Adelskulturen im Baltikum. Identitäten - Konzepte - Praktiken

Adelskulturen im Baltikum. Identitäten - Konzepte - Praktiken

Veranstalter
Universität Osnabrück, Interdisziplinäres Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit; Klaipėdos universitetas, Baltistikos centras; Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung; Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießener Zentrum Östliches Europa
Veranstaltungsort
Ort
Klaipėda
Land
Lithuania
Vom - Bis
07.09.2016 - 12.09.2016
Deadline
31.10.2015
Website
Von
Olga Weckenbrock

English version bellow

CALL FOR PAPERS
„Adelskulturen im Baltikum. Identitäten – Konzepte – Praktiken“
Interdisziplinäre Tagung, 7.-12. September 2016 in Klaipėda (Litauen)

Bis heute gewähren zahlreiche Zeugnisse im Baltikum Einblicke in vielschichtige und vielgestaltige Adelskulturen, die nicht zuletzt die ausgesprochene „Transposition“ (Bogislav von Archenholz) der Region zwischen dem westlichen Europa und Russland repräsentieren. Die bisherige Forschung konzentriert sich vor allem auf den deutschbaltischen Adel und seine Selbstbehauptung vor dem Hintergrund der wechselnden Herrschaftsverhältnisse und territorialen Zugehörigkeiten in der Frühen Neuzeit. Allerdings spielt der baltische Adel in der sich reich entfaltenden europäischen Adelsforschung bislang kaum eine Rolle. Die Tagung stellt einen ersten Schritt dar, die heterogenen Adelskulturen des Baltikums vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in diese europäischen Forschungskontexte einzubinden, um auf diese Weise besonders ihre den baltischen Raum überschreitenden Zusammenhänge in den Blick zu rücken und damit neue Forschungsperspektiven zu eröffnen. Die Tagung möchte dafür den Adel im Baltikum, unabhängig von nationalen Zuschreibungen, berücksichtigen und die Voraussetzungen und Formen der Entfaltung regionaler ‚baltischer’ Adelskulturen untersuchen.
Im Zentrum stehen Adelskulturen in Estland und Lettland (das historische Baltikum) sowie Litauen (das Großfürstentum Litauen), deren jeweilige Spezifik sich in den unterschiedlichen Verflechtungen und Austauschprozessen (Heiratsverbindungen, Migration, kommunikative Netzwerke) untereinander, mit dem Russischen Reich, dem Königreich Polen-Litauen, dem Herzogtum und Königreich Preußen sowie den skandinavischen Reichen, insbesondere Schweden, ausprägte und wandelte. Angesichts der Hybridität dieser Adelskulturen und ihrer kulturellen Praktiken stellt sich die Frage nach den Identitäten (Selbstverständnis und Selbstdarstellung) und Loyalitäten der einzelnen Adelsformationen in der Frühen Neuzeit bis hin zum gesellschaftlichen und politischen Wandel des 19. Jahrhunderts. Wie für viele europäische Adelsgruppen galt auch für den Adel im Baltikum, dass er als politischer Stand durch Abstammung, Grundbesitz und die daran geknüpften politischen Partizipationsrechte konstituiert wurde. Die politische Mitsprache, die herrschaftlichen Privilegien und der bevorzugte Zugang zu den höheren Chargen und Ämtern im Militär oder in der Landesadministration stellten den Kern des adeligen Selbstverständnisses dar. Daran lagerten sich verschiedene Komponenten einer Adelskultur an, die entsprechend den jeweiligen politischen, territorialen, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausgeprägt und wandelbar war.
Der Tagung liegt – orientiert an heutigen kulturwissenschaftlichen Konzepten – ein umfassendes Kulturverständnis zugrunde. Es schließt sowohl intellektuell-ästhetische (z. B. Mäzenatentum, literarische und künstlerische Produktion, Architektur und Ausstattung des Adelssitzes) als auch materielle (z. B. politische Kultur, Wirtschaftskultur) und anthropologische (z. B. Erinnerungskultur, Heiratspraxis, Geschlechterbeziehungen und Familie, Erziehung und Bildung, Leben im Gutshaus, Geselligkeit und Repräsentation, Adel in der Stadt, konfessionelle Prägungen) Ansätze und Zugänge mit ein. Willkommen sind daher Beiträge aus allen kulturhistorisch arbeitenden Fachrichtungen (z. B. Geschichte, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft, Sprachgeschichte, Musik und Theologie bzw. Kirchengeschichte). Die Tagung strebt an, das vorhandene Wissen über den Adel in der baltischen Region und seine spezifischen Adelskulturen zu bilanzieren und neue Forschungsperspektiven anzuregen.
Interessierte werden gebeten, bis zum 31. Oktober 2015 ihre Themenvorschläge für einen Vortrag (kurze Skizze von max. 3000 Zeichen) sowie kurze Angaben zu ihrer Person per E-Mail einzureichen. Die Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist geplant.

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“Cultures of Baltic Nobilities. Identities - Concepts - Practices”
Interdisciplinary Conference, September 7-12, 2016, Klaipėda (Lithuania)

Up to now numerous testimonies in the Baltic provide an insight into the variable cultures of nobilities representing not least the “Transposition” (Bogislav von Archenholz) of this region between Western Europe and Russia. Previous research focused mainly on Baltic-German nobilities and their self-assertion against the background of changing power and territorial affiliation in early modern era. However, Baltic nobilities have barely been examined in the quickly developing European research of nobilities. This conference is the first step to include the cultures of Baltic nobilities from the 16th to 19th century into these European research contexts. The main goal is to create new research perspectives by focusing on the contexts exceeding the Baltic. The conference’s aim is to consider Baltic nobilities and examine the preconditions and forms of regional Baltic nobilities – not taking into account national ascriptions.
Special attention will be paid to the cultures of nobilities in Estonia and Latvia (the historical Baltic region) as well as to Lithuania (Grand Duchy of Lithuania). Their special characters found their expressions and experienced changes through variable inter-relations (marriages, migration, networks of communication) among each other, the Russian Empire, the Polish-Lithuanian Commonwealth, the Duchy and later Kingdom of Prussia as well as the Scandinavian empires, especially Sweden.
Due to the multitude of these noble cultures and their cultural habits the identities (self-assertion and self-portrayal) and allegiances of the different noble cultures from the early modern era to the social and political changes in the 19th century are to be investigated. Similar to many European noble cultures nobility in the Baltic was constituted by descent, property and the political rights of participation attached to it. A political voice, lordly privileges and the preferential access to higher ranks and positions in the services as well as in administrative jobs represented the key elements of noble self-conception. Different components of a noble culture which found their expression in the respective political, territorial and social frameworks were linked to these elements.
The conference requires a profound understanding of culture according to the present concepts of cultural studies. It includes intellectual-aesthetic approaches (e.g. cultural patronage, production of literature and art, architecture and furnishings of the aristocratic estates) as well as material (e.g. political and economic culture) and anthropological ones (e.g. the cultural memory, marriage procedures, gender relations, family, education, life in an estate house, sociability and representation, nobilities in town, confessional characters). Consequently, contributions from all historico-cultural subjects (e.g. history, history of art, literary and language history, music, theology / church history) are appreciated. The conference aims at reviewing the present knowledge about nobilities and the specific noble cultures in the Baltic area and initiating new scientific perspectives.
Potential contributors please submit your proposal of ca. 3000 characters and a short CV as well as contact details by October 31, 2015 to: adelskulturen@uni-osnabrueck.de.
For further enquiries, please contact adelskulturen@uni-osnabrueck.de.

Programm

Kontakt

Dr. Olga Weckenbrock

Universität Osnabrück
Interdisziplinäres Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit
0049 (0) 541 969 4383

adelskulturen@uni-osnabrueck.de