Drohende Schließung des Instituts für Klassische Archäologie und Antikenmuseum der Universität Leipzig

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Jörn Lang, Institut für Klassische Archäologie & Antikenmuseum, Universität Leipzig

Stellungnahme zur geplanten Schließung des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Leipzig

Am 21. Januar 2014 wurde per abendlicher Pressemitteilung auf der Homepage der Universität Leipzig der Entschluss veröffentlicht, dass das Rektoratskollegium zwei Institute der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften dem Dresdner Ministerium zur Schließung vorgeschlagen hat: das der Theaterwissenschaft und das der Klassischen Archäologie. Das mit der Klassischen Archäologie untrennbar verbundene Antikenmuseum der Universität wolle man nach Möglichkeit erhalten.

Diese plötzliche Nachricht hat alle Studierenden und Mitarbeiter des Instituts genauso wie das Dekanat der Fakultät sehr überrascht. Das einzig genannte Kriterium, das Leipziger Institut sei gegenüber dem Standort Klassische Archäologie an der Nachbaruniversität Halle klein, ist als Begründung mehr als befremdlich. Auch wenn es im Zuge von Sparmaßnahmen, die die Dresdner Staatsregierung und der Landtag den Universitäten Sachsens vorgeben, notgedrungen zu Einsparungen kommt, alarmiert doch die sachlich und inhaltlich unbegründete Entscheidung. Sie wurde willkürlich gefällt, zudem intransparent und bar jeder Fairness herbeigeführt. Deshalb protestieren die Studierenden und Mitarbeiter/innen des Instituts, unterstützt durch die missbilligende Stellungnahme des Senats und einen einstimmigen Beschluss des Fakultätsrates vom 28. Januar 2014, auf das Schärfste gegen diesen Rektoratsbeschluss.

Gegen das Hallesche und auch Jenaer Institut werden sich die Leipziger Archäologen nicht ausspielen lassen. Nur im kompetitiven Verbund dieser drei Standorte können wir Klassische Archäologen konstruktiv und erfolgreich in der notwendigen wissenschaftlichen und öffentlichkeitswirksamen Breite vernünftig forschen und überzeugend lehren. Die rigorose Streichung auch nur eines dieser Institute - jeweils die einzigen in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen - wäre nicht nur eine sträfliche Schwächung der einzelnen Standorte, sondern könnte auch am Anfang einer endgültig beschlossenen Zerschlagung der in Lehre und Forschung starken geisteswissenschaftlichen Fächerkultur in Mitteldeutschland stehen - mit einer möglicherweise überregionalen, negativen Auswirkung für die gesamten Altertumswissenschaften.

Der in Leipzig zusammen mit dem Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte entwickelte Studiengang Archäologie der Alten Welt ist seit jeher voll ausgelastet und an den Studienabschlüssen gemessen überaus erfolgreich. Promovenden, wissenschaftliche Mitarbeiter/innen und Assistent/innen auf zeitlich befristeten Qualifikationsstellen sind in der Lage, sich nach ihren persönlichen Talenten und Vorstellungen intensiv auf ihre weitere berufliche Zukunft vorzubereiten. Ihnen steht genauso wie allen Studentinnen und Studenten die glänzend funktionierende Infrastruktur des Instituts und des Antikenmuseums mit Original- und Gipsabgusssammlung zur Verfügung. In der Lehre wird konsequent auf Breite und Vielfalt des Angebots geachtet. Dazu gehört selbstverständlich die nötige Mobilität der Studierenden zwischen in- und ausländischen Standorten, die trotz der gegenwärtigen bürokratischen Hürden mit Hilfe des PONS- und ERASMUS-Programms erreicht ist. Zwei Honorarprofessoren gewähren unseren Studierenden zusätzlich herausragende Möglichkeiten, den berufsspezifischen Praxisbezug unmittelbar herzustellen: in der zeitgemäßen Grabungs- und Feldarchäologie, der Bauaufnahme und -analyse, der Restaurierung, der Konservierung und Interpretation historischer Baudenkmäler in ihrem städtebaulichen Umfeld und den regionalen wie überregionalen Zusammenhängen (Pergamon, Milet, Rom).

Die Institutsbibliothek und das Antikenmuseum wurden und werden seit 1990 mit beachtlichen Mitteln des Freistaats Sachsen und großer finanzieller und ideeller Unterstützung von privater Hand weit über Leipzig und Sachsen hinaus ganz neu aufgebaut. Das im Herzen der Stadt gelegene Antikenmuseum mitsamt dem Schaudepot haben vor allem die unter Archäologen bis in die Gegenwart bekannten Gelehrten Johannes Overbeck und Franz Studniczka zu einem einmaligen Instrument für Forschung und Lehre geformt. Größe, Vielfalt und Präsentation dieses Antikenmuseums bieten den Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen eine ideale Plattform, öffentlichkeitswirksame Museumsarbeit professionell und effizient zu gestalten. Auch unter diesem Blickwinkel ist der aktuelle Wissenschafts- und Wissenschaftler/innentransfer des Instituts für Klassische Archäologie erfolgreich. Institut und Antikenmuseum sind eine untrennbare Lehr- und Forschungseinheit. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar: THEORIA CUM PRAXI – tatsächlich lautet so bis zum heutigen Tag die vornehme offizielle Maxime der Universität Leipzig.

In Leipzig wirkt die Tradition der Klassischen Archäologie seit bald 300 Jahren bis heute fort, nachdem 1735 der Gelehrte Johann Friedrich Christ (1701-56) hier überhaupt zum ersten Mal archäologische Gegenstände als authentische Zeugnisse der antiken, griechisch-römischen Kultur konsequent in die Lehre einbezogen hat. Umso mehr stemmen sich Archäologen, Altertumswissenschaftler, viele Kollegen und die Leipziger Bürger gegen den beispiellosen Beschluss des Rektoratskollegiums. In dieser prekären Lage bitten wir Leipziger Archäologen unseren Berufsverband, den Deutschen Archäologen-Verband e.V., und alle seine Mitglieder dringend um eine wirkungsvolle Unterstützung, damit die vorgeschlagene Institutsschließung zurückgenommen wird.
Über Stellungnahmen und Protestschreiben an die Adressen des Rektorats und der Ministerin wären wir außerordentlich froh, und schon jetzt danken wir herzlich für jede erdenkliche Hilfe. Wir haben außerdem eine online-Petition eingerichtet, bei der wir um jede Unterstützung dankbar sind.

Prof. Dr. Hans-Ulrich Cain, Dr. Jörn Lang, Dr. Hans-Peter Müller
Dr. Martin Tombrägel, Honorarprofessor Dr. Felix Pirson, Honorarprofessor Dr. Dipl.-Ing. Michael Pfanner

Die Adresse der Rektorin:
Rektorin der Universität Leipzig
Frau Prof. Dr. med. Beate A. Schücking Rektorat
Ritterstraße 26
04109 Leipzig

Die Adresse der Ministerin:
Frau Staatsministerin
Prof. Dr. Dr. Sabine von Schorlemer Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Postfach 10 09 20
01079 Dresden

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