Landrechte und Landrechtsreformationen

Landrechte und Landrechtsreformationen

Organizer(s)
Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“, Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Location
Heidelberg
Country
Germany
Took place
In Attendance
From - Until
29.03.2023 - 31.03.2023
By
Dominika Bopp / Katharina Falkson, Deutsches Rechtswörterbuch, Heidelberger Akademie der Wissenschaften

In den Landrechten und Landrechtsreformationen wird sowohl die Organisation des öffentlichen Lebens, inklusive des Straf- und Prozessrechts, als auch die Belange der Bürger, etwa das Familien- und Erbrecht, behandelt. Die Tagung beschäftigte sich mit Landrechten vom Mittelalter bis hin zu späten Landrechtsreformationen und alternativen Konzepten im 18. Jahrhundert. Den thematischen Kern bildeten Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts aus dem süddeutschen Raum einerseits und dem norddeutschen Raum andererseits. Zentrale Fragen, denen nachgegangen wurde, waren der Einfluss des römischen Rechts auf die Landrechte, Unterschiede zu den Stadtrechten, Zusammenhänge der Landrechte untereinander sowie ihre Entstehung, Inhalte und Rezeption.

Nach einem Grußwort durch den Altpräsidenten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und Altrektor der Universität Heidelberg Gisbert Gans Edler Herr zu Putlitz leitete ANDREAS DEUTSCH (Heidelberg) in die Tagung ein. Deutsch beleuchtete die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs ‚Landrecht‘, wobei Land am ehesten im Sinne von frz. ‚pays‘ zu verstehen sei, Landrecht also nicht als ‚ländliches Recht‘, sondern vielmehr als ‚in einer Landschaft geltendes Recht‘. Das Landrecht sei zunächst in literarischen Quellen auszumachen als ‚Recht eines Volkes‘, eine Art ‚Stammesrecht‘. Hiervon zu unterscheiden sei die modernere, auf der Tagung thematisierte Bedeutung ‚Territorialrecht einer bestimmten Herrschaft‘ (als förmlich in Kraft gesetztes Recht). Viele der für die Stadtrechtsreformationen erarbeiteten typischen Merkmale – etwa die Frage der Neuordnung des Rechts vor dem Hintergrund der Rezeption des römisch-kanonischen Rechts in Mitteleuropa – seien mutmaßlich auf die Landrechtsreformationen übertragbar, was es zu überprüfen gelte.

Mit dem Fehmarnschen Landrecht beschäftigte sich der Rechtshistoriker CHRISTIAN HATTENHAUER (Heidelberg) und stellte die besondere Stellung Fehmarns als Land freier Bauern mit einer weitgehend eigenständigen Rechtsentwicklung heraus. Er stellte drei Fassungen des eher mittelalterlich geprägten Fehmarnschen Landrechts vor, das den Charakter einer Landfriedensordnung aufweist. Bereits 1320/21 wurde eine erste Fassung mit 38 Artikeln zu Prozessrecht, Strafrecht, Bußenstrafrecht und Blutstrafrecht aufgezeichnet – ein Weistum der Rechtsgewohnheiten von freien Bauern unter dänischer Herrschaft. Im Jahr 1326 folgte eine (nur niederdeutsch erhaltene) Fassung, die 16 zusätzliche Artikel, Privilegien der Fehmarner und eine bis 1876 bestehende Gerichtsverfassung beinhaltete. Anhand eines 1550 erlassenen Mandats, das eine Neuregelung der Hinrichtungsarten bei Totschlag definiert, lässt sich das Eingreifen in die Privilegien der Landschaft zeigen. Die dritte Fassung des Landrechts von 1558 belegt eine zunehmende Kontrolle der Gerichtspraxis durch den herrschaftlichen Vogt.

WILHELM BRAUNEDER (Wien) beleuchtete das Wesen und die Wirkung der Landrechte für Österreich unter der Enns aus dem 16. Jahrhundert. In jener Zeit gab es eine Vielzahl an Gesetzgebungsinitiativen, die auf die Landstände zurückgingen. Noch als ein Vorläufer sei der um 1526 entstandene erste Niederösterreichische Landrechtsentwurf anzusehen, der in der Praxis vermutlich keine Rolle spielte. Mit dem 1573 im Auftrag der Landstände und mit Genehmigung des Fürsten herausgegebenen Landrechtsentwurf unter der Enns beginnt eine ganze Reihe von Landrechtsentwürfen, welche jeweils intensiv auf ihre Vorläufer zurückgriffen, die Materie aber sehr gründlich bearbeiteten. Zu einem förmlich beschlossenen Gesetz kam es erst nach 1700. In der Praxis wurden aber auch die Entwürfe wie ein Gesetz behandelt. Im Aufbau enthalten die Entwürfe drei Bücher: Gerichtsordnung, Zivilrecht und Erbrecht. Dieses Beispiel zeigt die Stärke der Landstände im Vergleich zum Fürsten.

Auch in Bayern, wo 1518 die erste Landrechtsreformation, die diesen Namen tatsächlich im Titel führt, in Kraft trat, war der Weg dorthin vom Streit zwischen Herrschaft und Landständen gekennzeichnet. HANS-GEORG HERMANN (München) widmete sich den Besonderheiten der Zweiteilung der bayerischen Rechtslandschaft im 16. Jahrhundert aufgrund der erbbedingten Aufspaltung des Landes in die vereinigten Teilherzogtümer Bayern-Landshut mit Bayern-Ingolstadt einerseits und Bayern-München andererseits. Die Unterschiede zeigten sich unter anderem in der Prozesspraxis (selbsturteilender Richter in Niederbayern vs. Umstand als Urteilsfinder in Oberbayern). Hermann zeigte, wie die Herzöge regionales Sonderrecht zurückzudrängen suchten. Bereits die Erdinger Konferenz (um 1487) habe letztlich dem Ziel einer Rechtsangleichung zwischen Ober- und Niederbayern dienen sollen. Erst als Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg von 1505 wiedervereinigt wurde, war an die Reformation des Landrechts zu denken, die 1518 unter Herzog Wilhelm IV. in Kraft treten konnte.

Mit den Württembergischen Landrechten aus den Jahren 1555, 1567 und 1610 beschäftigten sich STEPHAN DUSIL und GIULIO ERBAR (beide Tübingen). Württemberg hatte in den vorangehenden Jahrzehnten unsichere Zeiten durchgemacht. Kaum war der Aufstand des „Armen Konrad“ 1514 niedergeschlagen, geriet Herzog Ulrich wegen Konflikten mit dem Kaiser in die Reichsacht. Erst 1534 gelang ihm die Rückkehr in sein Land. 1546 wurde Württemberg im Schmalkaldischen Krieg erneut von kaiserlichen Truppen besetzt. Die Konsolidierung des Landes konnte erst Ulrichs Sohn Christoph nach seiner Thronbesteigung 1550 in Angriff nehmen. Er bemühte sich um politische und rechtliche Reformen. Aufgrund seiner weiterhin schwachen Stellung konnten die Landstände aber ein starkes Mitspracherecht durchsetzen. Die Landrechte Württembergs können als ein „Paradebeispiel“ für eine Synthese aus römischem Recht und hergebrachten Rechtsgewohnheiten gelten, wie Erbar am Beispiel des Interzessionsverbots für Frauen aufzeigte. Das zweite Landrecht deute zudem auf eine Intention zur Rechtsgestaltung hin. Wie sich am Beispiel der rechtlichen Stellung der Ehefrau ablesen lasse, habe man weder den hergebrachten Rechtszustand beibehalten noch das römische Recht übernommen, sondern nach einer eigenständigen Lösung gesucht. Hieran zeige sich ein Bewusstsein für Recht als gestalterisches Herrschaftsinstrument.

Eine nähere Betrachtung der Kursächsischen Konstitutionen aus dem Jahr 1572 bot ADRIAN SCHMIDT-RECLA (Jena). Das unter Kurfürst August in Kraft gesetzte Gesetzeswerk besteht (anders als die meisten anderen Landrechtsreformationen) nicht aus abstrakt-generellen Rechtssätzen, vielmehr wurden für ausgewählte, an konkreten Rechtsfällen orientierte, umstrittene Rechtsfragen durch kurfürstliche Einzelentscheidungen Vorgaben gemacht, wie die Fälle entschieden werden sollten (sog. ‚Kontroversengesetzgebung‘). Basis der Konstitutionen waren Gutachten der juristischen Fakultäten von Leipzig und Wittenberg zu Materialsammlungen der Schöppenstühle. Anhand von zwei Beispielen (bezüglich der Formen der Landnutzung sowie zur Personalexekution) zeigte Schmidt-Recla, dass die Konstitutionen Lösungen für Probleme der Gegenwart boten, eine Modernisierung im Hinblick auf die Anforderungen eines Territorialstaates anstrebten und eine Stabilität der Herrschaft von innen heraus zu erreichen suchten. Die Konstitutionen erscheinen so als Teil der herzoglichen Konsolidierungspolitik mit rechtlichen Mitteln.

Der Rechtswissenschaftler BERND-RÜDIGER KERN (Leipzig) präsentierte das Kurpfälzische Landrecht von 1582, das vor allem auf das Württembergische Landrecht, das Solmser Landrecht und die Frankfurter Reformation (1509) als Quellen zurückgriff. Es stellte eine große kodifikatorische Leistung dar – mit Wirkung weit über die Grenzen der Kurpfalz hinaus. Das Zivilrecht gehe großenteils auf den Rechtsgelehrten Noe Meurer (1525/28-1583) zurück. Die römisch-rechtlichen Anteile seien in den einzelnen Teilen des Landrechts sehr unterschiedlich; der Grad der Romanisierung sei aber insgesamt geringer als bisher angenommen. Dass in der Vorrede dennoch das römische Recht als Grundlage für das Landrecht betont wird, dürfte einen politischen Zweck gehabt haben: Ein Landrecht, das lediglich das theoretisch ohnehin geltende römische Recht adaptierte, erschien weniger angreifbar. Außerdem ließ sich das kurfürstliche Ziel, das Landrecht auch auf benachbarte Territorien zu übertragen, besser rechtfertigen – letztlich dann auch die Überstülpung des Landrechts auf die Oberpfalz.

Der Archäologe und Direktor des Nordfriisk Instituuts CHRISTOPH G. SCHMIDT (Bredstedt) beschäftigte sich mit dem nordfriesischen Landrecht, zu dem ein Projekt in Planung ist, welches eine Synopse der Texte, eine Übersetzung und eine Analyse der Sprache beinhalten soll. Die älteste bekannte Aufzeichnung dieses Rechts ist die Siebenhardenbeliebung von 1426, die wie alle nordfriesischen Texte in Niederdeutsch verfasst ist und beispielsweise Artikel zu Erbrecht, Sühnerecht und Friedensbruch, Strandrecht und Kaufrecht enthielt. Bemerkenswert ist, dass diese Beliebung von den Vertretern der jeweiligen Harden beschlossen wurde, um die Autonomie der Gebiete zu sichern. Eine Originalfassung ist nicht überliefert, die Beliebung wurde jedoch weitgehend unverändert in das Landrecht von 1558 übernommen. Dieses war wiederum die Basis für das Nordstrander Landrecht (1572) und wurde erstmals von der herzoglichen Residenz erlassen. Erst mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (1900) verloren diese Rechtsnormen ihre Geltung.

An das Thema schloss ISABELLA LÖW (Bispingen) an mit einer Darstellung der Rechte von Eiderstedt, die zunächst mündlich tradiert wurden, bevor sie als Krone der rechten Wahrheit mutmaßlich 1426 auf Niederdeutsch aufgezeichnet wurden. Eine Überarbeitung von 1466 enthielt 20 Regelungen, die zum Teil aus neuen Vorschriften und Ergänzungen (z.B. zur Mannbuße, zum Deichrecht) bestand. Veranlasst wurde die Neufassung vom Staller, (Landvogt), aber von den Vertretern der Bauernschaft beschlossen, sodass die Interessen der Eiderstedter gewahrt blieben. Dies blieb im Kern auch so, als 1572 und 1591 Reformationen des Landrechts entstanden. 1572 „kaufte“ sich die wohlhabende Eiderstedter Bevölkerung vom Herzog ein neues Landrecht, das die hergebrachten Rechte sicherte. Römisches Recht findet sich verstärkt in der redigierten Fassung von 1591. Auch wenn nun die herzoglichen Räte an der Rechtsetzung stärker beteiligt waren, behielten die Eiderstedter ihre Privilegien.

PETER OESTMANN (Münster) widmete sich dem Mecklenburgischen Landrechtsentwurf des norddeutschen Juristen David Mevius (1609-1670). Mevius konnte die ersten drei Teile des 1655 von den mecklenburgischen Landständen in Auftrag gegebenen Entwurfs 1658 vorlegen, der vierte Teil folgte drei Jahre später. Ein Streit um das Lehnsrecht zwischen der Herrschaft und der Ritterschaft verhinderte indes die Verabschiedung als Gesetz. Der Entwurf zeichne sich durch eine Systematisierung des Rechts aus, so folgen die ersten drei Teile der Gliederung des Gaianischen Institutionensystems nach personae, res und actiones. Partiell wirke der Entwurf sehr modern, so etwa die vorgesehene Eheschließung ohne Beteiligung der Kirche. Andere Regelungen seien hingegen altertümlich oder traditionell, etwa die Bestimmungen zur Leibeigenschaft. Oestmann wendete sich gegen die in der Literatur aufgeworfene Frage, ob der Entwurf misslungen sei, da er nie in Kraft getreten ist. Schließlich lasse sich die Qualität eines Rechtstextes nicht danach beurteilen, ob dieser in Kraft trat oder nicht.

CHRISTOPH BECKER (Augsburg) ging auf die Bedeutung der Vorlesung zum Kurkölnischen Landrecht des Juristen und Hochschullehrers Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels (1754-1827) für die Forschung ein. Die Bonner Vorlesung wird auf 1793/94 datiert. Da es nur wenig Literatur zur Kurkölner Landrechtsreformation (1538) gibt, seien die Aufzeichnungen eine wichtige Quelle für die Gerichtspraxis der Zeit. Des Erzstifftes Köln Reformation inkorporierte unter anderem annähernd wörtlich die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. Reichsrecht wurde hier somit als Landrecht verkündet; zugleich wurden regionale Sonderrechte für ungültig erklärt. Der Abschnitt gegen Missbräuche beispielsweise zeige den Vereinheitlichungswillen des Gesetzgebers; Rechtsvereinheitlichung auf dem Boden des gemeinen Rechts könne als Ziel der gesamten Landrechtsreformation angesehen werden. Besonders deutlich steht das Privatrecht unter römisch-rechtlichem Einfluss. Als Quelle für alte Rechtsbräuche kursierten Daniels' Aufzeichnungen unter Juristen noch im 19. Jahrhundert.

Einen komparatistischen Ansatz wählte THOMAS RÜFNER (Trier), der das Kurtrierer Landrecht (1668/1713) mit den benachbarten ‚Coutumes‘ von Lothringen und Luxemburg verglich. Die Besonderheit der Coutumes, in ihren deutschen Übersetzungen ‚Landsbräuche‘ genannt, ist, dass sie eine von der Herrschaft angeordnete Niederschrift der jeweiligen heimischen Rechtsgewohnheiten darstellen. Die vergleichende Analyse Rüfners ergab zwar, dass es strukturelle Unterschiede zwischen den Texten gab. So waren die Coutumes an das Gaianische Schema angelehnt. Das Trierer Landrecht hingegen orientierte sich am Kurkölner Landrecht und weise keine klare Systematik auf. Es sei aber stärker romanisiert, wie sich z.B. im Erbrecht zeige. Den entscheidenden Faktor für die Unterschiede sieht Rüfner jedoch nicht in den unterschiedlichen Prinzipien der Rechtsaufzeichnung (Aufzeichnung von Gewohnheitsrecht in Frankreich, herrschaftliche Rechtssetzung in Deutschland), sondern in der individuellen Genese der jeweiligen Rechtsaufzeichnung – unter Verwendung unterschiedlicher Vorlagen und Vorbilder.

GERHARD LINGELBACH (Jena) stellte die Merkmale sowie die Bedeutung des erstmals 1724 in Leipzig erschienenen Codex Augusteus vor. Diese Sammlung von Rechtsvorschriften bzw. Rechtssetzungsakten sächsischer Herrscher (vom 13. bis 18. Jahrhundert mit Fortsetzungen bis ins 19. Jahrhundert) wurde von Johann Christian Lünig (1662-1740, Amtmann in Eilenburg und Stadtschreiber in Leipzig) als „Privatarbeit“ erstellt. Das Werk wurde allerdings durch die Räte bei Hofe initiiert. Ziel war – neben der Befestigung des Anspruchs des Hofes auf Gesetzgebung – die Schaffung von Rechtssicherheit: Der Codex bot das Handwerkszeug für die Gerichte und bildete einen Fundus für die Wissenschaft, indem sie ein Zeitbild vermittelten, wie die Wirklichkeit sein sollte. Lünigs Codex Augusteus steht insoweit in einer Reihe vergleichbarer Gesetzessammlungen der Zeit – vom Codex Austriacus über die Hessischen Sammlungen bis hin zu den Chur-Braunschweig-Lüneburgische Landes-Ordnungen und Gesetzen.

Das Hohenloher Landrecht von 1738 war Gegenstand des Vortrages von KLAUS-PETER SCHRÖDER (Heidelberg). Dieses Landrecht wurde weitgehend wörtlich in Wimpfen als Stadtrecht übernommen und blieb dort bis 1900 gültig. Bereits im 16. Jahrhundert gab es Ansätze zur territorialen Gesetzgebung, um die Rechtslage in dem durch Erbteilungen in verschiedene Linien zersplitterten Hohenlohe zu vereinheitlichen. Die Anfrage, ein Landrecht zu verfassen, lehnte der Schwäbisch Haller Syndikus Rudolf Widmann 1576 ab und auch ein schließlich von dem Hohenlohischen Rat Zacharias Hyso verfasster Entwurf kam über den ersten Teil nicht hinaus. Erst der von Graf Karl Ludwig (1674-1756) angestoßene Plan eines Landrechts wurde von Johann Friedrich Allgeyer und dem Kanzleidirektor Georg Tobias Pistorius 1722/25 umgesetzt. Man schöpfte für die Landrechtsreformation aus heimischen Rechtsgewohnheiten, auch der Hohenlohischen Landstädte, daneben seien Einflüsse von benachbarten Territorien, wie Württemberg, Würzburg und Brandenburg-Ansbach, auszumachen. Römisches Recht spielte nur eine nachrangige Rolle.

Die Historikerin ALMUTH BEDENBENDER (Heidelberg) stellte Ansätze aus dem Bereich der Digital Humanities vor, um Landrechtsreformationen in ihren textuellen Beziehungen zu untersuchen und Übereinstimmungen zu visualisieren. Die Basis ihrer Analyse bildeten die im Rahmen des Projekts Deutschsprachige Rechtsquellen in digitaler Edition (DRQEdit)1 transkribierten Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts sowie einige weitere Texte. Bedenbender wies darauf hin, dass bei der automatischen Ermittlung von signifikanten Übereinstimmungen in verschiedener Hinsicht mit Ungenauigkeiten zu rechnen ist, konnte aber zugleich anhand von einigen Beispielen zeigen, wie sich damit Zusammenhänge einer Vielzahl von Texten erschließen und auch im Detailvergleich prüfen lassen. Wie Bedenbender anhand von synoptischen Gegenüberstellungen ausgewählter Quellen und mittels graphischer Darstellungen veranschaulichte, haben mehrere Landrechtsreformationen und verwandte Rechtstexte signifikante Übereinstimmungen im Wortlaut.

Zusammenfassend zeigte sich, dass die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland zwar für die Entstehung der Landrechtsreformationen mit auslösend gewesen sein dürfte, die Reformationen selbst aber weniger römisches Recht enthalten, als man erwarten könnte. Ähnlich wie bei den Stadtrechtsreformationen scheinen auch die Landrechtsreformationen ein Instrument zur Festigung der jeweiligen Herrschaft gewesen zu sein. Häufig mussten die Herrschaften allerdings bei ihrer Gesetzgebung gegenüber den Landständen Zugeständnisse machen. Auffallend oft blieben die angestoßenen Reformationen im Entwurfsstadium stecken.

Konferenzübersicht:

Eine thematische Annäherung

Andreas Deutsch (Heidelberg): Landrechte und Landrechtsreformationen

Mittelalterliche Landrechte – Ein Beispiel zum Vergleich
Moderation: Stefaniya Ptashnyk (Heidelberg)

Christian Hattenhauer (Heidelberg): Das Fehmarnsche Landrecht

Süddeutsche Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts

Wilhelm Brauneder (Wien): Die Landrechte für Österreich unter der Enns des 16. Jahrhunderts: Grundlagen, Wesen, Wirkungen

Moderation: Heike Hawicks (Heidelberg)

Hans-Georg Hermann (München): Halbe Rechtseinheit, halbseitige Wiedervereinigung, halbherzige Reform: Die bayerische Landrechtsreformation von 1518

Stephan Dusil (Tübingen) / Giulio Erbar (Tübingen): Die Württembergischen Landrechte

Moderation: Ulrich Kronauer (Karlsruhe)

Adrian Schmidt-Recla (Jena): Die Kursächsischen Konstitutionen von 1572

Bernd-Rüdiger Kern (Leipzig): Das Kurpfäler Landrecht von 1582

Norddeutsche Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts

Christoph G. Schmidt (Bredstedt): Das nordfriesische Landrecht – zum Forschungsstand

Isabella Löw (Bispingen): Die „Krone der rechten Wahrheit“ – Eiderstedter Landrechte von 1426 und 1466 – Sprache und Rechtsentwicklung

Peter Oestmann (Münster): Der Mecklenburgische Landrechtsentwurf von David Mevius

Christoph Becker (Augsburg): Heinrich Gottfried Wilhelm Danielsʼ Vorlesung zum Kurkölnischen Landrecht

Späte Landrechtsreformationen und alternative Konzepte
Moderation: Peter König (Heidelberg)

Thomas Rüfner (Trier): Das Trierer Landrecht im Vergleich mit den benachbarten ‚coutumes‘

Gerhard Lingelbach (Jena): Der Codex Augusteus – Gesetzessammlung anstelle einer Landrechtsreformation?

Klaus-Peter Schröder (Heidelberg): Das Hohenloher Landrecht von 1738

Almuth Bedenbender (Heidelberg): Landrechtsreformationen im Netz textueller Abhängigkeiten – Analyse und Visualisierung

Anmerkung:
1https://www.drqedit.de (03.05.2023)

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