Eine Fotografie, die die Organisator/innen der Konferenz „Working on Things. On the Social, Political, and Economic History of Collected Objects“ gleich zu Beginn der Veranstaltung zeigten, bringt eine typische koloniale Situation ins Bild. Das Foto entstand während der Grabungsarbeiten im Rahmen der sogenannten Tendaguru Expedition, die von 1909 bis 1913 in der damaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ (heute Tansania) im Auftrag des Berliner Zoologischen Museums (heute Museum für Naturkunde Berlin) durchgeführt wurde. Zu sehen sind acht Männer, von denen sich einer deutlich abhebt. Dieser steht aufrecht und blickt direkt in die Kamera, die anderen sitzen vor ihm auf dem Boden. Seine Haltung markiert Selbstsicherheit und Eleganz: Die linke Hand ist locker an die Hüfte gelegt, mit der rechten hält er einen Zeigestock. Bei dem mit Hut und Expeditionsanzug ausgestatteten Mann handelt es sich um Werner Janensch, der als wissenschaftlicher Leiter der Expedition fungierte und Paläontologe am Museum war. Die Position und Körpersprache derjenigen, die vor Janensch am Boden sitzen, ist dagegen von einer ganz anderen Art. Ihr Blick ist nicht geradewegs in die Kamera gerichtet wie der des deutschen Wissenschaftlers. Unsicher, beinahe schüchtern und betreten blicken sie auf den Boden. Man sieht ihnen die Schwere der Arbeit an, der sie ausgesetzt waren: Erde ausheben, abtragen, die gefundenen Knochen von ihrer Umgebung freilegen, reinigen und zu den lokalen Depots abtransportieren. Bei den Männern, deren Namen man nicht kennt, handelt es sich wahrscheinlich um Minen- und Plantagenarbeiter, die von den Paläontologen für die Ausgrabungen angeworben wurden. Vor den in einer Reihe sitzenden Männern ist ein riesiger Dinosaurierknochen aufgebahrt, der beinahe die ganze Breite des Bildes einnimmt und das Ziel der Unternehmung mit in das Bild rückt: Die entdeckten Dinosaurierknochen sollten geborgen und nach Berlin gebracht werden.
Die Fotografie ist aufschlussreich, weil sie mitten hinein führt in die sozialen, politischen und ökonomischen Herstellungsbedingungen wissenschaftlicher Objekte. Auf der vertikalen Bildachse werden über dichotome Attribute kulturelle und ethnische Differenzen zwischen Kolonialherr und Kolonisierten hergestellt. Der Blick von oben nach unten spiegelt die reale hierarchische Situation in den Kolonien wieder, ohne die die wissenschaftlichen Grabungsarbeiten nicht möglich gewesen wären: Der Zugang zu und die Verfügung über menschliche und natürliche Ressourcen durch die Berliner Wissenschaftler war nur in enger Zusammenarbeit mit der deutschen Kolonialverwaltung möglich; aufgrund der harten Arbeitsbedingungen in den von deutschen Unternehmen betriebenen Minen und Plantagen waren billige Arbeitskräfte relativ leicht zu finden; schließlich fand der Transport der freigelegten Knochen nach Berlin unter Ausnutzung der kolonialen Infrastruktur statt. Gleichzeitig markiert das Bild aber auch eine Differenz von Wissenspraktiken. Die körperliche Arbeit der einheimischen Arbeiter steht der geistigen Kopfarbeit des europäischen Wissenschaftlers gegenüber. Dass es auch hier eine hierarchische Ordnung gibt, zeigt nicht zuletzt die Überlieferungsgeschichte: Über die Arbeit der Wissenschaftler findet sich ausreichend Material in den europäischen Archiven, über die der Einheimischen ist so gut wie nichts bekannt.
An diesem Punkt setzte die Tagung an, die von dem am Museum für Naturkunde Berlin angesiedelten BMBF-Projekt „Dinosaurier in Berlin“ in Kooperation mit dem Basisprojekt „Mobile Objekte“ des Exzellenzclusters „Interdisziplinäres Labor Bild Wissen Gestaltung“ der Humboldt-Universität zu Berlin organisiert wurde. Denn wissenschaftliche Objekte haben die Eigenschaft, sowohl ihre komplexen sozialen, ökonomischen und politischen Bergungs- und Herstellungsbedingungen als auch Art und Umfang der anschließend in sie investierten Arbeit zu verbergen, sobald sie zu Exponaten in europäischen Museen wurden oder in wissenschaftliche Sammlungen integriert wurden. Die Säuberung der Knochen von ihrer Umgebung ist – um im Bild zu bleiben – immer auch eine epistemische Reinigungsarbeit, die die Objekte von ihren Bergungskontexten und Herstellungsbedingungen befreit, um als scheinbar reine Wissensobjekte in Museen ausgestellt oder in Sammlungen deponiert zu werden. Ziel der Tagung war es, die Arbeit an und mit den Objekten sichtbar zu machen und sie als Teil eines komplexen gesellschaftlichen Gefüges auszuweisen. Welche Arbeiten waren notwendig, um wissenschaftliche Objekte hervorzubringen? Auf welche (indigenen) Wissensbestände und -praktiken wurde bei der Suche, Bergung, beim Transport sowie der Ordnung und Installation der Objekte im Museum zurückgegriffen? Welche sozialen, politischen, ökonomischen und rechtlichen Bedingungen sind konstitutiv für die Herstellung von Wissens- und Museumsdingen? Dabei ging es nicht nur darum, die zahlreichen Akteur/innen, die gleichsam hinter den Objekten verschwinden, wieder sichtbar zu machen und ihren Anteil an der wissenschaftlichen Arbeit zu bestimmen. Auch sollte die wissenschaftliche Tätigkeit an und mit Objekten als konstitutiv verschränkt mit ihren gesellschaftlichen Bedingungen ausgewiesen werden.
Die ersten beiden Vorträge der Tagung nahmen besonders den kolonialen Zusammenhang bei der Herstellung wissenschaftlicher Objekte in den Blick. HOLGER STOECKER (Berlin) machte in seinem Vortrag über die Tendaguru Expedition auf die massive Mobilisierung von menschlichen und natürlichen Ressourcen durch die deutschen Wissenschaftler aufmerksam. Zwischen 1909 und 1913 wurden bis zu 400 einheimische Arbeiter mit ihren Familien gleichzeitig für die Grabungsarbeiten herangezogen, um die insgesamt 230 Tonnen fossilen Materials zu bergen und für den Abtransport vorzubereiten. Allerdings waren die Arbeiter genau so wenig passive Akteure, wie sie ausschließlich für schwere körperliche Verrichtungen eingesetzt wurden, die leicht erlernt werden können und wenig Vorwissen benötigen. So wurden Einheimische für das Aufspüren des fossilen Materials im Boden und für das Abstecken und Markieren der Grabungsfunde herangezogen; selbst für eine sachgerechte Präparation der Knochen waren sie verantwortlich. Daher mochte Stoecker lieber von einer kollaborativen – aber keineswegs egalitären – Arbeitspraxis sprechen, bei der das lokale Wissen der Arbeiter unentbehrlicher Bestandteil der Grabungen und für die weitere wissenschaftliche Auswertung der Funde war.
Während in Stoeckers Vortrag die ökonomischen Hintergründe der Ausgrabungen lediglich angedeutet wurden, bildete er in BRITTA LANGES (Berlin) Beitrag, der sich mit der Jagd, Forschung und Ausstellung von Menschenaffen in den Dekaden um 1900 beschäftigte, einen wichtigen Ausgangspunkt. Die Nachfrage nach und Faszination von Menschenaffen war in dieser Zeit auf ihrem Höhepunkt. Der „great ape boom“ war dabei ebenso ein populäres Phänomen, wie er Museen und Wissenschaften erfasst hatte. Über die Figur des Menschenaffen wurden gleichermaßen Deszendenz- wie Abstammungstheorien verhandelt, die Affen wurden sowohl als primitive Vorfahren des Menschen wie auch als sein monströser Gegenpart begriffen. Menschenaffen waren Teil des zeitgenössischen kolonialen Phantasmas und in Museen und Kolonialausstellungen omnipräsent. Jagd, Beschaffung und Präparation der Affen wurden zu einem einträglichen Geschäft, an dem sich besonders viele private Jäger und Unternehmen beteiligten. Diese Akteure sind nach Lange doppelt aufschlussreich. Weil sie über die Praxis des Jagens ein wissenschaftlich verwertbares Wissen anhäuften – einer von Langes Protagonisten entdeckte sogar eine neue Spezis –, bildete sich ihre Tätigkeit am Schnittpunkt ökonomischer und wissenschaftlicher Interessen aus. Gleichzeitig basierte ihr Jagderfolg maßgeblich auf indigenem Wissen. Einheimische Informanten führten die europäischen Jäger zu den Aufenthaltsorten der Tiere und wussten um ihre Gewohnheiten sowie Bewegungsrhythmen. Auch wenn sich hier ebenfalls eine kollaborative Arbeitspraxis andeutet, betont Lange die unterschiedlichen kulturellen Logiken der Jagd. In den Auseinandersetzungen um die ‚richtige‘ Jagdpraxis zeige sich, dass die Jagd keine einfache instrumentelle Tätigkeit sei, sondern eine kulturelle Arbeit, in die unterschiedliche Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier, über den Tod oder über den Vorgang des Tötens eingelassen sind.
Während Lange und Stoecker die Objekte und ihre Beschaffungspraxis innerhalb des kolonialen Kontextes behandelten, blieb NICOLA KRITZINGER (Johannesburg) in ihrem Vortrag sehr eng am Objekt und versuchte seine jeweils wechselnden kontextuellen Bezüge freizulegen. Am Beispiel einer chinesischen Keramikfigur aus der Han-Dynastie, die sich heute im Iziko South African Museum befindet, rekonstruierte sie nach dem Vorbild einer Objektbiographie die (Lebens-)Geschichte dieses Objekts und nahm dabei besonders die wechselnden Verbindungen in den Blick, die es im Laufe seiner Geschichte mit Menschen, Diskursen, Praktiken und anderen Dingen eingegangen ist. An Kritzingers Vortrag zeigten sich die Vorteile eines objektbiographischen Zugangs: Als eine offene Methode ermöglicht sie unterwartete Wendungen und zeigt überraschende Kontexte auf. In der Bewegung des Objekts zu Beginn des 20. Jahrhunderts von China, über Europa nach Südafrika war es je eingebettet in wechselnde Netzwerke aus Sammler/innen, Museumsfachleuten und Kunstexpert/innen, die das Objekt – als Zeugnis chinesischer Alltagskultur, als Teil von Grabbeigaben, als Museums- oder Kunstobjekt – jeweils neu und anders bestimmten und rahmten. Schließlich führt eine Biographie des Objektes – auch wenn (oder vielleicht gerade weil) es den Großteil seiner Zeit am Museum im Depot verbracht hat – mitten hinein in die soziale und politische Geschichte Südafrikas und wird nacheinander Teil einer imperialen, kolonialen und postkolonialen Landesgeschichte.
Dass die Arbeit an Objekten keinesfalls endet, sobald sie in Museen oder Sammlungen ankommen, zeigte MANUELA BAUCHE (Berlin) in ihrem Vortrag über die Geschichte eines Korallendioramas und die Phase seiner Rekonstruktion im Naturkundemuseum Berlin. Die Korallen wurden Mitte der 1960er-Jahre durch eine von der DDR organisierte Expedition vor der Küste Kubas gehoben und nach Berlin verschifft. Interessant ist hierbei, mit welchen Strategien Mitarbeiter/innen des Museums das Vorhaben projektierten und diskursiv rahmten. Indem sie den Aufbau des Dioramas unter die Begriffe „Sozialistischer Wettbewerb“ und „Gegenplan“ stellten, wurde die Arbeit an dem Diorama in die Wirtschaftspolitik der DDR integriert. Gerade weil eine solche Rahmung nicht von allen historischen Akteuren geteilt wurde und auch museumsintern umstritten blieb, konnte Bauche zeigen, dass nicht nur die Objekte selbst in wechselnde und umkämpfte bedeutungsgenerierende Kontexte eingelassen sind, sondern schon ihr Aufbau bzw. bereits ihre Bergung vor Ort Teil einer politischen und diskursiven Praxis waren.
Mit Bauches Beitrag wurde zudem deutlich, dass mit der Bergung und Ankunft der Objekte in europäischen Museen und Sammlungen die Arbeit am Objekt keineswegs beendet war. Die Beiträge am zweiten Tag der Konferenz fragten dementsprechend, welche spezifischen Arbeitsschritte und Infrastrukturen zum Verwalten und Bearbeiten von Objekten in Sammlungen, Museen und Archiven geschaffen werden und wie sich die damit verbundenen Praktiken des Ordnens, Bewertens, Verwahrens und Sichtbarmachens ihrerseits auf die Objekte auswirken. STEFANIE KLAMM und PETRA WODTKE (beide Berlin) gingen anhand von Fotoarchiven aus den Disziplinen Archäologie, Kunstgeschichte und Ethnologie darauf ein, wie Fotografien zu Beginn des 20. Jahrhunderts die wissenschaftlichen Praktiken innerhalb dieser Disziplinen prägten und diese ihrerseits durch sie geprägt wurden. Ihr Ansatz, Fotografien als dreidimensionale Objekte zu betrachten, deren materielle Spuren Aufschluss geben über die Gebrauchs- und Funktionskontexte, die sie durchlaufen haben, stellte sich hierbei als gewinnbringend heraus. Deutlich konnten sie dies unter anderem am Beispiel eines Dublettenbestandes der Photothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz machen. Die Duplikate wurden nicht inventarisiert, nicht auf Karton aufgezogen und nicht für die Unterbringung in speziellen Archivkästen beschnitten – sie entgingen den üblichen Bearbeitungen beim Eingang in die Sammlung. So sind auf ihnen eine Reihe von Stempeln, Beschriftungen und weiteren Informationen erhalten geblieben, die Aufschluss sowohl über die Mobilität der Objekte vor dem Eingang ins Archiv als auch über die archivalischen Ordnungs- und Arbeitspraktiken selbst geben. SEBASTIAN FELTEN (Berlin) und REBECCA KAHN (London) beschrieben, wie sich Hierarchien und Arbeitsweisen durch die Digitalisierung der Bestände im British Museum seit den 1970er-Jahren veränderten. Vor Einführung einer zentralen Museumsdatenbank kontrollierten dort weitgehend die Museumskustod/innen den Zugang zu den von ihnen betreuten Beständen und den damit verbundenen Informationen. Jede einzelne Sammlung wurde innerhalb ihrer Abteilung für sich verwaltet und dokumentiert. Mit der Einführung einer gemeinsamen netzwerkbasierten Datenbank änderte sich die Museumspraxis, die Bearbeitung des Katalogs erforderte eine über Sammlungs- und Disziplingrenzen hinausgehende Zusammenarbeit und Vereinheitlichung. Zum ersten Mal wurde eine Vielzahl von Objekten sowohl für Mitarbeiter/innen aus jeweils anderen Sammlungen als auch für eine größere Öffentlichkeit sichtbar. Über die Datenbank konnten Querverbindungen, Überschneidungen und Interaktionen zwischen Objekten aus den unterschiedlichen Abteilungen des Museums aufgezeigt und neue Bedeutungs- und Interpretationsspielräume erschlossen werden, über die nun nicht mehr nur die betreuenden Kustod/innen verfügten.
Der Arbeit an und mit Objekten und Sammlungen sind immer auch Bewertungspraktiken und ökonomische Prozesse eingeschrieben oder sie werden durch diese angeregt. Denn Wissensdinge sind eingebettet in unterschiedliche Sammlungsökonomien, sie sind Fundstück, Fracht oder Fetisch, sie werden als epistemisches Objekt, als verkaufsfähiges Wirtschaftsgut oder als ideelles Sammlerstück gesehen und bewertet. Die Verflechtung von epistemischen und ökonomischen Wertzuschreibungen verfolgte ELAINE AYERS (Princeton) anhand von Transportmaterialien und Sammelpraktiken botanischer Objekte aus Sri Lanka. Um die Jahrhundertwende waren tropische Orchideen sowohl bei Wissenschaftlern des Britischen Empires als auch in bestimmten wohlhabenden britischen Sammlerkreisen stark nachgefragt, der monatelange Transport über den Indischen Ozean aber stellte eine Herausforderung dar. Naturforscher wie der Brite Alfred Russel Wallace, der für die Suche nach bislang unbekannten Orchideen den tamilischen Sammler Ananda Coomaraswamy angeheuert hatte, profitierten in vielfacher Hinsicht vom Wissen ihrer indigenen Partner. Coomaraswamy beispielsweise fand nicht nur die gewünschten seltenen Orchideenexemplare, er verpackte diese für den Transport in tropische Moose und Flechten – eine Technik, die sich als besonders geeignet erwies und die die Orchideen wohlbehalten auf die Britische Insel brachte. Wie Ayers anschaulich darstellte, wurden die Moose, die Coomaraswamy lediglich als Hilfsmittel für eine möglichst effiziente Logistik genutzt hatte, zu einem Teil der botanischen Wissensproduktion: Wallace sendete Teile davon an den Bryologen William Mitten; in dem von ihm angelegten Herbarium sind sie als wissenschaftlich bedeutende Typenexemplare bis heute erhalten geblieben.
Auf einen ganz unmittelbaren Zusammenhang von musealen Objekten und ökonomischen Interessen ging NICKY REEVES (Glasgow) ein. Nach Diebstählen von Rhinozeroshörnern in den Jahren 2011/12 wurden verbliebene Hörner in vielen Museen aus den Ausstellungsdisplays genommen, teilweise durch Repliken ersetzt und die aussortierten Hörner in Museumsdepots verwahrt. Hintergrund der Diebstähle ist die steigende Nachfrage nach Rhinozeroshörnern, insbesondere in Vietnam, wo diese als Statussymbole einer aufstrebenden Mittelschicht und medizinisches Heilmittel gelten und zu Höchstpreisen gehandelt werden. Reeves ging in diesem Zusammenhang auch auf Praktiken des Zeigens und der Lagerung ein. Er stellte die Frage, inwieweit sich museale Depots voll klimatisierter, gut gesicherter Rhinozeroshörner von ähnlich ausgestatteten Lagerhallen in Südafrika unterscheiden, in denen große Ansammlungen von legal entfernten Hörnern auf die Aufhebung des Handelsverbots warten. In den Museen, die in ihren Displays darauf verwiesen, dass es sich bei dem gezeigten Horn um eine Replik handelt, vermisste er den ganz grundlegenden Hinweis darauf, wie das Nashorn selbst einmal Teil der musealen Repräsentation wurde.
Die Beiträge der Tagung konnten mit jeweils unterschiedlichen Zugängen und thematischen Schwerpunkten deutlich machen, dass die Objekte, wie sie sich heute in Museen oder Sammlungen zeigen, nicht alles über ihre Geschichte preisgeben. Ob dies über die Methode der Objektbiographie versucht wurde, über eine möglichst dichte Beschreibung der sozialen, politischen und ökonomischen Herstellungskontexte wissenschaftlicher Objekte oder ob man versuchte, Bilder nicht mehr als Repräsentationen oder Illustrationen eines Sachverhalts zu betrachten, sondern diese vielmehr als Objekte in den Blick zu nehmen, die Spuren ihres ehemaligen Verwendungszusammenhangs tragen – immer treten Akteur/innen, wissenschaftliche Ordnungssysteme oder Netzwerke zutage, die im Objekt oder im Bild selbst nicht präsent sind. Dabei ist, und auch das zeigte die Tagung, die Möglichkeit einer solchen Rekonstruktion eng an die asymmetrischen Bedingungen der Quellenüberlieferung gebunden, wie sie einleitend angedeutet wurde. Während es bei Objekten, die aus anderen kulturellen Zusammenhängen in europäische Museen und Sammlungen kamen, schwierig und bisweilen unmöglich ist, die (indigenen) Akteur/innen, ihre Arbeit mit und ihre Perspektiven auf die Objekte nachzuvollziehen, verhält es sich beinahe umgekehrt, sobald die Objekte im „Westen“ angekommen sind. Wie JIM SECORD (Cambridge) in seiner Keynote am Beispiel der viktorianischen Paläontologie betonte, hätten sich viele Zeitgenoss/innen bemüht zu zeigen, wie Dinge gemacht und konstruiert wurden. Die Sichtbarmachung des Konstruktionsprozesses war ein wichtiges Beglaubigungsverfahren, das die Ernsthaftigkeit, Größe und Kühnheit des Unternehmens illustrieren sollte und als Ausweis wissenschaftlicher Redlichkeit fungierte. Ein solcher Einblick in die Arbeit der Wissenschaftler war damit gleichermaßen ein zentraler Bestandteil der wissenschaftlichen Evidenzbildung wie er aus einer (proto-)industriellen Logik heraus den Nachweis von Genauigkeit und Präzision in der Konstruktion führen sollte.
Konferenzübersicht:
Ina Heumann, Holger Stoecker, Marco Tamborini und Mareike Vennen (alle Berlin): Begrüßung
Jim Secord, (Cambridge): Objects in Transit: Commodities and Communication
Britta Lange (Berlin): Hunting, Investigating, and Exhibiting Great Apes. On Working Conditions in Colonial Cameroon and the German Reich, 1890–1926
Holger Stoecker (Berlin): Collecting Fossils in Colonial German East Africa. Work and Workers at the Tendaguru Excavation, 1909–1913
Nicola Kritzinger (Johannesburg): The Journey of a Man with a Fish: The Life of a Han Dynasty Object in a South Africa Museum
Boris Jardine (Cambridge): ‘A noble instrument for instruction’: Assembling International Collections in the Cambridge Zoological Museum, 1866–1910
Felix Chami (Dar es Salaam): Excavating at Kuumbi Limestone Cave: Regional and Global Links in East African Prehistory
Manuela Bauche (Berlin): Building Dioramas as Socialist Work: Cuban Corals at the Museum für Naturkunde Berlin, 1965–1975
Lukas Rieppel (Providence): The Epistemology of Authenticity: Plaster Cast Reproductions in 19th Century Museums
Irina Podgorny und Tahani Nadim (beide Berlin): Kommentar
Stefanie Klamm und Petra Wodke (beide Berlin): Working on Photo-Objects: Photographs as Mobile Actors in Archeology, Ethnology, and Art History
Peter Altekrüger und Christoph Müller (beide Berlin): Reconstructing the Puzzle: Argentine Theater
Sebastian Felten (Berlin) und Rebecca Kahn (London): Belabouring the Catalogue: Classification Work in the British Museum
Elaine Ayers (Princeton): Transporting the Tropics: Collecting and Preserving the Victorian Botanical Empire
Nicky Reeves (Glasgow): The Rhino Horn in the 21st Century: Collecting, Storing, and (not) Displaying
Semih Çelik (Florenz): Economies of Collecting, Transporting, Conserving and Exhibiting Natural History Objects in the Ottoman Natural History Museum 1835–1850
Irina Podgorny und Tahani Nadim (beide Berlin): Abschlussdiskussion