Vom Hauptmann von Köpenick und Harry Domela bis zu Anna Sorokin: Hochstapler:innen und ihre Geschichten faszinieren und polarisieren bis heute. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich jedoch Diskrepanzen zwischen diesem eher allgemeinen Interesse an den Geschichten und dem Grad ihrer historischen Erforschung. Dies markierte den Anlass für eine Tagung am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam am 12. und 13. Oktober 2023 unter dem Titel „Hochstapelei: Zur Kulturgeschichte der Täuschung im 20. Jahrhundert“. Auf Einladung von Tobias Becker (Berlin), Michael Homberg (Potsdam) und Thomas Werneke (Berlin) wurde das Phänomen aus sozial-, kultur- und medienhistorischen Blickwinkeln beleuchtet. Dabei sollten analytische Zugänge entwickelt, Brüche und Kontinuitäten ausgemacht, soziale, kulturelle und ökonomische Räume und Begleitumstände untersucht und die Rolle medialer Öffentlichkeiten diskutiert werden.
Mit dem „Hauptmann von Köpenick“ nahm HANNO HOCHMUTH (Berlin) eine der meistrezipierten deutschen Hochstaplerbiographien in den Fokus. Seiner Analyse der „zweiten Karriere“ des Wilhelm Voigt, die zwischen seiner Festnahme im prekären Milieu der Berliner Langen Straße und seinem Tod in Luxemburg zu datieren sei, legte der Referent die These zugrunde, dass diese Voigts „eigentliche Karriere als Hochstapler“ darstelle. Seine Geschichte über vier Jahre als „Unternehmer seiner selbst“ mittels öffentlicher Auftritte und forcierter medialer Inszenierungen kapitalisierend, sei Voigt trotz hoher Popularität stets ein Getriebener geblieben. Die topografisch angelegte Skizze des Nachgangs der „Köpenickiade“ warf Schlaglichter auf die wechselseitige Beziehung zwischen Medien und Hochstapelei sowie den Aspekt der Transnationalität, die Voigt in Anbetracht eines verwehrten Aufenthaltsrechts im wilhelminischen Deutschland schließlich in den „Ruhestand“ nach Luxemburg führte.
Anhand der umstrittenen Kirchengründerinnen Mary Baker Eddy und Aimee McPherson untersuchte STEPHANIE COCHÉ (Gießen) die Wirkmächtigkeit medialer Diskurse und Skandalisierungen um religiöse Führungspersönlichkeiten und „Heilerinnen“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Beide Frauen, die in ihren evangelikalen Strömungen Formen von Christian Healing als der Schulmedizin überlegene Disziplinen propagierten, seien zeitweise in den Verdacht der Hochstapelei geraten. Neben der Frage, wann und warum den beiden Täuschungen unterstellt wurden, bildeten divergierende Bewertungs- und Rezeptionsprozesse ihrer Denominationen in Deutschland und den USA den Kern des Vortrags. Transnationale Unterschiede in der Aushandlung beider Fälle seien anhand von Struktur und Finanzierung ihrer Organisationen, der Art des Führungsanspruchs, der gesellschaftlichen Bewertung weiblicher Führungspersonen, der Justiziabilität pseudo-medizinischer Praktiken sowie des Verhältnisses von Staat und Religion zu interpretieren.
Dass es zwei Hochphasen sogenannter „falscher Indianer“ in Europa gab, deren Auftreten als Indikator gesellschaftlicher Umwälzungsprozesse gelesen werden könne, exemplifizierte MARTIN DEUERLEIN (Tübingen) anhand zweier Fallbeispiele. Einer ersten Phase, visualisiert durch den US-amerikanischen Hochstapler Edgar Laplante, der in den 1920er-Jahren als falscher Häuptling und Repräsentant durch Europa reiste, sei eine zweite Phase in den 1970er-Jahren gefolgt. Das Beispiel Craig Carpenter zeige, dass „beanspruchte Identitäten“ in rechts- wie linksalternativen Milieus der Bundesrepublik zu spiritueller Autorität verhelfen konnten. Während der Erfolg „falscher Indianer“ in den 1920er-Jahren, strukturell begünstigt durch flexibles Reisen, transnationale Begegnungen und langsame Informationsflüsse, primär auf der Unterhaltung ihres Publikums basierte, habe er in den 1970er-Jahren spirituelle Bedürfnisse alternativer Szenen bedient. Fragen warf im Anschluss der Begriff der Authentizität im Spannungsfeld von kultureller Selbstaneignung und beanspruchter Identität auf.
KLARA LÖFFLER (Wien) setzte Bewerbungsgespräche, Personalinterviews und Dating-Plattformen als Felder hochstaplerischer Praxis ins Zentrum ihres Vortrags. Perspektiven der Erzählforschung und der Autobiographieforschung vereinend, untersuchte sie Strategien „biographischer Arbeit“ in Konkurrenzsituationen, die nach Auffassung der Referentin über bloße Selbstinszenierung hinausgingen. Bewerbungsverfahren im Wissenschaftsbetrieb attestierte sie dabei ein „Authentizitätsparadoxon“, das sich aus standardisierten, zahlenlastigen Lebensläufen einerseits und Freiheiten im Anschreiben andererseits ergebe. Beide Gattungen seien an jeweilige Erwartungen der Ausschreibenden angepasst und dadurch vereinheitlicht, sodass Körperlichkeit und Auftreten der Bewerbenden zunehmend in den Fokus rückten. Einen vergleichbaren Trend machte sie für Dating-Portale aus, bei denen Logiken der Aufmerksamkeitsökonomie griffen. Der Vortrag verdeutliche, dass der Druck zur Selbstoptimierung steige und hochstaplerischen Praktiken in Konkurrenzsituationen eine zunehmende Akzeptanz zukomme.
Einblicke in ihr Dissertationsprojekt zum Thema „Hochstapelei als soziale Figuration“ verband INGA KLEIN (Hamburg) mit einer Analyse der Hochstapler-Autobiographien von Mike Wappler, Gert Postel und Jürgen Harksen. Deren Erfolg sei durch Etikettierungsprozesse innerhalb medialer Diskurse begründet, die Hochstapler:innengeschichten skandalisiert, ironisiert oder romantisiert und ihrer Monetarisierung damit Vorschub geleistet hätten. Den Biographien entnahm sie unterschiedliche Narrative der „retrospektiven Legitimierung“, zu welchen neben der Inszenierung als „Geschichtenerzähler“ auch Relativierungen durch den Verweis auf soziale Differenzen und die „Demaskierung gesellschaftlicher Unmoral“ zählten. Diese Narrative dienten jeweils der gesellschaftlichen Rehabilitierung der Hochstapler und eröffneten ihnen neue Handlungsspielräume und Öffentlichkeiten. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass diese Formen retrospektiver Inszenierung Grenzen der Narrativierbarkeit unterliegen, etwa in Bezug auf Straftaten. Über die Frage, ob es sich dabei um ein überwiegend männliches Phänomen handle, herrschte Uneinigkeit.
Eine „Topographie des Hochstaplers in der Weimarer Republik“ bot der Vortrag von TOBIAS BECKER (Berlin) an. Davon ausgehend, dass die Biographie Harry Domelas neue Perspektiven auf die Gesellschaft der Zwischenkriegszeit gewähren könne, machte er eine Reihe von Orten aus, die sich auch in zahlreichen anderen Hochstaplergeschichten wiederfinden ließen. Beginnend mit der „Straße“ als sozialem Topos zwischen Reichtum und Elend, führte der Vortrag über den „Bahnhof“, einem Symbol für Stillstand und Bewegung, einem Berliner Obdachlosenasyl („die Palme“) und den homosexuellen „Strich“ im Tiergarten zu den Stationen „Provinz“, „Hotel“, „Gericht“, „Gefängnis“ und „Kino“. Der topographische Ansatz verdeutlichte nicht nur das hohe Maß an sozialer und tatsächlicher Mobilität von Hochstapler:innen, deren rastloses Umherwandern neben Urbanität auch die Provinz betreffe, sondern eröffnete auch neue sozial- und kulturhistorische Einblicke. Das Thema signifikanter „Orte der Hochstapelei“ wurde im Laufe der Tagung immer wieder aufgenommen.
Über die Häufung von Hochstapler:innen im Dunstkreis der exilierten Hohenzollern sprach HENNING HOLSTEN (Berlin). Anhand des Hochstaplers Ignaz Trebitsch-Lincoln und des Schriftstellers George Sylvester Viereck skizzierte er ein Spannungsfeld zwischen Putschversuchen, Gerüchten und forcierter Imagekorrektur zur Zeit der Weimarer Republik, ehe er die öffentliche Rezeption der Familienverhältnisse des Adelshauses thematisierte. Die Beispiele des Prinzen Joachim, dessen Frau ihn mit einem Hochstapler betrogen hatte, sowie des falschen Adeligen Alexander Zoubkoff, der die Prinzessin Victoria täuschte, offenbarten für Holsten einen „Hochstapler-Magnetismus“ der Hohenzollern, deren „Celebrity-Faktor“ konstitutiv für mediale Skandalisierungen gewesen sei. Die Hohenzollern seien in einer Melange aus „Schuldkomplex und Rachephantasien“ immer wieder an Hochstapler:innen geraten, die Reichtum und Sozialprestige erwartend den Wegfall zentraler Sicherheits- und Kontrollmechanismen aus monarchischer Zeit ausnutzten.
Perspektiven der neueren Diplomatie-Forschung einnehmend, fragte TILL KNOBLOCH (Chapel Hill) anschließend nach den Mechanismen der Täuschung als Strategie nationalsozialistischer Außenpolitik. Hitler habe die Kulissen diplomatischer Treffen ebenso wie seine Kleidung und seinen Habitus bewusst kontrolliert, um sich gegenüber ausländischen Vertretern gemäßigt und pazifistisch zu inszenieren. Dadurch habe er über einige Zeit selbst hochrangige französische, britische und polnische Akteure über seine wahren Absichten täuschen können. Während über als hochstaplerisch interpretierbare Episoden im Leben Hitlers diskutiert wurde, standen im Anschluss an den Vortrag auch die Grenzen zwischen Hochstapelei, Tiefstapelei und strategischer Täuschung als Begleiterscheinung des diplomatischen Tagesgeschäfts zur Debatte.
Auf das Phänomen ehemaliger NS-Funktionäre, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg mittels biographischer Untertreibungen sozial neu erfanden, kam THOMAS WERNEKE (Berlin) zu sprechen. Diesen „Nachkriegstiefstaplern“ stellte er mit dem Beispiel Fritz Rößler, der unter falscher Identität zunächst seinen eigenen Tod bezeugt, seine Frau erneut geheiratet, seine eigenen Kinder adoptiert und später eine Karriere als rechtsextremer Politiker in der Bundesrepublik eingeschlagen hatte, eine exzeptionelle Hochstaplerbiographie entgegen. MICHAEL HOMBERG (Potsdam) knüpfte an diese „offenen Flanken“ an, indem er die Rezeption des DEFA-Films „Der Hauptmann von Köln“ analysierte. Dieser sei, die mangelhafte Verfolgung ehemaliger NS-Akteure in der Bundesrepublik persiflierend, in der DDR gefeiert und im Westen entsprechend als Politikum gehandelt worden. Während beide Referenten die Konstruktion neuer Identitäten als „Extremfall der Nachkriegszeit“ bewerteten, seien „kleinere Korrekturen“ des eigenen Lebenslaufs in DDR und Bundesrepublik vielfach vorgekommen. Die Analyse dieser Neuinszenierungen im Spiegel der Geschichte der Hochstapelei biete vielversprechende Möglichkeiten zur Erforschung deutsch-deutscher Karrieren und Deutungskonflikte nach dem Krieg.
MAXIMILAN KUTZNER (Würzburg) nahm die Affäre um die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ zum Anlass für die Frage, ob der Fälscher Konrad Kujau als Hochstapler interpretierbar sei. Anhand unterschiedlicher Definitionskriterien ordnete er ein, dass dieser durch sein Handeln zwar keinen sozialen Aufstieg erwartet, sich jedoch in einem elitären Kreis von Sammlern bewegt und dort unter falschem Namen Expertisen ausgesprochen habe. Auch habe er die Wahrnehmung seiner eigenen Person beim „Stern“-Reporter Gerd Heinemann aktiv gesteuert, eine Phase der Monetarisierbarkeit nationalsozialistischer Geschichte antizipiert und sich dadurch in einer Zeit moderner Transformationsprozesse mit hochstaplerischen Mitteln durchzusetzen versucht. Die Frage, ob es sich bei Hochstapelei um ein explizites Phänomen von Transformationsgesellschaften handle oder ob sie nur als solches scheine, weil hier der Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen liege, wurde im Anschluss diskutiert und begleitete den weiteren Tagungsverlauf.
Ein Spannungsfeld zwischen ministerialer Kontrolle, bürokratischen Grenzen und „individueller Titelsucht“ leuchtete OLGA SPARSCHUH (München) mit ihrem Vortrag über zahnärztliche Doktortitel im Deutschen Kaiserreich aus. Anhand von Akten der Kultusministerien zeigte sie, dass Bildungsnachweise in der Migration häufig ihre Referenzwerte verloren, was den Schwindel und Handel mit in- und ausländischen Abschlüssen befeuerte. Zahnärztliche Doktortitel seien in Deutschland vor 1919 nicht vergeben worden und damit nur im Ausland (durch Studium oder Einkauf) zu erlangen gewesen. Die Konjunktur der „Titelschwindel“ habe verschiedene Reaktionen des Staates ausgelöst, wobei in hohem Maße Informationen über ausländische Institute und deren Seriosität gesammelt worden seien. Ihre transnationale Dimension, ihre kollektive Bedeutung für eine ganze Berufsgruppe und ihre Einmaligkeit (ein einmal erworbener Titel musste in der Regel nicht bestätigt werden) verleihe dieser Form der Hochstapelei ihre Besonderheit.
Die Karriere des Devendra Nath Bannerjea, der sich in den 1920er-Jahren als angeblicher Professor aus Kalkutta in die Arbeit des Internationalen Komitees für Geistige Zusammenarbeit des Völkerbundes einbrachte, nahm MARIA FRAMKE (Erfurt) zum Anlass, nach der Bedeutung von Netzwerken für (erfolgreiche) Hochstapelei zu fragen. Bannerjea, der eine universitäre Laufbahn fingiert und verschiedene akademische Titel zu tragen vorgegeben hatte, sei insbesondere nach seiner Enttarnung von einem klug aufgebauten, prominent besetzten Netzwerk gestützt worden und habe seine Karriere deshalb in Deutschland fortsetzen können. Der Vortrag arbeitete die Gewichtigkeit von Beziehungen und Empfehlungsschreiben im Kontext vorgetäuschter Expertise heraus und betonte geringe Kommunikationsgeschwindigkeiten als begünstigenden Faktor internationaler Hochstaplerbiographien.
Hochstaplerische Praxis und ihre Rezeption auf Seiten von Polizei, Justiz und Öffentlichkeit diskutierte PAUL FRANKE (Berlin). Am Beispiel von Max Kiesewetter und Martin Berzewske, die als „Dr. Schulz“ und „Dr. Schmitt“ verhaftet wurden, skizzierte er die Folgen eines Düsseldorfer Kunstdiebstahls. In der Bewertung des „moralischen Charakters“ der beiden gefassten Hochstapler, die zwischen „Abenteuer-Naturen“ und Verbrechern changierte, habe innerhalb der Justiz Uneinigkeit bestanden. Der Begriff des Hochstaplers habe im Laufe der 1920er-Jahre eine Bedeutungsverschiebung vom „Schwindler“ zum „gewissenlosen Kriminellen“ erfahren. Damit lenkte der Vortrag die Aufmerksamkeit auf einen grundlegenden Wandel der moralischen Beurteilung von Hochstapelei, in dessen Verlauf die kriminologische Kategorie des „Berufsverbrechers“ konstruiert und hochstaplerische Praktiken zum Stigma eines „bösartigen Charakters“ erhoben worden seien.
Am Beispiel der Finanzbetrügerinnen Adele Spitzeder und Damara Bertges testete LAETITIA LENEL (Berlin) Kategorien von Hinterbühne, Vorderbühne, Kontext, Aufdeckung und Öffentlichkeit. Sie belegte, dass der Finanzbetrug als soziale Praxis in beiden Fällen auf täuschende Interaktionen von Hochstapler:innen aufgebaut habe, es sich bei dem Phänomen gewissermaßen um eine hochstaplerische „Gemeinschaftsleistung“ innerhalb von Netzwerken handle. Hochstapelei interpretierte sie dabei als Indikator für „Verteilungskonflikte ökonomischen Kapitals“ und hob den Kontext der Krise hervor, der finanzbetrügerische Aktivitäten in Umbruchsgesellschaften begünstige. Anschließend wurden das Motiv der „Kränkung“ für Betrügende und Betrogene sowie die Rolle von „Vertrauen“ und „Erwartung“ in hochstaplerischen Interaktionen diskutiert.
Schließlich referierte FLORIAN VÖLKER (Potsdam) über die Pop-Gruppe „Milli Vanilli“ und deren Produzenten Frank Farian, der zwei Models als falsche Sänger engagiert hatte. Der Vortrag skizzierte einen Betrug, der durch ein Netz aus absoluter Kontrolle, Erpressung und Ausnutzung vonseiten des Produzenten aufrechterhalten wurde. Er lenkte den Blick auf die Höherwertung körperlicher Inszenierung gegenüber Authentizität innerhalb der Musik- und Unterhaltungsindustrie und diskutierte die Grenzen zwischen Betrug, Hochstapelei und branchenüblichen Praktiken. Einigkeit bestand in der anschließenden Diskussion über den erkenntnistheoretischen Mehrwert, den postkoloniale Perspektiven auf diesen Fall bieten könnten.
Zwei von spannenden Vorträgen, intensiven Diskussionen und einem instruktiven Podiumsgespräch mit der Autorin ANETT KOLLMANN, STEPHAN POROMBKA (Berlin) und dem Autor WIELAND SCHWANEBECK begleitete Tage zeigten, dass die Erforschung der Geschichte der Hochstapelei noch zahlreiche Fragen und Anknüpfungspunkte bietet, die mit der Schärfung der Begrifflichkeit beginnen. Die Tagung verdeutlichte, dass Hochstapler:innen nicht nur als Akteure untersucht, sondern auch als Perspektive für die Erforschung historischer Phänomene nutzbar gemacht werden können. Fragen der Periodisierung, der Räumlichkeit und Transnationalität, der Psychologisierung und Pathologisierung, der Körperlichkeit und des Geschlechts, der Medialisierung sowie der Interpretation hochstaplerischer Aktivitäten zwischen anthropologischer Grundkonstante und transformationsgesellschaftlichem Phänomen wurden diskutiert und regen zu weiterer Forschung an.
Konferenzübersicht
Jürgen Danyel (Potsdam): Begrüßung
Tobias Becker (Berlin) / Michael Homberg (Potsdam) / Thomas Werneke (Berlin): Einleitung: Hochstapelei: Zur Kulturgeschichte der Täuschung
Sektion I: Grenzenlose Hochstapelei? Von Hauptmännern, Propheten und „Indianern“
Moderation: Rüdiger Graf (Potsdam)
Hanno Hochmuth (Potsdam): Von der Langen Straße nach Luxemburg: Die Wege des Hauptmanns von Köpenick
Stephanie Coché (Gießen): Religiöses Phänomen oder Scharlatanerie? Diskurse um Mary Baker Eddy und Aimee McPherson in den USA und in Deutschland
Martin Deuerlein (Tübingen): Häuptlinge & Plastikschamanen: „Falsche Indianer“ im Europa der 1920er und 1970er Jahre
Sektion II: Brüchige Biographien: Erfindung und Erzählung
Moderation: Martin Schaad (Potsdam)
Klara Löffler (Wien): Erfinde Dich neu! Hochstapeleien aus Sicht einer praxeologischen (Auto-)Biographieforschung
Inga Klein (Hamburg): Retrospektive Inszenierungen. Autobiographische Stimmen im Diskurs über Hochstapelei seit den 1980er Jahren
Sektion III: Republik der Hochstapler? Betrug und Betrugswahrnehmung in der Weimarer Republik
Moderation: Rüdiger Graf (Potsdam)
Tobias Becker (Berlin): Auf der Straße, im Gefängnis und im Kino: Harry Domelas Ort(e) in der Weimarer Republik
Henning Holsten (Berlin): Hochstapler-Magneten. Die Hohenzollern nach ihrer Entmachtung
Sektion IV: „Deutsche Karrieren“: Hochstapelei im und nach dem Nationalsozialismus
Moderation: Franka Maubach (Berlin)
Till Knobloch (Chapel Hill): Hochstapler Hitler – Über Täuschung als Prinzip der NS-Außenpolitik
Michael Homberg (Potsdam) und Thomas Werneke (Berlin): Von „U-Boot-Fahrern“ und „Emporkömmlingen“. Deutsch-deutsche Nachkriegskarrieren und das Politikum um den „Hauptmann von Köln“ in den 1950er Jahren
Maximilian Kutzner (Würzburg): Ich, der Führer. Konrad Kujau und die gefälschten Hitler-Tagebücher
Sektion V: Gefälschte Expertisen: (Ein-)Bildung und Wissenschaft
Moderation: Franka Maubach (Berlin)
Olga Sparschuh (München): „Titelschwindel“ im Kaiserreich. Zahnärztliche Doktortitel zwischen Bewertungsdifferenzen und Betrug
Maria Framke (Erfurt): Was macht den Experten authentisch? Devendra Nath Bannerjea, antiimperialer Aktivismus und das internationale Komitee für Geistige Zusammenarbeit, 1922-1925
Sektion VI: Die Ökonomie des Hochstapelns: Märkte und Meriten
Moderation: Jürgen Danyel (Potsdam)
Paul Franke (Berlin): Kleopatra und die Abenteuernaturen – die Hochstaplerbiographien von Max Kiesewetter und Martin Berzewske (1924-1931) in praxeologischer Analyse
Laetitia Lenel (Berlin): Die Währung des Vertrauens: Finanzbetrüger:innen von Adele Spitzeder bis Bernard Madoff
Florian Völker (Potsdam): „Girl you know it’s true”? Zu Milli Vanilli, Frank Farian und der Frage, wer eigentlich wen betrogen hat
Öffentliche Abendveranstaltung: Podiumsdiskussion
Annett Kollmann (Berlin) / Stephan Porombka (Berlin) / Wieland Schwanebeck