„Die Erforschung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts stellt einen ebenso aktuellen wie bedeutsamen Gegenstand der Geschichtswissenschaft dar. Uns ist es deshalb wichtig, vor allem interdisziplinäre Zugänge einzubringen, um das Potenzial des vielseitigen Quellenmaterials aufzuzeigen.“
Mit diesen Worten eröffnet THOMAS GROTUM (Trier) die Veranstaltung und verweist damit unmittelbar auf zwei wesentliche Charakteristika der Tagung: Einerseits wird der Wiedergutmachung unter der Berücksichtigung aktueller Fragestellungen der Forschung als zentraler Gegenstand begegnet. Gerade in Anbetracht der aktuell stattfinden Historisierung der Wiedergutmachung durch das Älterwerden der AntragstellerInnen und der zunehmenden Zugänglichkeit der Akten war der Forschungsbedarf nie größer. Um sich dieser Herausforderung wissenschaftlich adäquat anzunehmen, verweist Thomas Grotum auf die interdisziplinäre Pluralität der anwesenden ReferentInnen und die mannigfaltigen Perspektiven, die sie unter anderem aus der Geschichtswissenschaft, der Rechtswissenschaft, der Memory Studies wie auch der Kunstgeschichte und der Archivarbeit mitbringen.
MANFRED SCHMITZ-BERG (Düsseldorf) gibt einen Überblick über die bundesdeutsche Rechtsgeschichte der Wiedergutmachung und geht dabei auf vor allem auf einige historische Eckpunkte sowie grundsätzliche Probleme und Versäumnisse bei der Wiedergutmachungspraxis ein. Aus rechtshistorischer Perspektive veranschaulicht er anhand eines Beispiels, dass es sich bei den Opfern der „Zwangsgermanisierung“ um eine von zahlreichen von NS-Unrecht betroffenen Gruppen handelt, die lange Zeit lediglich in der Peripherie des öffentlichen Bewusstseins präsent waren und denen somit Anerkennung und Wiedergutmachung zunächst verwehrt blieben.
Als ersten Meilenstein der Wiedergutmachung bezeichnet Schmitz-Berg das erste Gesetz des Süddeutschen Bundesrates von 1949, das als frühes zoneneinheitliches Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts fungierte. Damit ging die Erklärung Konrad Adenauers im Jahr 1951 einher, mit der er die Wiedergutmachung für jüdische Opfer zur deutschen Staatsräson erklärte. Eine Globalisierung der westdeutschen Wiedergutmachungspraxis erfolgte mit der Gründung der Jewish Claims Conference (JCC), die vor allem die Interessen von Jüdinnen und Juden auf internationaler Bühne vertrat, und dem Luxemburger Abkommen im Jahr 1952. Eine vereinheitlichte Wiedergutmachungspraxis auf Bundesebene wurde jedoch erst mit dem Bundesergänzungsgesetz im Jahr 1953 initiiert. Ein erster Schritt hin zur Berücksichtigung zuvor vergessener Opfergruppen sieht Schmitz-Berg in der Einführung des Bundesentschädigungsgesetzes im Jahr 1956, mit dem die Zahl der Anträge auf Wiedergutmachung rasant anstieg. Der eigentliche „Aufbruch“ fand jedoch erst in den 1980er Jahren statt, in denen Sinti und Roma wie auch Homosexuelle und Zwangssterilisierte als Opfer des Nationalsozialismus gezielt Anspruch auf Wiedergutmachung erhielten. Die jüngeren Meilensteine der Wiedergutmachungspolitik in Form von Entschädigung für ZwangsarbeiterInnen seit 1998 und die Debatte um das Ghettorentengesetz von 2003 zeigen, dass es sich bei der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts um einen nach wie vor lebendigen und aktuellen Prozess handelt und das Ringen der Opfer um Anerkennung auch trotz des fortschreitenden Alters der Betroffenen bis heute anhält.
Daraufhin referiert RAINER HUDEMANN (Saarbrücken/Paris) über die frühen Jahre der Wiedergutmachungspraxis am Beispiel der französischen Besatzungszone. Dabei verweist er insbesondere auf die regionalen Besonderheiten sowie auf die frühen Ursachen der späteren Schwächen der bundesdeutschen Wiedergutmachungspolitik. Als Besonderheit des französischen Beispiels nennt Hudemann vor allem den frühen Konsens über die Notwendigkeit der Wiedergutmachung von NS-Verbrechen und die Ambitionen bezüglich der Anerkennung der Opfer. Anschließend verweist Hudemann auf die späteren Versäumnisse und Schwächen der bundesdeutschen Wiedergutmachungspolitik mit besonderem Augenmerk auf die jahrzehntelange Ausgrenzung zahlreicher Opfergruppen. Entsprechende Strukturen haben sich bereits in jenen frühen Jahren der Wiedergutmachungspraxis etabliert und gingen zurück auf Kontinuitäten zwischen Nationalsozialismus und Nachkriegszeit. So waren unter anderem der Fortbestand von Rassismus gegen Sinti und Roma oder die anhaltende Stigmatisierung Homosexueller ebenso entscheidend für die Ausgrenzung von Opfergruppen wie die personellen Kontinuitäten in den bundesdeutschen Behörden, darunter in den späteren Wiedergutmachungsämtern.
GIOVANNA D’AMICO (Messina) nimmt die Wiedergutmachung in Italien kontrastiv zur deutschen Praxis in den Blick. Die Spezifika der unterschiedlichen Vorstellungen von Wiedergutmachung in Deutschland und Italien führt D’Amico einerseits auf die Verläufe der Entrechtung und Enteignung der Jüdinnen und Juden durch die faschistischen Regime zurück. So sei die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland wesentlich schneller, formeller und genormter verlaufen als in Italien, was wiederum eine Wiedergutmachungspraxis in ähnlicher Form verlangte. Ebenfalls sei die physische Präsenz der Jüdinnen und Juden entscheidend für den Verlauf der Wiedergutmachung gewesen. Denn während ein Großteil der emigrierten Jüdinnen und Juden nach dem Krieg nach Italien zurückkehrte, blieben die deutschen Jüdinnen und Juden mehrheitlich im Exil. Dies bestärkte Italien in seiner Schuldabwehr und in der Inszenierung als Opfernation, wohingegen sich Schuldzuweisungen in Richtung Österreich und Deutschland richteten. Ausgehend davon blieb die Anerkennung der Notwendigkeit der Wiedergutmachung für die Opfer des italienischen Faschismus lange Zeit aus. Insgesamt habe sich die Wiedergutmachungspraxis lediglich auf Rückerstattung beschränkt.
Es fahren WALTER RUMMEL (Trier) und BJÖRN STUMM (Trier) mit einem Vortrag zum Wert der Saarburger Wiedergutmachungsakten für die Forschung anhand zweier Beispiele fort. Zunächst stellt Rummel die Wiedergutmachungsakte Heinz Kahns vor, der unter anderem die Konzentrationslager Buchenwald und Auschwitz überlebte und dabei schwere gesundheitliche Schäden sowie langwierige Erkrankungen erlitt. Später beantragte er Wiedergutmachung für Freiheitsentzug, Schaden an Leib und Leben für die Ermordung seiner Eltern und Geschwister sowie Schaden an beruflichem Fortkommen. Für sein Antragsverfahren, das von den 1950er bis in die 1970er Jahre andauerte, musste Kahn zahlreiche Bescheinigungen und Nachweise vorlegen, die allesamt in der Akte dokumentiert sind. Daraus schlussfolgert Rummel, dass die Akte nicht nur Zeitzeugenstatus besitzt, sondern auch exemplarischen Wert für den Nachweis der bürokratischen Hürden aufzeigt, welche die AntragstellerInnen in einen stetigen Nachweis- und Rechtfertigungszwang brachten.
Björn Stumm präsentierte die Wiedergutmachungsakte Stanislaw Szmajzners, der unter anderem in das Vernichtungslager Sobibor deportiert wurde, aus diesem floh und anschließend nach Brasilien emigrierte. Mithilfe der Akte widerlegt Stumm die vielfach geäußerte Behauptung, dieser habe sich nach seiner Flucht aus dem Vernichtungslager bis zum Kriegsende einer Partisanengruppe angeschlossen, und offenbart diese als Trugschluss seitens Medien und Forschung. Darauf aufbauend stellt auch Stumm die Frage nach dem Potenzial der Wiedergutmachungsakten. Demnach ermöglicht deren Betrachtung, wie im Falle der Akte Szmajzners, die Rekonstruktion einzelner Schicksale sowohl während als auch nach der Verfolgung. Außerdem können sie helfen, fehlerhafte Darstellungen in Forschung und Öffentlichkeit mithilfe einer neuen Quellengrundlage zu korrigieren. Auch internationale Perspektiven der historischen Forschung können von dem Saarburger Aktenkorpus profitieren, indem es die Bedeutung von Botschaften und Konsulaten wie von Anwälten und Rechtsvertretungen rekonstruieren lässt. Letztlich lassen sich anhand von Wiedergutmachungsakten auch ganze Opfernetzwerke ergründen, indem sie etwa gegenseitige Bezugnahmen und Bezeugungen von Leidenswegen inkludieren.
JOEY RAUSCHENBERGER (Heidelberg) referiert zum Potenzial von Wiedergutmachungsakten für die historische Forschung zu Sinti und Roma in vier Dimensionen. Erstens ermögliche die Arbeit mit Wiedergutmachungsakten eine tiefgehende Untersuchung der Verfolgungsgeschichte von Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Diesbezüglich existiert bis heute ein großer Nachholbedarf in der Forschung zur NS-Verfolgung, die Sinti und Roma seit der frühen Forschung der 1980er Jahre meist im Schatten anderer Opfergruppen nur beiläufig behandelt. Zweitens geben Wiedergutmachungsakten Einblicke in die Praxis der Wiedergutmachung von NS-Verbrechen gegen Sinti und Roma selbst und deren jahrzehntelange Ausgrenzung und Vernachlässigung. Als einen dritten Bereich betont Rauschenberger die Relevanz der Akten für die Erforschung der Sozialgeschichte von Sinti und Roma in der Zwischen- und Nachkriegszeit sowie entsprechender Siedlungsstrukturen. Zuletzt spricht er über das Potenzial, Sinti und Roma als subjektiv-handelnde AkteurInnen zu beleuchten, statt sie ausschließlich auf ihren Opferstatus zu reduzieren. Eine anschließende Diskussionsrunde drehte sich insbesondere um Opferkonkurrenzen innerhalb der Wiedergutmachungsforschung und das Ausblenden subalterner Opfergruppen in Anbetracht einer überwiegenden Betrachtung jüdischer Verfolgter.
NICOLE IMMLER (Utrecht) präsentiert einen weiteren opferzentrierten Zugang zur Wiedergutmachungsforschung, indem sie auf Grundlage der Oral History die Emotionalität und Wahrnehmung der Nachkommen von Opfern in zweiter und dritter Generation in Bezug auf (nicht) erfahrene Wiedergutmachung erforscht. Bei der Betrachtung transgenerationaler Erinnerungsprozesse werde vor allem eine Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der AntragstellerInnen und PolitikerInnen deutlich – denn wo von Seiten der österreichischen Politik primär von Erfolgen der Wiedergutmachung gesprochen wurde, berichteten die AntragstellerInnen insbesondere von Widerstand der Behörden und einem Kampf um Anerkennung. Es zeige sich außerdem, dass Geld und materielle Entschädigungen in erster Linie symbolischen Wert haben; so werden diese entweder als Form der Anerkennung gedeutet oder sind mit dem Empfinden von Scham verbunden, die aus einer empfundenen Bittstellerhaltung der Opfer resultiert. Entscheidender als Geld blieben jedoch meist Dialog, Begegnung und Resonanz als Voraussetzungen für Anerkennung. Daran anknüpfend betont Immler die Notwendigkeit einer Dekonstruktion von Hierarchien innerhalb des Diskurses um die Anerkennung von Opfergruppen: Denn in der Frage um die Positionen des Anerkennens und des Anerkannt-werdens erfolge eine subversive Reproduktion der Machtverhältnisse zwischen AntragstellerInnen und den RepräsentantInnen des Staates. Eine mögliche Lösung dafür biete das Modell der transformative justice.1
Es folgt ein Beitrag von SUSANNE KIEL (Bremerhaven) und KATHRIN KLEIBL (Bremerhaven), in dem die Referentinnen die Bestände an Wiedergutmachungs- und Rückerstattungsakten der Wiedergutmachungsämter und Landgerichte in Bremen und Hamburg sowie deren Potenzial für die Forschung vorstellen. Der Fokus liegt dabei auf den Rückerstattungsakten, die nicht nur die Rückverfolgung von enteigneten Gegenständen erlauben, sondern auch zeigen, welche Personen und Institutionen an den Übertragungen beteiligt waren. Sie ermöglichen außerdem die Rekonstruktion persönlicher und familiärer Biographien vor, während und nach dem Krieg sowie entsprechender Enteignungskontexte und damit zusammenhängender Wiedergutmachungsverfahren. Vor allem die in den Rückerstattungsakten enthaltenen Lager- und Speditionslisten sind entscheidende Quellen für die Nachverfolgung jener Güter, teilweise sogar in Übersee. Als hilfreiches Mittel für die Nachverfolgung und die Aktensichtung stellen die Referentinnen außerdem die LostLift Datenbank des Deutschen Schifffahrtsmuseums2 vor.
JUTTA ALBRECHT (Trier) richtet in ihrem Vortrag den Blick abermals auf Trier und referiert anhand des regionalen Beispiels über den Wert der Saarburger Wiedergutmachungsakten für die Erforschung der nationalsozialistischen Arisierungspraxis. Zunächst zeigt sie anhand eines Beispiels, dass sich konkrete Fälle der Arisierung mittels besagter Akten tiefgehend rekonstruieren lassen und damit Zeugnis von NS-Verbrechen aus der Mitte der Gesellschaft sind. Darüber hinaus lassen die besagten Akten ein grundlegendes Misstrauen der Beamten in den Wiedergutmachungsämtern der 1950er und 1960er-Jahre gegen die AntragstellerInnen erkennen. Damit liefern die Saarburger Akten direkte Evidenz für eine Schlussstrichmentalität in der Beamtenschaft, die nicht zuletzt aus der Beschäftigung ehemaliger Nationalsozialisten in den Wiedergutmachungsämtern resultierte. Abschließend betont Albrecht das didaktische Potenzial der Wiedergutmachungsakten für die Vermittlung jeweiliger Sachverhalte in Schulen, Universitäten und der breiten Öffentlichkeit.
Den Abschluss des ersten Tages machten JENS HOPPE (Frankfurt am Main), LUTZ KLINKHAMMER (Rom) und LUTZ RAPHAEL (Trier), die sich auf dem Podium zu einigen Grundfragen der Wiedergutmachungsforschung äußerten. Bezogen auf die Frage nach der Legitimität des Begriffes „Wiedergutmachung“ äußerte Hoppe, dass er und die JCC den Begriff grundsätzlich ablehnen und die Auffassung vertreten, dass die Anerkennung der Opfer bei den reinen Zahlungen zu kurz käme. Auch Lutz Klinkhammer stellt die Adäquatheit des Begriffs in Frage und argumentiert im Hinblick auf die gescheiterten deutsch-italienischen Globalabkommen im Bereich der transnationalen Wiedergutmachung. Der Moderator Thomas Grotum verweist auf die begriffsgeschichtliche Herleitung bei Hans-Günter Hockerts3 und schlägt vor, in Anlehnung an die „Vergangenheitspolitik“4 von „Wiedergutmachungspolitik“ zu sprechen. Lutz Raphael vertritt hingegen die Auffassung, „Wiedergutmachung“ sei zwar kein guter, aber dennoch ein notwendiger Begriff, denn ohne die Distribution von finanzieller Entschädigung könne nicht von Wiedergutmachung gesprochen werden.
Den zweiten Tag eröffnete NASTASJA PILZ (Baden-Württemberg) mit einem Beitrag zum Pilotprojekt „Transformation der Wiedergutmachung“ des Landesarchivs Baden-Württemberg. Ziel des Projektes ist die KI-gestützte (partiell) automatisierte Erschließung der Bestände von Sachakten zur Wiedergutmachung. Dazu ist die Nutzung experimenteller OCR-Verfahren vorgesehen, die derzeit auf ein archivübergreifendes Set aus 71 Metadaten zurückgreifen und auf Grundlage dieser eine automatisierte Textseparierung und Volltexterfassung ermöglichen. Ebenso verweist sie auf öffentliche Bildungsangebote im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt, die die Bereitstellung von digitalisierten Akten umfassen sowie die Demokratisierung der Forschungsergebnisse im Rahmen des Podcast „Sprechende Akten“5. Ein Archivprojekt in ähnlicher Form präsentiert daraufhin GERHARD FÜRMETZ (München). Dieses sieht ebenfalls eine KI-basierte Erschließung und Digitalisierung der Archivalien zur Wiedergutmachung in den Staatlichen Archiven Bayerns auf Basis von Metadaten vor. Fürmetz betont insbesondere die antizipierten Kooperationen und Projekte in den Bereichen der Forschung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit auf Grundlage digitalisierter Akten; aber auch mit Gedenkinstitutionen und den AdministratorInnen des Themenportals Wiedergutmachung.
Den letzten Vortrag der Tagung hielt NATHALIE NEUMANN (Mainz), die einen kunstgeschichtlichen Zugang zur Wiedergutmachungsforschung präsentiert. Dazu stellt sie ein Projekt in Kooperation mit Adam Ganz vor, das der Rekonstruktion seiner Familiengeschichte auf Grundlage von Wiedergutmachungsakten, Bestandslisten der familiären Kunstsammlung und Oral History gewidmet war. Die Geschichte der Familie Ganz und die Erschließung ihrer enteigneten Kunstsammlung diente unter anderem als Grundlage für die Theateradaption „Felix’s Room“ des Berliner Ensembles, was in der Diskussion im Anschluss an den Vortrag als eine innovative Form der Vermittlung von Akteninhalten an ein öffentliches Publikum gewürdigt wurde.
In ihrem Schlusswort blicken THOMAS GROTUM (Trier), WALTER RUMMEL (Trier) und MASSIMILIANO LIVI (Trier) auf eine gelungene Synthese mannigfaltiger Forschungsperspektiven zum Themenfeld der Wiedergutmachung zurück. Deutlich wurde den Anwesenden vor allem, dass die unterschiedlichen Zugänge voneinander profitieren und dass die Quellenarbeit zur Erforschung der Wiedergutmachung nicht bei Akten aufhört, sondern auch etwa von der Oral History profitiert. Insbesondere in der offenen Diskussion zum Abschluss der Tagung wird ersichtlich, dass das Zusammenspiel der Perspektiven aus Forschung und Archiven besonders anregend wirkte – Denn die Frage nach zeitgemäßen Möglichkeiten der Nachhaltigkeit und Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen und Archivgut für die Öffentlichkeit erweist sich als eine zentrale Herausforderung der Geschichtswissenschaft, der sich die Forschung und die Archive kooperativ annehmen müssen.
Konferenzübersicht:
Thomas Grotum (Trier), Begrüßung und Einführung
Katharina Binz (Mainz), Videobotschaft der Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz
Themenblock I Einstieg in die Wiedergutmachung
Chair: Thomas Grotum (Trier)
Manfred Schmitz-Berg (Düsseldorf), Wieder gut gemacht? Die Wiedergutmachung aus rechtsgeschichtlicher Perspektive
Rainer Hudemann (Saarbrücken/Paris), Die Wiedergutmachungspolitik in der französischen Besatzungszone
Themenblock II Die Wiedergutmachung in grenzüberschreitender Perspektive
Chair: Massimiliano Livi (Trier)
Giovanna D’Amico (Messina), Die Wiedergutmachung in Italien und Deutschland im Vergleich
Walter Rummel (Trier) und Björn Stumm (Trier), Zwei Beispiele der Wiedergutmachungsakten aus Saarburg: Dr. Heinz Kahn und Stanislaw Szmajzner
Themenblock III Verfolgungsschicksale
Chair: Leon Stein (Trier)
Joey Rauschenberger (Heidelberg), Die Bedeutung der Wiedergutmachungsakten für die (Verfolgungs-)Geschichte der Sinti und Roma
Nicole L. Immler (Utrecht), Das Nachleben der Wiedergutmachung. Familiengedächtnis und Wiedergutmachungspolitik
Themenblock IV Wiedergutmachung und Provenienzforschung
Chair: Björn Stumm (Trier)
Susanne Kiel (Bremerhaven) und Kathrin Kleibl (Bremerhaven), Die Rückerstattungspraxis zum „verwerteten“ Übersiedlungsgut jüdischer Emigranten in Bremen und Hamburg und deren Dokumentation in der LostLift Datenbank
Jutta Albrecht (Trier), Arisierung in Trier
Podiumsdiskussion mit Lutz Klinkhammer (Rom), Lutz Raphael (Trier) und Jens Hoppe (Frankfurt a.M.)
Moderation: Thomas Grotum (Trier)
Themenblock V Die Aufarbeitung der Wiedergutmachung aus archivarischer Sicht
Chair: Walter Rummel (Trier)
Nastasja Pilz (Baden-Württemberg), Das Pilotprojekt zur Wiedergutmachung im Landesarchiv Baden-Württemberg: Ergebnisse und Perspektiven für das Themenportal und darüber hinaus
Gerhard Fürmetz (München), Pilotprojekt der Staatlichen Archive Bayerns zur Erschließung und Digitalisierung von Archivalien aus dem Bereich Wiedergutmachung von NS-Unrecht nach 1945
Themenblock VI Weitere Perspektiven zur Aufarbeitung der Wiedergutmachung
Chair: Massimiliano Livi (Trier)
Nathalie Neumann (Mainz), Das Theaterstück „Felix‘s Room“ und die Wiedergutmachung der Familie Felix Ganz
Schlusswort von Thomas Grotum (Trier), Massimiliano Livi (Trier) und Walter Rummel (Trier)
Anmerkungen:
1 Paul Gready/Simon Robins (Hg.), From Transitional to Transformative Justice, Cambridge 2019.
2 Deutsches Schifffahrtsmuseum, LostLift Datenbank, https://lostlift.dsm.museum/ (26.11.2023).
3 Hans-Günter Hockerts, Wiedergutmachung in Deutschland. Eine historische Bilanz 1945-2000, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 49 (2001), H. 2, S. 167-214.
4 Norbert Frei, Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 2012.
5 Landesarchiv Baden-Württemberg, Podcast "Sprechende Akten: NS-Opfer und ihr Ringen um Entschädigung", https://www.landesarchiv-bw.de/de/landesarchiv/projekte/podcast-sprechende-akten/74726 (27.11.2023).