategorien verabschiedet. Ein Ergebnis dieser Diskussion ist, dass nun verstärkt Gruppen und Persönlichkeiten berücksichtigt werden, die einen Beitrag zu aggressivem Nationalismus, sozialer Ausgrenzung und antidemokratischem Denken geleistet haben. 5 3.) Angeregt durch die Studien von Ute Planert haben neuere Monographien zur Geschichte der völkischen Bewegung und der deutschen Rechten dem ‚Antifeminismus‘ als bedeutendes Element der rechten Ideologie mehr Beachtung geschenkt. Zunehmend erscheint nun aber auch die Frage lohnend, wie sich rechte Frauen im Diskurs über die Geschlechterverhältnisse verortet haben. 6
Ein Überblick zu ‚rechten Frauen‘ - das klingt vor dem Hintergrund der Entwicklung von der ‚Frauen‘- zur ‚Geschlechter‘geschichte und des postmodernen Trends zur Dekonstruktion des Geschlechts möglicherweise etwas altmodisch. Es entspricht jedoch dem aktuellen Forschungsinteresse. Derzeit werden die Desiderate der Politikgeschichte ausgelotet, ohne damit eine rein ‚komplementäre‘ Forschung zu betreiben, die der Politikgeschichte der Männer lediglich die der Frauen hinzufügt. Wie zu zeigen sein wird, vermögen Ergebnisse der Geschlechterforschung bestehende Erkenntnisse über das Spektrum der politischen Rechten zu relativieren und außerdem Grundlagen zu schaffen, um bestimmte Phänomene - wie beispielsweise zentrale Ideologeme der Rechten oder geschlechtsspezifisches Wahlverhalten - schlüssiger zu erklären. Die neue Kulturgeschichte hat zudem ein Interesse für die Wahrnehmungs- und Erfahrungsmuster bislang kaum beachteter Akteure und Akteurinnen, mit ihren subjektiven Wahrnehmungen und ihrer eigenen Sprache, hervorgerufen. Aber auch die ‚herkömmlichen‘ Fragen nach der Rekonstruktion politischer Entscheidungsprozesse oder nach institutionellen Strukturen sind notwendig - so oberflächlich ist unser Wissen über den Komplex ‚Rechte Frauen‘.
Die Aktivistinnen der NS-Bewegung sind als erste von der Frauen- und Geschlechtergeschichte berücksichtigt worden. Die nicht-nationalsozialistischen rechten Frauen im Kaiserreich und der Weimarer Republik sind erst in den letzten Jahren zum Gegenstand der Forschung geworden. Da die Nationalsozialistinnen bereits eingehend in Forschungsberichten, Monographien und Sammelbänden behandelt wurden 7, stehen in diesem Überblick die Vereinsfrauen, Politikerinnen und Publizistinnen im Mittelpunkt, die im Kaiserreich den konservativen Parteien und in der Republik der Deutschnationalen Volkspartei nahe standen beziehungsweise angehörten. Zeitlich liegt das Schwergewicht auf der Phase von der Jahrhundertwende - zwischen 1890 und 1910 wurden wichtige Organisationen rechter Frauen gegründet - bis zur ‚Machtergreifung’ 1933. Für fast alle rechten Frauenvereine war 1933 allerdings keine scharfe Zäsur, da sie in der Regel noch einige Jahre existieren konnten, bevor sie aufgelöst und in nationalsozialistische Organisationen überführt wurden. Fixpunkt dieses Überblicks ist die Revolution von 1918/19, in deren Verlauf Frauen das aktive und passive Wahlrecht zuerkannt wurde. In der Epoche des Kaiserreiches müssen wir die Antwort auf die Frage suchen, aus welchen Gründen sich viele Frauen bei ihren ersten Wahlen - zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 - für rechte Parteien entschieden haben und wie ihre politische Sozialisation in den Jahren zuvor stattgefunden hat. Für die Weimarer Republik besteht Klärungsbedarf, wie Aktivistinnen des rechten Vereinswesens in der Demokratie agierten, die sie zu Wählerinnen und einige zu Parlamentarierinnen gemacht hatte, die dennoch aber als Staatsform abgelehnt wurde. Gefragt wird im Folgenden, in welchen Zusammenhängen sich rechte Frauen organisierten, auf welchen Gebieten sie handelten und welchen Beitrag sie zur Ideologie der deutschen Rechten geleistet haben.
Zu Beginn werden ausgewählte Frauenvereine des Kaiserreiches vorgestellt, die die Beteiligung von Frauen an dem Prozess der Fundamentalpolitisierung dokumentieren und zugleich die Heterogenität des rechten Frauenvereinswesens aufzeigen. Hierbei werden berücksichtigt der Vaterländische Frauenverein, protestantische Frauenorganisationen (Evangelische Frauenhilfe, Deutsch-Evangelischer Frauenbund, Neulandbewegung), nationalistische Zusammenschlüsse (Frauenverein für die Ostmarken, Flottenbund Deutscher Frauen, Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft) sowie städtische und ländliche Hausfrauenvereine (I). Das Engagement von Frauen in der Deutschnationalen Volkspartei steht im Mittelpunkt des zweiten Teils. Behandelt werden die Themen: Erste parteipolitische Frauengruppen, Revolution und Wahlrecht, Wahlpropaganda für Frauen, Parlamentarierinnen, Parteiorganisationen der Frauen, Ideologische Grundpositionen und Arbeitsgebiete (II). Das rechte Frauenvereinswesen des Kaiserreiches hatte über die Zäsur von 1918/19 hinweg Bestand. Die Vereine konnten auch in der Weimarer Republik eine Massenanhängerschaft mobilisieren. Einige Neugründungen kamen hinzu (Ring Nationaler Frauen, Königin Luise Bund, Deutscher Frauenkampfbund gegen die Entartung im Volksleben), die mit ihrer Affinität zur völkischen Bewegung und zur NSDAP das Frauenvereinsspektrum in Richtung der radikalen Rechten erweiterten (III). Da sich die meisten Studien auf die führenden Funktionärinnen und Vorstandsfrauen in Vereinen und Parteien auf nationaler Ebene konzentrieren, soll in dem letzten inhaltlichen Abschnitt die Bedeutung der rechten Frauen an der Basis problematisiert werden (IV). Abschließend werden grundlegende Daten über die hier ausgewählten Frauenorganisationen zusammengestellt: Gründungs- und Auflösungsdaten, Mitgliederzahlen, Publikationsorgane, die Namen der Vorsitzenden, bei einigen auch die zugehörige ‚Männer’organisation beziehungsweise die Zeit der Mitgliedschaft im Bund Deutscher Frauenvereine (V).
I. Rechte Frauenvereine im wilhelminischen Kaiserreich
Als ein zentraler Prozess des deutschen Kaiserreiches gilt die Fundamentalpolitisierung um 1900: „Immer größere Teile der Bevölkerung begannen am politischen Geschehen mitzuwirken, indem sie sich organisierten oder an Wahlen beteiligten“, beschreibt Hans-Peter Ullmann diesen Vorgang. 8 Neuere Studien zeigen, dass Frauen auch ohne Wahlrecht aktiv an diesem Organisierungsschub teilnahmen. Das Frauenvereinswesen erlebte in dieser Zeit einen enormen Aufschwung, denn nicht nur die Frauenbewegung steigerte ihre Mitgliederzahlen. Auch rechte Frauenorganisationen hatten beeindruckenden Zulauf in karitativen, protestantischen, nationalistischen und Hausfrauenvereinen. Ihre Anhängerschaft überstieg in der Summe die Mitgliederzahlen des BDF, der wichtigsten Organisation der bürgerlichen Frauenbewegung (1913 fast 470.000 Mitglieder), und auch die der sozialdemokratischen Frauen (1913 etwas 140.000 Mitglieder). An erster Stelle ist unter den karitativen Organisationen der Vaterländische Frauenverein zu nennen, nicht nur aufgrund des frühen Gründungsdatums von 1866, sondern vor allem, weil es sich hierbei um die größte Frauenorganisation des Kaiserreiches handelt. 1914 soll er über 590.000 Mitglieder gehabt haben. Eine Verwandtschaft aufgrund der karitativen Tätigkeit bestand zu der protestantischen Organisation Evangelische Frauenhilfe, die 1899 gegründet wurde. Der Prozess der Entkirchlichung sollte durch fürsorgerische Tätigkeiten aufgehalten werden. 1912 hatte der Gesamtverband in Preußen fast 250.000 Mitglieder. Wesentlich kleiner, dennoch von erstaunlicher Wirksamkeit, war der ebenfalls 1899 gegründete Deutsch-Evangelische Frauenbund (DEF), der 1914 15.600 Mitglieder versammelte. Der DEF war die erste rechte Frauenorganisation, die sich ausdrücklich zu einigen Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung bekannte, und 1908 unter starken Protesten des rechten Lagers dem BDF beitrat. Erst 1916 erfolgte die Gründung der Neulandbewegung, eine protestantisch-jugendbewegte Organisation für die weibliche Jugend, die sich in der Weimarer Republik zunehmend der völkischen Bewegung zuwandte und ab 1929 eine entschieden pro-nationalsozialistische Politik betrieb. Eine dritte Form der weiblichen Organisierung von rechts stellen die nationalistischen Vereine der Frauen dar, die sich jeweils als ‚weiblicher Ableger‘ eines männlichen Agitationsvereins gründeten. Der erste war der Deutsche Frauenverein für die Ostmarken (1914 3.400 Mitglieder), der bereits 1896 ins Leben gerufen wurde, um die Arbeit der Männer im Deutschen Ostmarkenverein zu unterstützen. Es folgten 1905 der Flottenbund deutscher Frauen (1913 60.000 Mitglieder) und der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG), der bei der Gründung 1907 noch Deutsch-Kolonialer Frauenbund hieß und sich ein Jahr später offiziell der DKG anschloss (1914 17.800 Mitglieder). Die reichsweiten Verbände der städtischen und ländlichen Hausfrauen schließlich wurden im Ersten Weltkrieg zur Unterstützung der ‚Heimatfront‘ gegründet. Hausfrauenvereine gab es allerdings auf lokaler und regionaler Ebene auch schon vor 1914. 9
CASTING THEIR GAZE MORE BROADLY
Als der Klassiker der Forschung über das rechte Frauenvereinswesen gilt zu Recht der Aufsatz von Roger Chickering, dessen ausdrucksstarker Titel „Casting their Gaze more Broadly“ den Kern der Argumentation des us-amerikanischen Historikers wiedergibt: „the symbols and slogans of patriotism could serve as vehicles to broaden or solidify the claims of German women to public roles“ (S. 185). Roger Chickering hat für die Organisierung rechter Frauen einen typischen Entwicklungsprozess herausgearbeitet: In der Regel beschränkte sich die öffentliche Vereinsarbeit der Frauen zunächst auf Aktivitäten, die mit der bürgerlichen Geschlechterideologie vereinbar schienen und die ‚Mütterlichkeit‘ der Frauen in den Vordergrund stellten. Das waren vor allem karitative Tätigkeiten, ‚Fundraising‘ oder die Erziehung der Jugend im Sinne der männlichen Vereinsführung. Die neuartigen Aktivitäten im Verein - Organisation der Arbeit, Vorstandstreffen und Mitgliederversammlungen, öffentliche Auftritte, Verfassen von Beiträgen für die Vereinsorgane - führten mit der Zeit zu einer neuen Selbstsicherheit und Stolz der weiblichen Mitglieder. Einige Vereinsfrauen stellten daraufhin innerhalb ihrer Organisationen Forderungen, die von den männlichen Gesinnungsgenossen nicht erwünscht waren: Sie drängten auf die Anerkennung der Frauenarbeit als gleichwertig, wollten in ihren Frauenorganisationen autonom arbeiten und die Ziele und Aktionsgebiete selbstständig festlegen. Für einige Vereine kann Roger Chickering sogar eine Ausweitung der Arbeitsgebiete auf nicht-weiblich konnotierte Bereiche beobachten. Zugleich hebt er hervor, dass der nationalistische Aktivismus beider Geschlechter schichtspezifisch gewesen sei. Der Zugang zu den Vereinen führte normalerweise durch die Haushalte und die persönlichen Netzwerke der männlichen Nationalisten. Der patriotische Enthusiasmus der Frauen sei das Produkt von sozialen Erfahrungen, Traditionen und Vorurteilen der Mittelschicht, die sich durch Besitz und Bildung auszeichnete. 10 Allerdings: die Legitimation dieses Engagements war geschlechtsspezifisch.
Diesen von Roger Chickering dokumentierten Entwicklungsprozess haben zahlreiche nachfolgende Studien im Großen und Ganzen bestätigt, ihn in Teilen aber auch relativiert. Bislang liegen für einzelne rechte Frauenvereine des Kaiserreiches nur zwei neuere Fallstudien vor, die den gesamten Zeitraum von der Gründung bis zur Auflösung abdecken: Die Dissertation von Silvia Lange über die Neulandbewegung und die Monographie von Lora Wildenthal über das Engagement von Frauen für die Kolonialbewegung. Andrea Süchting-Hänger behandelt zudem in ihrer Dissertation das nationale Engagement konservativer Organisationen zwischen 1900 und 1937. Obwohl in dieser Studie das Schwergewicht auf der Zeit der Republik liegt, berücksichtigt die Vorgeschichte den Vaterländischen Frauenverein, die protestantischen Frauenorganisationen Evangelische Frauenhilfe und Deutsch-Evangelischer Frauenbund sowie die nationalistischen Zusammenschlüsse im Kaiserreich. 11 Neben diesen Monographien sind im Folgenden eine Reihe neuerer Aufsätze zu nennen, die die Evangelische Frauenhilfe, den Frauenverein für die Ostmarken und die Hausfrauenvereine behandeln. Hilfreich ist auch der Überblick von Karin Bruns, der den völkischen Tendenzen im konservativen Frauenvereinswesen des Kaiserreichs nachspürt. 12 Da die Forschungsergebnisse der Geschlechterforschung von vielen ‚allgemeinen‘ Studien noch nicht wahrgenommen worden sind, erscheint es für diesen Überblick angeraten, jeweils auch die Pionierstudien und ‚Klassiker’ zu nennen.
VATERLÄNDISCHER FRAUENVEREIN
Der Vaterländische Frauenverein wurde 1866 im Krieg als Initiative der preußischen Königin Augusta gegründet und diente der Organisierung von Frauen für die freiwillige Hilfsarbeit in Kriegs- und Friedenszeiten. Vereinsaufgaben waren die Ausbildung zur Krankenpflege und die kommunale Armenfürsorge. Die ersten umfassenden Untersuchungen über die ‚Vaterländischen‘ stammen von Andrea Süchting-Hänger, die sowohl die Organisationsgeschichte, als auch die Tätigkeitsgebiete und die politischen Grundpositionen der führenden Vereinsmitglieder vorgestellt hat. Sie zieht den Vaterländischen Frauenverein als Beispiel heran, um zu zeigen, dass auch karitative, vordergründig unpolitische Organisationen eine wichtige Funktion für die Politisierung konservativer Frauen hatten. Hier entstand eine tiefe Loyalität zur Monarchie. Der Hauptvorstand des Vaterländischen Frauenvereins wurde von Adeligen dominiert, es traf sich die gesellschaftliche Elite Preußens. Das Weiblichkeitsmodell, das von diesem Verein angeboten wurde, scheint den Erfolg in starkem Ausmaß befördert zu haben: Da die Anhängerinnen von natürlichen Unterschieden der Geschlechter ausgingen, erschien ihnen die Idee, in männliche Domänen vorzudringen, unsinnig und gefährlich. Stattdessen bot der Verein eine weibliche „Gegenwelt“ (Andrea Süchting-Hänger) oder vielleicht besser eine ‚Ergänzungswelt‘, die die ehrenvolle Integration von Frauen in die Monarchie ohne Geschlechterkampf ermöglichte. Bei den Vaterländischen fanden sich bürgerliche Frauen zusammen, denen an einem Erhalt der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung und an der Anerkennung durch die kaiserliche Schirmherrin wesentlich mehr lag, als am Frauenstimmrecht, das eine bedrohliche Demokratisierung des Reiches bedeutet hätte. Diese Frauen hatten „gute Gründe, beharrend und traditionell zu sein“ bilanziert Süchting-Hänger (Gewissen der Nation, S. 50). In dieser karitativen Organisation hatten männliche Vorstandsmitglieder im Vergleich zu vielen anderen Frauenvereinen der Rechten vergleichsweise einen großen Einfluss. Dennoch lässt sich auch in dieser Organisation eine Entwicklung zu größerer Selbstständigkeit der Frauen beobachten. Mit dem Amtsantritt der Vorsitzenden Agnes von der Groeben im Jahr 1916 nahm der Einfluss der Frauen auf die Vereinsgeschäfte deutlich zu. Trotz einiger gemeinsamer Veranstaltungen mit dem BDF bewahrte der Vaterländische Frauenverein klar seine antiemanzipatorische Position, die sich in den späten Jahren des Kaiserreiches sogar noch verschärfte. 13
PROTESTANTISCHE FRAUENVEREINE
Für die Evangelische Frauenhilfe und den Deutsch-Evangelischen Frauenbund gilt, dass die älteren Quellensammlungen von Fritz Mybes und Jochen-Christoph Kaiser sowie die ‚klassischen‘ Studien von Doris Kaufmann und Ursula Baumann noch keine vergleichsweise umfassenden Nachfolger gefunden haben. Über die Frauenhilfe ist anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens im Jahr 1999 ein Sammelband erschienen, in dem Beiträge von Fritz Mybes, Sigrid Lekebusch und Regina Mentner unser Untersuchungsgebiet betreffen. Zudem berücksichtigt Andrea Süchting-Hänger sowohl die Frauenhilfe als auch den DEF als Teil des konservativen Frauennetzwerkes in Kaiserreich und Republik. Für die protestantische Neulandbewegung hat Silvia Lange unlängst in ihrer Dissertation die Entwicklung der Organisation von der Gründung 1916 bis zum Verbot der Neulandveranstaltungen im Jahr 1940 detailliert nachgezeichnet und die Bewegung im Spannungsfeld von Frauen-, Jugend- und völkischer Bewegung verortet. 14
Die Evangelische Frauenhilfe mit ihren karitativen Vereinszielen war gewissermaßen die ‚kirchliche Schwester‘ des Vaterländischen Frauenvereins und vertrat ein ähnliches Gesellschafts- und Frauenbild. Auch diese Gründung ging auf eine Initiative des Herrscherhauses zurück, allerdings fehlte die kriegsdienliche Bestimmung. Die Frauenhilfe, eine Unterorganisation des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins, sollte der parochialen Diakonie zugute kommen und die „christliche Liebestätigkeit“ in den Gemeinden organisieren und ausbauen. Zahlreiche Frauen wurden als Helferinnen in der Krankenpflege ausgebildet. Auch der Evangelischen Frauenhilfe gelang eine rasche Mobilisierung: 1912 zählte man knapp 250.000 Mitglieder, die vor allem in ländlichen Gebieten lebten. Das Gros kam aus kleinbürgerlichen Schichten. Die Schirmherrschaft der Kaiserin - sie schätzte die protestantische Frauenhilfe mehr als die überkonfessionellen Vaterländischen - und das beträchtliche Vermögen erlaubte den Bau von Krankenhäusern, Erholungsheimen und Ausbildungsstätten. Fritz Mybes hebt hervor, dass die Frauenhilfe ihre ‚Vater’organisation, den Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein, schon im Kaiserreich in vielerlei Hinsicht übertraf: An Wirksamkeit bei der Entwicklung evangelischer Gemeinden und auch im Grad der öffentlichen Bekanntheit vor Ort. Ursula Baumann hat die Frauenhilfe als die „konservativste evangelische Frauenorganisation“ mit einer klaren antisozialdemokratischen Ausrichtung eingeordnet (Baumann, S. 148). Das Projekt des konservativen Sozialpolitikers Adolf Stoecker, bestimmte Teile der Gesellschaft für eine Orientierung an ‚Thron und Altar‘ zu mobilisieren, war für die Arbeiterschaft gescheitert, konnte mit der Frauenhilfe aber bei den protestantischen Frauen Erfolge feiern. Wichtige Aufschlüsse über die politische Orientierung der Mitglieder liefert die Studie von Regina Mentner, die mit dem „Boten für die christliche Frauenwelt“ das populäre Vereinsorgan der Frauenhilfe analysiert hat. Mit seiner konservativen Ausrichtung, so urteilt Mentner, fügte sich der Bote in die vergleichbare kirchliche Vereinspresse ein. Die Zeitschrift bezog im Kaiserreich auch Position zu allgemeingesellschaftlichen Themen. Von den Frauen erwartete man einen vaterländisch-heimatverbundenen Nationalismus, Heroismus und Kampf für das Vaterland im Rahmen der weiblichen Möglichkeiten. „Den Leserinnen wurde Treue zu Staat und Monarchie vermittelt“ (Mentner, S. 239). Fritz Mybes hebt hervor, dass bis 1918 jedoch keine politische Betätigung im engeren Sinne stattgefunden habe. Die Publikationen der Frauenhilfe dienten zudem als Plattform antifeministischer Kritik. An der beherrschenden Position des Familienvaters wurde nicht gerührt. Die Evangelische Frauenhilfe ist nach dem jetzigen Stand der Forschung die einzige rechte Frauenorganisation des Kaiserreiches, in der die Frauen auch nach vielen Jahren Vereinsarbeit kein größeres Mitspracherecht forderten. Die männliche Leitung wurde augenscheinlich widerspruchslos akzeptiert, während die diakonische Arbeit der Frauen umgekehrt die volle Unterstützung der männlichen Kirchenführer erfuhr. Zu Aufbrüchen in diesem Zusammenhang kam es erst in den 1920er Jahren. 15
Der Deutsch-Evangelische Frauenbund unterschied sich von der Evangelischen Frauenhilfe in der sozialen Zusammensetzung, der Organisationsstruktur und im Selbstverständnis. Ursula Baumann und Doris Kaufmann haben gezeigt, dass der DEF von Anfang an eine autonome Vereinsstruktur hatte. Die Unabhängigkeit von der Kirche war Programm, eine Anbindung an eine protestantische Männerorganisation bestand nicht. Der männliche Beirat erhielt nur eine beratende Funktion. Die Initiative zur Gründung kam von der „Allgemeinen Konferenz deutscher Sittlichkeitsvereine“, die allerdings mit der frauenbewegten Entwicklung des DEF kaum gerechnet haben dürfte. Vorstand und Basis des DEF rekrutierten ihre Mitglieder aus gehobenen Gesellschaftsschichten. Die Hannoveranerin Paula Mueller-Otfried, Tochter eines höheren Regierungsbeamten, wurde die führende Persönlichkeit des Bundes. Die Arbeit des DEF, so die Interpretation von Baumann, basierte auf dem kulturprotestantischen Anspruch, evangelisches Bekenntnis und moderne Welt miteinander zu versöhnen. Vereinsaufgaben waren die Mobilisierung von Frauen für eine „religiös-sittliche Erneuerung“ und die Mitarbeit in der sozialpolitischen Bewegung. Die Caritas wurde von den führenden DEF-Frauen als altmodisch und überholt betrachtet. Zum Entsetzen der Frauenhilfe mischte sich der DEF in öffentliche Debatten ein und lehnte sich mit seinem sozialpolitischen Programm an den BDF und die christlichen Gewerkschaften an. Im Vergleich zur Frauenhilfe zeigten die führenden Frauen des DEF ein enormes Selbstbewusstsein, indem sie den angestammten Bereich dienender Fürsorge verließen, Mitbestimmung in den Gemeinden und das kirchlichen Wahlrecht für Frauen forderten.
Der Deutsch-Evangelische Frauenbund trat 1908 dem BDF bei und war damit „die einzige protestantische Frauenorganisation, die sich als Teil der Frauenbewegung verstand“ (Ursula Baumann, S. 126). Mit dieser Entscheidung war der DEF Vorreiter für andere Frauenvereine, die rechten Parteien nahestanden und später seinem Beispiel folgten. In seiner Unterstützung bestimmter Ziele der gemäßigten Frauenbewegung – vor allem auf dem Gebiet der Bildung und der Sittlichkeit - ließ sich der DEF auch nicht durch massive Attacken von Seiten der kirchlichen Antifeministen beirren, die im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation organisiert waren. Der DEF blieb bis 1918 die einflussreichste Vertretung der Rechten innerhalb des BDF. Man kann davon ausgehen, dass er unter konservativen Frauen (und Männern) stark zur Modernisierung des Frauenbildes beigetragen hat. Zugleich hat der DEF innerhalb des BDF dafür gesorgt, die Position des radikalen Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung zu marginalisieren. Erst in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges kam es zwischen BDF und DEF über die Frage des Friedensschlusses und der Demokratisierung des Reiches zum Zerwürfnis. Im März 1918 erfolgte der Austritt des DEF aus dem Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung. Hier zeigt sich die zunehmende Fraktionierung des gesamten Frauenvereinswesens entlang parteipolitischer Linien in den letzten Kriegsjahren. Bereits 1913 wurde die „mehrheitlich orthodox-konservative Ausrichtung“ (Baumann, S. 195) des DEF nachdrücklich bestätigt: Führende Vertreterinnen waren an der Gründung der ersten Frauengruppe beteiligt, die offiziell der Deutsch-Konservativen Partei angeschlossen war (vgl. II). 16
Die 1916 gegründete Neulandbewegung (NLB) stellt laut der Analyse von Silvia Lange einen Sonderfall innerhalb des protestantischen Frauenvereinswesens dar. Während die Organisation in der Literatur meist als Jugendbewegung und völkische Frauenorganisation klassifiziert wird, hebt Lange die Merkmale einer evangelischen Frauenorganisation hervor. Zentrale Bedeutung misst sie Guida Diehl, der charismatischen Begründerin und Leiterin der NLB zu. Diehl hatte sich im Kaiserreich zunächst in der Frankfurter Ortsgruppe des DEF engagiert und dessen Mitgliedschaft im BDF von Anfang an befürwortet. Die spätere Führerin der Neulandbewegung zeigte schon im Kaiserreich eine offen antisemitische und antisozialistische Orientierung. Im Ersten Weltkrieg kritisierte sie den Nationalen Frauendienst (NFD), die Kriegsorganisation des BDF, in dem nach ihrer Ansicht zu viele Jüdinnen und Sozialistinnen engagiert waren. Diehl warb für die Gründung eines Kriegsbunds der Frauen, der eine ‚innere Erneuerung‘ bewirken sollte. 1916 schuf sich Guida Diehl mit der Zeitschrift „Neuland“ ein eigenes Organ, das sich an die „gebildete weibliche Jugend“ richtete. Das Alltagshandeln der Frauen im „Geisteskampf“, die „Kraft des Gemütes“ (zitiert nach Lange, Protestantische Frauen, S. 21f.), war aus ihrer Sicht kriegsentscheidend. Im Winter 1916/17 schloss sich ein Teil der Leserinnen zum Neulandbund zusammen. Nach der Interpretation von Silvia Lange war das zentrale Anliegen somit ein politisches, wobei man nicht auf die Beeinflussung des Staates zielte, sondern auf eine individuelle innere Erneuerung. Der Privatbereich der Frauen erhielt gesellschaftspolitische Bedeutung. Silvia Lange wertet auf der Grundlage von zehn biografisch-narrativen Interviews Selbstzeugnisse von Neuland-Anhängerinnen aus und identifiziert als Beitrittsmotive die Wahrnehmung Guida Diehls als begeisternde Rednerin, die Hoffnung auf umfassende religiöse und politische Sinngebung in Zeiten zunehmender Entchristlichung und gesellschaftlichen Wandels, das elitäre Selbstverständnis von Frauen des Bildungsbürgertums und ihr Wunsch nach Teilhabe am Kriegsgeschehen. 17
NATIONALISTISCHE FRAUENVEREINE
Die dezidiert nationalistischen Frauenvereine des Kaiserreiches stellen eine weitere Form des rechten Frauenorganisationswesens dar. In den letzten Jahren sind in neueren Studien die Anregungen Roger Chickerings aufgegriffen worden. Von Elisabeth A. Drummond stammt ein Beitrag über den Frauenverein für die Ostmarken, Lora Wildenthals Monographie „German Women for Empire“ behandelt unter anderem die Geschichte des Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft, ein Aufsatz von Claire Verghiattis thematisiert die Bezüge zwischen kolonialem Engagement und frauenbewegten Interessen, schließlich bezieht Andrea Süchting-Hänger in ihre Dissertation neue Quellen über Ostmärkerinnen, Kolonial- und Flottenbundfrauen ein. 18
Hervorzuheben ist, dass der Frauenverein für die Ostmarken im Vergleich zu anderen nationalistischen Frauenorganisationen relativ früh entstanden ist. Bereits vor der Jahrhundertwende, im Jahr 1895, rief die Führung des Ostmarkenvereins zur Gründung einer Frauengruppe auf. Hier macht Elisabeth A. Drummond die interessante Beobachtung, dass diese Initiative anscheinend eine Reaktion der deutschen „Ostmärker“ auf die engagierte Mitarbeit von Frauen in der polnischen Nationalbewegung war. Polinnen sollten im Nationalitätenkampf die kulturelle Identität der eigenen Ethnie in der Familie bewahren und durch soziale Dienste für den Zusammenhalt der Polen untereinander sorgen. Dieser Arbeit der Polinnen wollten die Vertreter des Ostmarkenvereins das Engagement deutscher Frauen gegenüberstellen. Ein entsprechend plausibles Motiv für die Gründung einer weiblichen Hilfsorganisation konnte die Deutsche Kolonialgesellschaft vorweisen. Die Grundidee stammte, wie Lora Wildenthal zeigt, von Propagandisten der Rassenhygiene, die eine „Vermischung der Rassen“ in den deutschen Kolonien verhindern wollten und hierfür die Auswanderung deutscher Frauen als Lösung ausriefen. Die Versuche der DKG, Frauen für dieses Unternehmen zu werben, waren nicht sehr erfolgreich. Erst der weiblichen Hilfsorganisation, dem Frauenbund der DKG, gelang es, pro Jahr zwischen fünfzig und hundert auswanderungswillige Frauen zu rekrutieren und in die Kolonien zu bringen. Der Flottenbund Deutscher Frauen konnte unter den nationalistischen Vereinen die meisten weiblichen Mitglieder mobilisieren (1913 60.000). Bemerkenswert sind allerdings auch die Mitgliederzahlen des Frauenbundes der DKG (1914 17.800), da diese immerhin fast halb so hoch waren wie die der Männerorganisation. Im Vergleich dazu war der Mobilisierungserfolg für die ‚Ostmark‘ unter Frauen eher gering war: 54.000 Mitgliedern der Männerorganisation standen 1914 nur 3.400 Anhängerinnen gegenüber.
Nach den Vorstellungen der Männer waren die Aufgaben der Frauen in allen drei Vereinen eng umgrenzt. Gewissermaßen ‚genehmigt‘ war die Veranstaltung von Festen, Basaren und Lotterien, um Geld in die Vereinskassen zu bringen - berühmt waren die Kostümfeste der Kolonialfrauen -, außerdem Fürsorge, Armen-, Kranken- und Waisenpflege vor allem in den Grenzgebieten sowie die Bewahrung „deutscher Haushalte“ und Vermittlung „deutscher Kultur und Sitte“ innerhalb des Hauses. Auch sollten die Frauen für die Ziele der jeweiligen Vereine in ihrem Umfeld werben. Da auch die Männerorganisationen ihre Arbeit als ‚überparteilich‘ ausgaben, erschienen die Hilfsdienste der Frauen erst recht unpolitisch.
In allen drei hier genannten nationalistischen Frauenvereinen gab es eine Gruppe von Frauen, die mit dem Status einer untergeordneten Hilfstruppe bald unzufrieden wurde und auf eine Ausweitung der Handlungsfelder drängte. Einige Frauen des Flottenbundes erklärten, dass ihre Gelder nicht für „Kleinigkeiten“ ausgegeben werden sollten. Statt für ein Seemänner-Genesungsheim wollten sie lieber für ein Schlachtschiff sparen. Überhaupt sei der Frauenflottenbund kein Fürsorgeverein, proklamierte diese Gruppe schon 1912. Der Vorstand diskutierte 1913 sogar die Möglichkeit eines Beitritts zum BDF, wie Andrea Süchting-Hänger belegen kann. Im Frauenverein für die Ostmarken stach laut Chickering und Drummond die Ortsgruppe Posen heraus, in der besonders viele Lehrerinnen und andere Berufsfrauen organisiert waren. Die Posenerinnen forderten die Anerkennung der Frau als Staatsbürgerin, die zwar nicht unbedingt wählen, aber stärkeren Einfluss in öffentlichen Angelegenheiten erhalten sollte. Statt Krankenpflege und Kindererziehung setzte man auf bessere Ausbildung und die Förderung selbstständiger Geschäftsfrauen. Eine starke Unterstützerin fand diese Gruppe in Käthe Schirmacher, der bekannten Propagandistin einer rücksichtslosen Germanisierungspolitik. Schirmacher hatte sich bis zur Jahrhundertwende im radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung engagiert und ihre frauenrechtlerischen Ideen auch als radikale Nationalistin nicht abgelegt. Am besten dokumentiert sind die Konflikte zwischen männlicher und weiblicher Führung aber für den Frauenbund der DKG. Der Selbstbehauptungswille der Kolonialaktivistinnen ging so weit, dass sie in manchen Orten begannen, der DKG ihren Mitgliederstamm streitig zu machen, was die Führer der Männerorganisation sehr verärgerte. 1909 waren laut Wildenthal schon zehn Prozent der Mitglieder des Frauenbundes Männer, bis 1910 stieg ihr Anteil auf 17 Prozent. Andrea Süchting-Hänger vertritt die These, dass sich die Führerinnen des Frauenbundes zur Beilegung der Konflikte den Männern zwar auf dem Papier unterordneten, tatsächlich jedoch weiterhin ihre eigenen Ziele verfolgten. Lora Wildenthal hebt die Bedeutung von Hedwig Heyl hervor, die 1910 den Vorsitz übernahm. Heyl kam aus der bürgerlichen Frauenbewegung und stand dem linken Flügel der Nationalliberalen nahe. Das Projekt Kolonien schien eine völlig andere Frauenrolle zu erfordern: Physische, moralische und mentale Härte waren ebenso notwendig, wie Führungsqualitäten gegenüber der kolonisierten Bevölkerung. Die Frauen reisten mit der Mission in die Kolonien, das ‚Deutschtum‘ und die ‚Rassereinheit‘ zu bewahren. Sie müssten daher gleichwertig neben dem ‚deutschen Mann’ stehen.
Das starke Interesse der Geschlechtergeschichte gerade für den Frauenbund der DKG ist darauf zurückzuführen, dass der Verein als Paradebeispiel für die „coexistence of nationalism, imperialism, and feminism“ gilt, wie Claire Venghiattis in ihrem Aufsatz formuliert. Auch Wildenthal will mit ihrer Studie nachweisen, dass Kolonialfrauen Vorstellungen von Rasse und Geschlecht nutzten, um neue Freiheiten für Frauen zu erreichen und die deutsche Überlegenheit über ‚zurückgebliebene‘ Gesellschaften zu sichern: „Race was a powerful language with which to argue for inclusion“ (Lora Wildenthal, German Women, S. 10). In der angelsächsischen Forschung ist der Begriff ‚Imperial Feminism‘ 19 entwickelt worden, um dieses besondere Argumentationsmuster einiger Kolonialaktivistinnen zu umschreiben. Claire Venghiattis und Lora Wildenthal haben darauf aufmerksam gemacht, dass selbst Vertreterinnen des radikalen Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung die Auswanderung von Frauen in die Kolonien für ein geeignetes Projekt hielten, um die Führungsqualitäten des weiblichen Geschlechts zu dokumentieren. Keine der Studien erörtert allerdings den Beitritt des Frauenbundes der DKG zum Bund Deutscher Frauenvereine im Jahr 1911.
Andrea Süchting-Hänger beobachtet, dass die Flottenbundfrauen mit ihren Publikationen eine regierungskritische Position einnahmen, die allerdings gemäßigt ausgefallen sei, da die Frauen zu sehr auf adelige Leitbilder und die Nähe zum Hof fixiert gewesen seien. Das öffentliche Auftreten “glich dem eines konservativen Wohltätigkeitsvereins weit mehr als dem eines politischen Agitationsverbandes“, bilanziert Süchting-Hänger (Gewissen, S. 76). Allerdings seien die modernen Agitationsformen der Männerorganisationen – Massenveranstaltungen, Kundgebungen, Demonstrationen - eine Voraussetzung für die Integration von Frauen gewesen. Wildenthal weist darauf hin, dass das Organ des Frauenbundes, die Zeitschrift „Kolonie und Heimat“, von dem radikalen Flügel innerhalb der DKG geleitet wurde, der dem ‘alten’ Konservatismus und Nationalismus kritisch gegenüberstand. Fragt man nach den politischen Stellungnahmen der Kolonialaktivistinnen, so besteht in der Forschung Konsens darüber, dass der Rassismus der Agitatorinnen des Frauenbundes der DKG der Propaganda der Männer in nichts nachstand.
HAUSFRAUENORGANISATIONEN
Obwohl es sich bei den städtischen und ländlichen Hausfrauenvereinen um zwei besonders mitgliederstarke Frauenorganisationen handelt, sind sie noch nicht zum Gegenstand einer Monographie auf breiter Quellengrundlage geworden. Die Arbeit von Christina Schwarz von 1990 über „Die Landfrauenbewegung“ in Deutschland liefert für die Gründungs- und Organisationsgeschichte neue Daten, basiert allerdings in weiten Teilen der Analyse zu sehr auf den Erinnerungen der Gründerin und langjährigen Vorsitzenden Elisabet Boehm, um eine sichere Grundlage für strittige Forschungsfragen zu schaffen. Die etwas jüngere Regionalstudie von Doris Tillmann über den „Landfrauenberuf“ informiert detailliert über Aufgabenbereiche, Arbeitsalltag und Ausbildung der Landfrauen. Der Abschnitt über die Berufsorganisation umfasst jedoch nur zehn Seiten. Deswegen sind für Kaiserreich und Republik nach wie vor die Aufsätze von Renate Bridenthal aus den 80er und frühen 90er Jahren wichtig. Bridenthal hat nicht nur erste Basisinformationen über beide Organisationen von der Gründung bis zur Auflösung geliefert, sondern mit ihren Thesen Weichen für die Forschung gestellt. Seit einigen Jahren hat die New Yorker Historikerin Nancy R. Reagin die Anregungen Bridenthals neu aufgegriffen und in mehreren Aufsätzen die nationalistische Rhetorik und Agitation der Hausfrauenverbände analysiert, bislang unter Konzentration auf die Weimarer Republik und die NS-Zeit. Reagins Beiträge sind Teilergebnisse ihres größeren Forschungsprojektes „Housewives, National Identity, and Nationalism in Germany, 1870-1945“ (vgl. III). 20
Der Landfrauenbewegung gelang es, Frauen zu mobilisieren, die zuvor gegenüber allen Organisationen außer den religiösen immun gewesen waren, wie Renate Bridenthal hervorhebt. Ähnlich wie in der Neulandbewegung spielte auch hier eine einzelne Persönlichkeit eine zentrale Rolle: Elisabet Boehm, Tochter eines Staatsbeamten und Ehefrau eine Gutsbesitzers, suchte nach einem dritten Weg zwischen Vaterländischem Frauenverein und dem Bund deutscher Frauenvereine, da sie bei den Vaterländischen die Dominanz der Männer, im Bund die der Stadtfrauen ablehnte. 1898 gründete Boehm den ersten „Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein“ in der ostpreußischen Kleinstadt Rastenburg. Wichtigstes Ziel wurde die Anerkennung der Hauswirtschaft als Beruf. Die Aufgaben, die Boehm um die Jahrhundertwende für ihre Organisation vorsah, hatten bis zum Ende der Weimarer Republik Bestand: Hauswirtschaftsunterricht, Steigerung der Produktivität in Garten, Geflügelzucht und Milchwirtschaft, Verbesserung der Organisation des Verkaufs und - in Zusammenarbeit mit den städtischen Hausfrauen - die Überbrückung der Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Interessen. Daneben sollten die Frauen in die Landwirtschaftskammern integriert und für landwirtschaftliche Interessen mobilisiert werden. Die Idee, eigene Märkte zu organisieren und damit den Absatz der Produkte zu verbessern, führte zu raschen Erfolgen, so dass die Idee der Landfrauenorganisation schnell auf andere Orte übergriff. 1916 schlossen sich die regionalen und lokalen landwirtschaftlichen Frauenvereine in der Organisation Reichsverband Landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine (RLHV) zusammen. Die Geschäftsführung hatte bis 1920 den Sitz in Königsberg, danach in Berlin. In dem eigenen Organ „Land und Frau“ sowie in der „Deutschen Tageszeitung“ und dem „Tag“ konnten die Vereinsziele des RLHV propagiert werden. Renate Bridenthal hat herausgearbeitet, dass der RLHV seine Anhängerschaft als ‚Stand‘ definierte und in seinem Selbstverständnis zwischen der Identifikation mit der Landwirtschaft und einer separaten Frauensphäre schwankte. Kontakte bestanden sowohl zum Bund der Landwirte als auch zur bürgerlichen Frauenbewegung. 1906 kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung unter den ländlichen Hausfrauen, als Elisabet Boehm den Beitritt zum BDF befürwortete. Eine starke Gruppe, die von den männlichen Agrarvereinen und den Landwirtschaftskammern unterstützt wurde, argumentierte vehement dagegen. Die Anti-BDF-Position konnte sich zunächst durchsetzen. Christina Schwarz hat hervorgehoben, dass im Reichsverband stets die Gesellschaftsschicht des Großgrundbesitzes die Führung behielt. Kleinbäuerinnen und Landarbeiterinnen seien in den Vorständen nicht vertreten gewesen. Trotz des überkonfessionellen Charakters war die Mitgliedschaft zum allergrößten Teil protestantisch. Die Katholikinnen bevorzugten ihre eigenen Landfrauenorganisationen. 21
Die Organisationsgeschichte der städtischen Hausfrauen ist vergleichsweise weniger gut erforscht, obwohl es sich bei dem 1915 gegründeten Reichsverband Deutscher Hausfrauenvereine (RDHV) um den größeren der beiden Hausfrauenverbände handelt. Eines der Hauptziele der städtischen Hausfrauen war zunächst, die Organisierung der Dienstboten durch die Sozialdemokratie zu verhindern. Über die Vorgeschichte des RDHV ist bislang wenig bekannt. Bemerkenswert ist, dass die Initiative für den nationalen Zusammenschluss städtischer Hausfrauen von der bürgerlichen Frauenbewegung ausging, weshalb der RDHV seit seiner Gründung Mitgliedsverband im BDF war. Die Organisatorinnen des Nationalen Frauendienstes (NDF) riefen den Reichsverband ins Lebens, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen und gewissermaßen den „Küchenkriegsdienst“ (Ute Frevert, Frauen-Geschichte, S. 148) zu organisieren. Vorsitzende des Reichsverbandes der städtischen Hausfrauen wurde Martha Voß-Zietz, die aus der radikalen Frauen- und Stimmrechtsbewegung kam, jedoch zunehmend radikalnationalistische Positionen vertrat und 1918 der DNVP beitrat. Auf dem Programm des RDHV standen die Erziehung zur Sparsamkeit, Rationierung und Konservierung von Lebensmitteln, in den späten Kriegsjahren auch die Mithilfe bei der Verteilung von Nahrung und Kleidung. Die Anerkennung und propagandistische Aufwertung der Verbraucherinnen als „Soldaten der Heimatfront“ durch staatliche Behörden hat kürzlich erst wieder Belinda J. Davis anschaulich beschrieben. Davis nimmt an, dass das Bild der „starken deutschen Frau“ auf der Straße, die im „Wirtschaftskrieg“ stand (S. 141), viel dazu beigetragen habe, Frauen als verantwortungsvolle Staatsbürgerinnen wahrzunehmen. Auch im RDHV wurde die Hausarbeit als Beruf angesehen, obwohl die städtischen Hausfrauen im Gegensatz zu den Landfrauen keine eigenständigen Produzentinnen waren. Die Aufwertung der eigenen Tätigkeit als ‚Beruf‘ stand auch bei den städtischen Hausfrauen im Vordergrund. 22
Das rechte Frauenvereinswesen war insgesamt bei Kriegsausbruch bereit, einen Beitrag für den Sieg der eigenen Nation zu leisten. Fürsorgerische Tätigkeiten, Wohlfahrtspflege und die Schulung der Frauen im Sinne des „Wirtschaftskrieges“ standen im Vordergrund. Dem Nationalen Frauendienst gehörte auch der DEF an. Auf lokaler Ebene kooperierte der NFD eng mit dem Vaterländischen Frauenverein. Andrea Süchting-Hänger beurteilt den Ersten Weltkrieg als „Katalysator der Politisierung“ (Gewissen, S. 90) für die rechten Frauen. Die Führerinnen der Frauenvereine traten stärker in die Öffentlichkeit und arbeiteten auf nationaler oder kommunaler Ebene mit staatlichen Behörden zusammen. So bildete beispielsweise das Kriegsernährungsamt einen Frauenbeirat, in dem Vertreterinnen städtischer und ländlicher Hausfrauenorganisationen saßen. Für die Zeit ab 1917 lässt sich ein Schub zur parteipolitischen Fragmentierung des Frauenvereinswesens konstatieren. Die rechten Frauenvereine rückten näher aneinander. Die gemeinsame Propaganda für einen Annexionsfrieden durch Kundgebungen und Artikel in den Vereinsorganen wurde im Verlauf des Krieges immer mehr forciert. Viele tausend Frauen sammelten sich in der Deutschen Vaterlandspartei. Heinz Hagenlücke hat in seiner Studie über die Vaterlandspartei darauf hingewiesen, dass etwa ein Drittel der Mitglieder Frauen waren. 23
FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN I:
Für das gesamten Spektrum der nationalistischen Frauenvereine schätzen Elizabeth A. Drummond, Lora Wildenthal, Andrea Süchting-Hänger und Claire Venghiattis den Selbstbehauptungswillen der Frauen in den nationalistischen Verbänden stärker ein, als Roger Chickering es in seiner Pionierstudie getan hat. Dennoch erscheint Chickerings These, dass emanzipatorische Positionen innerhalb des rechten Frauenvereinswesens im Kaiserreich noch die Sache einer Minderheit blieben, nach wie vor plausibel. Um zu belegen, dass die Beschränkung auf karitative und ‚gesellige‘ Bereiche zunehmend unterlaufen oder sogar offen abgelehnt wurde, erfordert es einen genaueren Blick auf die Basis der Vereine (vgl. IV).
Die ideologischen Stellungnahmen weiblicher Publizisten sollten im Detail mit denen der männlichen Meinungsführer verglichen werden. Es gilt zu überprüfen, ob und in welchem Ausmaß rechte Textproduzentinnen an der Radikalisierung des Konservatismus beteiligt gewesen sind. Das Engagement von Frauen ist für viele Verbände noch unterbelichtet, beispielsweise für die Alldeutschen, den Wehrverein, den Reichsverband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie oder die Deutsche Vaterlandspartei.
Noch liegen keine Befunde vor, wie stark oder schwach das rechte Frauenvereinswesen vor 1914 bereits untereinander vernetzt war. Feststellen kann man jedoch, dass eine starke Gegnerschaft zwischen den antiemanzipatorischen Verbänden – Vaterländischer Frauenverein und Evangelische Frauenhilfe - und den Organisationen bestand, die mit manchen Ideen der Frauenbewegung sympathisierten. Zu letzteren gehörten - zumindest auf der Ebene der nationalen Führerinnen - der DEF, der Frauenbund der DKG und die städtischen Hausfrauenvereine. Bei den ländlichen Hausfrauenvereinen konnte sich Elisabet Boehm mit ihrer frauenbewegten Orientierung erst in der Weimarer Republik durchsetzen.
Sorgfältig abgewogen werden muss schließlich, welche Organisationen mit dem Etikett ‚feministisch’ versehen werden. Differenziert werden sollte zwischen 1. einer Emanzipation der Tat, die infolge der Aktivitäten für den Verein auftritt, 2. Ressort-Egoismus 24, wobei eine unabhängige Entscheidung über die eigenen (‚weiblichen‘) Tätigkeitsgebiete reklamiert wird, 3. teilweise Übernahme von Ideen der bürgerlichen Frauenbewegung für die eigene Gruppe, beispielsweise auf dem Gebiet der Professionalisierung von Frauenberufen oder im Sinne einer Aufwertung der ‚weiblichen‘ Aktionsbereiche, 4. Feminismus, der darauf zielt, für alle Frauen innerhalb einer selbstdefinierten Gemeinschaft die Abschaffung von Geschlechterhierarchien zu erreichen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass aus der gedachten Gemeinschaft bestimmte Gruppen von Frauen ausgeschlossen sein können, sei es aufgrund von Klasse, Rasse oder Konfession. Studien zum ‚Imperial Feminism’ machen dies besonders anschaulich und lehren uns, den ‚Universalismus’ als angeblich integrales Element des feministischen Denkens zu hinterfragen.
Festzuhalten ist, dass rechte Frauenvereine an dem Prozess der Fundamentalpolitisierung beteiligt waren und dies zu einer unübersehbaren Ausweitung weiblicher Handlungsspielräume führte. Die ‚rechte Frauenöffentlichkeit‘ des Kaiserreiches – man beachte die Vielzahl der ‚Frauenorgane’ (vgl. V) - und die Aktivitäten der mitgliederstarken Vereine trugen ein Gutteil dazu bei, dass viele Frauen bei ihrem ersten Wahlgang in der Republik der DNVP oder der DVP ihre Stimme gaben.
II. Frauen der Rechten in den Parteien
Erkenntnisse über das parteipolitische Engagement von Frauen in rechten Parteien lagen lange Zeit nur zu Detailfragen beziehungsweise für die Anfangsphase vor, gewissermaßen als Ausklang der Schilderungen über das Kaiserreich. Aus diesem Grund kommt zwei neuen Monographien der Rang von Pionierstudien für dieses Forschungsfeld zu. Andrea Süchting-Hänger hat in ihrer Dissertation „Das ‚Gewissen der Nation‘“ das engmaschige Netzwerk konservativer Frauenorganisationen zwischen 1918 und 1933 vorgestellt und die Anbindung an die Deutschnationale Volkspartei mit ihren ersten weiblichen Parlamentariern nachgezeichnet. Bei ihr liegt der Schwerpunkt der Darstellung auf dem Vaterländischen Frauenverein, dem Deutsch-Evangelischen Frauenbund und vor allem auf den explizit nationalistischen Frauenorganisationen. Vor kurzem hat nun auch Raffael Scheck das Manuskript zu seinem ‚Second Book‘ über Frauen in der Deutschnationalen Volkspartei und der Deutschen Volkspartei abgeschlossen. An dieser Stelle sollen lediglich seine Befunde für die DNVP vorgestellt werden. Raffael Scheck konzentriert sich in seiner Monographie vor allem auf die führenden Parlamentarierinnen des Reichs- und der Landtage. Die organisationsgeschichtlichen Kapitel umfassen die Zusammenschlüsse der weiblichen Funktionäre und Mitglieder auf nationaler, Landes- und lokaler Ebene. Bezogen auf das konservative Frauenvereinswesen greift Scheck vor allem den Einfluss der Hausfrauenvereine auf die Politik der DNVP-Frauen heraus. Die Studien von Andrea Süchting-Hänger und Raffael Scheck liefern eine Fülle an biografischen Informationen über wichtige Vertreterinnen der politischen Rechten. Das Buch „Gewissen der Nation“ enthält zudem im Anhang 60 Kurzbiografien, die eine erste Orientierung bieten. Vor dem Hintergrund, dass umfangreiche Biografien über Vertreterinnen der Rechten bislang einzig für Käthe Schirmacher und Magdalene Tiling vorliegen, sind diese Einblicke um so wertvoller. Den Arbeiten von Andrea Süchting-Hänger und Raffael Scheck kommt daher das Verdienst zu, Orientierung in einem kaum bearbeiteten Untersuchungsfeld geschaffen zu haben. Als dritte Expertin für diesen Themenzusammenhang ist schließlich Kirsten Heinsohn zu nennen, die aus ihrem Habilitationsprojekt „Frauen, Männer und Politik im deutschen Konservatismus 1908 bis 1933“ (Arbeitstitel) erste Ergebnisse vorgestellt hat. Für die eingangs formulierte Frage - wie wurden die Stimmen der Frauen gewonnen? - hat Julia Sneeringer unter dem Titel „Winning Women‘s Votes“ eine vergleichende Studie für die Parteien KPD, SPD, DDP, Zentrum, DVP, DNVP und NSDAP publiziert. Sneeringer untersucht Flugblätter, Handzettel, Plakate und Parteipublikationen, mit denen sich diese Parteien in den Wahlkämpfen auf nationaler Ebene unmittelbar an Frauen wandten, und schließt mit dieser Analyse eine wichtige Lücke. 25
ERSTE PARTEIPOLITISCHE FRAUENORGANISATIONEN DER RECHTEN
Der Eintritt von rechten Frauen in die Parteipolitik in den letzten Jahren des Kaiserreiches entsprang einer Notsituation. Die Sozialdemokratie eilte bei den Reichstagswahlen von Erfolg zu Erfolg, während die konservativen Parteien dramatisch verloren. Dennoch sperrten sich die rechten bürgerlichen Parteien gegen eine Demokratisierung des Reiches. Während die Deutsch-konservative Partei hier auf Fundamentalopposition beharrte, waren Freikonservative und Nationalliberale eher bereit, sich auf die Gesetze des politischen Massenmarktes einzustellen und über eine gemäßigte Modifizierung des Wahlrechts nachzudenken. Für die rechten Parteien übernahm der Bund der Landwirte die Funktion, eine breitere Anhängerschaft zu gewinnen. Christlich-soziale, völkische und antisemitische Elemente sollten eine popularisierende Wirkung garantieren und neue Wähler gewinnen. Die Frauen jedoch rechnete man im Ganzen nach wie vor zu der gefährlichen ‚Masse‘, der man die Partizipation verweigern müsse. Die Sozialdemokratie hatte seit der Änderung des Reichsvereinsgesetztes im Jahr 1908, das den Frauen die Arbeit und Mitgliedschaft in politischen Organisationen gestattete, die Mobilisierung von Frauen weiter vorangetrieben. Für die rechten Parteien wurde es daher zunehmend schwierig, die Frauenfrage zu ignorieren. 26
Tatsächlich erfolgte die Gründung der ersten dezidiert politischen Frauenorganisation von rechts bereits im Februar 1909, wie schon Ursula Baumann gezeigt hat. Der Deutsche Frauenbund (DFB) ging auf die Initiative einiger Berliner Aristokratinnen zruück, die sich eine politische Schulung wünschten, um die Aufgaben der christlich-konservativen Frau als „Hüterin deutscher Sitte und christlicher Gesinnung“ besser wahrnehmen zu können (zitiert nach Baumann, S. 220.). Die Ablehnung der politischen Mitarbeit von Frauen im eigenen Lager wurde im Organ des DFB kommentiert: Es sei ein Fehler, einen alten Zopf aufrecht zu erhalten, während die sozialdemokratische „Umsturzpartei“ Frauen und Kinder in den Dienst der Partei zwingen und als Propagandamittel benutzen würde. Hier erklang deutlich die Stimme des Mitinitiators des Deutschen Frauenbundes, Eduard von Liebert, der den Reichsverband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie leitete. Der Deutsche Frauenbund gab sich überparteilich und interkonfessionell. Um die politische Bildung voranzutreiben, lud man zum Vortrag jedoch ausschließlich konservative und nationalliberale Redner. 1911 hatte der DFB bereits über 11.000 Mitglieder. Andrea Süchting-Hänger betont, dass im Deutschen Frauenbund die Hausfrauen der Oberschicht dominierten, was später zu Auseinandersetzung mit Vereinen führte, die von Berufsfrauen dirigiert wurden. Im Kaiserreich bestanden noch vielfältige Kontakte zum nationalliberalen Lager. Erst mit der Revolution orientierte sich der Deutsche Frauenbund deutlicher an den Konservativen, namentlich der Deutschnationalen Volkspartei. Der bürgerlichen Frauenbewegung stand der Deutsche Frauenbund anfangs positiv gegenüber. 1913 erfolgte der Anschluss des nationalistischen DFB an den BDF, 1918 trat der Deutsche Frauenbund zusammen mit dem DEF wieder aus. 27
Vergleichsweise gut dokumentiert ist das Entstehen der Vereinigung konservativer Frauen (VKF), der ersten Frauengruppe, die direkt der Deutsch-Konservativen Partei angeschlossen war. Die Initiative ging hier vom DEF, an der Spitze Paula Mueller-Otfried, und vom Kapellenverein mit seiner Vorsitzenden Bertha von Kröcher aus. Einige der Führerinnen der VKF hatten verwandtschaftliche Beziehungen zu bedeutenden Vertretern der Deutsch-Konservativen Partei. Die Gründung der Vereinigung erfolgte am 9. April 1913 und wurde in Berlin als „kleine Sensation“ wahrgenommen (Baumann, S. 216). Der Parteivorstand erkannte die Gruppe offiziell an, forderte allerdings eine eindeutige Unterordnung unter die Parteileitung. Das Ziel der VKF war in eigenen Worten: „die Frauenbewegung konservativer und die konservative Partei eine wenig ‚frauenbeweglicher‘ zu machen“ (zitiert nach Baumann, S. 227). Die Vertreterinnen des agrarisch-adelig dominierten Kapellenvereins konstruierten in ihrem Organ „Neue Zeiten“ angesichts der Krise der Landwirtschaft einen Entscheidungskampf zwischen christlich-konservativen und liberal-sozialistischen Kräften. Hier wollten sich die christlichen Frauen als „Freikorps“ einordnen. Kirsten Heinsohn hat analysiert, wie die männlichen Parteimitglieder die Möglichkeit der Mitarbeit von Frauen ausführlich in den großen Zeitungen der Rechten diskutierten. Die Entwicklung wurde allgemein als Bedrohung der konservativen Grundpositionen wahrgenommen. Die VKF sollte daher strikt reglementiert werden. Mit den wenigen hundert Mitgliedern und aufgrund der Tatsache, dass die Vereinigung nur ein Friedensjahr erlebte, konnte im Kaiserreich keine große Wirksamkeit entfaltet werden. 28
REVOLUTION UND WAHLRECHT
Als Hauptmotiv für einen erneuten Politisierungsschub unter den organisierten Frauen der Rechten werden in den neueren Studien die Revolution von 1918/19 mit ihren Begleitumständen angesehen: die Aufstände von Arbeitern und Soldaten, die Präsidentschaft eines Sozialdemokraten und ehemaligen Sattlers, der Machtverlust der Kirchen und der Komplex ‚Versailles‘. Die eigenen Lebensverhältnisse erschienen durch diese Umbrüche massiv bedroht. Eine DNVP-Politikerin dankte, einige Jahre später zurückblickend, dem „9. November“ für den „Erweckungsdienst“, den er bei den Frauen der Rechten geleistet habe (zitiert nach Kaufmann, Aufbruch, S. 52). Nach der Einführung des passiven und aktiven Frauenwahlrechts durch den Rat der Volksbeauftragten im November 1918 erhielt die Mitarbeit von Frauen in den Parteien den Status des Unverzichtbaren. Allgemein herrschte auf der Rechten die Sorge vor, dass die Frauen ihre Stimmen zu einem großen Teil den Sozialdemokraten geben würden. Daher unterstützten die neugegründeten Parteien Deutschnationale Volkspartei und Deutsche Volkspartei, die Einrichtung eigener Frauenausschüsse auf nationaler, Landes- und lokaler Ebene. Von diesen sollte die Wahlarbeit koordiniert werden. Im Parteiprogramm wurden die weiblichen Mitglieder als gleichberechtigt anerkannt und die Wählerinnen direkt angesprochen. Andrea Süchting-Hänger hat in ihrer Studie die Beteiligung von Frauen an der Formulierung des Programms der DNVP besonders hervorgehoben. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung leisteten jedoch nicht die Frauenorganisationen der Parteien die Hauptarbeit, da sie noch nicht ausreichend schlagkräftig und lokal kaum verbreitet waren. Vor allem die Führerinnen der protestantischen Frauenvereine sprangen in die Bresche und mobilisierten Wählerinnen für die rechtsbürgerlichen Parteien - mit eigens produzierten Wahlinformationen, geschulten Rednerinnen und Tür-zu-Tür-Propaganda. Doris Kaufmann spricht von der „politische(n) Aktivierung aller Gläubigen“ (Kaufmann, Aufbruch, S. 47). Die Lage der Nation wurde von den rechten Frauen als extreme Notsituation beschrieben, in der die Frauen nicht untätig bleiben dürften. Sie seien gewissermaßen gezwungen und verpflichtet, sich nun massiv in Politik, Staat und Öffentlichkeit einzuschalten. 29
WAHLPROPAGANDA FÜR FRAUEN
Julia Sneeringer zeigt in ihrer Studie „Winning Women’s Votes“, dass die Propaganda für weibliche Wählerinnen in der Regel Aufgabe der Frauenorganisationen der verschiedenen Parteien war. Ihnen traute die Parteileitung am ehesten zu, den ‚Schlüssel’ für die Wahlentscheidung von Frauen zu finden. Erstmals waren die Parteien gezwungen, Frauen als politisch Handelnde anzusprechen, um sie für sich zu gewinnen. Das brachte neue Themen in den Wahlkampf und zwar solche, die man für ‚Frauenthemen‘ hielt. Die Frauen waren eine zahlenmäßig so große ‚Gruppe‘, dass sich etwa 10 bis 25 Prozent der Wahlwerbung aller Parteien ausschließlich an sie richtete, wie Julia Sneeringer ermittelt hat. Frauen wurden immer zuerst als ‚Geschlecht‘ angesprochen, wesentlich seltener als ‚Schicht‘ oder ‚Beruf‘. Alle Parteien gingen davon aus, dass Frauen sich in erster Linie durch soziale und kulturelle Themen mobilisieren lassen würden. Man war sich auch darin einig, dass das höchste Ziel der Frauen die Mutterschaft sei. Zielgruppen der DNVP-Wahlpropaganda im besonderen waren Haus- und Landfrauen, Dienstbotinnen und Protestantinnen. Die meisten Flugblätter der Wahlen von 1919 und 1920 erinnerten an die ‚gute alte Zeit‘ des Kaiserreiches und legten dar, was die Frauen angeblich durch die Revolution verloren hatten. Die verbreitete Schreckensvision war, dass der allgemeine wirtschaftliche und moralische Niedergang die baldige Zerstörung des Familienlebens herbeiführen würde. Außergewöhnlich war die DNVP-Wahlwerbung insofern, als sie von Frauen ein geradezu militantes Vorgehen gegen die inneren und äußeren Feinde forderte und sie nicht als ‚Friedensstifterin‘ präsentierte. In Flugblättern, die sich an Landfrauen richteten, wurden Bolschewisten und Sozialisten die Nahrungsmittelknappheit angelastet. Gläubige Frauen sollten die christliche Erziehung retten, da die weltliche Sozialisation die Kinder verderben würde. Auch die Berufsfrauen wurden mit ‚kulturellen‘ Themen angesprochen, da man annahm, dass ihre ökonomischen Interessen die gleichen seien wie die ihrer Männer. Spezielle Wahlpropaganda gab es für Heimarbeiterinnen und Dienstbotinnen. Diese wurden gelobt, dass sie nicht in die Industrie gehen, sondern ‚frauentypische‘ Arbeit leisten würden. Antisemitische Stereotype waren bei den Wahlen zur Nationalversammlung noch das Monopol der DNVP, hebt Sneeringer hervor. Die Wahlpropaganda, die sich in der frühen Weimarer Republik an Frauen richtete, beschwor die Verpflichtung gegenüber der Nation, spielte mit den Ängsten der Frauen vor einer unbekannten neuen Zeit und idealisierte eine mögliche Rückkehr in die alte. Obwohl die Weimarer Koalition bei den Wahlen zur Nationalversammlung einen deutlichen Sieg feiern konnte, durften die Frauen der DNVP stolz auf die geleistete Arbeit sein. Etwas mehr Frauen als Männer hatten sich für diese Partei entschieden.30
PARLAMENTARIERINNEN
Thomas Mergel hat in seiner Studie über die parlamentarische Kultur in der Weimarer Republik den Einzug der Frauen als „deutlichste soziologische Veränderung“ im Parlament, als den für die „Zeitgenossen verstörendsten Wandel“ bewertet (Mergel, S. 44, 104). Mergel zeigt, dass die weiblichen Neulinge auf spezielle Weise integriert wurden: Den Parlamentarierinnen wurde eine eigene politische Rollennorm, ein frauentypischer Stil zugewiesen. Die Deutschnationalen stilisierten ihre Reichstagsabgeordnete Margarete Behm als Idealbild einer weiblichen Abgeordneten. Mütterlich, fürsorglich und gütig versuche sie, die Streitigkeiten zwischen den Parteien zu schlichten. Zu bedauern ist, dass Thomas Mergel die besondere Position von Frauen in der politischen Kultur des Reichstages nur für die ersten Jahre der Weimarer Republik näher in den Blick nimmt. Die Habilitationsschrift von Heide-Marie Lauterer über „Parlamentarierinnen in Deutschland zwischen 1918/19 und 1949“ ist wiederum für dieses Untersuchungsgebiet wenig ergiebig, da Vertreterinnen der DNVP nicht in die engere Auswahlgruppe der Studie aufgenommen wurden. Heide-Marie Lauterer hat für die Weimarer Zeit das Selbstverständnis der Parlamentarierinnen als ‚Neulinge‘ hervorgehoben und den Parlamentsalltag der Frauen anschaulich beschrieben. Während die Frauen in den Fraktionen und bei den parlamentarischen Debatten insgesamt eher selten zu Wort gekommen und selbst zurückhaltend geblieben seien, hätten sie in den Ausschüssen ertragreich mitgearbeitet. In der Regel habe man die Parlamentarierinnen jedoch nicht als aktiven Teil des Plenums wahrgenommen. Frauen redeten meist kurz und nur selten aggressiv, fasst Lauterer zusammen. 31
Die Situation war gerade auch für die DNVP-Parlamentarierinnen schwierig, wie Raffael Scheck betont. Die meisten Männer zeigten ihnen gegenüber eine ablehnende oder defensive Haltung. Es war eine fast tägliche Beobachtung der Frauen, dass Männer nur ungern mit ihnen arbeiteten. Die Kompetenz der weiblichen Kolleginnen wurde häufig angezweifelt. Scheck kann zeigen, dass manche Politikerinnen Gegenstrategien entwickelten, um ihre Ideen durchzusetzen. Die DNVP-Politikerin Anni Kalähne beispielsweise ließ ihre eigenen Pläne oft von befreundeten männlichen Parteikollegen vortragen. Die Parteiführung behandelte die Frauen qua Geschlecht wie eine ökonomische oder berufliche Interessengruppe, ohne die Verschiedenheit der Frauen zu beachten. Immerhin konnten weibliche Berufsausschüsse für Krankenschwestern, Hebammen, Hausfrauen, Dienstboten u. a. gegründet werden. Als positiv sahen es die Politikerinnen an, dass sie in diesen Ausschüssen selbst die Führung übernehmen konnten, während die Leitung in den Ausschüssen für Bauern, Industrielle, Arbeiter usw. ganz selbstverständlich nur von Männern angetreten wurde. Den Frauenausschuss der Partei betrachteten führende Politiker der DNVP vor allem als Organisator für Propaganda und Wahlwerbung. Nur ungern nahm man dessen Engagement für Fraueninteressen hin. Für die ‚frauentypischen‘ Arbeitsgebiete hingegen erkannten zahlreiche männliche Politiker das Expertentum von Frauen an und überließen ihnen dort laut Scheck sogar die Führung. Die Frauen der DNVP protestierten in den Jahren der Weimarer Republik mehrfach bei der Parteileitung gegen ihre Diskriminierung auf den Wahllisten und verwiesen auf den höheren Anteil der Wählerinnen. Sowohl Kuno Graf von Westarp als auch ab 1928 Alfred Hugenberg ermahnten daraufhin die Partei, die Belange der Frauen besser zu berücksichtigen, ohne dass dies viel geändert hätte. Das Jahr 1930 markierte für alle Parlamentarierinnen eine Zäsur, da eine geregelte Arbeit in den Ausschüssen kaum noch stattfand. Ab diesem Zeitpunkt waren die weiblichen Fraktionsmitglieder nur noch „Agitatoren“ (Süchting-Hänger, Gewissen, S. 235). Durch das Bündnis mit Alfred Hugenberg, zu dem sich der Reichsfrauenausschuss unter Annagrete Lehmann 1931 rückhaltlos bekannte, rückten die führenden Politikerinnen näher an die Macht, betont Andrea Süchting-Hänger. Allerdings war eine formale Führungsposition in der Partei zunehmend Makulatur, denn die Entscheidungen wurden mittlerweile an ganz anderer Stelle getroffen.
Die biografischen Informationen zu zahlreichen führenden Parteipolitikerinnen ordnet Süchting-Hänger in das politische Generationenmodell Detlev Peukerts ein. Dabei hebt sie die Dominanz der Wilhelminischen Generation unter den DNVP-Politikerinnen hervor. Die Mehrzahl der führenden DNVP-Politikerinnen war in der Weimarer Republik schon über vierzig Jahre alt. Die bestimmenden Politikerinnen, bekanntesten Rednerinnen und aktivsten Publizistinnen stammten überwiegend aus dem protestantischen (Bildungs-)Bürgertum, waren ledig, geschieden oder verwitwet, hatten eine Lehrerinnenausbildung oder ein Studium absolviert und waren berufstätig. 32
PARTEIORGANISATIONEN DER FRAUEN
Nach 1919 entwickelten sich die innerparteilichen Organisationen der Frauen zu der wichtigsten Grundlage für die Arbeit der Parlamentarierinnen. Raffael Scheck hat in „Mothers of the Nation“ die Organisationsstruktur und die Arbeitsmethoden dieser Frauenausschüsse detailliert beschrieben. Die jeweilige Vorsitzende des Reichsfrauenausschusses (RFA) hatte in der DNVP automatisch einen Platz im geschäftsführenden Vorstand, war in diesem Gremium in der Regel aber auch die einzige Frau. Der Reichsfrauenausschuss der DNVP erhielt ein eigenes Budget und ein Büro in der Parteizentrale mit etwa zehn bis zwanzig teils ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Grundsätzlich waren die Frauen auf allen Ebenen der ‚Gesamtpartei‘ verantwortlich und von ihr finanziell abhängig. In der offiziellen Parteizeitung waren einige Seiten für die Nachrichten des RFA reserviert, außerdem existierte mit der „Deutschnationalen Frau“ ein eigenes Organ. Der RFA konnte seine Mitglieder selbst auswählen und war der Partei hierbei nicht verantwortlich. Die erste Vorsitzende des RFA, Margarete Behm, erwies sich als hervorragende Organisatorin, die in den frühen Jahren der Republik ein Netzwerk aus Landes-, Kreis- und Ortsfrauenausschüssen aufbaute. 1922 berichtete der RFA der DNVP über die Existenz von 38 Landesfrauenausschüssen und insgesamt 1.900 Frauenausschüssen auf allen Ebenen. Die Schaffung von Ortsausschüssen war besonders in Gebieten erfolgreich, in denen die DNVP gute Wahlergebnisse erzielte. Für die DNVP war das Pommern, während man in Bayern bei der Mobilisierung von Frauen große Schwierigkeiten hatte. Die Parteiaktivistinnen auf den verschiedenen Ebenen waren jeweils auf doppelte Weise mit ihrer Partei verbunden: horizontal mit den jeweiligen Männerorganisationen, vertikal mit den verschiedenen Ebenen der Frauenausschüsse, vor allem mit der nationalen Leitung in Berlin. Scheck vertritt die These, dass die größere Loyalität der Frauen nicht dem RFA, sondern den Männerorganisationen auf ihrer Ebene galt, mit denen die Frauen wesentlich regelmäßiger zusammenarbeiteten. Drei Aufgaben waren für die Frauenausschüsse offiziell vorgesehen: die Organisation der Propaganda unter Frauen, die Koordination der verschiedenen Ebenen – national, regional, lokal - und die Beratung der Partei in Fragen, die Frauen und Kinder betrafen. Für die Propaganda und Schulungsaufgaben legte der RFA der DNVP eine Adressdatei über sympathisierende Frauenvereine und Einzelpersonen an, versandte Informationsordner über verschiedene Themen und organisierten Veranstaltungen mit den männlichen und weiblichen Führern der Partei. In der DNVP waren etwa zehn Prozent der Parteimitglieder Frauen. 33
IDEOLOGISCHE GRUNDPOSITIONEN
Bei der Analyse der ideologischen Grundpositionen von DNVP-Politikerinnen kommen Scheck und Süchting-Hänger zu einer unterschiedlichen Bilanz. Während die DNVP-Aktivistinnen bei Scheck altkonservativ und emanzipationsskeptisch erscheinen, sind sie bei Süchting-Hänger eher radikal-nationalistisch und frauenbewegt. Dies resultiert zum Teil aus der Wahl des Quellenmaterials und der Schwerpunktsetzung. In „Mothers of the Nation“ nehmen die Verlautbarungen in den offiziellen Frauenparteizeitungen und die Beziehung zu den Hausfrauenvereinen die zentralen Rollen ein, im „Gewissen der Nation“ liegt der Fokus auf dem Verhältnis zu den nationalistischen Frauenvereinen und zum Deutsch-Evangelischen Frauenbund, so dass auch die Artikel der radikalnationalistischen, parteiunabhängigen Zeitschrift „Die Deutsche Frau“ sowie die „Evangelische Frauenzeitung“ des DEF in die Untersuchung eingehen. Letztendlich verweisen die Interpretationsunterschiede auf die Vielschichtigkeit der Positionen unter den rechten Frauen, die allerdings auch bestimmte Vorstellungen gemeinsam hatten.
Das gesamte Ideengebäude führender DNVP-Politikerinnen beruhte auf dem festen Glauben an die ontologische Differenz der Geschlechter. Alle zentralen Bestandteile der ‚Weltanschauung‘ waren untrennbar damit verbunden, dass die Parteipolitikerinnen von angeborenen, spezifisch weiblichen (und männlichen) Eigenschaften ausgingen. Zu den weiblichen Qualitäten zählten soziale Verantwortung sowie ein feiner Sinn für Kultur und Moral. Hausarbeit und Mutterschaft wurden als die idealen Berufe für Frauen angesehen und daneben auch noch einige ‚Frauenberufe‘ protegiert, die jedoch möglichst mit der Heirat aufgegeben werden sollten. Allerdings erfuhr im Sinne der bürgerlichen Frauenbewegung auch die ‚geistige Mutterschaft‘ eine Aufwertung: Frauen konnten zum Wohl der Volksgemeinschaft und der Nation beitragen, ohne biologische Mutter zu werden. Scheck geht davon aus, dass die meisten DNVP-Mitglieder an der Basis - Männer wie Frauen - eine restriktive Definition von Mütterlichkeit hatten und die ‚biologische Mutterschaft‘ gegenüber der ‚geistigen‘ höher schätzten. An der Führungsspitze jedoch hätten beide Positionen prominente Befürworterinnen gefunden. Die neuen Rechte – das Wahlrecht und die in der Verfassung verankerte ‚grundsätzliche‘ Gleichberechtigung - wollte man nutzen, um die alte Macht der Nation wiederherzustellen. Als Erzieherinnen in Familie und Schule würden die Frauen die nächste Generation autoritär, national und christlich prägen. Zentral war die Idee der Volksgemeinschaft. Hier formulierten die DNVP-Frauen den Anspruch, mit ihren besonderen weiblichen Eigenschaften die idealen Wegbereiter für eine Versöhnung der unterschiedlichen Lager und Interessen zu sein. Als Basis für die Gemeinschaft und das kulturelle Leben galt ihnen die christliche Familie. Auch der Antirepublikanimus beruhte auf diesen Grundpositionen: Die Republik erschien aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs und der Kriegslasten als familienfeindlich, der säkulare Staat als Bedrohung für die Religiosität, der ‚hedonistische Individualismus‘ als Ursache für Egoismus und Unmoral. Antisemitische Äußerungen speisten sich ebenfalls aus diesen Stereotypen, indem jüdische Politiker, Journalisten, Künstler und Lehrer für diese Entwicklung mit verantwortlich gemacht wurden. Manche Vertreterinnen der DNVP sahen in den letzten Jahren der Weimarer Republik einen Entscheidungskampf zwischen dem national-christlichen Lager und den ‚internationalen Atheisten‘ voraus. Gegenüber dem Ausland, der Entente und Osteuropa, waren hasserfüllte Tiraden die Regel. Käthe Schirmacher tat sich hier besonders hervor, wenn sie die Vision eines Deutschland in den Händen eines ‚vernegerten Frankreich‘ und eines ‚tierischen Moskau‘ beschwor und dies mit dem Dogma einer jüdischen Weltverschwörung verband.
Konsens herrscht darüber, dass die DNVP Frauen die Volksgemeinschaft sowie die Familien-, Bevölkerungs- und Reproduktionspolitik in der Republik mit zunehmender Tendenz rassistisch definierten und dass die rassistische Argumentationsweise in den letzten Jahren der Weimarer Republik in den Presseorganen der DNVP-Frauen sogar zur dominierenden Auffassung wurde. Allerdings versuchten die deutschnationalen Frauen, sich von den Völkischen außerhalb der DNVP und den Nationalsozialisten abzugrenzen, indem sie darauf pochten, dass der Antisemitismus nicht die politische Agenda dominieren dürfe. Zugleich beobachten sowohl Scheck als auch Süchting-Hänger einen nostalgischen Monarchismus bei den DNVP-Führerinnen. Allerdings erhielt die Idee einer Wiedereinsetzung Wilhelms II. in der Arbeit der Politikerinnen nie Priorität. Anders als bei führenden Vertretern der NSDAP blieb die Familie die zentrale Basis der Volksgemeinschaft. Die Mütter und Hausfrauen sollten ihre besonderen Aufgaben auf die Nation übertragen. Sie waren Wächterinnen der deutschen Ehre, das Gewissen, die Mütter der Nation. Beide Studien erwecken den Eindruck, als seien die weiblichen Ideologieproduzenten in der Frage, wie die politische Herrschaft im Innern gestaltet werden sollte, insgesamt vage geblieben. Gewünscht wurde eine autoritäre Regierung der ‚Zucht und Ordnung‘.
Als treibende Kraft für die völkische Radikalisierung der DNVP-Politikerinnen wird in beiden Studien eine radikalnationalistische Gruppe von Publizistinnen identifiziert, die in der Mehrheit DNVP-Mitglieder waren und sich in dem Völkischen Reichsausschuss der Partei engagierten. Mit dem Ring nationaler Frauen hatten sie sich schon 1920 eine eigene Organisation und mit der Zweiwochenschrift „Die Deutsche Frau“ ein eigenes Organ geschaffen (vgl. III). Zu dieser Gruppe gehörten u. a. die Publizistinnen Ilse Hamel, Beda Prilipp, Lenore Kühn, Erna von Birckhahn, Hannah Brandt, Irmgard Wrede, Franziska von Porembsky und Sophie Rogge-Börner. Letztere war die einzige aus diesem Kreis, die sich außerhalb der DNVP für die völkische Bewegung engagierte. Scheck und Süchting-Hänger kommen zu dem bemerkenswerten Befund, dass vertreten durch diese Gruppe gerade die weiblichen Aktivisten der DNVP zu Trägerinnen der völkischen Ideologie innerhalb der Partei wurden. Süchting-Hänger erkennt hier den starken Einfluss des Alldeutschen Verbandes. Im völkischen Reichsausschuss der DNVP, in dem sich die parteiinterne Opposition sammelte, arbeiteten laut Süchting-Hänger mehr Frauen mit als in jedem anderen Ausschuss der Partei. Durch die völkische Überformung der ‚weiblichen Aufgabengebiete‘ wurden Bevölkerungspolitik, Ehescheidungs- und Abtreibungsgesetze zu lebenswichtigen Aufgaben. Raffael Scheck hat für die Zeit von 1930 bis 1933 die parteioffiziellen Organe der DNVP untersucht und kommt zu dem Befund: während in der „Frauenkorresopondenz“ und der „Deutschnationalen Frau“ zahlreiche rassistische Artikel erschienen, findet sich in der ‚allgemeinen‘ DNVP-Zeitung „Unsere Partei“ (später „Die Deutschnationale Front“) nur ein einziger rassenideologischer Beitrag, der noch dazu von einer Frau verfasst wurde. Unter dem Einfluss der völkischen Gruppe unter den deutschnationalen Frauen bekannte sich die Vorsitzende des Reichsfrauenausschusses der DNVP, Annagrete Lehmann, 1931 offiziell zu Hugenberg, während die ‚gemäßigteren‘ Abgeordneten die Partei verließen. Lehmann wurde die dritte Stellvertreterin des Parteivorsitzenden. 34
Noch aus einem weiteren Grund hat diese völkisch orientierte Frauengruppe der DNVP das Interesse der Forschung geweckt. In ihren ideologischen Grundpositionen vermischten sich völkisches Denken mit Ideen der bürgerlichen Frauenbewegung. Die Autorinnen der „Deutschen Frau“ (er)fanden eine rassistische Begründung für Frauenrechte und Frauenbefreiung, die aus der ‚germanischen‘ Geschichte und der angeblich hohen Stellung der ‚Germanin‘ hergeleitet wurde. Die Gleichberechtigung der Geschlechter erschien als „Rassenspezifikum“ der deutschen, nordischen oder arischen Rasse. Die Bewertung dieser verstörenden Ideenkombination ist in der Forschung noch umstritten. Dies beginnt bereits bei der Benennung der Gruppe. Als Bezeichnungen kursieren derzeit: oppositionelle Faschistinnen (Christine Wittrock), nationalsozialistische, nationale oder völkische Feministinnen (Richard L. Johnson, Liliane Crips, Ilse Korotin) - wobei diese Ausdrücke meist relativierend in Anführungszeichen gesetzt werden -, antisexistische Rassistinnen (Renate Bitzan) und völkische Frauenaktivistinnen (Raffael Scheck). In einer Spezialuntersuchung über diese Gruppe, die die ideologischen Grundpositionen zusammenfassend vorstellt, setze ich mich für die Verwendung des Ausdrucks völkisch-nationale Feministinnen ein - ohne Anführungszeichen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien leider meiner Meinung nach immer noch an einer normativen Überfrachtung des Begriffs Feminismus. Ich möchte daher für seine Historisierung plädieren, die die anti-universalistischen und diskriminierenden Traditionen der feministischen Bewegungen stärker einbezieht. Unter Bezugnahme auf Studien zum ‚Imperial Feminism‘ wird der völkisch-nationale Feminismus als eine mögliche Ausprägung feministischen Denkens begriffen. 35
ARBEITSGEBIETE
Spezifische Arbeitsgebiete der rechten Parteipolitikerinnen waren nach Scheck und Süchting-Hänger die Themen Frauenrechte, Erziehung, Familie, Sozialpolitik, Moral und - sicherlich etwas überraschend - Außenpolitik. Andrea Süchting-Hänger erkennt für die politische Arbeit eine Trennung des öffentlichen Raums in einen männlichen und einen weiblichen Bereich. Frauen wurden zu den „Vertreterinnen des Privaten in der Öffentlichkeit“ (Gewissen der Nation, S. 149). In der Frage der Frauenrechte war die Argumentationsbasis der rechten Parlamentarierinnen prekär, da sie zwar als Vertreterinnen ihres Geschlechts auf den Wahllisten berücksichtigt wurden, dennoch aber keineswegs dessen ‚egoistische Eigeninteressen‘ zu stark einfordern sollten. Fraueninteressen mussten daher meist als nationale Interessen ‚verkauft‘ werden. Recht offensiv waren die Politikerinnen der DNVP, wenn es darum ging, das Recht der Frauen auf Arbeit zu verteidigen. Hier zeichnet Scheck das Engagement für das Recht verheirateter Beamtinnen auf Weiterbeschäftigung nach und schildert die Debatte über die Zulassung von Frauen zu juristischen Berufen. Ausführlich beschreibt Scheck den Einsatz der rechten Parlamentarierinnen für die Interessen der Hausfrauen, der Heimarbeiterinnen und der Kleinrentner und kennzeichnet dieses Bemühen als Mittelstandspolitik. Im Sinne der Arbeitgeberinnen wandten sich die rechten Parlamentarierinnen gegen arbeitsrechtliche Regelungen für Dienstboten und Hebammen und setzten damit eine zentrale Forderung der Hausfrauenvereine um (vgl. III). Mit ihrem Eintreten für Schutzzölle unterstützten die führenden DNVP-Politikerinnen die Interessen ostelbischer Grundbesitzer und Gutsfrauen sowie kleiner Produzenten und Einzelhändler. In der Frage der Heimarbeit war der wichtigste Erfolg die Durchsetzung des Versicherungsschutzes für Heimarbeiterinnen 1922, wegen des Einsatzes von Margarete Behm „Lex Behm“ genannt. Für die Kleinrentner - über zwei Drittel dieser neuen, inflationsgeschädigten Bevölkerungsgruppe waren Frauen - wurden die Parlamentarierinnen der DNVP gemeinsam mit denen der DVP laut Raffael Scheck zu den wichtigsten politischen Sprechern.
In der Familienpolitik identifiziert Scheck die Steigerung der Bevölkerungszahlen als eines der Hauptziele, das durch Mutterschutz und die Unterstützung kinderreicher Familien erreicht werden sollte. Da unter den politisch aktiven Frauen zudem viele Lehrerinnen waren, kamen auch die Arbeitsgebiete Schule und Erziehung auf die Agenda. Die Erziehung sollte patriotisch und religiös ausgerichtet sein. Bei der Diskussion einer nationalen Schulgesetzgebung im Jahr 1927/28 gehörten Ulrike Scheidel und Magdalene von Tiling von der DNVP zu den anerkannten Experten, die an den Ausschussberatungen teilnahmen. Die DNVP-Frauen wandten sich gegen die Bevorzugung von säkularen Schulen und setzten sich für die Erleichterung der Umformung in eine Bekenntnisschule ein. DNVP-Vertreterinnen warben zudem für eine Aufwertung der Mädchenschulen. Möglichst sollten diese von einer Direktorin geleitet werden. In der Gesundheitspolitik kämpften Frauen gegen Alkoholmissbrauch und für eine Förderung sportlicher Aktivitäten. Das Thema der öffentlichen Moral spielte laut Scheck eine Schlüsselrolle bei den Politikerinnen der DNVP. Ulrike Scheidel und Paula Mueller-Otfried arbeiteten am Entwurf für das „Schmutz- und Schundgesetz“ mit, das eine allgemeine Debatte über Jugendgefährdung und Zensur hervorrief. Im Schnittpunkt der Themen Gesundheit und Moral stand die Auseinandersetzung über das Thema Prostitution, denn die Politikerinnen befürchteten eine Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten. 1927 wurde die Reglementierung der Prostitution per Gesetz verboten, wofür sich die Frauen der DNVP gemeinsam mit den Frauen anderer Parteien lange engagiert hatten.
In den neuesten Studien besteht Konsens, dass außenpolitische Themen einen auffallend hohen Einsatz der rechten Frauen hervorriefen, angesichts der Tatsache, dass man dieses Arbeitsgebiet in Parlamenten und Fraktionen nach wie vor als männliche Domäne betrachtete. Die DNVP-Frauen initiierten Kampagnen gegen die Auslieferung deutscher Militärführer, gegen die Ruhrbesetzung und vor allem gegen die „Schwarze Schmach“. Die Stationierung afrikanischer Truppen in Deutschland löste eine wahre Flut rassistischer Propaganda aus, die von allen Parteien außer der KPD getragen wurde. Die außenpolitische Propaganda der DNVP-Frauen war von Wut dominiert: Versailles, die Politik der Sieger, die Rückgratlosigkeit der deutschen Regierung wurden lautstark in der Presse und auf parteipolitischen Versammlungen angegriffen. An dieser Stelle erhielten die Frauen von ihren Parteikollegen in der Regel ungeteilten Beifall. Während der Ton der DVP-Politikerinnen seit der Kanzlerschaft Stresemanns 1923 moderater wurde, agitierten die DNVP-Frauen weiter gegen jede Form der Verständigungspolitik. Dawes- und Young-Plan, Locarno und die Pläne der Genfer Abrüstungskonferenz wurden radikal zurückgewiesen, obwohl sich selbst die DNVP-Mitglieder in diesen Fragen nicht immer einig waren. Die Frauen hoben ihren „entschiedenen Nationalismus“ stolz hervor und hofften, ihn zur Basis der deutschen Außenpolitik zu machen. Andrea Süchting-Hänger vertritt die These, dass die Frauen den Vorteil gehabt hätten, die Außenpolitik der Regierung offener und gefahrloser kritisieren zu können als die Männer, da sie weniger als Angehörige von Militär oder Verwaltung belangt werden konnten. Die nationalistische „Aufklärung“ und „Erziehung“ wurde zur Frauenaufgabe erklärt. Konkret versuchten rechte Parlamentarierinnen, die Anti-Versailles-Erziehung in den Schulen obligatorisch zu machen. Mit ihrer Propaganda für eine Revision von Versailles betrieben sie, so schlussfolgert Süchting-Hänger, Erinnerungspolitik, um rückblickend dem Krieg einen Sinn zu verleihen. Unter den deutschnationalen Politikerinnen kam zunehmend die Parole auf, man dürfe die Vertretung deutscher Frauen im Ausland nicht der Linken überlassen, womit man die Sozialdemokratinnen und die DDP-Frauen im BDF meinte. Auch wurden Kontakte zu den Frauen der Großdeutschen Volkspartei in Österreich und zu Deutschen im Ausland gepflegt. Einige Politikerinnen forderten die Männer ihrer Parteien auf, die Frauen stärker in an der Außenpolitik zu beteiligen, denn in der Geschichte hätten weibliche Regenten vielfach eine geniale Außenpolitik betrieben. 36
FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN II:
Umstritten ist, zieht man die Bilanz aus ‚Gewissen der Nation‘ und ‚Mothers of the Nation‘, welche Organisation den größten Einfluss auf die Parteipolitik der Frauen ausübte. Raffael Scheck kommt zu dem Schluss, dass, die Interessen der Hausfrauen im Zentrum der politischen Agenda der DNVP-Führerinnen standen. Keine andere Organisation habe so viel Macht und Vertretung in der DNVP gehabt wie die Hausfrauenvereine. Nach der Interpretation Süchting-Hängers hatten jedoch die Berufsfrauen die Definitionskompetenz in der DNVP, da sie sowohl unter den Parlamentarierinnen als auch unter den Publizistinnen dominierten. Diese Diskrepanz des Urteils hat Folgen für die Interpretation des Frauenbildes in den beiden Studien. Scheck konstatiert die Dominanz eines restriktiven Modells rund um die Idealberufe Mutter und Hausfrau. Süchting-Hänger stellt demgegenüber die Frage, ob das reaktionäre Frauenbild in der Weimarer nicht nur noch ein strategisches Instrument war, um die Unterstützung der Männer sicherzustellen. Zur Klärung kann hier die Gegenüberstellung von öffentlichen Artikulationen und Egodokumenten der Protagonistinnen beitragen. Sicherlich darf der Einfluss der evangelischen und der nationalistischen Frauenvereine auf die DNVP-Politikerinnen nicht unterschätzt werden, denn sie hatten mit Paula Mueller-Otfried und Magdalene von Tiling einerseits sowie Annagrete Lehmann andererseits einflussreiche parlamentarische Vertreterinnen. 37
In den Studien von Raffael Scheck und Andrea Süchting-Hänger fällt die ideengeschichtliche Herleitung der ideologischen Grundpositionen der führenden Protagonistinnen zurückhaltend aus. Die Einordnung bleibt mit der Unterscheidung ‚alter‘ und ‚neuer Nationalismus‘ relativ grob, doch werden in beiden Monographien wichtige Voraussetzungen für die Interpretation geschaffen. Dargelegt werden Schlüsselbegriffe wie ‚Mütterlichkeit‘ und ‚Volksgemeinschaft‘, erfahrungsgeschichtliche Hintergründe, biografische Prägungen und spezifische Diskursnetze. Mit der Analyse der Wirkungsgeschichte wird in beiden Studien bereits begonnen, wenn Scheck und Süchting-Hänger in einigen Zusammenhängen nach dem Niederschlag von Ideen der rechten Aktivistinnen in den großen ‚allgemeinen‘ Tageszeitungen und (partei)politischen Zeitschriften fragen. Interessant wäre es, inwieweit auch politische Gegner diese weiblichen Textprodukte zur Kenntnis genommen haben. Für eine differenzierte Einordnung der Grundpositionen in das heterogene Feld der Rechten und eine Kategorisierung der Ideen bietet die aktuelle Studie von Stefan Breuer „Ordnungen der Ungleichheit“ wertvolle Anregungen, auch wenn man über die feingegliederte Typologie sicherlich streiten kann. Für einzelne Publizistinnen – Sophie Rogge-Börner, Käthe Schirmacher, Lenore Kühn und Else Frobenius - liegen bereits Einzelstudien vor, die eine genauere ideengeschichtliche Einordnung vornehmen. Eva-Maria Ziege hat darüber hinaus kürzlich ihre diskursanalytische Studie über den „völkischen Antisemitismus“ publiziert und darin ausgewählte Texte rechter Frauen einbezogen - allerdings keine der hier genannten Protagonistinnen. Bei Ziege findet sich auch ein profunder Überblick über die Entwicklung des Mutterrechts-Mythos, auf den sich viele Autorinnen beriefen. Insgesamt konzentrieren sich neuere Studien, die eine ideengeschichtliche Herleitung vornehmen, eher auf die radikalnationalistischen Ideologinnen. Vernachlässigt werden noch prominente parteipolitische Aktivistinnen der DNVP, die sich stärker dem (Alt)Konservatismus des Kaiserreiches verpflichtet fühlten - darunter Paula Mueller-Otfried und Margarete Behm. Eine wichtige Ausnahme bildet hier die Dissertation von Gury Schneider-Ludorff über Magdalene von Tiling. Schneider-Ludorffs Erkenntnisse machen deutlich, dass die Religion als politisch relevanter Faktor in den meisten Monographien noch unterbelichtet ist, sowohl was die politischen Aktivitäten als auch die ideologischen Grundpositionen führender rechter Politikerinnen angeht (vgl. Abschnitt III). 38
Eine wichtige Aufgabe für zukünftige Forschung ist die Modifizierung des Peukertschen Generationenmodells für Politiker unter Berücksichtigung der Kategorie ‚Geschlecht‘. Heide-Marie Lauterer hat das Modell in ihrer Untersuchung über ‚Parlamentarierinnen‘ im Ganzen verworfen und angeregt, die Politikerinnen der Weimarer Republik als eine einzige Frauengeneration zu begreifen, da sie ausnahmslos bis 1919 aus den Parlamenten ausgeschlossen waren. Dies erscheint jedoch als zu rigide: Nicht nur, dass in Nationalversammlung, Reichstag und Länderparlamenten auch zahlreiche männliche Neulinge vertreten waren, darüber hinaus sind die rechten Parlamentarierinnen in ihrer politischen Prägung keineswegs von den Zäsuren und dem sozialen Wandel im Kaiserreich unberührt geblieben. Fragen muss man jedoch, wie ihre Erfahrungen - und auch die der Männer - vor dem Hintergrund der jeweils besonderen sozialen Stellung geschlechtsspezifisch verarbeitet wurden. Hier sind andere Zäsuren - wie die Zulassung von Frauen zum Abitur und zur Universität sowie die gesetzliche Regelung ihrer politischen Betätigung ebenso einzubeziehen wie die Begleitumstände der Debatte um die Frauenfrage. 39
III. Die rechten Frauenvereine in der Weimarer Republik
Einige in der Literatur unstrittige Hauptstränge der Entwicklung des rechten Frauenvereinswesens sollen gleich eingangs benannt werden. Die Revolution von 1918/19 bewirkte einen starken Schub in Richtung parteipolitischer Fragmentierung. Rechte Frauenvereine, die sich zuvor über die Haltung zur Frauenbewegung vehement gestritten hatten, schlossen sich nun in Abgrenzung zum ‚demokratischen‘ BDF enger zusammen. Am deutlichsten dokumentiert wird dies durch die Gründung des Dachverbandes Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands, dem sowohl die Evangelische Frauenhilfe als auch der Deutsch-Evangelische Frauenbund beitraten. Das gesamte rechte Frauenvereinswesen kooperierte darüber hinaus in der Anti-Versailles-Agitation. Das Führungspersonal der meisten Vereine knüpfte enge Kontakte zur DNVP. Die Vorsitzenden des DEF (Paula Mueller-Otfried), der Vereinigung Evangelischer Frauenverbände (Magdalene von Tiling), des RDHV (Martha Voß-Zietz), des RLHV (Elisabet Boehm) und des Flottenbundes Deutscher Frauen (Marie Fröhlich) waren Parlamentarierinnen beziehungsweise Mitglieder dieser Partei. Die rechten Frauenvereine durchliefen einen Prozess der nationalistischen Radikalisierung. Nicht nur, dass die Neulandbewegung immer dichter an die völkische und nationalsozialistische Bewegung heranrückte, auch die Neugründungen rechter Frauenvereine in der Weimarer Republik bestätigen diese Tendenz. Dazu zählen der Ring nationaler Frauen (1920), der Bund Königin Luise (1923), die Frauenorganisation des Stahlhelm, und schließlich der Frauenkampfbund gegen die Entartung im Volksleben (1926), der von der Neulandführerin Guida Diehl begründet wurde. Der Bund Königin Luise und der Frauenkampfbund entwickelten sich zu Massenorganisationen mit 200.000 (BKL) und 180.000 (Frauenkampfbund) Mitgliedern im Jahr 1933. Diese beiden werden in den neuesten Studien als die Frauenzusammenschlüsse identifiziert, die als erste eine offene Unterstützung der NSDAP betrieben. Der Ring nationaler Frauen hingegen war bis zu seiner Auflösung im Juni 1933 bemüht, die DNVP als den tonangebenden, erfahrenen Teil der ‚nationalen Opposition‘ zu präsentieren.
DIE VEREINE DES KAISERREICHES IN DER REPUBLIK
Der Vaterländische Frauenverein musste in der Republik den Verlust wichtiger Privilegien und Ressourcen hinnehmen und verlor den Kontakt zur Regierung. Andrea Süchting-Hänger hat gleichwohl die hohe Anpassungsfähigkeit des Vaterländischen Frauenvereins hervorgehoben. Die Mitgliederzahlen stiegen sogar noch - 1920 waren es 770.000. Die karitativen Tätigkeiten des Vereins sollten in der Weimarer Republik in erster Linie nur noch den Mittelschichten zugute kommen, da man die „revolutionären“ Arbeiter nicht mehr zu unterstützen gedachte. Süchting-Hänger zeichnet in ihren Studien das Verhältnis der Vaterländischen zur Männerorganisation Deutsches Rotes Kreuz detailliert nach. Die vaterländischen Vorstandsfrauen bemühten sich darum, die Gesundheitsfürsorge, die Jugendarbeit und die Hygieneausbildung weiterhin in Frauenhand zu behalten. Erst nach vierjährigen harten Auseinandersetzungen erfolgte die satzungsmäßige Unterordnung des Frauenvereins unter das Rote Kreuz. Obgleich die Vaterländischen demonstrativ parteipolitische Stellungnahmen vermieden, und dafür von Führerinnen radikalnationalistischer Vereine kritisiert wurden, war die DNVP die Partei ihrer Wahl. Die Vorstandsfrauen Cornelia Hoetzsch und Emilie Hergt waren Ehefrauen führender DNVP-Politiker, des Kreuzzeitungsredakteurs Otto Hoetzsch beziehungsweise des ersten DNVP-Vorsitzenden Oskar Hergt. Die DNVP wurde meist auf indirektem Wege empfohlen, indem man den Mitgliedern des Vereins riet, die Stellungsnahmen der verschiedenen Parteien zu Religion, Kirche, Familie und Volkstum zu überprüfen. Einige Ortsgruppen beteiligten sich an den Protesten des DEF, des Königin Luise Bundes und anderer rechter Verbände gegen Versailles. Die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten wurde von den Vaterländischen euphorisch begrüßt. Die Vorstellungen über die ideale politische Ordnung spiegeln sich in dem Ausspruch einer vaterländischen Aktivistin von der „erhabene(n) Erinnerung an die vergangenen großen Zeiten in der Hoffnung auf Erneuerung dieser Zeiten in der Zukunft“ (zitiert nach Süchting-Hänger, Politisch oder vaterländisch?). Mitte der 1920er Jahre übernahm die designierte Kronprinzessin Cecilie die Schirmherrschaft über die Vaterländischen. 40
Wichtigstes Ereignis im protestantischen Frauenvereinswesen war die Gründung der Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands im Juni 1918. Für diesen Dachverband ist immer noch die 1988 erschienene Arbeit von Doris Kaufmann das Standardwerk. Als wichtigste neue Studie für diesen Komplex ist die Dissertation von Gury Schneider-Ludorff über die Vorsitzende Magdalene von Tiling zu nennen.
Der Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands (VEFD) traten u. a. der Deutsch-Evangelische Frauenbund, die Evangelische Frauenhilfe und der Kaiserswerther Verband deutscher Diakonissenmutterhäuser bei, insgesamt 21 Verbände und 23 landeskirchliche Frauenvereine. Andrea Süchting-Hänger hebt hervor, dass dieser Zusammenschluss im Kaiserreich aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen zum Geschlechterverhältnis noch undenkbar gewesen wäre. Erst die Angst vor der Demokratisierung habe das Bündnis möglich gemacht. Die Gründung der Vereinigung kann als Reaktion auf die allgemeine Politisierung und Polarisierung am Ende des Ersten Weltkrieges gedeutet werden, die in starkem Ausmaß auch Frauen einbezog. Die Ziele der VEFD waren, ganz im Gegensatz zum früheren Selbstverständnis der Frauenhilfe, durchaus politisch. Ein Arbeitsbereich wurde die politische Aufklärung und Schulung evangelischer Frauen. Rednerinnen- und staatsbürgerliche Bildungskurse wurden angeboten, die gesamtgesellschaftliche Fragen behandelten. Die Forderung nach Erweiterung des Fraueneinflusses wurde aus dem christlichen Dienstgedanken heraus entwickelt und erstreckte sich auf Kircheninstitutionen, Verbandswesen und deutschnationale Parteipolitik. Eine neue protestantische weibliche Elite sollte das Gewissen des Volkes verkörpern. Bestimmende Persönlichkeit der VEFD wurde die Vorsitzende Magdalene von Tiling.
Die evangelischen Frauen traten in der Weimarer Republik an, die angeblich bedrohte Sittlichkeit und das evangelische Christentum zu ‚retten‘. Auf diesen Gebieten wurde die Vereinigung zu einer politischen ‚pressure group‘, die über ihre Vertreterinnen im Parlament Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen suchte. Schon Doris Kaufmann hat betont, dass die Vereinigung auf allgemein-politischer Ebene den antidemokratischen und antirepublikanischen Interessen der deutschnationalen Rechten folgte und hierfür frauenspezifische Begründungen fand. Die Vorstellung von der historischen Zusammengehörigkeit des ‚wahren Deutschtums‘ und des ‚reformatorischen Christentums‘ blieb handlungsleitend. Die „Schmutz- und Schundkampagne“, Gesundheits- und Bevölkerungspolitik, Schul- und Jugendpolitik waren die Hauptaktionsgebiete der VEFD. Die Sicherheit der Ordnungen des Lebens - Ehe, Familie und Volksgemeinschaft – schienen für viele protestantische Frauen in der Republik ebenso bedroht wie die ‚natürlichen’ Grenzen zwischen Obrigkeit und Untertanen.
Magdalene von Tiling, Vorsitzende der Vereinigung von 1923 bis 1933, wurde auf dem Gebiet der Erziehung zur Religiosität die wichtigste Theoretikerin unter den protestantischen Frauen. Die Religionspädagogin Tiling legte eine „geschlossene Theorie“ (Kaufmann, S. 78) vor, die nicht nur das Geschlechterverhältnis betraf, sondern die Leitregeln gesellschaftlicher und staatlicher Ordnung definierte. Tiling forderte die evangelischen Frauen auf, ihre neuen Aufgaben selbstbewusst und verantwortungsvoll zu übernehmen. Politische Arbeit sollte ein Teil ihres Seins werden. Kaufmann hebt hervor, dass die Evangelische Frauenhilfe des Kaiserreiches von Tiling nach 1918 als negatives Modell der unselbständigen, verantwortungslosen Frau kritisiert wurde, das gänzlich ‚unevangelisch‘ sei. Bei der Tilingschen Definition des Geschlechterverhältnisses sieht Kaufmann starke Parallelen zur Agitation des BDF, bloß dass die Vorsitzende der VEFD die aus ihrer Sicht individualistische Orientierung des Bundes ablehnte.
Schneider-Ludorffs sorgfältige Interpretation der Funktion des Antisemitismus bei Magdalene von Tiling gibt wichtige Anregungen für vergleichbare Studien. Tiling habe in ihrer Auseinandersetzung mit der völkischen Bewegung nicht versucht, den Antisemitismus zu entkräften, sondern ihn strategisch ausgenutzt: „Die Abgrenzung vom Judentum diente dazu, die Hierarchie zwischen Männern und Frauen zu entschärfen und sich als ‚christliche Deutsche‘ - Frauen und Männer gemeinsam - in die [...] Volksgemeinschaft zu integrieren“ (Schneider-Ludorff, S. 311). Die Rede von der ‚minderwertigen‘ Sittlichkeit des Judentums habe als Folie gedient, vor deren Hintergrund der Einfluss der Frauen in der Gesellschaft legitimiert werden konnte. Theologische Motive sorgten aber auch für eine gewisse Distanz zur völkischen Bewegung. Die Rechristianisierung der Gesellschaft hatte gegenüber einer Volksgemeinschaft auf ‚rassischer‘ Grundlage Priorität. Schneider-Ludorff charakterisiert Tiling als konservative Staatstheoretikerin, deren Konzept der Volksgemeinschaft mit ständisch-korporativen Elementen verknüpft war. Unter Hugenberg wurde auch Tiling in der Parteivorstand der Deutschnationalen berufen. Die Vorsitzende der VEFD sollte die Wählerinnen an die DNVP binden, die besonderen Wert auf die Christlichkeit einer Partei legten. 41
Die Geschichte des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes in der Weimarer Republik ist noch nicht geschrieben. Andrea Süchting-Hänger und Sigrid Lekebusch haben in Einzelfragen neue Ergebnisse und Thesen vorgelegt, die allerdings noch kein vollständiges Bild ergeben. Der DEF blieb auf der Führungsebene eine übergemeindliche Organisation mit gesamtgesellschaftlichen Zielen. Nicht die Einzelnot sollte gelindert, sondern die Lage der Frau grundsätzlich verändert und ihr Einfluss auf das öffentliche Leben gestärkt werden. Eine zentrale Stellenvermittlung sollte die Interessen von Berufsfrauen unterstützen. Die „Evangelische Frauenzeitung“ war nach dem Urteil von Sigrid Lekebusch auch in der Republik ein theoretisch anspruchsvolles Blatt. Innerhalb des DEF kam es zu einer Auseinandersetzung, ob der Verein seine programmatische politische Neutralität aufgeben sollte. Paula Mueller-Otfried warb 1919 dafür, die Orientierung an den rechtsbürgerlichen Parteien DNVP und DVP in den Richtlinien zu verankern, während sich liberale Führungsmitglieder dagegen aussprachen. Vor allem in Niedersachsen und Sachsen gab es in den Ortsgruppen durchaus auch Anhängerinnen der DDP. Paula Mueller-Otfried gelang es schließlich durchzusetzen, dass die Unterstützung von „nationalen“ Parteien festgeschrieben wurde. In der Folgezeit kam es immer wieder zu Stellungnahmen der DEF-Führungsspitze, die die Orientierung an der DNVP offenbarten: 1924 beispielsweise ein indirekter Wahlaufruf für die DNVP, 1929 ein Artikel gegen den Young-Plan. Ursula Baumann bilanziert, dass Paula Mueller-Otfried nach 1918 einen scharfen Rechtskurs des DEF durchgesetzt habe. In der Opposition zur Republik sei das konservativ-nationale Element stärker hervorgetreten. Die nationale Frage habe die Frauenfrage dabei immer mehr zurückgedrängt. Andrea Süchting-Hänger betont demgegenüber, dass der DEF im Vergleich zu neunationalistischen Frauenvereinen wie dem Ring nationaler Frauen oder dem Bund Königin Luise ein eher moderates, altkonservatives Programm vertreten habe. 42
Die Evangelische Frauenhilfe erhielt in der Republik die Zielsetzung aufrecht, Frauen stärker an die Gemeinde zu binden. Die Hausfrau und Mutter sollte als Erzieherin die Weichen „für eine Gesundung des deutschen Volkes“ stellen (Lekebusch, Rheinland, S. 145). Über die enge Anbindung der Frauenhilfe an die DNVP besteht kein Zweifel. Der Einfluss der Frauenhilfe auf die politische Haltung protestantischer Frauen sollte nicht unterschätzt werden. Süchting-Hänger weist allerdings darauf hin, dass sich die Frauenhilfe durch die Parlamentarierinnen Paula Mueller-Otfried und Magdalene von Tiling nicht zufriedenstellend vertreten fühlte. Die Sichtweisen in der Frauenfrage differierten noch zu stark. Regina Mentner beurteilt das Organ der Frauenhilfe, den „Boten“, als ein Medium „kirchlicher Bestandssicherung“ (Mentner, S. 220). Allein der Protestantismus garantiere das Wohl der Familie, der Gesellschaft und des Staates, hieß es in diesem populären Blatt. Der „Bote“ verlangte Kaisertreue und idealisierte die ehemalige deutsche Kaiserin. Die Republik wurde als Abstieg begriffen und für die „Not der Zeit“ verantwortlich gemacht. Mit der Arbeit in der Gemeinde sollten in der Republik „christliche Keimzellen“ geschaffen werden. Der Bote nahm zusätzlich Stellung zu allgemeinpolitischen Fragen und beteiligte sich an der Anti-Versailles- und Anti-Bolschewismus-Agitation. Seit 1931 wurde im „Boten“ die NS-Parteidoktrin diskutiert und Anknüpfungspunkte herausgestellt, darunter die Wertschätzung der mütterlichen Rolle der Frau und der Ablehnung der ‚Gottlosenbewegung‘. Dass die NS-Frauenpropaganda sich seit etwa 1932 besonders an konfessionelle Frauenverbände richtete, wurde hier positiv wahrgenommen und der Regierungswechsel von 1933 dann einhellig begrüßt.
Zwei neuere Aufsätze von Fritz Mybes tragen zur Bestimmung des Verhältnisses der Frauenhilfe zu rechtsradikalen Strömungen wenig bei. In einem Beitrag ersetzen zwei längere Zitate die Analyse, in dem zweiten erscheint Mybes‘ Bilanz affirmativ und lässt die Distanz zum Untersuchungsgegenstand vermissen: Früh habe die Frauenhilfe die „Gefahr eines Neuheidentums“ durch völkische Bewegung und Nationalsozialismus erkannt. Die Bibelarbeit habe die Frauen befähigt, „dem großen scheinchristlichen Vertrauensfeldzug Hitlers zu widerstehen“ (Mybes, Anfänge, S. 39).
Sigrid Lekebusch arbeitet heraus, dass es in der Weimarer Republik zu einer Debatte über die Stellung der Frauen in den Führungsgremien der Frauenhilfe kam. Nach längeren scharfen Auseinandersetzungen wurde die Satzung entsprechend geändert, so dass im Jahr 1926 erstmals eine Frau, Gertrud Stoltenhoff, den Vorsitz erhielt. Zusätzlich wurden 15 Vertreterinnen der Landesverbände neu in den Hauptvorstand berufen. Der männliche Geschäftsführer behielt allerdings „Richtlinienkompetenz“. Ab 1927 wurde auch die Redaktion des „Boten“ an weibliche Mitglieder übertragen. In den Gemeinden wurden die Treffen der Frauenhilfe jedoch meist weiterhin von den Pfarrern geleitet. 43
Die Neulandbewegung (NLB) behielt auch in der Weimarer Republik ihren Status als ‚Sonderfall‘ innerhalb des protestantischen Frauenvereinswesens. Silvia Lange schildert in der genannten Studie die Organisationsgeschichte und bietet eine Einordnung in das politische und religiöse Spektrum. Die Neulandbewegung interpretiert Silvia Lange in Anlehnung an Karin Bruns als ein Beispiel für das kombinatorische Zusammenwirken von Jugend- und Reformbewegung, völkischen Tendenzen und Elementen der Frauenbewegung. Die Besonderheit dieser Organisation liege auch darin, dass ihre Führung sich bereits lange vor der ‚Machtergreifung‘ für die Nationalsozialisten engagierte. Die NLB konstituierte sich um das Kriegserlebnis und seine Folgen. In den Jahren um 1918/19 wuchs die Organisation am stärksten. 1920 war mit etwa 10.000 Mitgliedern der Höchststand erreicht. Zentrales Anliegen wurden die Revision von Versailles und der „nationale Wiederaufstieg“. Guida Diehl setzte auch in der Weimarer Republik, anstelle von sozialen Reformen oder einer dezidiert politischen Einflussnahme, auf „innere Erneuerung“ jedes Einzelnen. Somit stand in der NLB die ideologische Schulung im Vordergrund. Dennoch konnten die Leserinnen bereits vor den Wahlen zur Nationalversammlung im „Neulandblatt“ eine explizite Wahlempfehlung für die DNVP finden. Die ‚Führerin’ Guida Diehl wurde DNVP-Mitglied. Mitte der 20er Jahre begann die forcierte Propagierung völkischer Positionen, die mit rassistischen und antisemitischen Argumentationsfiguren einherging. Ende der 20er Jahre gab die Neulandbewegung das Primat der Innerlichkeit auf und setzte auf eine radikale Umgestaltung der Gesellschaft im Sinne der ‚nationalen Opposition’. Silvia Lange beobachtet, dass die Ablehnung des Dawes-Planes eine Politisierung der ‚Neuländerinnen’ bewirkte, die mit der Gründung des Frauenkampfbundes gegen die Entartung im Jahr 1926 eine organisatorische Form fand (vgl. unten). 1930 wurde Diehl Mitglied der NSDAP. Da die organisatorische Zentrale, das „Neulandhaus“, seinen Sitz in Eisenach hatte, begann die politische Zusammenarbeit mit der NSDAP in Thüringen. 1931 bekannte sich die Neulandbewegung offen zum Nationalsozialismus und trat aus der Vereinigung Evangelischer Frauenverbände aus. Guida Diehl wurde 1932 Kulturreferentin der NS-Frauenschaft, musste aber 1933 wegen mangelnden Rückhalts in der Partei wieder zurücktreten. Vom Selbstverständnis her richtete sich die NLB in den 20er Jahren verstärkt an erwachsene Frauen und verstand sich als „Frauenerneuerungsbewegung“. Guida Diehl zielte darauf, mit ihrer Organisation die Nachfolge der bürgerlichen Frauenbewegung anzutreten.
Die Herkunftsfamilien der Anhängerinnen gehörten fast ausschließlich dem ‚alten Mittelstand’ an. Die Mitglieder waren zu einem hohen Anteil berufstätig. Da die meisten keine akademische Ausbildung hatten, standen sie innerhalb des Bildungsbürgertums, dem sie sich zugehörig fühlten, am Rande und fürchteten um ihren sozialen Status. Die Tatsache, dass sich das „Neulandblatt“ an eine weibliche Bildungselite richtete, scheint für die Attraktivität der Organisation zentral gewesen zu sein. Man zielte auf eine „Elite von entschlossenen Kämpferinnen“ (Lange, S. 49). Silvia Lange zieht die Bilanz: „Die Anhängerinnen der NLB entsprechen der typischen NSDAP-Wählerin, sie sind jung, protestantisch, kommen aus überwiegend ländlichen Gebieten und gehören zu den bürgerlichen Mittelschichten“ (S. 235). Als entscheidenden Unterschied zu den übrigen evangelischen Frauenverbänden identifiziert Lange in der NLB eine totalitäre Interpretation des Politischen, die auf die Aufhebung der Trennung von Privatsphäre und Öffentlichkeit zielte. 44
Die nationalen Organisationen der städtischen und ländlichen Hausfrauen, der Reichsverband Deutscher Hausfrauenvereine und der Reichsverband Landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine, ragen unter den hier ausgewählten rechten Frauenvereinen der Republik heraus, da sie dem Bund Deutscher Frauenvereine angeschlossen waren. Dies war in den Zeiten der scharfen parteipolitischen Fraktionierung ein Ausnahmefall, denn der BDF galt im rechten Spektrum als Anhänger der Demokratie und somit als politischer Gegner der Deutschnationalen. Versuche von rechten Gegnern und Gegnerinnen des BDF, die Hausfrauen vom Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung zu lösen, prägten die Arbeit der beiden Reichsverbände bis zum Austritt aus dem BDF im Jahr 1932. 45
Beide Hausfrauenorganisationen mobilisierten in erster Linie Anhängerinnen, die im Parteispektrum von rechter Mitte bis ganz rechts ihre politische Heimat hatten. Der Reichsverband Landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine band sich in der Weimarer Republik fast zeitgleich an zwei gesellschaftspolitische Kräfte, die aus verschiedenen ‚Lagern‘ stammten. 1920 erfolgte der Anschluss an den Bund Deutscher Frauenvereine, in dem die Führungsebene noch von Mitgliedern der DDP dominiert wurde, 1921 trat der RLHV dem antirepublikanischen Reichslandbund (RLB) bei. Die doppelte Agenda der Landfrauen, die Elisabet Boehm schon im Kaiserreich propagiert hatte, war damit formal erfüllt: Die Position von Frauen im Agrarsektor und den Einfluss von Landfrauen in der bürgerlichen Frauenbewegung zu verbessern. Boehm hatte sich gegen ihre Gegnerinnen mit dem Argument durchgesetzt, der BDF sei eine Art Frauenparlament zur Vorbereitung von Gesetzen, in dem der Einfluss „fremdblütiger“ Führerinnen durch RLHV-Vertreterinnen ausgeglichen werden müsse. Margarete von Keyserlingk wurde die Vertreterin der Landfrauen im BDF. Durch den Beitritt zum Reichslandbund erhielten die Landfrauen den lang begehrten Zugang zu den Landwirtschaftskammern. Die organisatorische Bindung an diesen Interessenverband der Agrarier wurde im Verlauf der Weimarer Republik enger. Elisabet Boehm wurde Mitglied im Vorstand, drei weitere führende RLHV-Vertreterinnen erhielten einen Sitz in der Mitgliederversammlung. In Berlin stattete der RLB den Landfrauenverband mit Büroräumen aus und bezahlte die Geschäftsführerinnen. Obwohl der RLHV als eigene Organisation bestehen blieb, wurde er auf der lokalen Ebene oft als ‚Frauenhilfswerk‘ der Männerorganisation betrachtet. Gerade in den Krisenzeiten der Republik, in den Nachkriegsjahren und der Weltwirtschaftskrise, erhielten die Ortsvereine der Landfrauen starken Zulauf. Der RLHV organisierte ein Netz von Ratgeberinnen, die in die Dörfer reisten und auf Bauernhöfen konkrete Hilfe anboten. 46
Obwohl der RDHV als Repräsentant der städtischen Hausfrauen keine starke Männerorganisation im Rücken hatte, konnte er seine Vertretung in staatlichen Ausschüssen auch nach dem Krieg weiter ausbauen. Der Verband war Ratgeber für staatliche Behörden auf so unterschiedlichen Gebieten wie Fleischhandel, Seife- und Kohleproduktion sowie in Fragen des Exports, der Preiskontrolle und der Bekämpfung des Schwarzmarktes. Industrieunternehmen betrachteten das Organ „Die Deutsche Hausfrau“ als willkommenen Werbeträger. Örtliche Büros des RDHV informierten über Miet- und Steuerangelegenheiten, Frauenrechte, Gesundheit und Kommunalpolitik. Der Dachverband der städtischen Hausfrauen erreichte in der Republik einen hohen Grad an öffentlicher Anerkennung. Er sei zu einer Kraft geworden, die man berücksichtigen musste, hebt Renate Bridenthal hervor. In der Weimarer Republik bemühte sich die Organisation um eine Professionalisierung des Hausfrauen-‚Berufs‘. Hausfrauen sollten sich in Anlehnung an Handwerksberufe zu ‚Meistern‘ ausbilden lassen, um dann selbst junge Frauen gewissermaßen als ‚Lehrlinge‘ einzustellen. Ein 1919 eingebrachter ‚Lehrvertrag‘ erhielt jedoch keine staatliche Genehmigung. Im Hinblick auf die politische Orientierung der Mitglieder muss betont werden, dass eine direkte Unterstützung der Deutschnationalen durch den RDHV zunächst nicht durchsetzbar war. Die Vorsitzende Martha Voß-Zietz musste den Vorsitz im Jahr 1922 sogar abgeben, als sie versuchte, diese Ausrichtung zu forcieren.
Beide Hausfrauenorganisationen engagierten sich in der Republik auf dem Gebiet der Konsumpolitik - die städtische Hausfrauen als Verbraucherinnen, die Landfrauen als Produzentinnen landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Wie Nancy R. Reagin zeigen kann, propagierten beide Verbände eine Haushaltsführung und Konsumgewohnheiten, die als ‚deutsch‘ oder ‚national‘ gekennzeichnet wurden. Programm und Rhetorik der ‚nationalen Hausarbeit‘ waren geeignet, die unerwünschte Kluft zwischen Frauenbewegung und nationalistischer Parteipolitik zu überbrücken. Wie der BDF unterstützten auch die Reichsverbände der Hausfrauen eine moderne, rationale Haushaltsführung. Zeit- und Bewegungsstudien und neue Haushaltsgeräte nach dem Vorbild des US-amerikanischen ‚scientific management‘ wurden intensiv rezipiert. Allerdings blieb es wichtig, sich vom Ausland abzugrenzen und die ‚deutsche‘ Hauswirtschaft als die bessere, die ‚deutsche Hausfrau‘ als besonders sparsam, fleißig und sauber zu charakterisieren. Die Hausfrauenverbände unterstützten gemeinsam die protektionistische Politik der Agrarverbände. In aggressiven Kampagnen warben sie für ‚deutsche Waren‘, zu denen Kartoffeln, Roggenbrot, Äpfel und Quark als Ersatz für teure Butter und die „ausländische“ Margarine gezählt wurden. In der Wirtschaftskrise wurden diese Produkt-Kampagnen in vielen Regionen unter dem Motto „Deutsche Wochen“ veranstaltet. Die Hausfrauenorganisationen stellen somit einen Zusammenhang zwischen persönlichen Kaufentscheidungen und der Volkswirtschaft her. Nancy R. Reagin identifiziert das Modell der ‚nationalen Hausarbeit‘ als ein wirkungsvolles Ideologem, das die Mobilisierung rechter Frauen für die Hausfrauenvereine beschleunigt habe. 47
Die Landfrauen entschieden sich früher als der RDHV zum Austritt aus dem BDF und setzten die städtischen Hausfrauen unter Druck, es ihnen nachzutun. Renate Bridenthal vermutet als ein Motiv, dass der RLHV sich politisch immer stärker an der NSDAP orientierte. Schon 1927 hatten Führerinnen des RLHV ihre Sympathie für das faschistische Regime in Italien formuliert. 1931 trat Boehm vom Vorsitz zurück, nach Bridenthals Interpretation, weil sie die Nationalsozialisten unterstützen wollte. Sie wurde im gleichen Jahr Mitglied der NSDAP. Zu diesem Zeitpunkt leugnete sie ihre Mitgliedschaft allerdings noch, ein Zeichen dafür, dass diese politische Orientierung keinesfalls von allen Landfrauen begrüßt wurde. Ihre Nachfolgerin Gertrud von Bredow stand der NSDAP jedoch ebenfalls aufgeschlossen gegenüber, was sich in den Artikeln des Periodikums „Land und Frau“ niederschlug. Bridenthal sieht in der Entscheidung gegen die bürgerliche Frauenbewegung eine bewusste Machtstrategie: In der Öffentlichkeit wurde infolge der Massenarbeitslosigkeit eine Rückkehr der Frauen in den ‚Hausfrauenberuf‘ massiv propagiert. Die organisierten Hausfrauen konnten sich als die optimalen Vertreter dieses Modells profilieren und damit an die Spitze der Hierarchie innerhalb der weiblichen Sphäre treten. 48
Für die nationalistischen Organisationen, namentlich den Flottenbund Deutscher Frauen und den Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft, hätte die Unterzeichnung des Versailler Vertrags das Ende ihrer Organisation bedeuten können - deutsche Flotte und Kolonien existierten nicht mehr. Andrea Süchting-Hänger konstatiert jedoch, dass beiden Vereinen eine beeindruckende Reorganisation gelang. Der Verlust der Flotte führte allerdings zunächst zu einem drastischen Mitgliederrückgang unter den Flottenaktivistinnen. 1918 hatte man 329 Ortsgruppen gezählt, 1926 waren es nur noch 47. Im Frauenflottenbund stritt man sich zunächst vereinsintern über die zukünftigen Aufgaben. Viele Frauen von der Basis wünschten sich die Fortsetzung der karitativen Tätigkeiten, während der Vorstand die politische Schulung der Frauen und Propaganda für den Kampf gegen die Republik als neue Ziele erwog. Die neue Satzung ließ schließlich beide Aktionsfelder als Vereinsaufgaben zu. 1920 wurde der Flottenbund die mit Abstand größte Mitgliederorganisation in dem neuen Dachverband Ring Nationaler Frauen (vgl. den folgenden Abschnitt), was das Selbstbewusstsein der Organisation steigerte.
Für die Vereinsarbeit des Frauenbundes der DKG in der Weimarer Republik geht Lora Wildenthal davon aus, dass die Arbeit der Frauen im Vergleich zu der der Männer in der Republik an Bedeutung gewonnen habe. Die „unpolitische Arbeit“ der Frauen war weniger von Restriktionen betroffen, während die Kontakte der Männer zu Staatsregierung, Diplomatie und Wirtschaft größtenteils ihren Wert verloren hatten. Die verbliebene kleine Anzahl deutscher Familien in den ehemaligen Kolonialgebieten erschien nun als letzter Garant und Vorposten des „Deutschtums“. Die Kolonien sollten Haushalt für Haushalt, Gemeinde für Gemeinde zurückerobert werden. Hier setzte man stark auf die Jugend, für die der Frauenbund seit 1924 eine eigene Zeitschrift namens „Jambo“ herausgab. 1926 nahmen die Frauen ihr Emigrationsprogramm mit Erfolg wieder auf. Andrea Süchting-Hänger hat ermittelt, dass dieses Programm vom Auswärtigen Amt finanziell unterstützt wurde. Der Frauenbund der DKG wird als die einzige nationalistische Frauenorganisation genannt, deren Verbindungen zur DVP enger gewesen seien als die zur DNVP. Für die frühen 30er Jahre beobachtet Süchting-Hänger allerdings eine größere Einflussnahme durch DNVP-Miglieder, von denen drei in den Vorstand der Kolonialorganisation gewählt wurden. Diese setzten eine engere Anbindung an den Bund Königin Luise durch. Ab 1930 unterstützte der Frauenbund der DKG die forcierte Revisionspolitik der Regierung Brüning.
Für die nationalistischen Frauenvereine insgesamt wurden die Vereinigten Vaterländischen Verbände und der Deutsche Schutzbund für das Grenz- und Auslandsdeutschtum zu wichtigen neuen Verbündeten. Dort engagierte sich auch der Frauenverein für die Ostmarken, über dessen Tätigkeit und Mitgliederentwicklung in der Republik allerdings noch keine Erkenntnisse vorliegen. 49
NEUGRÜNDUNGEN IN DER WEIMARER REPUBLIK
Die in den Jahren nach 1918/19 begründeten Frauenorganisationen Ring Nationaler Frauen (RNF), Bund Königin Luise (BKL) und Frauenkampfbund gegen die Entartung im Volksleben stehen stellvertretend für die nationalistische Radikalisierung rechter Frauen in den 20er und frühen 30er Jahre. Alle drei Organisationen waren Produkte der Nachkriegs- und Revolutionszeit. RNF und BKL gehörten laut Süchting-Hänger zu den rechten Frauenorganisationen, die in der Republik vom Reichskommissar zur Überwachung der öffentlichen Ordnung überprüft wurden. 50
Mit dem RNF bildete sich ein ‚nationales‘ Gegenmodell zum BDF. Die Führerinnen des Ring nationaler Frauen vermeldeten den Anspruch, das Erbe der bürgerlichen Frauenbewegung anzutreten. Der Versuch, möglichst viele rechtsorientierte Frauenorganisationen unter einem Dach zu vereinen, war allerdings wenig erfolgreich. Neben dem recht mitgliederstarken Flottenbund Deutscher Frauen traten dem RNF nur noch kleinere Frauenorganisationen bei: Der Deutsche Frauenbund, der 1924 allerdings wegen eines Streits unter den Führerinnen wieder austrat, der Deutsche Frauenorden Darmstadt, einzelne Gruppen des Vereins für das Deutschtum im Ausland und des Frauenvereins für die Ostmarken. Die gewünschte Integration der VEFD und des Vaterländischen Frauenvereins gelang nicht. Der RNF hat es vermutlich auch deshalb vermieden, seine Mitgliederzahlen jemals bekannt zu geben. 1932 gelang der Anschluss einiger weiterer Organisationen, darunter die Frauengruppen des Alldeutschen Verbandes und die weibliche Jugendorganisation der DNVP. Die Anbindung an die Deutschnationale Volkspartei war eng, das Selbstverständnis in Abgrenzung zu völkischen Organisationen ausdrücklich konservativ. Die Wirkung des RNF muss vor allem auf sein ambitioniertes Organ „Die Deutsche Frau“ zurückgeführt werden, das im Verlag der „Deutschen Zeitung“ erschien. Obwohl die Deutsche Frau auch regelmäßig Artikel brachte, die ‚Hausfrau und Mutter‘ als die Idealberufe der Frau herausstellte, richtete sich das Blatt in der Gesamttendenz eher an die gebildeten Berufsfrauen innerhalb des rechten Spektrums. Unter den Autorinnen waren viele Akademikerinnen. Für die „Deutsche Frau“ schrieben vor allem die Führerinnen nationalistischer Frauenorganisationen. Lange bevor Sophie Rogge-Börner 1933 ihre Zeitschrift „Die Deutsche Kämpferin“ herausbrachte, fanden die völkisch-nationalen Frauenaktivistinnen und Feministinnen hier ein Sprachrohr, um ihr machtbetontes Frauenbild zu vertreten. Andrea Süchting-Hänger bezeichnet den Ring Nationaler Frauen als „think tank“ (Gewissen, S. 189) für konservative Politikerinnen.
Den Bund Königin Luise, die Schwesternorganisation des Stahlhelm, haben bislang Eva Schöck-Quinteros - mit der ersten Einzelstudie zu diesem Verein -, Andrea Süchting-Hänger und Kirsten Heinsohn in ihre Forschungen einbezogen. Eva Schöck-Quinteros untersucht in ihrem Beitrag Entstehung, Programm und die soziale Zusammensetzung des Königin Luise Bundes (KLB). Im Frühjahr 1923 wurde gezielt das „rote Halle“ als Gründungsort für die Schwesternorganisation des Stahlhelm-Bundes ausgewählt. Der KLB hatte schon in seiner Satzung festgelegt, dass „Jüdinnen und Fremdrassige von der Aufnahme ausgeschlossen sind“. Zu den wichtigsten Zielen des KLB gehörten die „Erziehung des weiblichen Geschlechts zur Mithilfe des großen Befreiungswerkes Deutschlands von seinen Feinden [...], die Förderung und Verbreitung des nationalen Gedankens unter der Jugend, Überbrückung der Klassenunterschiede und Bekämpfung der Standesvorurteile“. Die Aufgabe des deutschen Mannes, des „Kameraden“ war die „Staatsgestaltung“, die Aufgabe der deutschen Frau, der „Kameradin“, war die „Volksgestaltung“. Der KLB war stark in protestantischen Gegenden vertreten, er rekrutierte Mitglieder vor allem in ländlichen Regionen aus allen Schichten. Die Führerinnen waren häufig Adlige oder Lehrerinnen, die Ehemänner Offiziere oder Aktive im Stahlhelm-Bund. Die ‚Luisen‘ dokumentierten ihre Zugehörigkeit zu einer soldatischen Organisation durch einheitliche Kleidung – ein blaues Kleid. Auch die Frauenorganisation des Stahlhelm marschierte in Paraden und vollzog die Fahnenweihe. Im konservativen Netzwerk scheint der Bund sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein hohes Ansehen genossen zu haben. Laut Schöck-Quinteros war der KLB eng mit der Deutschnationalen Volkspartei, dem Deutsch-Evangelischen Frauenbund und den Hausfrauenvereinen verbunden. In der Öffentlichkeit präsentierte er sich im ‚gutbürgerlichen‘ Milieu, beispielsweise in Mädchengymnasien, und wurde in der bürgerlichen Presse meist als ‚unpolitischer‘ Frauenverein wahrgenommen.
Am Beispiel zweier Protagonistinnen - Marie Netz, erste Bundesführerin, und Charlotte von Hadeln, zweite Bundesführerin - arbeitet Eva Schöck-Quinteros exemplarisch Motivation, Engagement und Karriere von rechten Frauen in der Weimarer Republik heraus. Marie Netz, eine pensionierte Lehrerin mit großer Auslandserfahrung, steht für den politischen Einsatz alleinstehender Berufsfrauen, Charlotte Freifrau von Hadeln, Gattin eines Majors und Mutter von drei Kindern, für die engagierte Hausfrau in der DNVP und im KLB, die in völliger Übereinstimmung mit den Männern ihrer Familie - Ehemann, Brüder, Söhne - politisch agierte. Wie diese bewegte sich Hadeln nach 1918/19 immer am rechten Rand und organisierte Kontakte zur NSDAP und zu italienischen Faschistinnen. Eva Schöck-Quinteros hebt als ein Desiderat der Forschung hervor, Frauen unter dem Aspekt ihrer offensichtlichen Begabung als Rednerinnen zu untersuchen: In den (Auto)Biografien Charlotte von Hadelns und der DNVP-Politikerin Anni Kalähne werde überaus deutlich, welchen außergewöhnlichen Publikumszulauf diese beiden Agitatorinnen für die DNVP bewirkt haben.
Andrea Süchting-Hänger zeigt, dass auch im KLB die Zusammenarbeit mit der Männerorganisation nicht reibungslos verlief. Da der Frauenvorstand die Zuständigkeit über den eigenen Aufgabenbereich hartnäckig verteidigte, war der Bund ab 1927 nicht mehr die offizielle Schwesternorganisation des Stahlhelm. An einigen Orten wurden statt dessen „Stahlhelmfrauengruppen“ gegründet. Die politische Radikalität des BKL zeigt sich darin, dass die Frauen vereinsintern gewaltsamen Umsturzpläne diskutierten. Die DVP-Mitglieder verließen den Bund Königin Luise, als dieser das Volksbegehren gegen den Young-Plan unterstützte. Kirsten Heinsohn hat herausgearbeitet, dass sich die Bundesführung schon im Mai 1932 „bedingungslos“ dem „Führer Adolf Hitler“ unterstellte, formal aber noch als parteiunabhängige Gruppe bestehen blieb. Eva Schöck-Quinteros kann vor dem Hintergrund lokalgeschichtlicher Quellen zeigen, dass die Zusammenarbeit mit der NSDAP von Ort zu Ort unterschiedlich war. Auch war die Überführung in die NS-Frauenschaft ab 1934 nicht immer reibungslos. So trafen sich beispielsweise die Bremer ‚Luisen‘ bis 1937.
Der Deutsche Frauenkampfbund gegen die Entartung im Volksleben wurde 1926 von Guida Diehl gegründet. Silvia Lange interpretiert diese Organisation als „politische(n) Arm“ der Neulandbewegung (Lange, Protestantische Frauen, S. 41), der nicht nach innen auf die eigenen Mitglieder, sondern nach außen auf die Öffentlichkeit einwirken sollte. Der Frauenkampfbund stellte sich eindeutig gegen die Republik. Hauptziel war die Abwehr der sogenannten kulturellen Dekadenz. Die Idee für den Frauenkampfbund entstand in Reaktion auf die Debatten um eine Liberalisierung der Abtreibung. Beabsichtigt war ein Bündnis von konservativen, völkischen und protestantischen Frauenorganisationen. Die meisten Mitgliedsverbände kamen aus dem rechten Flügel des BDF, der Sittlichkeitsbewegung, der völkischen Frauenbewegung und aus Hausfrauenvereinen außerhalb des BDF. 1928 nannte der Geschäftsbericht über 180.000 Mitglieder. Unter den knapp 1500 Einzelmitgliedern waren auch die DNVP-Parlamentarierinnen Margarete Behm, Elisabeth Spohr und Annagrete Lehmann sowie Elisabet Boehm und Margarete von Keyserlingk vom Reichsverband landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine. Der NLB gelang mit dieser Gründung die Einflussnahme auf Organisationen, die nur teilweise mit seiner Programmatik übereinstimmten. In Kooperation mit der Neulandbewegung wurden von 1927 bis 1931 „Mütterschulungen“ organisiert, die weniger eine praktische als eine ideologische Erziehung mit antikommunistischer Ausrichtung beinhalteten. Die Mutterschaft wurde als Beitrag zum „Volksganzen“ politisiert und aufgewertet.
Während der Inflationszeit mussten die meisten rechten Frauenvereine der Republik einen Rückgang der Mitgliederzahlen und Aktivitäten hinnehmen. Häufig stellten die Publikationsorgane für einige Monate ihr Erscheinen ein. Gegen Ende der Republik scheuten viele Führerinnen der im Kaiserreich gegründeten ‚altkonservativen‘ Vereine die organisatorische Annäherung an die NSDAP. Je mehr sich beispielsweise Guida Diehl und Elisabet Boehm dem Nationalsozialismus zuwandten, desto misstrauischer wurden sie von den konservativen Vereinsführerinnen betrachtet. 51
FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN III:
Fallstudien über einzelne rechte Frauenvereine in der Weimarer Republik sind immer noch ein gravierendes Desiderat. Auch die Vereinsorgane der rechten Frauenorganisationen der Weimarer Republik sind zu einem großen Teil noch nicht systematisch ausgewertet worden. Die neueren Studien belegen, dass schon im späten Kaiserreich und noch weitaus mehr in der Weimarer Republik ein neues Berufsfeld für rechte Frauen entstand: das der (partei)politischen Publizistin und Agitatorin. Fast jede Organisation verfügte über ein eigenes Periodikum, in dem politische Berichte sowie Kommentare zur Innen- und Außenpolitik erschienen. Falls kein selbstständiges Blatt existierte, durften die Vereinsfrauen in dem jeweiligen Organ der Männerorganisation über die Frauenaktivitäten berichten. Darüber hinaus haben einige der oben genannten Protagonistinnen für bekannte deutsche Tageszeitungen des rechten Spektrums die Frauenbeilage gestaltet: Beda Prilipp für die „Post“ und den „Tag“, Ilse Hamel für die „Deutsche Zeitung“, Else Frobenius für die „Deutsche Allgemeine Zeitung“. Die Arbeit und die Produkte dieser rechten Journalistinnen sind noch nicht übergreifend untersucht worden. Die profiliertesten Studien zur Frauenpresse und zur Herstellung von Öffentlichkeit durch Frauenorganisationen im Allgemeinen stammen von Ulla Wischermann, die in ihrer neuesten Monographie grundlegende theoretische Überlegungen zu diesem Forschungsfeld anbietet. Ausgangspunkt sind die Kommunikations- und Interaktionsformen der bürgerlichen und, wesentlich knapper, der sozialdemokratischen Frauenbewegung im Kaiserreich. Ein kurzer Abriss über die Frauenpresse behandelt Zeitschriften der liberalen und der sozialdemokratischen Frauenbewegung, nicht jedoch des rechten Frauenvereinswesen oder der rechtsbürgerlichen Parteien. 52
Die Mitarbeit von Frauen der Rechten im BDF ist für die Zeit nach 1918 in vielerlei Hinsicht noch unerforscht. Zwar hat Heinz Hönig in seiner Studie über den BDF untersucht, inwieweit die Hausfrauenorganisationen ihre politischen Ziele im Bund durchsetzen konnten. Dennoch bleiben interessante Fragen offen: Wie funktionierte die Kommunikation zwischen den verschiedenen parteipolitischen Gruppen in diesem ‚Frauenparlament’? Wie kamen Entscheidungen zustande und wie wurden Konflikte ausgetragen? Immerhin waren die städtischen Hausfrauen 17 Jahre, die Landfrauen 12 Jahre mit ihren Reichsverbänden korporative Mitglieder des BDF. Während der RDHV sich zunächst durch das DDP-Mitglied Luise Kiesselbach im Engeren Vorstand vertreten ließ und erst ab 1927 das DNVP-Mitglied Käthe von Herwarth hinzukam, entsandte der RLHV gleich mit dem Beitritt 1920 die DNVP-Politikerin Margarete Gräfin von Keyserlingk in den Vorstand des BDF. Der Frauenbund der DKG war sogar von 1911 bis 1933 Mitglied des BDF (mit einer Unterbrechung vermutlich in den Jahren 1928 bis 1930) und hatte mit Else Frobenius eine ständige Vertreterin im erweiterten Vorstand. Die Akten des BDF im Landesarchiv Berlin enthalten für diese Fragen reichhaltiges Material, das eine Auswertung im Sinne einer politischen Kulturgeschichte erlaubt. 53
Der Überblick über das rechte Frauenvereinswesen dokumentiert die erfolgreiche Mobilisierung von Frauen für die politische Rechte in der Weimarer Republik. Es entstand ein weitverzweigtes Netzwerk, das verschiedene Interessen und Orientierungen bediente und in viele Städte und Dörfer hineinreichte. Die von diesen Organisationen proklamierte Selbstdefinition, übergeordnete ‚nationale‘ Ziele zu vertreten, hat das politische Engagement rechter Frauen effektiver befördert, als Parteien allein es vermocht hätten.
IV. Frauen der politischen Rechten an der Basis
Raffael Scheck hebt in ‚Mothers of the Nation’ hervor, dass es den Parteiausschüssen der Frauen und den rechten Frauenvereinen im Jahr 1924 gelungen sei, über ein Drittel aller wahlberechtigten Frauen für die DNVP zu mobilisieren. Den höchsten Stand erreichte der Wählerinnenanteil in der DNVP bemerkenswerterweise in den Jahren 1930 bis 1932. Zugleich waren, folgt man Jürgen Falters Ergebnissen, die protestantischen Frauen aus ländlichen Gebieten die erste Wählerinnengruppe, die zur NSDAP überwechselte. Welche Erklärungsmuster hat die Forschung für dieses Wahlverhalten bislang angeboten? In den letzten Jahren sind von Vertretern der Milieu- und Mentalitätenforschung beeindruckende Studien über das ländlich-protestantische und jüngst auch über das ‚konservative‘ Milieu vorgelegt worden, die viel dazu beitragen, für ausgewählte Regionen das Verhältnis von Milieu und Parteipolitik im Allgemeinen und die Wahlerfolge der NSDAP im Besonderen zu erklären. Allerdings gilt auch in diesem Zusammenhang, dass sowohl die Dorfgemeinschaft Wolfram Pytas, als auch die Provinz Manfred Kittels und das konservative Milieu Helge Matthiesens (fast) nur von Männern bewohnt zu sein scheinen. Ein systematisches Interesse für die weiblichen Angehörigen des Milieus, für potentielle weibliche Meinungsführer, für die Frauenvereinslandschaft oder die Wählerinnen findet sich in keiner dieser Studien. Frauen kommen nur ganz am Rande, gleichsam anekdotenhaft vor. Da sorgt die Gutsherrin für ein gutes Verhältnis zwischen Gutsherrschaft und Arbeiterschaft, instruiert ein Rektor mehrere Hundert Diakonissen zur Wahl der Bayerischen Mittelpartei, verwaltet ein Freifräulein die Kasse der Kirchengemeinde, stricken die Frauen der Kriegervereine warme Unterkleidung. Manfred Kittel erklärt lapidar „die Frauen blieben [...] im Hintergrund“ und widmet ihnen in seiner umfangreichen Untersuchung zwei Seiten. Dabei gibt das von Manfred Kittel angeführte lange Zitat eines zeitgenössischen Sozialdemokraten überaus deutliche Hinweise, an welcher Stelle man nach der Bedeutung der Frauen im Milieuzusammenhang hätte suchen können. Dieser Sozialdemokrat beklagt nämlich die nationalkonservative Prägung der „Damen“ auf dem Land, die „ihre Feldherrnfähigkeiten [...] im Hausfrauenbund, im Luisenbund, im Vaterländischen“ entfalten, die Frauen der Arbeiterschaft in die „nationale Versumpftheit“ hineinziehen und ihr Dienstmädchen mit zur Wahl nehmen würden. Sind also auch manche Frauen politische Mentoren innerhalb der Provinzgemeinschaft?
In seiner Studie über das ‚Konservative Milieu‘ in Greifswald demonstriert Helge Matthiesen ein im Vergleich zu Pyta und Kittel etwas größeres Interesse für die Position der Frauen im Milieu. In einer Fußnote erklärt Matthiesen: „Es ist bekannt, dass die DNVP besonders von Frauen gewählt wurde. Daher handelt es sich um ein wichtiges Themengebiet dieser Studie. Leider war die Quellenlage äußerst ungünstig, wohl auch, weil die staatlichen Stellen dieses Milieusegment nicht sonderlich ernstnahmen und daher keine Beobachtungen vorliegen“. Vor allem für die Periode zwischen 1924 bis 1930 finden sich in Matthiesens ‚konservativem Milieu‘ in den Abschnitten über „Vereinsroutinen“ und das „Submilieu Kirchen“ einzelne Hinweise auf das Frauenvereinswesen (Luisenbund und Bismarckjugend mit ihren Mädchenabteilungen), auf die Frauen der Gemeinde, und auf die Tatsache, dass die männlichen Honoratioren bei wichtigen Veranstaltungen des Milieus mit ihren Ehefrauen auftraten. Bei der Deutung des Aufstiegs der NSDAP sind die Vereinsfrauen und Wählerinnen allerdings wieder fast vollständig verschwunden.
Frank Bösch kommt das Verdienst zu, in seiner jüngst publizierten Untersuchung über das konservative Milieu als erster Autor einer ‚allgemeinen‘ Studie nicht nur die männliche Prägung des Milieus ausdrücklich thematisiert, sondern auch ein Kapitel über Frauenvereine eingefügt zu haben. Unter dem Titel „Nächstenliebe, Vaterlandstreue und Gottesfurcht“ verweist Frank Bösch zunächst auf die Tatsache, dass Frauen neben der (randständigen) Mitarbeit in Kriegervereinen und Heimatbewegung auch über eigene Milieuorganisationen verfügten. Sie seien daher keineswegs nur über die Aktivitäten ihrer Ehemänner und männlichen Verwandten oder aufgrund der Feminisierung der Religion in das Milieu integriert worden. Böschs Befunde an der Basis zeigen: Vaterländischer Frauenverein, Deutsch-Evangelischer Frauenbund und Hausfrauenvereine engagierten sich auch auf lokaler Ebene für den Mittelstand, agitierten gegen Auslandswaren, setzten sich für christliche Schulen ein und warben für die kommunale Einheitsliste rechts von den Gesinnungsliberalen. Dabei handelten Frauen des konservativem Milieus nach der Beobachtung von Bösch in der großen Mehrzahl in einem „vorpolitischen Raum“ außerhalb der Parteien. Bösch bilanziert, dass mit Blick auf die mitgliederstarken Frauenvereine wie dem Vaterländischen Frauenverein „das bisherige Bild von den parteipolitisch abseits stehenden konservativen Frauen hinterfragbar“ (S. 317) erscheint. Kritisch zu erwähnen bleibt allerdings, dass Bösch in seinem Kapitel über die Frauenvereine die umfangreiche neuere Forschungsliteratur über das Verhältnis von Nation und Geschlecht nicht einbezieht, während die Studie in den nicht-frauenspezifischen Abschnitten bemerkenswerterweise vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes argumentiert. Dies erklärt seine Einschätzung „gerade die nationale Gemeinschaftsbildung war auch in der Weimarer Republik eine männliche“. Hier werden die ausgesprochen nationalistischen Zusammenschlüsse von Frauen sowie die nationalistische Propaganda des DEF, der Hausfrauenvereine und anderer auf lokaler Ebene nicht berücksichtigt. Raffael Scheck betont demgegenüber, dass neben der Religion der Nationalismus das zentrale ideologische Element gewesen sei, das die rechten Parteien für die Frauen so anziehend gemacht habe. 54
Für die Studien der Frauen- und Geschlechterforschung ist grundsätzlich festzustellen, dass sich die meisten Untersuchungen auf die Elite, die führenden Frauen und die nationale Vereins- und Verbandspolitik konzentrieren. Ortsgruppen rechter Parteien und Frauenvereine werden in der Regel nur thematisiert, wenn eine Auseinandersetzung zwischen Männer- und Frauenvereinen illustriert werden soll, die dann auf der Führungsebene diskutiert wurde. Eine Ausnahme ist nach wie vor die maßgebliche und bedauerlicherweise nicht ins Deutsche übersetzte Studie von Nancy R. Reagin über das Verhältnis von bürgerlicher Frauenbewegung und nationalistischen Frauenorganisationen in Hannover, auf die sich auch Frank Bösch in seiner Arbeit beruft. Wichtig ist hierbei zunächst, dass Reagin wertvolle Hinweise liefert, welche Quellen bei der Suche nach den rechten Frauen an der Basis herangezogen werden können. Dazu zählen die Bestände der Führungsebene der Frauenorganisationen, Akten der örtlichen Stadt- und Staatsarchive, die jeweils Unterlagen über lokale Frauenzusammenschlüsse enthalten, und die Frauenvereinsorgane, in denen häufig aus den Ortsgruppen berichtet wurde. Auch die lokale Presselandschaft kann einbezogen werden, denn nicht selten enthielten Lokalzeitungen Berichte über die Tätigkeiten von Frauenvereinen oder sogar regelmäßige Frauenbeilagen. Einzelne Frauenvereine haben zudem vor Ort oder in ihrer Region eigene Mitteilungsblätter herausgegeben. Nancy R. Reagin hat gezeigt, dass in Hannover ein rechter Flügel der lokalen Frauenvereinswelt entstand, der sich im Kaiserreich noch strikt von der Parteipolitik abgrenzte. Das Engagement für die Heimatfront im Ersten Weltkrieg sieht Reagin als Hochwassermarke für die Aktivitäten rechter Frauen an der Basis. Die parteipolitische Fragmentierung in Hannover setzte erst mit dem Systemwechsel 1918/19 ein und nicht schon mit dem Austritt des DEF aus dem BDF. Die Frauenvereine der Rechten erhielten in Hannover im Verlauf der 20er Jahre regen Zulauf, banden sich enger an die nationalistischen Männerorganisationen und öffneten sich einem radikalen Nationalismus. Auch auf lokaler Ebene agitierten DEF und Hausfrauenvereine gegen das Weimarer „System“ und „Versailles“ und veranstalteten Protestversammlungen. Die rechten Frauenorganisation - Reagin berücksichtigt DEF, Hausfrauenvereine, in geringerem Ausmaß auch den Deutschen Frauenbund, Bund Königin Luise und Frauenbund der DKG - orientierten sich eindeutig an der DNVP, auch wenn sie offiziell ihre Überparteilichkeit betonten. Ab Mitte der 20er Jahre stellt Reagin eine stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit der rechten Frauenorganisationen fest. Seit den frühen 30er Jahren warben viele für ein Wahlbündnis der DNVP mit der NSDAP und wurden auf diese Weise mit verantwortlich für die Erfolge der Nationalsozialisten bei kommunalen, Land- und Reichstagswahlen. Während die Ortsgruppe des RDHV die jüdischen Mitglieder durch diskriminierendes Verhalten aus dem Verein herauszudrängen suchte, nahm Hannoveraner Abteilung des Deutschen Frauenbundes von Anfang an keine jüdischen Mitglieder auf. Nancy R. Reagin betont das – auch im engeren Sinne - ausgesprochen politische Engagement der rechten Frauenortsvereine. 55
Raffael Scheck betritt Neuland, wenn er jetzt für die Lokalpolitik der Parteien umfassende Erkenntnisse über die Aktivitäten von weiblichen Mitgliedern der DNVP und der DVP vorlegt. Seine Quellengrundlage sind Lokalzeitungen, die diesen beiden Parteien nahestanden, sowie regionale Parteimitteilungen, die vor allem in den frühen 20er Jahren noch in vielen Regionen herausgegeben wurden. Scheck hat Material aus verschiedenen Gebieten zusammengetragen, für die DNVP aus Schlesien (Kreis Lauban), Brandenburg (Soldin), Pommern (Stolp und Stettin), Ostpreußen (Königsberg, Sensburg), Westfalen (Bückeburg) und Berlin. Für die Zukunft wünscht man sich zusätzlich die Berücksichtigung der Region Mittelfranken, in der die DNVP in einigen Wahlkreisen ihre höchsten Stimmenanteile erzielen konnte. Die Berichte über die Frauen in den Ortsvereinen dokumentieren eine intensive Aktivität der weiblichen Parteimitglieder, die Scheck anschaulich nachzeichnet. Deutschnationale Frauen sammelten die Mitgliedsbeiträge ein, waren verantwortlich für den kulinarischen und unterhaltenden Part auf den Parteifesten, brachten durch Lotterien und Basare Geld in die Kassen, leisteten Sozialarbeit und Mütterhilfe für Parteimitglieder und Mittelstandsgruppen in Not, gründeten oft nicht nur die Frauen- sondern auch die Jugendgruppen der Partei und warben neue Mitglieder, Wähler und Wählerinnen. Mit diesen spezifischen Funktionen, die Frauen schon aus der Vereinsarbeit kannten, wurden sie nicht selten in die Vorstände der Ortsvereine gewählt. Hauptziel der Frauen in beiden Parteien sei es gewesen, so urteilt Scheck, die Erfahrungen als Mütter, Ehe- und Hausfrauen in die Partei hineinzutragen und den Mitgliedern in der Partei ein Gefühl von „Heim und Familie“ zu vermitteln. Sobald Verbindungen zu den Parlamentarierinnen auf Reichs- oder Landesebene entstanden, engagierten sich die Frauen in den Ortsvereinen auch stärker für nationalpolitische Themen. Die DNVP-Frauen organisierten Versammlungen gegen Versailles, warben für die Wahl Hindenburgs und unterstützten die Kampagne zur Auflösung des preußischen Landtages. In Gebieten, in denen gute Kontakte zu Parlamentarierinnen existierten, diskutierten die weiblichen Mitglieder überregionale Frauenthemen, z. B. öffentliche Moral, die Reform der Scheidungs- und Schulgesetze oder die Rolle von Frauen in der Parteipolitik. Generell bemühte man sich in diesen Regionen auch stärker um die politische Schulung der Frauen vor Ort, organisierte Rednerinnenkurse, Vortrags- und Diskussionsabende. In Berlin war diese Vernetzung mit der Führungsebenes aus naheliegenden Gründen besonders intensiv. Scheck kann für die DNVP zeigen, dass die Frauen in Berlin sogar den Hauptteil der Ortsvereins-Arbeit getragen haben und augenscheinlich wesentlich aktiver als die männlichen Parteimitglieder gewesen sind. Für die Zeit von Februar 1919 bis März 1920 liegt zudem eine Quelle vor, die belegt, dass in diesem Zeitraum die Mehrzahl der neu eintretenden Mitglieder in Berlin-Nordwest (heute Moabit) weiblich war. In der DNVP waren in Berlin mehr unverheiratete, berufstätige Frauen engagiert als in den übrigen Regionen - es dominierten Lehrerinnen und Diakonissen (!). Die weiblichen Parteimitglieder konzentrierten sich in der Metropole weniger auf gesellige Veranstaltungen als auf Verwaltungstätigkeiten. Hier gelang es, einige Vertreterinnen in das Stadtparlament zu entsenden. Der Frauenbewegung scheinen die DNVP-Frauen an der Basis im Allgemeinen eher skeptisch bis ablehnend gegenübergestanden zu haben. Viele sahen die Rolle der Frauen in der Politik als eine beratende an. Die meisten Interessen von Frauen würden auch von männlichen Parlamentariern gut vertreten, war der Tenor vieler weiblicher Mitglieder. Die nationalen Führerinnen konnten von ihrer Basis also kaum Unterstützung für die Forderung nach einer größeren Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten erwarten. Lediglich die Berliner Gruppen mit ihren zahlreichen berufstätigen Frauen bildeten hier eine Ausnahme. Scheck vertritt in seiner Bilanz auf überzeugende Weise eine andere Position als Frank Bösch und Helen Boak, die die DNVP-Frauengruppen für bedeutungs- oder einflusslos halten. Den Frauen sei es in den Ortsgruppen beider Parteien gelungen, eine lebendige Vereinskultur zu schaffen, die sich auf den Zusammenhalt der Mitglieder und die Attraktivität der Parteien vor Ort positiv ausgewirkt habe. Auf dem Land sei die politische Mitarbeit von Frauen allerdings von diesen selbst meist abgelehnt worden. 56
Beziehen wir schließlich die Erkenntnisse von Frank Bösch und Raffael Scheck aufeinander, ergibt sich eine interessanten Schlussfolgerung: Frank Bösch vertritt die These, dass die konservativen Organisationstechniken im Vergleich zum liberalen Vereinswesen stärker an Gemeinschaftserlebnissen ausgerichtet waren und dadurch an Anziehungskraft gewannen. 57 Raffael Scheck wiederum kann zeigen, dass die weiblichen Angehörigen des Milieus gerade die Hervorbringung des Gemeinschaftserlebnisses als ihre originäre Aufgabe wahrnahmen und hier starken Aktionismus entwickelten. Obgleich man den männlichen Milieumitgliedern sicherlich nicht unterstellen darf, ohne Frauen keine Geselligkeit zustande zu bringen, scheinen die Feste und Gedenktage des ländlich-protestantischen beziehungsweise konservativen Milieus nur selten geschlechtergetrennte Veranstaltungen gewesen zu sein. Man kann in diesem Zusammenhang vermuten, dass nicht das Konzept des Männerbundes, sondern „Ehepaar“, „Familie“ und eine komplementäre Rolle der Geschlechter die vorherrschenden Modelle waren, in denen das Verhältnis von Männern und Frauen gedacht wurde. Die „Liebesdienste“ der Frauenhilfe, die „Deutschen Wochen“ der Hausfrauenvereine und die „Fahnenweihen“ des Luisenbundes zeigen: ob Dorfgemeinschaft, Provinz oder konservatives Milieu – sie stützten sich auf beide Geschlechter.
Forschungsperspektiven IV:
Für künftige Milieu- und Regionalstudien können ‚allgemeine’ Geschichte und Geschlechterforschung enorm voneinander profitieren, um die Bedeutung der Kategorie Geschlecht im Milieu zu eruieren, die symbolische Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit nachzuzeichnen und das Wahlverhalten der ‚weiblichen Hälfte‘ zu erklären. Neuere Mentalitäten- und Milieustudien haben wichtige Aufschlüsse darüber geliefert, wie die politische Meinungsbildung an der rechtsorientierten Basis erfolgte. Für die agrarisch-evangelische Lebenswelt wurde vor allem die Bedeutung von lokalen Meinungsführern hervorgehoben. Auch hier scheint es geraten, die Einflussmöglichkeiten der sozialen Autoritäten entlang der Kategorie Geschlecht zu überprüfen - ob beispielsweise die Pfarrer bei den Frauen ihrer Gemeinde einen größeren Einfluss auf die Wahlentscheidung ausübten als bei den Männern der Dorfgemeinschaft. Die neueren Forschungen belegen, dass sich Sympathisanten der DNVP schon im Jahr 1918 an die Pastoren mit der Bitte wandten, weibliche Wahlausschüsse zu bilden. Grundsätzlich ist es sicherlich nicht unwahrscheinlich, dass die männlichen Familienoberhäupter die ‚richtige‘ Partei für ihre Familie auswählten und diese Empfehlung vielfach auch getreulich befolgt wurde. Aber auch scheinbar plausible Erklärungsmuster müssen belegt werden. In diesem Zusammenhang sollte verstärkt nach der (partei)politischen Sozialisation innerhalb der Familien gefragt werden. Kann nun die Existenz weiblicher Leitfiguren - die Gutsherrin, die Pfarrersfrau, die Lehrerin, die Vorsitzende des Frauenvereins - vor Ort nachgewiesen werden oder muss sie für parteipolitische Fragen verneint werden? Dank der neuesten Studien wissen wir zumindest, dass die DNVP-Politikerinnen zahlreiche Pfarrersfrauen und Oberinnen anschrieben, um Werbung für ihre Sache zu machen, und dass auch Lehrerinnen ausdrücklich zum Parteibeitritt aufgefordert wurden. Gury Schneider-Ludorff stellt für das protestantische Milieu die These auf, dass der Einfluss der evangelischen Großorganisationen der Frauen für viele Protestantinnen mentalitätsprägend, orientierungs- und handlungsleitend gewesen sei.
Forscher, die von der Existenz eines städtischen konservativen Milieus in bestimmten Regionen ausgehen, sehen über die lokalen Autoritäten hinaus auch die Vereine, die Selbsthilfeeinrichtungen und die Lokalpresse als bedeutsame Faktoren für Wahlentscheidungen. Das Frauenvereinswesen und seine Publikationen sollten hierbei nicht länger vernachlässigt werden. Ein ganzes Bündel an Fragen ist noch offen: Hat die Positionssuche der weiblichen Milieuangehörigen zwischen Antifeminismus und bürgerlicher Frauenbewegung zwischenzeitlich zu einer Schwächung des konservativen Milieuzusammenhalts geführt? Haben die Aktivitäten der Frauen in Vereinen und Parteien insgesamt eher stabilisierend gewirkt oder aber das ‚Andocken‘ der NSDAP an das ‚konservative Milieu‘ gefördert? Hans-Ulrich Wehler hat für den Vaterländischen Frauenverein von einer personengeschichtlichen Kontinuität über die Rechtsparteien der Weimarer Republik bis zur NS-Wählerschaft gesprochen. Vor dem Hintergrund der Thesen über das ‚konservative Milieu‘ erscheint es allerdings auch denkbar, dass gerade dieser ‚rückständige‘ Verein die Abwanderung rechtsorientierter Wählerinnen zur NSDAP verzögert hat. Wenn man nach weiblichen Mediatoren sucht, die die NSDAP als Alternative erscheinen ließen, sind die Luisen, die Neuländerinnen und mit Abstrichen auch die Landfrauen die vielversprechenderen ‚Verdächtigen‘. Der Einfluss der verschiedenen rechten Frauenvereine sollte also differenziert betrachtet werden. Hilfreich für künftige Forschung ist in jedem Fall, dass die hier besprochenen Studien der Geschlechterforschung in der Regel die regionalen Hochburgen für die einzelnen Organisationen benennen. Dies erleichtert die Auswahl eines Gebietes, wenn künftig auf lokaler Ebene das Zusammenspiel von männlichen und weiblichen Meinungsführern, Vereinsmitgliedern und Publizisten der Lokalpresse in ihrer Wirkung auf das Wahlvolk untersucht werden soll. 58
V. Daten zum rechten Frauenorganisationswesen
Die folgenden Angaben sind aus der in diesem Überblick genannten Sekundärliteratur zusammengestellt worden. Dabei wird von den jeweiligen Autorinnen und Autoren meist darauf verwiesen, dass die Mitgliederzahlen nur Annäherungswerte darstellen. In der Regel beruhen sie auf Angaben der Vereine selbst und sind daher oft nach unten zu korrigieren.
A) Frauenvereine im wilhelminischen Kaiserreich
VATERLÄNDISCHER FRAUENVEREIN: 1866-1934 (1934 übernimmt Gertrud Scholtz-Klink die Leitung des Reichsfrauenbundes des Deutschen Roten Kreuzes, 1937 wird diese Organisation aufgelöst); Mitglieder: 1870 24.000 (290 Ortsvereine), 1909 400.000, 1914 592.000 (1691 Ortsvereine), 1920 770.000; Organ: kein eigenes, Nachrichten über die Tätigkeit erschienen in: Das Rote Kreuz 1891-1921, Amtliches Nachrichtenblatt vom Roten Kreuz 1921-1923, Blätter des Deutschen Roten Kreuzes 1922-1937; Vorsitzende: Charlotte Gräfin von Itzenplitz 1866-1916, Agnes Gräfin von der Groeben 1916-1934; übergeordnete Organisation: Das Rote Kreuz.
EVANGELISCHE FRAUENHILFE: 1899-heute; Mitgliederzahlen: 1900 13.600 (85 Ortsvereine), 1912 250.000 (2407), 1918 350.000 (3673) (Doris Kaufmann nennt für 1918 sogar 500.000), 1927 600.000; Organe: Frauenhü(i)lfe. Blätter für Frauenarbeit in der evangelischen Gemeinde 1901-1941 (vor allem auf Vorstandsebene gelesen), Der Bote für die christliche Frauenwelt. Organ für die evangelischen Frauen 1904-1914 (Massenblatt mit Auflage von 25.000 im Jahr 1913), Der Bote für die deutsche Frauenwelt. Sonntagsblatt der Evangelischen Frauenhilfe 1914-1941; Wege und Ziele 1917-1922; Vorsitzende: männlicher Vorstand, ab 1906 waren im Verwaltungsrat auch Frauen vertreten, 1925 ließ die neue Satzung erstmals eine weibliche Vorsitzende zu: Gertrud Stoltenhoff 1926-1929, Helene von Oppen 1929-1933, Dagmar von Bismarck 1933-1949; übergeordnete Organisation: Evangelisch-Kirchlicher Hilfsverein.
DEUTSCH-EVANGELISCHER FRAUENBUND (DEF): Juni 1899-heute (1933 Eingliederung in die Kirche, erst 1945 wieder selbstständig); Mitgliederzahlen: 1900 1.300 (18 Ortsvereine), 1906 8.000, 1910 10.000, 1914 15.600 (134), 1918 18.200 (137); Organe: Mitteilungen des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes 1900-1904 (Auflage 1904 3400), Evangelische Frauenzeitung 1904-1941 (Auflage 1914 16.200); Vorsitzende: Gertrud Knutzen 1899-1900, Paula Mueller-Otfried 1901-1934, Meta Eyl 1934-1947; BDF-Mitgliedschaft 1908-1918.
NEULANDBEWEGUNG (NLB): 1916-1940, danach Weiterarbeit auf informeller Ebene; Mitgliederzahlen: Höchstzahl Anfang der 20er Jahre 10.000; Organe: Neuland. Ein Blatt für die geistig höher strebende weibliche Jugend 1916-1923; Neulandblatt. Für erneuertes Christsein, für soziale Gesinnung, für wahres Deutschtum, für mutige Tat 1924-1940 (Auflage 1920 10.000, 1930 3.500); Treufest. Sonderblatt der Neulandschar 1921-; Vorsitzende: Guida Diehl 1916-1940, 1945-1961.
DEUTSCHER FRAUENVEREIN FÜR DIE OSTMARKEN: 1896-1934; Mitgliederzahlen: 1900 1.000 (16 Ortsvereine), 1905 2.000 (20), 1910 2.350 (26), 1914 3.400 (30); Organe: zunächst vermutlich kein eigenes: Die Ostmark. Monatsblatt des Deutschen Ostmarkenvereins 1896-1934, Die Ostmärkische Frau. Halbmonatsschrift für die Ostmarkarbeit Deutscher Frauen 1928-1933; Vorsitzende: Gräfin von Monts 1896-1902, Ottilie von Hansemann 1902-1909, Christine Raschdau ab 1909; übergeordnete Organisation: Deutscher Ostmarkenverein.
FLOTTENBUND DEUTSCHER FRAUEN: 1905-1936; Mitgliederzahlen: 1913 60.000, 1918 130.000, 1922 100.000; Vereinsorgan: Der Flottenbund. Zeitschrift des Flottenbundes Deutscher Frauen 1913-1917; Die Deutsche Frau. Illustrierte Zeitschrift für die gesamten Interessen der Frauenwelt, 1922-1935; Vorsitzende: Clärchen Müller 1905-1918; Marie Fröhlich 1918-November 1936; übergeordnete Organisation: Deutscher Flottenbund.
FRAUENBUND DER DEUTSCHEN KOLONIALGESELLSCHAFT (DKG): 1907-Mai 1936 (anschließend Abteilung IV des Reichskolonialbundes); Mitgliederzahlen: 1910 7.000 (71 Ortsvereine), 1914 17.800 (148), 1925 6.500, 1930 24.000, 1933 25.000, 1936 30.000; Organe: Kolonie und Heimat. Unabhängige koloniale Wochenschrift, 1911-1919; Der Kolonialdeutsche 1921-1928; Vorsitzende: Adda Freifrau von Liliencron 1907-1909, Irmgard Freifrau von Richthofen 1909, Hedwig Heyl 1910-1920, Hedwig von Bredow 1920-1932, Agnes von Boemcken 1932-1943 (!); BDF-Mitgliedschaft 1911-1933, vermutlich mit einer Unterbrechung 1928-1930; übergeordnete Organisation: Deutsche Kolonialgesellschaft.
(REICHS-)VERBAND DEUTSCHER HAUSFRAUENVEREINE (RDHV): 1915-1935; Mitgliederzahlen: Die Angaben sind hier besonders ungenau. In der Literatur werden genannt: 1924 280.000, 1931 130.000; Organ: Die Deutsche Hausfrau. Offizielles Organ des Verbandes deutscher Hausfrauenvereine, 1915-1935 (?); Vorsitzende: Martha Voß-Zietz 1915-1922, Marie Jecker 1922-1935; BDF-Mitgliedschaft: 1915-1932.
REICHSVERBAND LANDWIRTSCHAFTLICHER HAUSFRAUENVEREINE (RLHV): 1916-1934 (danach Überführung in den Reichsnährstand); Mitgliederzahlen: 1922 50.000 (1921 568 Ortsgruppen), 1929 1.766 Ortsgruppen, 1934 100.000 Mitglieder; Organe: Die Gutsfrau. Blätter für die sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben der gebildeten Frau auf dem Lande 1912-1923; Land und Frau. Illustrierte Fachzeitschrift der ländlichen Hauswirtschaft 1917-1943; Deutsche Frauenarbeit 1920-1923; Vorsitzende: Elisabet Boehm 1917-1929, Gertrud von Bredow 1929-1933, 1933-1934 kommissarische Leitung durch Boehm; BDF-Mitgliedschaft 1920-Juni 1932; seit 1921 dem Reichslandbund angeschlossen.
B) (Partei)politische Frauenorganisationen von rechts
DEUTSCHER FRAUENBUND (DFB): 1909-1935 (?); Mitglieder: 1911 11.000; Organe: Mitteilungen des Deutschen Frauenbundes 1909; Deutscher Frauenbund. Zeitschrift für Berlin und die Ortsgruppen 1910-1918; Frauenweckruf 1919-1935; Deutsche Frauenwarte. Organ des Deutschen Frauenbundes e. V., 1920-1921; Die Deutsche Frau 1922-1923; Vorsitzende: Marie von Alten 1909-1913, Frau Dieckmann 1913; zwischenzeitlich Vorstandsposten nicht besetzt, Margarete Dammann ab 1918; BDF-Mitgliedschaft 1913-1918.
VEREINIGUNG KONSERVATIVER FRAUEN (VKF): 1913-1918; Mitglieder: 1913 einige Hundert; Organ: Neue Zeiten. Aufgaben und Pflichten der christlichen Frau (Blatt des Kapellenvereins, 2000 Abonnenten) 1908-1922; Vorsitzende: Bertha von Kröcher 1913-1918; übergeordnete Organisation: Deutsch-Konservative Partei.
REICHSFRAUENAUSSCHUSS (RFA) DER DNVP: 1918-1933; Organe: Frauenkorrespondenz der DNVP 1919-1925, Frauenkorrespondenz für nationale Zeitungen 1926-1933, Die Deutschnationale Frau 1921-1933 (z. T. erschienen in: Der Deutsche Führer); Vorsitzende: Margarete Behm 1918-1923, Annagrete Lehmann 1923-1933; übergeordnete Organisation: DNVP.
C) Neugründungen in der Weimarer Republik
VEREINIGUNG EVANGELISCHER FRAUENVERBÄNDE DEUTSCHLANDS (VEFD): Juni 1918-1933 (danach umstrukturiert zum Evangelischen Frauenwerk); Mitgliederzahlen: 1933 1.800.000 (29 Frauenverbände); Organe: Nachrichten-Korrespondenz (ab 1922 -blatt) der VEFD 1920-1926; Monatsblatt der VEFD, 1926-1930; Aufgaben und Ziele. Monatsblatt der VEFD, 1930-1941; Vorsitzende: etwa ein Jahr war der Vorsitz vakant (2. Vorsitzende Paula Mueller-Otfried), Alexandra von Keudell 1919-1923, Magdalene von Tiling 1923-1933, Agnes von Grone 1933-1935.
RING NATIONALER FRAUEN (RNF): 1920-Juni 1933; Mitgliederzahlen: mitgliederstärkste Organisation war der Flottenbund Deutscher Frauen (s. o.), daneben noch einige weitere Vereine mit wenigen tausend Mitgliedern; 1932 Erweiterung zum Ring Nationaler Frauenbünde; Organ: Die Deutsche Frau. Illustrierte Zeitschrift für die gesamten Interessen der Frauenwelt 1922-1935 (Auflage 10.000); Vorsitzende: Beda Prilipp 1920-1933.
BUND KÖNIGIN LUISE (BKL): 1923-1934; Mitgliederzahlen: 1932 über 100.000, 1933 200.000; Organe: vermutlich kein eigenes: Der Stahlhelm. Organ des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, 1923-1935, Vereinsnachrichten erschienen auch in „Die Deutsche Frau“; Vorsitzende: Marie Netz 1923-1932, Charlotte Freifrau von Hadeln 1932-1934; übergeordnete Organisation: Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten bis 1927.
DEUTSCHER FRAUENKAMPFBUND GEGEN DIE ENTARTUNG IM VOLKSLEBEN (ab 1933 Kampfbund für deutsche Frauenkultur): 1926-1934, Mitgliederzahlen: 1928 180.000; Organe: siehe Neulandbewegung, Publikation von 13 „Kampfblättern“ zu verschiedenen Themen.
1 Ich danke Eva Schöck-Quinteros und Raffael Scheck für kritische Kommentare zur ersten Fassung dieses Beitrages. Eine überarbeitete und gekürzte Version wird 2003 erscheinen in: Schöck-Quinteros, Eva/Streubel, Christiane (Hg.): „Ihrem Volk verantwortlich“. Frauen der politischen Rechten (1890-1937). Organisationen - Agitationen - Ideologien, Berlin.
2 Kershaw, Ian: Hitler 1889-1936, Stuttgart 1998, S. 507; Falter, Jürgen/Lindenberger, Thomas/Schumann, Siegfried: Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik, München 1986, bes. S. 83-85; Falter, Jürgen: Hitlers Wähler, München 1991, bes. S. 136-145, 272-276; Kühne, Thomas: Das deutsche Kaiserreich 1871 bis 1918 und seine politische Kultur, in: Neue Politische Literatur 43 (1998), S. 206-263, hier S. 210, 249; Kolb, Eberhard: Die Weimarer Republik, München 6. Aufl. 2002, bes. S. 242-246; Heinsohn, Kirsten: Vortragsmanuskript für die Konferenz „Women, Gender and the Extreme Right in Europe“, 1919-1945, 4.-6. Juli 2001, Cardiff University (GB), S. 6; Bacchetta, Paola/Power, Margaret: Introduction, in: dies. (Hg.): Right-Wing Women, New York, London 2002, S. 1.
3 Kühne, Thomas: Staatspolitik, Frauenpolitik, Männerpolitik: Politikgeschichte als Geschlechtergeschichte, in: Medick, Hans/Trepp, Anne-Charlott (Hg.): Geschlechtergeschichte und Allgemeine Geschichte, Göttingen 1998, S. 171-231.
4 Gellner, Ernest: Nationalismus und Moderne, Berlin 1990 (englisch 1983); Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation, Frankfurt 2. Aufl. 1993 (englisch 1983); Hobsbawm, Eric J.: Nationen und Nationalismus, Frankfurt 2. Auflage 1992 (englisch 1990). An dieser Stelle sei nur eine kleine Auswahl der Studien über ‚Nation und Geschlecht‘ genannt: Frauen&Geschichte Baden-Württemberg (Hg.): Frauen und Nation, Tübingen 1996; Frevert, Ute (Hg.): Militär und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1997; Yuval-Davis, Nira: Gender & Nation, London, Thousand Oaks, New Delhi 1997; Hagemann, Karen/Pröve, Ralf (Hg.): Landsknechte, Soldatenfrauen und Nationalkrieger, Frankfurt, New York 1998; Blom, Ida/Hagemann, Karen/Hall, Catherine (Hg.): Gendered Nations, New York 2000; Kemlein, Sophia (Hg.): Geschlecht und Nationalismus in Mittel- und Osteuropa 1948-1918, Osnabrück 2000; Planert, Ute (Hg.): Nation, Politik und Geschlecht, Frankfurt, New York 2000; Hagemann, Karen/Schüler-Springorum, Stefanie (Hg.): Heimat-Front, Frankfurt, New York 2002; demnächst auch: Gehmacher, Johanna/Kemlein, Sophia/Harvey, Liz (Hg.): Zwischen Kriegen: Nationen, Nationalismen und Geschlechterverhältnisse in Mittel- und Osteuropa 1918-1939, erscheint Osnabrück 2003.
5 Die Überwindung der Opfer-Täterinnen-Dichotomie ist am besten dokumentiert bei: Heinsohn, Kirsten/Vogel, Barbara/Weckel, Ulrike (Hg.): Zwischen Karriere und Verfolgung. Handlungsräume von Frauen im nationalsozialistischen Deutschland, Frankfurt, New York 1997; Kundrus, Birthe: Frauen und Nationalsozialismus, in: Archiv für Sozialgeschichte 36 (1996), S. 481-499; Bock, Gisela: Der Nationalsozialismus und die Frauen, in: Sösemann, Bernd (Hg.): Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Stuttgart, München 2002, S. 188-209. Vgl. auch Leck, Ralph M.: Conservative Empowerment and the Gender of Nazism, in: Journal of Women‘s History 12 (2000), S. 147-169.
6 Planert, Ute: Antifeminismus im Kaiserreich. Diskurs, soziale Formation und politische Mentalität, Göttingen 1998; dies.: Antifeminismus im Kaiserreich: Indikator einer Gesellschaft in Bewegung, in: Archiv für Sozialgeschichte 38 (1998), S. 93-116; dies.: Mutter und Volk. Vom Antifeminismus zur völkischen Bewegung, in: Schöck-Quinteros/Streubel.
Auf Ute Planert berufen sich: Puschner, Uwe: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich, Darmstadt 2001; Breuer, Stefan: Ordnungen der Ungleichheit - die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871-1945, Darmstadt 2001, bes. S. 113.
7 Koonz, Claudia: Mütter im Vaterland, Reinbek bei Hamburg 1994; Arendt, Hans-Jürgen/Hering, Sabine/Wagner, Leonie (Hg.): Nationalsozialistische Frauenpolitik vor 1933, Frankfurt 1995; Wagner, Leonie: Nationalsozialistische Frauenansichten, Frankfurt 1996; Bitzan, Renate/Streubel, Christiane: „Die germanischsten unter den Frauen“, in: Ariadne. Almanach des Archivs der deutschen Frauenbewegung, Nr. 37/38 (2000), S. 86-93; Korotin, Ilse/Serloth, Barbara (Hg.): Gebrochene Kontinuitäten? Zur Rolle und Bedeutung des Geschlechterverhältnisses in der Entwicklung des Nationalsozialismus, Innsbruck 2000; Kundrus, 1996; dies.: Widerstreitende Geschichte. Ein Literaturbericht zur Geschlechtergeschichte des Nationalsozialismus, in: Neue politische Literatur 45 (2000), S. 67-92; Heinsohn, Kirsten: Germany, in: Passmore, Kevin (Hg.): Women, Gender, and Fascism, 1919-1945, erscheint Manchester Oktober 2003.
8 Ullmann, Hans-Peter: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, Darmstadt 1995, S. 126.
9 Vgl. Abschnitt V. Die Angaben für die Mitgliederzahlen von BDF und sozialdemokratischen Frauen bei: Frevert, Ute: Frauen-Geschichte, Frankfurt 1986, S. 111, 139.
10 Chickering, Roger: „Casting their gaze more broadly“. Women‘s patriotic activism in imperial Germany, in: Past&Present 118 (1988), S. 156-185.
11 Lange, Silvia: Protestantische Frauen auf dem Weg in den Nationalsozialismus. Guida Diehls Neulandbewegung 1916-1935, Stuttgart, Weimar 1998; Wildenthal, Lora: German Women for Empire 1884-1945, Durham, London 2001; Süchting-Hänger, Andrea: Das „Gewissen der Nation“. Nationales Engagement und politisches Handeln konservativer Frauenorganisationen 1900 bis 1937, Düsseldorf 2002. Weitere Aufsätze der Autorinnen sind: Lange, Silvia: Protestantismus, Nationalismus und frauenpolitische Konzepte der Neulandbewegung in der Weimarer Republik, in: Korotin/Serloth, Gebrochene Kontinuitäten, S. 53-70; Wildenthal, Lora: Race, Gender, and Citizenship in the German Colonial Empire, in: Cooper, Frederick/Stoler, Ann Laura (Hg.): Tensions of Empire, Berkeley 1997, S. 263-283; dies.: „She is the Victor“. Bourgeois Women, Nationalist Identities, and the Idea of the Independent Woman Farmer in German Southwest Africa, in: Eley, Geoff (Hg): Society, Culture, and the State in Germany, 1870-1930, Ann Abor 1997, S. 371-395; „When Men are Weak“. The Imperial Feminism of Frieda von Bülow, in: Gender and History Bd. 10 (1998), S. 53-77; Süchting-Hänger, Andrea: „Gleichgroße, mutige Helferinnen“ in der weiblichen Gegenwelt. Der Vaterländische Frauenverein und die Politisierung konservativer Frauen, in: Planert, Nation, S. 131-146; dies.: Die Anti-Versailles-Propaganda konservativer Frauen in der Weimarer Republik, in: Krumeich, Gerd (Hg.): Versailles 1919: Ziele - Wirkung - Wahrnehmung, Essen 2001, S. 302-313; dies.: Politisch oder vaterländisch? Der Vaterländische Frauenverein zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik, in: Schöck-Quinteros/Streubel.
12 Bruns, Karin: Völkische und deutschnationale Frauenvereine im ‚zweiten Reich‘, in: Puschner, Uwe/Schmitz, Walter/Ulbricht, Justus H. (Hg.): Handbuch der ‚Völkischen Bewegung‘ 1871-1918, München 1996, S. 376-394.
13 Süchting-Hänger, Gewissen, S. 10, 26-50, 158-165; dies.: Politisch oder vaterländisch?, in: Schöck-Quinteros/Streubel; Vgl. hierzu auch: Quataert, Jean: Staging Philanthropy. Patriotic Women and the National Imagination in Dynastic Germany, 1813-1916, Ann Arbor 2001.
14 Mybes, Fritz: Geschichte der Evangelischen Frauenhilfe in Quellen, Gladbeck 1975; Kaiser, Jochen-Christoph: Frauen in der Kirche. Evangelische Frauenverbände im Spannungsfeld von Kirche und Gesellschaft 1890-1945, Düsseldorf 1985; Kaufmann, Doris: Frauen zwischen Aufbruch und Reaktion. Protestantische Frauenbewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, München 1988; Baumann, Ursula: Protestantismus und Frauenemanzipation 1850-1920, Frankfurt 1992; Busch, Christine (Hg.): 100 Jahre Evangelische Frauenhilfe in Deutschland, Düsseldorf 1999. Sorgfältig gearbeitet ist auch eine neuere regionalgeschichtliche Studie: Lekebusch, Sigrid: Die Evangelische Frauenhilfe im Rheinland und der Deutsch-Evangelische Frauenbund, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 50 (2001), S. 141-174. Vgl. zu diesem Themenkomplex auch: Gause, Ute/Heller, Barbara/Kaiser, Jochen-Christoph (Hg.): Starke fromme Frauen? Eine Zwischenbilanz konfessioneller Frauenforschung heute, Hofgeismar 2000. Vgl. auch das Themenheft der Ariadne. Almanach des Archivs der deutschen Frauenbewegung 35 (1999): Im Namen des Herrn? Konfessionelle Frauenverbände 1890-1933.
15 Baumann, S. 139-149, 169-174; Planert, Ute: Antifeminismus im Kaiserreich, S. 47-49; Mybes, Fritz: Die Anfänge der Evangelischen Frauenhilfe. Die Jahre 1899 bis 1932, in: Busch, 100 Jahre, S. 9-40, hier S. 22, 26f., 30-32, 37-39; ders.: Wie hat die Frauenhilfe ihr politisches Mandat wahrgenommen?, in: ebenda, S. 97-109, hier S. 97f.; Lekebusch, Rheinland, S. 142-144; Mentner, Regina: „Ein bewährter Vorkämpfer für frommes deutsches Frauenwesen“. Die Zeitschrift ‚Der Bote für die christliche Frauenwelt‘ (1904-1989), in: Busch, 100 Jahre, S. 205-272, hier S. 205-219, 239f. (der Schwerpunkt bei dieser Zeitschriftenanalyse liegt auf der Bundesrepublik Deutschland); Süchting-Hänger, Gewissen, S. 51, 63, 97, 113.
16 Baumann, S. 9, 117, 119, 126-149, 184-201, 216-228; Kaufmann, Aufbruch, S. 27f.; Süchting-Hänger, S. 54-63.
17 Lange, Protestantische Frauen, S. 9, 12f., 16-29, 60, 86.
18 Ausgerechnet für den größten nationalistischen Frauenverein, den Flottenbund deutscher Frauen, liegt noch keine Einzelstudie vor. Der folgende Abschnitt über nationalistische Frauenvereine beruht auf: Chickering, Casting their Gaze; Drummond, Elizabeth A.: „Durch Liebe stark, deutsch bis ins Mark“: Weiblicher Kulturimperialismus und der Deutsche Frauenverein für die Ostmarken, in: Planert, Nation, S. 147-164; Wildenthal: German Women, bes. S. 133-200; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 67-76, 89f.; Venghiattis, Claire: Conflict over Women‘s Patriotic Activism. Gender Relations and the German Colonial Movement during the Kaiserreich, in: Schöck-Quinteros/Streubel. Für das koloniale Interesse bei Else Lüders vgl.: Schöck-Quinteros, Eva: Else Lüders (1872-1948), in: 1999. Zeitschrift für die Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, 12 (1997), S. 49-67, bes. S.64-65. Die Dissertation von Jens Oldenburg über den Ostmarkenverein konnte für diesen Überblick nicht mehr berücksichtigt werden: Oldenburg, Jens: Der Deutsche Ostmarkenverein 1894-1934, Berlin 2002.
19 Vgl. beispielsweise: Boisseau, Tracey Jean: The African Adventures of May French-Sheldon: A Critical Cultural Study of an Imperial Feminist, Binghamton 1996; Valerie Amos/Pratibha Parmar: Challenging Imperial Feminism, in: Kum-Kum Bhavnani (Hg.): Feminism and Race, Oxford 2000; Ward, Margaret: Gendering the Union: Imperial Feminism and the Ladies' Land League, in: Women's History Review 10 (2001), S. 71-92.
20 Schwarz, Christina: Die Landfrauenbewegung in Deutschland, Mainz 1990 (mit wichtigen Informationen über die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen für Kleinbäuerinnen und Gutsfrauen); dies. (ergänzt durch Friederike von Natzmer): “Frauen im Zeichen der Biene” – die Geschichte der deutschen Landfrauenbewegung, in: Elisabet Boehm und die Landfrauenbewegung, Husum 1998, S. 31-96 (schildert vor allem die Erfolge auf den Gebieten Ausbildung und Ökonomie, vernachlässigt dafür die politische Orientierung); Tilmann, Doris: Der Landfrauenberuf. Bäuerliche Arbeit, Bildungsstätten und Berufsorganisationen der Landfrauen in Schleswig-Holstein 1900-1933, Neumünster 1997; Bridenthal, Renate: Professional Housewives: Stepsisters of the Women’s Movement, in: dies./Grossmann, Atina/Kaplan, Marion (Hg.): When Biology Became Destiny, New York 1984, S. 153-173; Bridenthal, Renate: Organized Rural Women and the Conservative Mobilization of the German Countryside in the Weimar Republic, in: Jones, Larry Eugene/Retallack, James N. (Hg.): Between Reform, Reaction, and Resistance, Providence 1993, S. 375-405 (gekürzte Fassung: in: Feministische Studien (1994). Vgl. auch die aktuelle Studie: Albers, Helene: Zwischen Hof, Haushalt und Familie. Bäuerinnen in Westfalen-Lippe (1920-1960), Paderborn u. a. 2001.
21 Bridenthal, Rural Women, S. 375-388; Schwarz, Landfrauenbewegung, S. 5, 57, 60-72.
22 Reagin, Nancy R.: Nationale Hausarbeit? Bürgerliche Hausfrauen und nationale Politik in der Weimarer Republik, in: Schoeck-Quinteros/Streubel; Davis, Belinda J.: Ernährung, Politik und Frauenalltag im Ersten Weltkrieg, in: Hagemann/Schüler-Springorum, Heimatfront, S. 128-149, bes. S. 138-141.
23 Hagenlücke, Heinz: Die Deutsche Vaterlandspartei, Düsseldorf 1997, S. 183-185; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 90-121; Bridenthal, Rural Women, S. 382f.
24 Den Begriff ‚Ressort-Egoismus‘ hat Raffael Scheck im Verlauf einer Tagungsdiskussion geprägt. Vgl. Streubel, Christiane: „Deutsche Frau, dehne deinen Einfluss aus!“. Bericht über ein internationales Kolloquium, in: Feministische Studien (1999), S. 110-114.
25 Süchting-Hänger, Gewissen; Scheck, Raffael: Mothers of the Nation. Right-Wing Women in Weimar Germany, Oxford, erscheint voraussichtlich Januar 2004 (ich danke Raffael Scheck für die Bereitstellung des Manuskripts. Genaue Seitenangaben sind für „Mothers of the Nation“ nicht möglich, da die Druckfahnen noch nicht vorlagen. Daher werden im Folgenden lediglich die Kapitelüberschriften genannt); Heinsohn, Kirsten: Im Dienste der deutschen Volksgemeinschaft. Die „Frauenfrage“ und konservative Parteien vor und nach dem Ersten Weltkrieg, in: Planert, Nation, S. 215-233; dies.: „Volksgemeinschaft“ als gedachte Ordnung. Zur Geschlechterpolitik der Deutschnationalen Volkspartei, in: Boukrif, Gabriele u. a. (Hg.): Geschlechtergeschichte des Politischen, Münster, Hamburg, London 2002, S. 83-106; Sneeringer, Julia: Winning Women‘s Votes. Propaganda and Politics in Weimar Germany, Chapel Hill, London 2002. Einige Befunde für die Frauenwahlwerbung der DNVP sind zusammengefasst in: dies.: „Frauen an die Front!“ The Language of ‚Kampf‘ in DNVP Women‘s Propaganda 1918-33, in: Schöck-Quinteros/Streubel.
Weitere Veröffentlichungen von Raffael Scheck: Scheck, Raffael: German Conservatism and Female Political Activism in the Early Weimar Republic, in: German History 15 (1997), S. 34-55; ders.: Women Against Versailles, in: German Studies Review 22 (1999), S. 21-42; ders.: Zwischen Volksgemeinschaft und Frauenrechten. Das Verhältnis rechtsbürgerlicher Politikerinnen zur NSDAP 1930-33, in: Planert, Nation, S. 234-253; ders.: Women on the Weimar Right: The Role of Female Politicians in the Deutschnationale Volkspartei (DNVP), in: Journal of Contemporary History 36 (2001), S. 547-560; ders.: Women in the Non-Nazi Right during the Weimar Republic. The Case of the German Nationalist People‘s Party (DNVP), in: Bacchetta/Power, S. 141-153 (mit Kurzbiografien über Paula Mueller-Otfried, Margarete Behm, Käthe Schirmacher und Annagrete Lehmann); ders.: Die Partei als Heim und Familie. Frauen in den Ortsvereinen der Deutschnationalen Volkspartei und Deutschen Volkspartei in der Weimarer Republik, in: Schöck-Quinteros/Streubel.
26 Ullmann, S. 137, 143; Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2, München 2. Aufl. 1989, S. 1011-1015, 1045, 1063, 1052-1058, 1154; Schildt, Axel: Konservatismus in Deutschland, München 1998, S. 125f.
27 Baumann, S. 220f.; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 80f.; Artikel: Die Frau in der Politik, in: Mitteilungen des Deutschen Frauenbundes, 8.3.1909.
28 Baumann, S. 216-228, Süchting-Hänger, Gewissen, S. 84-88.
29 Süchting-Hänger, Gewissen, S. 124, 127, 140, 146f.; Kaufmann, Aufbruch, S. 47-48, 51-56; Heinsohn, Im Dienste der Volksgemeinschaft, S. 215-224; Scheck, Mothers: Introduction.
30 Sneeringer, Votes, S. 1-3, 7, 17, 42-51; Kaufmann, Aufbruch, S. 38-42.
31 Mergel, Thomas: Parlamentarische Kultur in der Weimarer Republik, Düsseldorf 2002, S. 44, 104-108; Lauterer, Heide-Marie: Parlamentarierinnen in Deutschland 1918/19-1949, Königstein/Taunus 2002, S. 15, 39, 75-80, 84, 93f., 378f.
32 Scheck, Mothers: Hostility to Women in Politics; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 172-184, 325, 327.
33 Scheck, Mothers: Women‘s Entry into Party Politics; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 171.
34 Scheck, Mothers: Introduction; Family, Youth, and Morality; Foreign Policy; The Nazi Challenge 1930-1933; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 148, 207, 271-278, 317-319; Vgl. jetzt auch den Beitrag: Mergel, Thomas: Das Scheitern des Deutschen Tory-Konservatismus, in: Historische Zeitschrift 276 (2003), S. 323-368, in dem die Entscheidung der fast aller führenden DNVP-Politikerinnen für Hugenberg allerdings nicht problematisiert wird.
35 Wittrock, Christine: Weiblichkeitsmythen. Das Frauenbild im Faschismus und seine Vorläufer in der bürgerlichen Frauenbewegung der zwanziger Jahre, Frankfurt 1983; Johnson, Richard L.: Nazi Feminists: A Contradiction in Terms, in: Frontiers 1 (1976), S. 55-62; Crips, Liliane: „National-feministische“ Utopien, in: Feministische Studien Nr. 1 (1990), S. 128-137; Korotin, Ilse: Die politische Radikalisierung der Geschlechterdifferenz im Kontext von „Konservativer Revolution“ und Nationalsozialismus. Mathilde Ludendorff und der „Völkische Feminismus“, in: Eickhoff, Volker/dies. (Hg.): Sehnsucht nach Schicksal und Tiefe, Wien 1997, S. 105-127; Bitzan, Renate: Selbstbilder rechter Frauen, Tübingen 2000, bes. S. 307-316; Scheck, Mothers: Family, Youth, and Morality; The Nazi Challenge 1930-33; Streubel, Christiane: „Eine wahrhaft nationale Frauenbewegung“. Völkisch-nationale Feministinnen in der Weimarer Republik, in: Schöck-Quinteros/Streubel. Vgl. zu diesem Komplex auch: Kandel, Liliane (Hg.): Féminismes et Nazisme, Paris 1997.
36 Scheck, Mothers: Introduction; Women‘s Rights and Housewives Power; Family, Youth, and Morality; Small Rentiers; Foreign Policy; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 195-201, 212-239, 243, 256f., 274.
37 Scheck, Mothers: Women‘s Rights and Housewives Power; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 196- 201.
38 Breuer, Ordnungen, S. 128f.; Ziege, Eva-Maria: Mythische Kohärenz. Diskursanalyse des völkischen Antisemitismus, Konstanz 2002, S. 180, 190-222. Beiträge über einzelne Ideologinnen: Ziege, Eva-Maria: Sophie Rogge-Börner - Wegbereiterin der Nazidiktatur und völkische Sektiererin im Abseits, in: Heinsohn/Weckel/Vogel, Karriere, S. 44-77; Gehmacher, Johanna: Der andere Ort der Welt. Käthe Schirmachers Auto/Biographie der Nation, in: Kemlein, Geschlecht und Nationalismus, S. 99-124; Schmidt, Ina: Geschlechterpolitik, Religion, Nationalismus und Antisemitismus im Leben der Publizistin und Philosophin Lenore Kühn, in: Recherches Germaniques, Nr. 32 (2002), S. 69-93; Streubel, Christiane: Biografische Einführung, in: Findbuch zum Nachlass Lenore Kühn, Bundesarchiv Koblenz 2003 (erscheint 2004 als Publikationsfindbuch); Wildenthal, Lora: Mass-Marketing Colonialism and Nationalism. The Career of Else Frobenius in the „Weimarer Republik“ and Nazi Germany, in: Planert, Nation, S. 328-345. Auch die Studie von Claudia Bruns, über das Verhältnis der Schriftstellerin und Historikerin Ricarda Huch zur ‚Konservativen Revolution‘ kann mit Gewinn gelesen werden: Bruns, Claudia: Ricarda Huch und die Konservative Revolution, in: Werkstatt Geschichte 25 (2000), S. 5-33. Zum Komplex ‚Antisemitismus‘ erscheint jetzt ein Themenheft der Ariadne, das wichtige Anregungen gibt: Ariadne– Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte 43 (2003): Gegen-Bewegungen der Moderne. Verbindungen von Antifeminismus, Antisemitismus und Emanzipation um 1900.
39 Peukert, Detlev J. K.: Die Weimarer Republik, Frankfurt 1997, S. 24-31; Lauterer, S. 51. Vgl. auch die wichtigen Überlegungen bei Süchting-Hänger, Gewissen, S. 173f.
40 Süchting-Hänger, Gewissen, bes. S. 156-165, 200f., 232; dies.: Politisch oder vaterländisch?
41 Kaufmann, Aufbruch, S. 43-99; dies.: Begründung und Politik einer evangelischen Frauenbewegung in der Weimarer Republik, in: Dalhof, Jutta/Frey, Uschi/Schöll, Ingrid (Hg.): Frauenmacht in der Geschichte, Düsseldorf 1986, S. 380-389; Baumann, S. 254; Lekebusch, Rheinland, S. 152; Schneider-Ludorff, Gury: Magdalene von Tiling. Ordnungstheologie und Geschlechterbeziehungen, Göttingen 2001, S. 4, 100f., 105f., 110, 120-130 (Antisemitismus), 146-161 (Theologie der Geschlechterbeziehungen), 212-217, 220, 307-314; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 121, 132, 137, 198, 323.
42 Baumann, S. 261-269, Süchting-Hänger, Gewissen, S. 261, 314; Lekebusch, Rheinland, S. 146-149.
43 Mybes, Anfänge, S. 32-35, 35; ders., Mandat, S. 98f.; Lekebusch, Rheinland, S. 151, 161f.; dies.: Beharrung und Erneuerung. Evangelische Frauenhilfe in unterschiedlichen gesellschaftlichen Systemen 1926-1946, in: Busch, 100 Jahre, S. 41-95, hier S. 44-47.; Mentner, S. 219-222, 240-243; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 121.
44 Lange, Protestantische Frauen, S. 9, 10, 33, 36-40, 48-57, 89-97, 224-235.
45 Bridenthal, Professional Housewives, S. 154f., dies.: Rural Women, S. 399-403; Reagin, Nancy R.: Comparing Apples and Oranges. Housewives and the Politics of Consumption in Weimar and Nazi Germany, in: McGovern, Charles/Strasser, Susan/Judt, Matthias (Hg.): Getting and Spending, Cambridge 1999, S. 241-261; dies.: Foreign Housewives and German Linen Cabinets. Gendered National Identitiy in Imperial Germany, in: Planert: Nation, S. 198-214; dies.: The Imagined Hausfrau. National Identity, Domisticity, and Colonialism in Imperial Germany, in: Journal of Modern History 73 (2001), S. 54-86; dies.: Nationale Hausarbeit? Bürgerliche Hausfrauen und konservative Politik in der Weimarer Republik, in: Schöck-Quinteros/Streubel. Vgl. auch: Reagin, Nancy R.: Marktordnung and Autarkic Housekeeping. Housewives and Private Consumption under the Nazi Four Year Plan, 1936-1939, in: German History 19 (2001), S. 162-184.
46 Bridenthal, Rural Women, S. 382-396, 399f. Bridenthal nennt als Eintrittsdatum des RLHV in den BDF das Jahr 1921, während neuere Studien vom Jahr 1920 ausgehen. Die Akten des BDF belegen, dass die Vertreterinnen des RLHV, Elisabet Boehm und Margarete von Keyserlingk, bereits vom 30.9. bis 1.10.1920 an der Generalversammlung des BDF teilnahmen. Landesarchiv Berlin, Helene-Lange-Archiv, 3106. Vgl. zum Reichslandbund auch Merkenich, Stephanie: Grüne Front gegen Weimar. Reichs-Landbund und agrarischer Lobbyismus 1918-1933, Düsseldorf 1998 (der RLHV wird darin nur am Rande erwähnt).
47 Bridenthal, Professional Housewives, S. 155-162; dies: Rural Women, S. 396; Reagin, Nationale Hausarbeit?
48 Bridenthal, Professional Housewives, S. 162-165; dies.: Rural Women, S. 401f. Als Belege für den Antisemitismus der Führung vgl. auch Schwarz, Landfrauen, S. 238f. Die parteipolitische Orientierung weiblicher Berufsverbände im allgemeinen ist noch wenig erforscht. Vgl. zu diesem Thema das Schwerpunktheft der IWK, Nr. 3-4 (1998): „Geschlechterbilder in den Gewerkschaften“.
49 Süchting-Hänger, Gewissen, bes. S. 152-155, 182, 259f., 313, 337 (Flottenbund), 155f., 178, 333f. (Frauenbund der DKG); Wildenthal, German Women, bes. S. 172-183, 189-196; Drummond, S. 159. Vgl. für den Flottenbund Deutscher Frauen auch die zwei Artikel im neuen Vereinsorgan „Die Deutsche Frau“: Die Generalversammlung des Flottenbundes Deutscher Frauen, in: Die Deutsche Frau 19 (1926), S. 344-346 und ebenda, 25 (1932), S. 404. Zum Deutschen Schutzbund vgl.: Schaser, Angelika: Das Engagement des Bundes Deutscher Frauenvereine für das „Auslandsdeutschtum“: Weibliche „Kulturaufgabe“ und nationale Politik vom Ersten Weltkrieg bis 1933, in: Planert, Nation, S. 254-274.
50 Vgl. für den folgenden Abschnitt: Zum Ring Nationaler Frauen: Süchting-Hänger, Gewissen, S. 186-192; Streubel, Nationale Frauenbewegung. Zum Bund Königin Luise: Schöck-Quinteros, Eva: „Unser Kampfplatz ist die Familie“. Der Königin-Luise-Bund (1923-1934), in: dies./Streubel; Süchting-Hänger, Gewissen, bes. S. 166-171, 182, 286f., 314f.; Heinsohn, Vortragsmanuskript zur Konferenz „Women, Gender, and the Extreme Right in Europe“, S. 17-19. Zur Neulandbewegung: Lange, Protestantische Frauen, S. 41-44, 90, 95, 97, 164f., 225.
51 Süchting-Hänger, Gewissen, S. 342; vgl. auch Lange, S. 225.
52 Wischermann, Ulla: Frauenbewegungen und Öffentlichkeit um 1900, Königstein/Taunus, erscheint 2003. Vgl. zu einzelnen rechten Publizistinnen Anm. 38.
53 Hönig, Heinz: Der Bund Deutscher Frauenvereine in der Weimarer Republik 1919-1933, Egelsbach, Frankfurt, Washington 1995. Die Mitglieder des Engeren Vorstandes des BDF nennt Greven-Aschoff, Barbara: Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894-1933, Göttingen 1981, S. 298-299. Die Mitgliedschaft des Frauenbundes der DKG in der Weimarer Republik ist dokumentiert in den Akten des BDF im Landesarchiv Berlin, Helene Lange-Archiv 2348, 3104, 3106, 3111, 3116, 3119; Vgl. jetzt: Mergel, Thomas: Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 574-606.
54 Scheck, Mothers: Introduction; Falter, Hitlers Wähler, S. 143, 146; Pyta, Wolfram: Dorfgemeinschaft und Parteipolitik 1918-1933, Düsseldorf 1996, S. 75; Kittel, Manfred: Provinz zwischen Reich und Republik, München 2000, S. 135, 365f.; Matthiesen, Helge: Konservatives Milieu in Demokratie und Diktatur, Düsseldorf 2000, S. 70, 87, 153 (Anm. 3), 154, 161-173, 179, 182, 187; Bösch, Frank (unter Mitarbeit von Helge Matthiesen): Das konservative Milieu, Göttingen 2002, S. 51-53, 85-91, 217; Scheck, Mothers: Introduction.
55 Reagin, Nancy R.: A German Women‘s Movement. Class and Gender in Hanover 1880-1933, Chapel Hill, London 1995. Angeregt wurden dadurch die Studien: Heinsohn, Kirsten: Politik und Geschlecht. Zur politischen Kultur bürgerlicher Frauenvereine in Hamburg, Hamburg 1997; Klausmann, Christina: Politik und Kultur der Frauenbewegung im Kaiserreich. Das Beispiel Frankfurt am Main, Frankfurt, New York 1997.
56 Scheck, Partei als Heim; Scheck, Mothers of the Nation: Women‘s Local Politics.
57 Bösch, Milieu, S. 217.
58 Pyta, S. 472; Süchting-Hänger, Gewissen, S. 136, 172; Schneider-Ludorff, S. 319; Matthiesen, S. 289, 292, 296; Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd. 2, S. 1095f.