„I have a dream…!“ Martin Luther King, Jr.: Leben – Werk – Vermächtnis

„I have a dream…!“ Martin Luther King, Jr.: Leben – Werk – Vermächtnis

Organisatoren
Michael Haspel, Evangelische Akademie Thüringen, Friedrich Schiller-Universität Jena; Britta Waldschmidt-Nelson, Amerika-Institut, Ludwig-Maximilians-Universität München
Ort
Neudietendorf, Thüringen
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.04.2008 - 06.04.2008
Url der Konferenzwebsite
Von
Britta Waldschmidt-Nelson, Ludwig-Maximilians-Universität München; Michael Haspel, Evangelische Akademie Thüringen, Friedrich Schiller-Universität Jena

Der amerikanische Theologe und Bürgerrechter Dr. Martin Luther King Jr. wurde in den 1950er- und 1960er-Jahren die zentrale Symbol- und Führungsfigur des afroamerikanischen Freiheitskampfes. Sein rückhaltloses Engagement, für das er 1964 den Friedensnobelpreis erhielt, trug maßgeblich zur Überwindung der gesetzlichen Rassentrennung in den USA bei und seine „I have a Dream“-Ansprache vom 28. August 1963 gehört heute noch zu den bekanntesten und meistzitierten Reden der Welt.1 Weniger bekannt ist die Tatsache, dass King sich seit Mitte der 1960er-Jahre nicht nur gegen die Diskrimi¬nierung von Minderheiten, sondern auch verstärkt gegen die soziale Ungerechtigkeit in Amerika und gegen den Vietnam-Krieg einsetzte. Seine öffentliche Opposition zur diesbezüglichen Politik der Johnson-Administration machte ihn zur persona non-grata im Weißen Haus und eine zunehmende Anzahl weißer Amerikaner betrachtete ihn als Staatsfeind, den man vernichten sollte. Am 4. April 1968 wurde King in Memphis Tennessee, wo er einen Streik von städtischen Müllmännern anführen wollte, ermordet.

Anlässlich seines 40. Todestages war es das Ziel der Tagung, folgende Fragen anzusprechen: Welche Facetten von King verbergen sich hinter der öffentlichen Persona? Was waren seine größten Erfolge und worin scheiterte er? Welche Rolle spielte die Religion bzw. die schwarze Kirche und die Musik für die Bürgerrechtsbewegung? Und schließlich, inwieweit sind Kings Leben und Werk auch heute noch für uns von Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf die Situation in einem zunehmend von globaler Migration geprägten Deutschland? Unter letzteren Aspekt sollte sowohl die Frage der Gewalt in sozialen Transformationen im Rahmen der gesamtpolitischen Lage diskutiert werden, als auch die potentielle Inspiration des Vorbilds von King hinsichtlich Toleranz, Umgang mit Pluralität, Rechtsstaatlichkeit und dem Kampfes gegen Fremdenfeindlichkeit heute. Die Tagung richtete sich nicht nur an Historiker und Amerikanisten, sondern auch an Theologen, Kulturwissenschaftler und allgemein an Martin Luther King Jr. Interessierte.

Die Veranstaltung begann mit einem Eröffnungsvortrag des Theologen HEINRICH W. GROSSE (Hannover), der Ende der sechziger Jahre in den USA Theologie studiert und beim Mississippi Delta Project mitgearbeitet hatte.2 Sein Vortrag „Martin Luther King, Jr.’s Kampf gegen Rassismus, Armut und Krieg“ bot eine Einführung in Kings Leben und Werk, in der die thematische Entwicklung von Kings ursprünglichen Bereich des Kampfes gegen Rassismus über die ökonomischen Probleme der Armut bis hin zum Engagement gegen den Vietnam-Krieg verfolgt wurde. Grosses Leitthese hierbei war, dass es bei King nicht nur diese thematische Schwerpunktverschiebung gab, sondern auch eine zunehmende Radikalisierung seiner Haltung insgesamt stattgefunden habe. Neben der für die Tagung wichtigen Einführungsfunktion stimulierte der Vortrag die nicht neue, aber immer noch bedeutende Frage, ob bei King tatsächlich eine Radikalisierung stattfand, oder ob vielmehr die unterschiedlichen Schwerpunkte seiner Arbeit in der Öffentlichkeit jeweils verschiedene Wahrnehmungen und Reaktionen provozierten.

Hatte Grosse in seinem Beitrag die Rolle des aktiven gewaltfreien Widerstandes in der Bürgerrechtsbewegung und die pazifistische Haltung des späten King pointiert, so eröffnete SIMON WENDT (Heidelberg), basierend auf den seiner Dissertation Gewaltfreiheit – Prinzip oder Methode? zu Grunde liegenden Forschungen bislang weitgehend übersehene, überraschende Perspektiven.3 In seinem Vortrag „Pazifismus, gewaltloser Protest und bewaffneter Widerstand in der Bürgerrechtsbewegung“ legte er dar, dass neben der gewaltfreien Strategie der von King geführten Southern Christian Leadership Conference im Süden der USA in den 1950er und 1960er Jahren zahlreiche schwarze Selbstverteidigungsgruppen entstanden. Von besonderem Interesse war hierbei, dass zwischen den gewaltfreien Aktionen und der „armed self-defence“ kein prinzipieller Gegensatz bestehen musste. So übernahmen solche bewaffneten Verteidigungsgruppen bisweilen den Schutz gewaltfreier Aktionen etwa gegen den Klu Klux Klan oder den Personenschutz für gefährdete Personen. Wendt überzeugte vor allem dadurch, dass er jenseits früherer ideologischer Debatten in ausgewogener und nüchterner Manier ein nahezu komplementäres Verhältnis von aktivem gewaltfreiem Widerstand und bewaffneter Selbstverteidigung konstatieren konnte.

Nachdem in den ersten beiden Vorträgen eher die Binnenperspektive der schwarzen Bürgerrechtsbewegung im Fokus war, ordnete MANFRED BERG (Heidelberg) mit seinem Vortrag „What we are fighting for“ die Bedeutung der Bürgerrechtsbewegung für die amerikanische und internationale Politik die Bürgerrechtsbewegung in den größeren nationalen und internationalen politischen Kontext ein.4 Berg zeichnete nach, wie die schwarze Bürgerrechtsbewegung zum Modell der neuen sozialen Bewegungen insgesamt wurde und so die gegenwärtige multikulturelle Gesellschaft der USA und darüber hinaus erst möglich gemacht und damit auch die Koordinaten der beiden großen Parteien neu justiert, mithin die lange Herrschaft der Republikaner bewirkt hat. Dabei machte er deutlich, dass die Segregation und ihre Überwindung nicht ausschließlich, vielleicht nicht einmal überwiegend, ein Problem des Südens war, sondern der gesamten USA, denn auch wenn die Rassenschranken im Norden nicht gesetzlich sanktioniert waren, minderte dies ihre ökonomische und sozio-kulturelle Wirksamkeit in vielen Bereichen kaum. Berg stellte außerdem fest, dass der Kalte Krieg in doppelter Weise für die schwarze Bürgerrechtsbewegung von Bedeutung war: Zum einen wurde die Rassentrennung im eigenen Land zunehmend ein Glaubwürdigkeitsproblem in der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Sowjetblock in der so genannten Dritten Welt. Zum anderen aber wirkte sich der ideologische und repressive Anti-Kommunismus auf die Aktivitäten der Bürgerrechtsbewegung aus, die generell unter Kommunismusverdacht gestellt wurde. Letztendlich kam Berg jedoch zu folgender Schlussfolgerung: Die Reaktion auf die Bürgerrechtsbewegung war einerseits ganz überwiegend innenpolitisch motiviert und andererseits hatten die politischen Erfolge im Kampf gegen die amerikanische Apartheid damals praktisch keine Auswirkungen auf die amerikanische Außenpolitik etwa in ihrem Verhältnis zum südafrikanischen Apartheidsregime. Gleichwohl, so betonte Berg, dürfe die Reichweite der durch die Bürgerrechtsbewegung bewirkten politischen Veränderungen nicht zu gering veranschlagt werden, insbesondere angesichts der Tatsache, dass dieses Jahr, vier Jahrzehnte nach dem Tod Martin Luther Kings, erstmals ein Afroamerikaner von einer der beiden großen amerikanischen Parteien als ihr Präsidentschaftskandidat nominiert worden ist.

In theologisch-sozialethischer Perspektive vertrat MICHAEL HASPEL (Jena) mit seinem Vortrag „Martin Luther King, Jr. als Theologe, Kirchenführer und Bürgerrechtler: Die Kontextualisierung Schwarzer Theologie und die Mobilisierung der Schwarzen Kirchen in der Bürgerrechtsbewegung“ die These, dass die moderne schwarze Bürgerrechtsbewegung im Süden der USA in den fünfziger und sechziger Jahren notwendig auf die Ressourcen der Schwarzen Kirche angewiesen war, und – so die Pointe – es keineswegs selbstverständlich war, dass die Schwarze Kirche, diese auch zur Verfügung stellen konnte und wollte.5 In der Forschung wird oft davon ausgegangen, dass die Black Church eben die einzige gesellschaftliche Institution gewesen sei, die als organisatorisches Rückgrat der Bürgerrechtsbewegung in Frage kam. Haspels Argumente qualifizierten diese These, indem er zum einen zeigte, dass es keinesfalls selbstverständlich war, dass die Urban Black Church, die sich zudem im Zuge der Great Migration mancherorts in einer existentielle Krise befand, sich zu einer solch potenten Organisation entwickeln würde, wie es dann tatsächlich der Fall war. Zum anderen führte er aus, dass es ebenfalls nicht selbst-evident war, dass diese urbanen schwarzen Kirchen dazu bereit sein würden, ihre relative, erst in den fünfziger Jahren erreichte Stabilität durch den Kampf gegen die Segregation wieder zu gefährden. Haspel identifiziert als Grund hierfür die Entwicklung einer kontextuellen Theologie, die exemplarisch bei Martin Luther King, Jr. rekonstruiert wurde. Diese nahm als Bezugsrahmen theologischer Reflexion die gegebene gesellschaftliche Situation an, um sie dann durch das theologisch motivierte gesellschaftliche Handeln der Schwarzen Kirche zu verändern.

Als nächstes kontrastierte der Generalkonsul der Vereinigten Staaten in Leipzig, MARK SCHELAND (Leipzig), zwei unterschiedliche Perspektiven aus der Zeit der Bürgerrechtsbewegung miteinander. Das eine war der persönliche Erfahrungsbericht einer Tante aus seiner Familie, die als weiße Schülerin die Schulintegration im Süden der USA miterlebt und ihre Erinnerungen hieran speziell aus Anlass der Konferenz für ihn dokumentiert hatte. Daneben stellte Scheland einen kurzen biographischen Bericht der afroamerikanischen US-Außenministerin Condoleezza Rice über ihre Erfahrungen in der damaligen Zeit. Durch diese persönlich-biographischen Perspektiven wurde vieles von dem plastisch und konkret, was zuvor in den Vorträgen in eher analytischer Perspektive zur Sprache gebracht worden war.

Die Keynote Address der Tagung wurde von dem renommierten King-Biographen PETER LING (Nottingham) gehalten.6 In seinen Ausführungen zu der Frage „An welchen Martin Luther King sollen wir uns erinnern?“ konzentrierte Ling sich auf die ganz unterschiedlichen Facetten von Kings Leben und die Rezeption derselben. Zwar lehnte er die Forderung des afroamerikanischen Historikers Mike Dyson ab, die „I have a dream“-Rede für zehn Jahre zu verbieten, weil sie ein einseitiges Bild von King zeichne, wies aber darauf hin, dass King vielfältige andere Aspekte und Facetten in sich vereinigte. Weiter demonstrierte Ling, dass es sich bei seiner Dream-Rede nicht nur um ein politisches sondern auch um ein medienhistorisches Ereignis handelte: Sie war neben der berühmten Rede Präsident Kennedys von 1961 die wichtigste Ansprache, die im amerikanischen Fernsehen bis dahin gezeigt wurde. Zugleich war es eine der ersten großen Live-Berichterstattungen überhaupt. Alle drei großen Fernsehsender schalteten live auf die Mall als King sprach und dies veränderte Kings öffentliche Rezeption dramatisch. Als Redner und Prediger hatten ihn vorher nur die wenigsten erlebt; bei Fernsehauftritten in den Talk-Shows war ein anderer King zu sehen, ein nachdenklicher, ausgewogener. Am 26. August 1963 präsentierte sich ein großer, charismatische Bürgerrechtler, den viele nun als „moralisches Gewissen der Nation“ ansahen. Gleichwohl darf man nicht vergessen, dass King zwischen dem Busboykott in Montgomery und den Kampagnen von 1963 eigentlich fast nur Niederlagen erfahren hatte, und dass er in den letzten Monaten seines Lebens, in denen er sich als charismatischer Prophet gegen Armut und Krieg öffentlich immer deutlicher äußerte, immer weniger gehört wurde. Ling machte deutlich, dass man King nur gerecht wird, wenn gerade dieser unterschiedlichen Facetten seines Lebens und Wirkens in der Zusammenschau gedacht wird.

Neben den Vorträgen wurde das Programm der Tagung am Samstagabend durch eine zu diesem Anlass uraufgeführte künstlerische Darbietung bereichert. Die aus den USA stammende afroamerikanische Opernsängerin und Komponistin WENDY WALLER (Weimar) hatte unter dem Titel “Libera me in Anacruse Deo: On to and _for in the Key of Sable” eine Szenenfolge kreiert, die wesentliche Inhalte der Tagung im Medium des Musiktheaters vertiefte. Das von Waller gemeinsam mit sechs anderen schwarzen und weißen Sängern und Musikern aufgeführte Stück zeigte exemplarisch den Einfluss schwarzer Musiker auf die Entwicklung der Klassischen Musik in Europa auf und stellte somit Aspekte der Musik- und Gesellschaftsgeschichte dar, die im kollektiven Gedächtnis weitgehend verdrängt worden sind. Weitere Szenen nahmen Bezug auf die Lynch-Praxis im Süden In einer Parallelisierung des theologischen und politischen Weges von Dietrich Bonhoeffer und Martin Luther King, Jr. gelang es in dem Stück zudem sehr gut, die Fragen von Rassismus, Armut und Gewalt aus der rein historischen Rekonstruktion im Kontext der Bürgerrechtsbewegung zu lösen und einen Bezug zur jüngeren deutschen Geschichte und Gegenwart herzustellen. Die musikalische Ausgestaltung umfasste sowohl klassische Musik als auch Elemente des Jazz, Spiritual und Gospel. Damit wurde auch der kulturelle Hintergrund des Civil Rights Movement adäquat wiedergegeben, in dem ja die Musik in ihrer ganzen Vielfalt eine besondere Rolle spielte. Dieser Teil der Tagung war auch für die allgemeine Öffentlichkeit geöffnet und somit wurden insgesamt rund 170 Menschen Zeuge dieser außergewöhnlichen, musikalisch hervorragenden und zugleich inhaltlich sehr eindringlichen Aufführung. Eine ähnliche Wirkung kann auch für den ebenfalls öffentlich zugänglichen Gospel-Gottesdienst festgestellt werden, mit dem am Sonntagmorgen der letzte Teil der Tagung begann.

Der letzte Beitrag der Tagung stammte von BRITTA WALDSCHMIDT-NELSON (München).7 Ihr Vortrag, „The Trumpet of Conscience: Das Vermächtnis von Martin Luther King, Jr.“ konzentrierte sich auf die Frage, inwieweit Kings Traum 40 Jahre nach seinem Tod verwirklicht wurde, d.h. ob das Leben für Amerikas schwarze Bevölkerung heute spürbar besser und von mehr sozialer Gerechtigkeit geprägt ist, und ob sich die Beziehungen zwischen Schwarz und Weiß harmonisiert haben oder nicht? Sie gab einen Überblick über die Entwicklung der Situation schwarzer Amerikaner seit den 1960er-Jahren, dessen Fokus auf dem Aspekt der politischen Repräsentation lag, aber auch andere Bereiche (z.B. Bildung, Arbeitsmark, Justizsystem, und Kultur) wurden diskutiert. Letztendlich, so das Fazit von Waldschmidt-Nelsons Analyse, seien die USA trotz der beachtlicher Fortschritte, die in den o.g. Bereichen inzwischen gemacht wurden, auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch weit von der Erfüllung jenes Traums, den Martin Luther King 1963 artikulierte, entfernt. Wegen der Komplexität vieler Probleme (v.a. wegen des Zusammenwirkens der Faktoren Rasse und sozialer Klasse), sei auch keine baldige Lösung dieser Problematik in Sicht. Selbst unter einem Präsidenten Obama, der von vielen als „neuer Hoffnungsträger“ der „Black Community“ gesehen wird, könne man positive Veränderungen nur langsam und schrittweise erwarten. Das Vermächtnis Kings, die gesellschaftliche Herausforderung, Rassenhass, Diskriminierung, Armut und Krieg zu überwinden, bestehe somit in jedem Fall weiterhin – nicht nur in den USA, sondern in Europa und der ganzen Welt.

Die an diesen Vortrag anschließende Panel- und Schlussdiskussion der Tagung führte die unterschiedlichen Perspektiven noch einmal zusammen. Dabei wurde zum einen deutlich, dass gerade die Mikro-Studien der letzten Jahre das Bild Kings und der Bürgerrechtsbewegung ergänzen und differenzieren. Im interdisziplinären Austausch können auf diese Weise verfestigte Bilder Kings dynamischer und differenzierter gestaltet werden. Dies schmälert keineswegs seiner Bedeutung für die Gegenwart, sondern wirkt vielmehr einer falschen Monumentalisierung entgegen, wodurch eher neue Impulse für die sozialen und politischen Debatten der Gegenwart freisetzt werden können.

Abschließend sei noch erwähnt, dass die Tagung zwar weitgehend in Form von Plenarsitzungen stattfand, aber der Diskussion nach den einzelnen Vorträgen und auch der Schlussdiskussion wurde genügend Raum gegeben, so dass im Laufe der Veranstaltung eine intensive Verbindungslinie zwischen einzelnen Themen entstehen konnte. Die oben geschilderten, außergewöhnlichen musikalischen Programmpunkte, trugen darüber hinaus zu einem ganzheitlichen Verständnis zentraler Inhaltspunkte der Tagung bei. Bemerkenswert war auch die Zusammensetzung der Tagungsteilnehmer/innen. Neben wissenschaftlich Interessierten waren Aktivisten/innen aus der DDR-Friedensbewegung, ehemalige GIs, in Deutschland lebende Amerikaner/innen, und auch viele junge Leute gekommen, so dass hier ein außergewöhnlich interdisziplinäres und zum Teil aus direkter Betroffenheit motiviertes Gespräch stattfand, wie es keinesfalls selbstverständlich ist. Neue Impulse und Einsichten gab es zum Beispiel im Themenbereich Gewaltfreiheit vs. bewaffnete Selbstverteidigung und besonders intensiv wurde darüber diskutiert, ob bei King tatsächlich eine Radikalisierung stattgefunden hat, oder ob es vor allem der Wechsel der Themen und politischen Ereignisse war, der ihn in der Öffentlichkeit zunehmend kontrovers erscheinen ließ.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Tagung nach unserem Wissen die einzige dieser Art zu Kings 40. Todestag in Deutschland war. Sie hat wichtige Experten mit einem außergewöhnlich diversen Publikum zusammengebracht, zu intensiven Diskussionen angeregt und neue Impulse gesetzt, wodurch hoffentlich zur einer angemessenen Würdigung des Vermächtnisses von Martin Luther King, Jr. beigetragen werden konnte. Ein Sammelband mit den ausformulierten Tagungsbeiträgen soll noch in diesem Jahr im Wartburg Verlag erscheinen.

Konferenzübersicht:

Begrüßung und Einführung
PD Dr. Britta Waldschmidt-Nelson, Ludwig-Maximilians-Universität München
PD Dr. Michael Haspel, Direktor Ev. Akademie Thüringen

Grußwort und Kurzvortrag:Generalkonsul Mark Scheland, Amerikanisches Generalkonsulat Leipzig

Vortrag 1 Prof. Dr. Heinrich W. Grosse, Hannover:
Die Macht der Armen: Martin Luther King, Jr.s Kampf gegen Rassismus, Armut und Krieg.

Vortrag 2Dr. Simon Wendt, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg:
Gewaltfreiheit – Prinzip oder Methode? Pazifismus, gewaltloser Protest und bewaffneter Widerstand in der Bürgerrechtsbewegung.

Vortrag 3 Prof. Dr. Manfred Berg, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
„What we are fighting for …“ Die Bedeutung der Bürgerrechtsbewegung für die US-amerikanische und internationale Politik.

Vortrag 4 PD Dr. Michael Haspel, Friedrich Schiller-Universität Jena
_Martin Luther King, Jr. als Theologe, Kirchenführer und Bürgerrechtler:
Die Kontextualisierung Schwarzer Theologie und die Mobilisierung der Schwarzen Kirchen in der Bürgerrechtsbewegung._

Vortrag 5 Prof. Dr. Peter Ling, University of Nottingham_Which Martin Luther King Should We Remember? _

Vortrag 6 PD Dr. Britta Waldschmidt-Nelson Ludwig-Maximilians-Universität München
“The Trumpet of Conscience”: Das Vermächtnis von Martin Luther King, Jr.

Anmerkungen:
1 Nicht zufällig war der diesjährige Parteitag der Demokraten in den USA so organisiert, dass Barack Obama, der erste offizielle schwarze Präsidentschaftskandidat einer der beiden großen Parteien, am 45. Jahrestag dieser Rede, d.h. am 28.8.2008, die Nominierung seiner Partei offiziell annahm.
2 Grosses Werk Die Macht der Armen: Martin Luther King und der Kampf für soziale Gerechtigkeit, das 1971 in Hamburg beim Furche Verlag erschien, war die erste auf Deutsch publizierte wissenschaftliche Monographie über King.
3Wendt ist u.a. Autor von The Spirit and the Shotgun: Armed Resistance and the Struggle for Civil Rights. Gainesville: University Press of Florida, 2007.
4 Neben zahlreichen anderen Werken zur Geschichte und Historiographie der schwarzen Bürgerrechtsbewegung ist Berg vor allem für seine bahnbrechende Studie zur größten und ältesten schwarzen Bürgerrechtsorganisation, der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) bekannt: Manfred Berg, The Ticket to Freedom: Die NAACP und das Wahlrecht der Afro-Amerikaner. Frankfurt a.M.: Campus, 2000 sowie The Ticket to Freedom: the NAACP and the Struggle for Black Political Integration. Gainesville: University Press of Florida, 2005.
5 Über das Thema politisch aktiver Protestantismus publizierte Haspel 1997 Politischer Protestantismus und gesellschaftliche Transformation: Ein Vergleich der evangelischen Kirchen in der DDR und der schwarzen Kirchen in der Bürgerrechtsbewegung in den USA. Tübingen: Francke Verlag, 1997.
6 Lings hervorragende Biographie Martin Luther King, Jr. erschien 2002 (2. Auflage 2004) in London und New York im Routledge Verlag.
7 Neben anderen Publikationen zur afroamerikanischen Geschichte und Politik ist Waldschmidt-Nelson Autorin der Doppelbiographie Gegenspieler: Martin Luther King – Malcolm X. Frankfurt a.M.: Fischer 52007.


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